mooriger, meist mit
Riedgras bedeckter Landstrich, der sich unterhalb
Ulm
[* 2] vorzüglich in
Bayern,
[* 3] dann auch
in
Württemberg,
[* 4] links bis
Gundelfingen, rechts bis zum
Lech, 65 km lang und bis 8 km breit, erstreckt. Die
Donau, zuerst von
Nersingen über
Günzburg bis Offingen längs des südlichen, hernach von
Lauingen abwärts längs des
nördlichen Randes fließend, durchschneidet das Donauried etwa in der Mitte zwischen Offingen und
Lauingen von S. nach N. Besonders
moorig sind die
Striche im N. von
Günzburg auf der linken und abwärts von
Dillingen auf der rechten Donauseite.
Mit der Bezeichnung Donauried belegt man auch die geringern Thalweitungen der
Donau oberhalb
Ulm inWürttemberg,
die eine ähnliche
Beschaffenheit wie das große Donauried in
Bayern haben, wiewohl sie nicht ganz so versumpft sind. Hierher gehören
das Gögglinger
Ried, das längs der Westernach und
Riß weit nach
S. in die Hügellandschaft der Donauebene eingreift, das
kleine
Ried von Rottenacker, unterhalb
Munderkingen, und das Riedlinger
Ried, das sich von
Riedlingen aufwärts
bis
Scheer ausdehnt.
HübscheAnlagen umgeben die Stadt. In der Nebenkapelle der prachtvollen Klosterkirche befindet sich der
Sarkophag
[* 14]
Marias von
Brabant, der Gemahlin des
HerzogsLudwig vonBayern. Die Erwerbszweige der Bewohner bilden zunächst
Obst-, Getreide-,
Flachs-, Hanfbau, Bierbrauerei,
[* 15] Pechfabrikation, in der
Nähe große Leinenfabrik und Spinnerei; der Monatsviehmarkt ist einer
der größten
Bayerns (Jahresumsatz 2 Mill.
Mk.). Donauwörth ist Sitz eines Bezirksamts (im ehemaligen »Fuggerhaus«),
eines Amtsgerichts und eines Forstamts. - Donauwörth hat seinen
Namen von der jetzt in Trümmern liegenden
BurgWörth (Veridi), die,
um 900 vom
Grafen Hugbald I. von
Dillingen erbaut, von seinem Urenkel
Mangold Mangoldstein genannt wurde. Nachdem
Mangolds Nachkommen 1191 ausgestorben
waren, fiel an die
Hohenstaufen.
Konradin verpfändete es 1266 und
KarlIV. den unter
Albrecht I. zur Reichsstadt erhobenen
Ort 1376 an
Bayern.
HerzogLudwig der jüngere verzichtete 1434 auf die
Pfandschaft.
Die Stadt wurde wieder reichsunmittelbar und nahm im 16. Jahrh. die
Reformation an. Hier war es, wo
HerzogLudwig der Strenge
in grundloser
Eifersucht seine Gemahlin
Maria von
Brabant enthaupten ließ (1256), woran das 1834 von den Bewohnern Donauwörths
auf den Trümmern der
Burg errichteteKreuz
[* 16] und die am Mangoldsfelsen angebrachte Gedenktafel erinnern.
Wegen
Störung einer katholischen
Prozession 1606 wurde die Stadt von
KaiserRudolf II. im
August 1607 in die
Reichsacht erklärt
und die Ausführung derselben dem
HerzogMaximilian von
Bayernübertragen, der die Stadt besetzte. Donauwörth blieb fortan
bei
Bayern.
Frankreich setzte jedoch im
Frieden von
Baden 1714 die Wiederabtretung der Stadt an
Bayern durch, und der schwäbische
Kreis
[* 19] verzichtete
endlich 1782 in einem
Vergleich förmlich auf seine oft erneuerten Ansprüche auf diese Stadt. Am fand bei Donauwörth ein
Gefecht zwischen den
Franzosen unter
Soult und den Österreichern unter
Mack statt, infolge dessen sich die
letztern über die
Donau zurückziehen mußten.
(spr. dönnkästr, bei den Alten Danum), alte Stadt in
Yorkshire
(England), am schiffbaren
Don, inmitten einer
fruchtbaren Gegend, hat eine seit 1855 von G.
