Potsdam
,
Brücken I

* 7
Brücke.
[* 1] Hauptstadt der preuß.
Provinz
Brandenburg
[* 2] sowie des gleichnamigen Regierungsbezirks und zweite königliche
Residenz, liegt an der
Linie
Berlin-Magdeburg der Preußischen Staatsbahn, rechts an der
Havel, in welche hier die
Nuthe einmündet,
auf dem Potsdamer
Werder, einer
Insel, welche durch die
Havel, einen
Kanal
[* 3] und verschiedene
Seen gebildet
wird. Potsdam
ist sehr regelmäßig gebaut und besteht aus der
Alt- und
Neustadt,
[* 4] zu der auch der Kiez, die
Friedrichsstadt und das
Holländische
[* 5]
Revier gehören, u. fünf Vorstädten, der
Berliner,
[* 6]
Nauener,
Brandenburger,
Jäger- und
Teltower Vorstadt, welch
letztere, auf dem linken Havelufer gelegen, mit der übrigen Stadt durch die 196 m lange
Lange
Brücke
[* 7] verbunden ist.
Hauptplätze sind: der Wilhelmsplatz mit dem von
Kiß entworfenen Denkmal
Friedrich
Wilhelms III., der Bassinplatz mit der katholischen
Kirche und der
Alte
Markt mit einem 24 m hohen
Obelisk von
Marmor. Der Lustgarten, aus Paradeplatz und
Park
bestehend, ist mit 14
Büsten berühmter preußischer
Feldherren aus dem
Befreiungskrieg, 12 Marmorstatuen und 6
Kanonen aus
verschiedenen
Zeitaltern geziert. Potsdam
hat 6
Kirchen: die Garnisonkirche (1730 bis 1736 erbaut) mit 88 m hohem
Turm und
[* 8] der Gruft
Friedrich
Wilhelms I. und
Friedrichs II.;
die von Schinkel und Persius 1830-37 erbaute Nikolaikirche mit einer Kuppel;
die Heiligegeistkirche (1728 erbaut) mit 90 m hohem Turm;
die französisch-reformierte Kirche, nach dem Muster des Pantheons zu Rom [* 9] erbaut;
die Friedenskirche (1845-50 im Stil einer altchristlichen Basilika [* 10] erbaut) mit der Grabstätte König Friedrich Wilhelms IV. und Kaiser Friedrichs III. und die schon erwähnte kath. Kirche.
Auch hat die Stadt eine
Synagoge.
Unter den Gebäuden Potsdams
sind hervorzuheben: das königliche
Schloß (1667-1701 erbaut) mit
Park, worin sich die Standbilder
König
Friedrich
Wilhelms I., des
Kaisers
Alexander I. von Rußland, der
Generale
Blücher,
Gneisenau,
Kleist und
Tauenzien befinden;
das Rathaus (1753 nach dem Muster des Amsterdamer erbaut);
das Exerzierhaus mit schönem Portal;
das Militärwaisenhaus, ein kolossales Gebäude mit 130 m langer Fronte und 48 m hohem Turm mit Kuppel;
das 1770 nach dem Muster des Trajanschen Triumphbogens zu Rom erbaute Brandenburger Thor;
das Kasinogebäude, von Schinkel in altgriechischem Stil aufgeführt;
das Schauspielhaus, die Hauptwache.
Die Zahl der Einwohner belief sich 1885 mit der Garnison (1. Garderegiment zu Fuß, ein Gardejägerbataillon, ein Lehrinfanteriebataillon, 3 Eskadrons Garde du Korps, das Leib-
Potsdam