Scott erbaute prächtige Hauptkirche, Werkstätten, in welchen
Lokomotiven und
Eisenbahnwagen gebaut werden, und (1881) 21,130 Einw. Berühmt
ist Doncaster wegen seiner großen
Korn-,
Woll- und Pferdemärkte sowie wegen seiner
Wettrennen (St.
Leger), die alljährlich im
September
stattfinden. Im
SW., 8 km entfernt, liegt das großartige Conisborough
Castle aus der Zeit der
Normannen.
Vor allem lichtbringend sind seine ausgezeichneten Forschungen auf dem Gebiet der physiologischen Optik und insbesondere über
die Anomalien der Akkommodation und Refraktion gewesen sowie die Lehre
[* 28] vom Schielen.
[* 29] Hier sind seine Untersuchungen grundlegend
für alle spätern Forschungen. Er führte auch die prismatischen und cylindrischen Brillen ein und schrieb:
»Natuurkunde van den Mensch« (deutsch von Theile, 2. Aufl., Leipz. 1859, 2 Bde.);
später mit Berlin
[* 34] »Nederlandsch Archief voor Natuur- en Geneeskunde« (5 Bde.),
»Onderzoekingen, gedaan in het physiologisch Laboratorium der Utrechtsche Hoogeschool« (Utrecht 1849-57, 1867 ff.) und begründete 1854 mit
Gräfe und Arlt das »Archiv für Ophthalmologie« (Berl.), dessen Mitherausgeber er noch ist.
Das Klima
[* 40] ist feucht und rauh. Die Bevölkerung
[* 41] beläuft sich auf (1881) 206,035 Seelen (1871: 218,334), wovon 75 Proz. Katholiken.
In den abgelegenen Gegenden spricht die Mehrzahl noch irisch. Ackerbau ist nur in den Thälern möglich. Im J. 1881 waren 1,9
Proz. Ackerland, 31 Proz. Weideland, 0,6
Proz. Wald, und man zählte 23,709 Pferde,
[* 42] 164,844 Rinder,
[* 43] 147,894 Schafe
[* 44] und 22,885 Schweine.
[* 45] Die Fischerei
[* 46] beschäftigt an 10,000
Menschen. Die Industrie ist fast ohne Bedeutung, und Bergbau
[* 47] wird nicht getrieben, obgleich Blei
[* 48] vorkommt. Hauptstadt ist Lifford.
- 2) Alte Hauptstadt der gleichnamigen irischen Grafschaft, jetzt unbedeutender Ort an der Mündung des
Eask in die Donegalbai, mit kleinem Hafen, den Ruinen eines Schlosses der O'Donnells, eines Franziskanerklosters und 1500 Einw.
SeinWasser ist unschmackhaft und ungesund. Von Isjum im GouvernementCharkow an ist der Donez schiffbar, hat meist eine Breite von 200 m und
darüber und eine beträchtliche Tiefe. Seine Länge beträgt 988 km. Unter seinen zahlreichen Nebenflüssen
sind links Oskol, Aidar, Bystraja, rechts Bachmut hervorzuheben. Die großen Steinkohlen- und Eisensteinlager in seinem untern
Lauf werden durch die Donezsche Kohlenbahn mit den Eisenbahnlinien Charkow-Asow und Woronesh-Rostow verbunden.
Fluß in der ProvinzNordbrabant, entspringt auf der Heide bei Baarle, fließt an Riel, Dongen und 's Gravenmoer
vorbei und mündet bei Geertruidenberg in den Biesbosch. Er ist 8 km weit, von 's Gravenmoer bis zur Mündung,
schiffbar.
(Dâr Dongola), der südlich vom Wadi Halfa gelegene Teil Nubiens, früher ein selbständiges Reich, unter ägyptischer
Herrschaft zur MudiriehBerber und Dongola gehörig, die sich an beiden Ufern des Nils in einer Länge von 260 km hinzog. Nur
das äußerst schmale Flußthal ist kulturfähig. Dumpalmen, Santakazien, Mimosen, schön blühende Volkamerien,
Weiden, Kassien u. a. bilden eine waldähnliche Uferbesäumung, der selbst Schlingpflanzen nicht fehlen.
Auch manche Nilinseln zeigen einen solchen Wuchs voller Üppigkeit. Am Saum des Kulturlandes wuchert die heilkräftige Sennastaude,
deren Blätter in Menge ausgeführt werden. Abseits vom Fluß zeigt die Landschaft eine öde, starre Natur,
in der die Wüste in den Vordergrund tritt. Die Tierwelt nimmt im südlichen Teil einen mehr sudânischen Charakter an; das
aus Unterägypten verscheuchte Krokodil, die riesige Tyrseschildkröte (Trionyx nilotica) u. a. lassen sich sehen.
Sie haben eine bronzene Hautfarbe, ausgezeichnete Gesichtsformen, einen regelmäßigen und schönen Körperbau und stark
gelocktes, reiches Haar,
[* 59] dagegen nur dünnen Bart. Besonders ausgezeichnet durch Körperschönheit sind
die Frauen;
sie sind von schlankem Wuchs und haben sanfte, schwarze Augen;
sie tragen die Haare
[* 60] geflochten, wie einst am Hof
[* 61] der Pharaonen, und gehen, mit Ausnahme eines Schurzes um die Lenden, ganz nackt. Im allgemeinen werden die Einwohner von Dongola als
träge, sittenlos, leichtsinnig und habsüchtig geschildert;
Die jetzige Hauptstadt der Landschaft ist Dongola el Urdu (auch kurzweg Urdu, früher Kasr Dongola
genannt), ein neuangelegter, gut gebauter und blühender Ort auf dem linken Nilufer mit 8-10,000 Einw. Er besitzt eine Citadelle
und ist ein bedeutender Handelsplatz, dessen Bazare von Kairo
[* 63] aus reich versorgt werden. 100 km weiter oberhalb liegt auf dem
gegenüberstehenden Nilufer, auf hohem Felsen, die Stadt Dongola el Adjuzeh (»Altdongola«),
die, 1820 durch die Mamelucken
zerstört, fast nur noch aus Ruinen besteht, einst aber die Hauptstadt des Königreichs Dongola und ein wichtiges Handelszentrum
war. S. Karte »Ägypten«.
[* 64]
Der Ursprung des im Mittelalter mächtigen Königreichs Dongola scheint in die Zeit zu fallen, wo das Christentum
nach Nubien drang.
Die Regierung desselben war theokratisch, die Liturgie griechisch, und wie die Abessinier, erkannte Dongola die
kirchliche Obergewalt des Patriarchen von Alexandria an. Im 7. Jahrh. kam Dongola in Abhängigkeit von den Kalifen. Im 10. Jahrh.
machten die Nubier einige Einfälle in Unterägypten, wodurch Feindseligkeiten hervorgerufen wurden,
in deren Folge die Macht der Könige von Dongola sank, so daß die Sultane von Ägypten Gebieter von Niedernubien wurden und Oberherren
von Dongola blieben.
Verschiedene Versuche der Nubier, das Joch wieder abzuschütteln, schlugen fehl. Im 15. Jahrh. nahmen die Bosniaken Niedernubien
in Besitz, während die Könige von Senaar ihre Herrschaft auf den südlichen Teil des Reichs ausdehnten.
Gegen Ende des 18. Jahrh. vernichteten die Schaikyeharaber den Einfluß der Tungidynastie,
setzten die Meliks, d. h. Unterkönige, nach Gutdünken ein und ab, übten Erpressungen und unternahmen fortwährend Raubzüge
ins Land, gegen die nur die feste Lage von Dongola el Adjuzeh einigermaßen Schutz gewährte.
Die Dongolawi, der immerwährenden Feindseligkeiten müde, wanderten allmählich nach Norden
[* 65] und nach Kordofan und Dar Fur
[* 66] aus. 1814 eroberten
die von Mehemed Ali aus Ägypten vertriebenen Mamelucken das Land und wurden von den Einwohnern als Befreier mit Freude empfangen.
Beim Anrücken des ägyptischen Heers unter Ibrahim Pascha 1820 zogen sich die schwachen Trümmer der Mamelucken
nach Dar Fur zurück, und seitdem ist Dongola ägyptisch. In denKämpfen der Engländer gegen den Mahdi 1884-85 ward Dongola eine wichtige
Operationsbasis der erstern.