* 12
Seite 13.292.
[* 1]
^[Abb.:
Wappen
[* 11] von Potsdam.]
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mehr
gardehusarenregiment und zwei Gardeulanenregimenter, Nr. 1 und Nr. 3) auf 50,877 Seelen, darunter 46,227 Evangelische, 3947 Katholiken und 568 Juden. Die industrielle Thätigkeit besteht in Zuckerraffinerie, Fabrikation von Seidenzeugen, Wachstuch, Pappe, Chemikalien, optischen Instrumenten, Zinkgußgegenständen, Sätteln und Geschirren, Bierbrauerei [* 13] etc. Auch werden Schiffahrt und Fischerei [* 14] sowie Gärtnerei und Blumenzucht in ausgedehnter Weise betrieben.
Der Handel der Stadt ist unbedeutend, doch ist Potsdam
Sitz der Deutschen Lebens-, Pensions- und Rentenversicherungsanstalt auf Gegenseitigkeit
und eines Kreditvereins. Den Verkehr in der Stadt vermittelt eine Pferdebahn. An Bildungsinstituten etc. sind vorhanden: ein
Gymnasium, ein Realgymnasium, eine Oberrealschule, eine höhere Bürgerschule, eine Kriegsschule, eine Unteroffizierschule,
ein Kadettenhaus, ein Militär- und ein Zivilwaisenhaus, eine Idiotenanstalt, eine Heilanstalt für Epileptische etc.
Die städtischen Behörden setzen sich zusammen aus 17 Magistratsmitgliedern und 60 Stadtverordneten.
Deutsche Altertümer -

* 15
Deutsche.
Sonst ist Potsdam
Sitz des Oberpräsidiums der Provinz Brandenburg, einer königlichen Regierung, der Oberrechnungskammer und des
Rechnungshofs für das Deutsche Reich,
[* 15] einer Oberpostdirektion, eines Hauptsteueramtes, eines Landgerichts,
einer königlichen Polizeidirektion etc. An militärischen Behörden befinden sich dort: das
Kommando der 1. Gardeinfanterie- und der 2. Gardekavalleriebrigade. 4 km von Potsdam
liegt in der Havel, die sich daselbst zu einem
Landsee erweitert, die gegen 2000 Schritt lange und 500 Schritt breite Pfaueninsel (sonst Kaninchenwerder), mit
einem königlichen Lustschloß nebst Gartenanlagen.
Näher bei Potsdam
liegt das Lustschloß Sanssouci (s. d.) und unweit davon das 1763-69 aufgeführt Schloß Friedrichskron, früher
Neues Palais genannt. Das 215 m lange Hauptgebäude hat einen mit einem Fronton gezierten Vorsprung, worüber
sich eine antike
Kuppel mit drei kolossalen, eine Krone emporhaltenden Grazien erhebt, ist mit korinthischen Pilastern, Statuen
und Gruppen geziert und enthält an 200 Zimmer (darunter ein 33 m langer, 20 m breiter und 13 m hoher Marmorsaal).
Garten

* 16
Garten.
Hinter dem Schloß liegt ein 15 km im Umfang haltender Wildpark, vor demselben der sogen. Antikentempel, ein Gebäude mit dem
zweiten Exemplar der Rauchschen Statue der Königin Luise; 1 km von beiden entfernt liegt, durch parkähnliche
Anlagen mit dem Garten
[* 16] von Sanssouci und dem von Friedrichskron verbunden, das Schloß Charlottenhof, das Friedrich Wilhelm IV.
sich 1826 als Kronprinz einrichtete, mit einer Villa in römischem Stil nach Modellen aus Pompeji.
[* 17] Aus dem Nauener Thor Potsdams
gelangt man zum Marmorpalais (Sommerresidenz Kaiser Wilhelms II.) im Neuen Garten, am Heiligen See, mit plattem kupfernen und mit
einer Gruppe von Kindern gezierten Dach
[* 18] und schönem Park mit Orangerie, maurischem Tempel,
[* 19] Eremitage, Grotten etc. Der Pfaueninsel
gegenüber liegt das Dorf Sakrow, mit einer von dem König Friedrich Wilhelm IV. erbauten schönen Kirche.
In der Teltower Vorstadt bei Potsdam
liegt der Brauhausberg und weiter südlich der Telegraphenberg mit dem astrophysikalischen
Observatorium (Sonnenwarte), Spaziergängen und einer Burg; 4 km von Potsdam
bei Kleinglienicke Schloß Babelsberg (s. d.); in Kleinglienicke
selbst das Lustschloß (ehemals Sommersitz des verstorbenen Prinzen Karl) und das Jagdschloß des Prinzen
Friedrich Leopold von Preußen
[* 20] und dabei die prächtige Havelbrücke. Vor der Nauener Vorstadt liegt noch der Pfingstberg mit
zwei Aussichtstürmen und Aufenthaltsräumen für die Mitglieder des königlichen Hauses und die 1826 angelegte russische
Kolonie Alexandrowka, die eine griechische Kapelle und 13 auf russische Art erbaute Wohnhäuser
[* 21] enthält. Potsdam
ist
Geburtsort Alexanders v. Humboldt. Zum Land-
Potsdamsandstein - Pot