gratuit (franz., spr. dong gratuih), freiwilliges
Geschenk, nannte man früher in Frankreich die bei außerordentlichen Veranlassungen von den Ständen dem
König bewilligte Beisteuer;
altes freiherrliches, seit 1632 gräfliches Geschlecht, stammt aus dem gleichnamigen Dorf in der GrafschaftMark und wird schon 1303 in Urkunden genannt. Ein 1637 in den Fürstenstand erhobener Zweig starb in der
Mitte des 18. Jahrh. aus. Namhafte Sprößlinge sind:
Spitze der auswärtigen Angelegenheiten im MinisteriumPfuel berufen, welche Stellung er aber nur kurze Zeit bekleidete, ward
sodann im Februar 1849 von dem zweiten Gumbinner Wahlbezirk zum Abgeordneten in die Erste Kammer gewählt und von dieser 1850 in
das Staatenhaus nach Erfurt
[* 77] entsandt. Im Sommer 1850 abermals zum Mitglied der Ersten Kammer gewählt, schloß er
sich hier der der rechten Seite angehörenden, aber gemäßigtern ParteiJordan an; 1851 nahm er an dem Landtag der ProvinzPreußen
[* 78] teil und wohnte sodann zu Berlin der Kammersession von 1851 bis 1852 bei. Bei der Umwandlung der Ersten Kammer in das Herrenhaus
ward er vom König zum erblichen Mitglied desselben ernannt; 1861 wurde er Obergewandkämmerer am Hof.
Er starb im April 1874.
AntonioFrancesco, ital. Schriftsteller, geb. 1513 zu Florenz,
[* 82] trat jung in den Servitenorden,
entfloh aber 1540 aus Furchtvor derStrafe für ein grobes Vergehen dem Kloster, nahm die Kleidung eines Weltgeistlichen an und
trieb sich in verschiedenen StädtenItaliens
[* 83] herum. Nachdem er eine kurze Zeit Buchdrucker in Florenz gewesen war, ging er nach
Venedig
[* 84] und verfaßte hier, lediglich des Broterwerbs wegen, eine große Menge von Schriften, denen er oft,
um ihnen Absatz zu verschaffen, die seltsamsten Titel gab, und die ihm trotz ihres meistens geringen Gehalts und ihrer Bizarrerien
einen großen Ruf verschafften. Er war Mitglied verschiedener Akademien und stand zu verschiedenen bedeutenden Persönlichkeiten
in Beziehung. Mit Pietro Aretino und Ludovico Domenichi war er anfangs eng befreundet, entzweite sich
aber mit beiden und verfolgte sie seitdem aufs feindseligste. 1553 verließ er aus unbekannten GründenVenedig und ging schließlich
nach Monselice, wo er die letzten Jahre seines Lebens in Dunkelheit zubrachte und 1574 starb. Von seinen zahlreichen Werken
haben nur seine »Prima libraria« (Vened. 1550) und »Seconda
libraria« (das. 1551-55; beide zusammen, das. 1557) noch heute
einen bedingten Wert wegen der darin enthaltenen litterarischen Notizen und als erster Versuch einer italienischen Bibliographie.
In viele seiner Schriften sind Novellen eingewebt, die in neuerer Zeit gesammelt herausgegeben worden sind, zuerst von
Gamba (Vened. 1815), vollständiger von Salv. Bongi (Lucca
[* 85] 1852, mit ausführlicher Biographie).
Laubhölzer sieht man nur an den Rändern derselben oder an den Niederungen der größern Flüsse.
[* 87] Als besonders dürr und recht
eigentlich den Charakter der russischen Steppen abspiegelnd erscheint der südliche Teil des Landes der
Donischen Kosaken, wo der D. B.,
je weiter man nach S. rückt, desto magerer, sandiger und salziger und zuletzt für die Kultur völlig ungeeignet wird, und
wo einzig das Donthal noch für den Anbau brauchbar erscheint. Daher drängt sich an dem Don entlang auch die ganze Bevölkerung
der Provinz dicht zusammen.
Gaetano, Opernkomponist, geb. zu Bergamo, machte seine Studien unter SimonMayr daselbst und dem
Pater Mattei in Bologna und widmete sich anfangs bloß der Kirchenkomposition im strengen Stil. Nach der Rückkehr in seine
Vaterstadt (1814), wo er die Stelle eines Bassisten und Archivars an der KircheSanta MariaMaggiore bekleidete,
konnte er jedoch nicht lange der Anziehungskraft widerstehen, welche die Bühne auf alle italienischen Komponisten ausübt,
und fünf Jahre später brachte er seine erste Oper: »Enrico di Borgogna« in Venedig zur Aufführung. Sie gefiel zwar, machte
aber ebensowenig wie 19 andre Opern, die er von 1818 bis 1828 schrieb (»L'Ajo nell' imbarazzo«, »Elvira«,
»Alfredo il Grande«, »Olivo e Pasquale«, »Alahor
in Granada«,
[* 89] »Chiara e Serafino« u. a.),
größeres Aufsehen. Erst mit dem »Esule di Roma«
[* 90] (1828 in Neapel
[* 91] aufgeführt) hob sich sein Erfolg und sein Ruf. In raschester
Folge erschienen jetzt von ihm in Genua
[* 92] »Alina, regina di Golconda«, in Neapel¶
mehr
»Gianni di Calais«,
[* 94] »Il Giove di grasso«; ferner »Il
Paria«, »Il castello di Kenilworth«, »Il diluvio universale«, »Francesca di Foix«, »Imelda de' Lambertazzi«, »La
Romanziera« u. a., sämtlich für Neapel. Eine neue Periode für Donizetti bezeichnete seine »Anna Bolena« (1831 für Mailand
[* 95] geschrieben),
der bis 1835 nebst mehreren andern die Opern: »L'elisir d'amore«, »Fausta«, »Il Furioso«, »Parisina«
folgten. In einer Art Wettstreit mit Bellini bei der ItalienischenOper zu Paris, in welchen er 1835 mit seinem »Marino Faliero«
gegen Bellinis »Puritani« eintrat, mußte er letzterm weichen, errang aber
noch in demselben Jahr mit seiner »Lucia di Lammermoor« (für Neapel) und »Belisario« (für Venedig) um
so größern Erfolg. Donizetti war inzwischen 1834 zum Kapellmeister und Lehrer der Komposition am Konservatorium zu Neapel ernannt worden,
erhielt darauf 1836 auch die Professur des Kontrapunktes und wurde 1838, nach ZingarellisTode, Direktor der Anstalt, gab jedoch
diese Stellung 1840 auf, um zum zweitenmal sein Glück in Paris zu versuchen, diesmal mit entschiedenem
Erfolg, denn er fand sowohl in der GroßenOper mit seiner »Favorite« als auch in der Komischen mit seiner »Fille du régiment«,
wenn auch nicht beim ersten Erscheinen dieser Werke, so doch bei den spätern Aufführungen, enthusiastischen Beifall.
Nachdem er 1842 seine »Linda di Chamounix« für Wien komponiert hatte, wurde er zum österreichischen
Hofkapellmeister ernannt, brachte 1844 seine »Catarina Cornaro« in Neapel auf die Bühne und begab sich darauf ein drittes Mal
nach Paris, um hier neue Siege zu erringen. Allein infolge übermäßiger Anstrengungen im Komponieren und einer zügellosen
Hingabe an die Genüsse des Lebens fiel er hier plötzlich in einen völligen Stumpfsinn, aus dem ihn kein
Mittel wieder zu erwecken vermochte.
Zunächst im Irrenhaus zu Ivry bei Paris untergebracht, dann in seine Vaterstadt zurückgeführt, starb er hier Donizetti, der
mit fabelhafter Leichtigkeit und Schnelligkeit produzierte, hat im ganzen 70 Opern komponiert, wobei er
freilich auf die Instrumentierung meist nur geringe Sorgfalt verwendete. Unter seinen ernsten Opern sind »Lucrezia Borgia«
(1834) und »Lucia di Lammermoor« (1835) unstreitig die besten; unter den komischen verdienen »L'elisir
d'amore« (1832),
»La fille du régiment« (1840) und »Don Pasquale« (1843) durch ihre Frische und Originalität
den Vorzug, wenn er auch in dieser Hinsicht hinter Rossini zurückstehen muß. Donizetti ist in allen seinen Werken durchaus Italiener
und verfolgt die Richtung der Oper, welche von dem letztgenannten Meister angebahnt worden war. Er sorgt in erster Reihe für
leichten und bequemen Genuß durch augenblicklich ansprechende und erregende Melodien, doch zeigt er nicht
selten auch eine bewunderungswürdige Tiefe der Empfindung und dramatische Kraft.
[* 96] - SeinBruder Giuseppe, geb. 1814, war längere
Zeit Direktor der Militärmusik des Sultans in Konstantinopel,
[* 97] wo er 1856 starb.