* 22
Seite 13.293.
[* 12]
^[Abb.: Umgebung von Potsdam.]
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mehr
gerichtsbezirk Potsdam
gehören die 11 Amtsgerichte zu Baruth, Beelitz, Belzig, Brandenburg a. H., Dahme, Jüterbog,
[* 23] Luckenwalde,
[* 24] Potsdam
, Rathenow,
[* 25] Treuenbriezen ^[richtig: Treuenbrietzen] und Werder. - Potsdam
, ursprünglich Poztupimi (»Bergabhang«),
ist eine alte slawische
Niederlassung und wird zuerst 993 bei der Überlassung an das Stift Quedlinburg
[* 26] urkundlich erwähnt. Unter den Askaniern entstand
auf einer Havelinsel eine Burg; Potsdam
erhielt im 14. Jahrh. Stadtrecht, blieb jedoch bis zur Zeit König Friedrichs I. unbedeutend.
Am meisten machten sich um die Verschönerung der Stadt die Könige Friedrich Wilhelm I. und Friedrich II. verdient. Durch das
Potsdamer Edikt vom lud der Große Kurfürst die aus Frankreich vertriebenen Hugenotten zur Ansiedelung
in seinen Staaten ein.
Hier wurde der geheime Allianzvertrag zwischen Rußland und Preußen geschlossen, der jedoch durch die Schlacht von Austerlitz [* 27] vereitelt wurde.
Vgl. außer den Schriften des 1862 begründeten Vereins für die Geschichte Potsdams: Schmidt, Geschichte und Topographie der Residenzstadt Potsdam (Potsd. 1825);
Kopisch, Die königlichen Schlösser und Gärten zu Potsdam (Berl. 1854);
»Geschichte der königlichen Residenzstadt Potsdam« (hrsg. von A. R., Potsd. 1883);
Sello, Potsdam und Sanssouci Forschungen und Quellen (Bresl. 1888).
Der Regierungsbezirk Potsdam (s. Karte »Provinz Brandenburg«) umfaßt 20,639 qkm (374,85 QM.), zählt (1885) 1,226,120 Einw. (59 auf 1 qkm), darunter 1,185,325 Evangelische, 32,298 Katholiken und 5761 Juden, und besteht aus den 18 Kreisen:
Kreise | QKilometer | QMeil. | Einw. | Einw. auf 1 QKil. |
---|---|---|---|---|
Angermünde | 1307 | 23.74 | 64![]() |
50 |
Beeskow-Storkow | 1246 | 22.63 | 42![]() |
35 |
Brandenburg (Stadtkreis) | 79 | 1.44 | 33![]() |
- |
Charlottenburg (Stadtkr.) | 21 | 0.38 | 42![]() |
- |
Jüterbog-Luckenwalde | 1325 | 24.06 | 64![]() |
49 |
Niederbarnim | 1741 | 31.62 | 14![]() |
83 |
Oberbarnim | 1213 | 22.03 | 79![]() |
66 |
Osthavelland | 1191 | 21.63 | 60![]() |
51 |
Ostpriegnitz | 1882 | 34.18 | 67![]() |
36 |
Potsdam (Stadtkreis) | 13 | 0.23 | 50![]() |
- |
Prenzlau | 1133 | 20.58 | 55![]() |
49 |
Ruppin | 1772 | 32.18 | 77![]() |
49 |
Spandau (Stadtkreis) | 42 | 0.76 | 32![]() |
- |
Teltow | 1642 | 29.80 | 163![]() |
99 |
Templin | 1436 | 26.08 | 43![]() |
31 |
Westhavelland | 1214 | 22.05 | 55![]() |
46 |
Westpriegnitz | 1460 | 26.52 | 72![]() |
49 |
Zauche-Belzig | 1922 | 34.91 | 74![]() |
39 |