Juan (span., spr. chuán), berühmte Theaterfigur, Held einer spanischen Sage, die, unter dem heißen Himmel
[* 100] des Südens
entstanden, in ihrer erschütternden Gewalt wie ihrer tief im Geiste des Mittelalters wurzelnden Grundidee
der
Faustsage des Nordens entspricht oder vielmehr die Ergänzung derselben bildet. Während diese lehrt, daß das Überspringen
der dem forschenden Menschengeist gesteckten SchrankenFrevel ist und ins Verderben stürzt, zeigt jene, wie umgekehrt das
maßlose Schwelgen im Genuß des Irdischen zu demselben Ziel führt. In beiden Sagen tritt uns der menschliche
Egoismus, der rücksichtslos nur die Befriedigung seines subjektiven Gelüstens erstrebt, in der höchsten Potenz entgegen;
beide zusammen bilden den Inbegriff alles menschlichen Irrens im Denken wie im Fühlen.
Die Don Juan-Sage ist älter als die Sage vom Faust und knüpft an eine geschichtliche Person an, deren Familienname
Tenorio ist. Wir erfahren von einem Hidalgogeschlecht dieses Namens und besonders von einem Admiral Tenorio, der sich im Kampf
gegen die Mauren einen ruhmvollen Namen erwarb. Den jüngsten von dessen Söhnen, Juan, bezeichnet die Sage als ihren Helden und
macht ihn zum Genossen des KönigsPedro (1350 bis 1369) bei seinen Lüsten und Grausamkeiten, so daß
sein Name in Sevilla
[* 101] und der Umgegend zum Gegenstand der abenteuerlichsten und schaudervollsten Erzählungen ward.
Nach zahllosen Frevelthaten, so wird berichtet, habe er endlich eine Jungfrau inSevilla, Giralda, zu entehren versucht und
ihren Vater, den Gouverneur der Stadt, der ihr zu Hilfe geeilt, im Zweikampf ermordet. Als er darauf im Übermut
die jenem errichtete steinerne Statue zum Nachtessen geladen, sei diese wirklich erschienen und mit ihm zur Hölle gefahren.
Mit dieser Sage vermischte sich in späterer Zeit eine andre, deren Gegenstand ein Wüstling ähnlichen
Namens, Juan de Maraña, ist.
Derselbe sollte ein Bündnis mit dem Teufel geschlossen, sich schließlich aber nach vielen Schandthaten bekehrt haben und
im Geruch der Heiligkeit gestorben sein. Schon frühzeitig soll die Don Juan-Sage von einem unbekannten Dichter dramatisch bearbeitet
und unter dem Titel: »El ateista fulminado« lange Zeit hindurch in den Klöstern aufgeführt worden sein;
der erste, der sie notorisch im Drama darstellte, war derMönchGabrielTellez, der unter dem NamenTirso de Molina als beliebter
Komödiendichter in der ersten Hälfte des 17. Jahrh. lebte und den ergiebigen Stoff unter dem Titel: »El burlador de Sevilla
y convidado de piedra« (deutsch von Braunfels in Rapps »Spanischem Theater«, Bd. 5, Hildburgh.
1870) auf die Bühne brachte.
MolinasStück, das eine flüchtige Arbeit ist, aber doch Partien enthält, wie sie nur ein Dichter
ersten Ranges geben kann, wurde zu Ende des 17. Jahrh. in Spanien
[* 102] selbst vonAnt. de Zamora überarbeitet.
Bereits vorher war dasselbe nach Italien übergegangen, zuerst in O. Gilibertis (1652), dann in Cicogninis Bearbeitung (»Il
convitato di pietra«, 1670), welch letztere bemerkenswert ist, weil die komische Person hier zuerst in bestimmter Zeichnung
erscheint. Von Italien drang es bald auch nach Frankreich ein, wo zuerst Dorimon eine Bearbeitung des Stückes
von Giliberti unter dem abgeschmackten Titel: »Le
[* 103] festin de pierre, ou le fils criminel« 1658 in Lyon,
[* 104] dann de Villiers eine
solche als »Tragikomödie« 1659 in Paris zur Aufführung brachte. Der Stoff erregte hier so großes Interesse, daß Molière noch
kurz vor seinem Tod nach demselben seinen ou le festin de pierre, comédie
en 5 actes« bearbeitete, der 1665 zum erstenmal auf dem Theater des Palais Royal aufgeführt ward. Der Spaßmacherei der Italiener
gegenüber wollte Molière den Gegenstand in die Sphäre der eigentlichen Komödie erheben, verwischte aber dabei jede Spur vom
national-historischen Charakter des
¶
Auch in England ward der Stoff durch Shadwells Tragödie »The libertine destroyed« eingeführt (1676); doch war darin
der Held so grenzenlos verrucht hingestellt, daß er alle Schranken der Billigung überschritt. Durch Molière
angeregt, suchte 50 Jahre später auch Goldoni das alte spanische Stück seinem Vaterland in der würdigern Gestalt einer regelmäßigen
Komödie vorzuführen. Sie wurde zuerst 1736 in Venedig unter dem Titel: »DonGiovanni Tenorio, osia: il dissoluto punito« aufgeführt;
sonderbarerweise aber läßt der Dichter den steinernen Gast ganz weg und übergibt einem Blitzstrahl
das Racheamt. In Deutschland
[* 106] gehörte »Don Juan, oder das steinerne Gastmahl« (!) bereits seit dem Anfang des 18. Jahrh. zum stehenden
Repertoire der improvisierenden Schauspieler, die dafür ebensowohl Dorimons und MolièresStücke wie die Traditionen der Italiener
benutzt zu haben scheinen.
Neben diesen dramatischen Bearbeitungen fehlte es auch nicht an Versuchen,
den Stoff als Oper zu behandeln. Den ersten Anlauf
[* 107] dazu nahm der FranzoseLe Tellier 1713 in Paris; 1761 wurde ein Ballett: »Don Juan«, mit
Musik von Gluck, in Wien aufgeführt, und etwa 20 Jahre später ging eine gleichnamige Oper, komponiert von V. Righini, in
Prag
[* 108] und anderwärts über die Bretter. Alle diese Arbeiten weit hinter sich zurück ließ Mozart, der in seinem Meisterwerk:
»Il dissoluto punito, ossía DonGiovanni« (1787, nach Dapontes einsichtsvoll gearbeitetem Textbuch komponiert), den ergreifenden
Stoff in seiner tiefen poetischen Bedeutung erfaßte und ihm die klassische Gestaltung gab, die ihn nicht
nur in Deutschland, sondern in der ganzen zivilisierten Welt volkstümlich machte.
Unmittelbar nach Mozart schrieb auch Gazzaniga eine Oper: »Convitato di pietra«, die 1789 in Bergamo und Rom,
[* 109] später in Mailand
und Paris mit Beifall gegeben ward. Im 19. Jahrh. fuhr die Don Juan-Sage fort, ein Lieblingsgegenstand poetischer Bearbeitung zu
sein. Byrons epische Dichtung »Don Juan« knüpft allerdings nur an den Namen des Helden an und entfernt sich im
übrigen ganz von der Sage. Dagegen sucht Grabbe in seiner Tragödie »Don Juan und Faust« (1829) die alte südliche Volkssage mit der
Faustsage des Nordens in Verbindung zu bringen; andre Don Juan-Dramen brachten Holtei (1834),
Braun v. Braunthal (1842) u. a. Auch Lenau hinterließ eine (unvollendete) epische Dichtung: »Don Juan«, voll dramatischer Präzision
und genialer Keckheit der Gedanken. In Frankreich wurde die Sage von neuern Dichtern ebenfalls wiederholt behandelt, teils dramatisch,
wie z. B. von A. Dumas (»Don Juan de Marana«, 1836),
Mallefille
(1858) u. a. Eine anziehende Bereicherung der Don Juan-Dichtungen brachte in neuerer Zeit das Heimatsland der Sage selbst mit José
Zorillas Drama »Don Juan Tenorio« (1844; deutsch, Leipz. 1850). Wie nämlich Goethe der Faustsage eine dem Volksglauben entgegenlaufende,
aber im fortschreitenden Bewußtsein der Zeit begründete versöhnende Wendung gegeben hat, so wird in
dem Drama Zorillas auch die Don Juan-Sage,
ohne daß der Stoff im wesentlichen sich verändert, zuerst ganz im modernen Geist behandelt.
Übrigens hat derselbe Dichter den Gegenstand auch noch episch-lyrisch in »El
desafio del diablo« (1845) und »Un testigo di bronze« (1845) bearbeitet.
Als jüngstes Glied
[* 110] dieser Kette von Dichtungen ist P. Heyses freilich nur an die alte Sage anknüpfendes
Drama »DonJuans Ende« (1883) zu nennen. Ausführliche Nachweise über die Sage und ihre Bearbeitungen enthält Scheibles »Kloster«,
Bd. 3, Abt. 2 (Stuttg. 1846).