Kammer
(altd. chámara, v. lat. camera, »Gewölbe, [* 2] gewölbtes Zimmer«),
Kammer - Kammergericht

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Seite 9.425.ursprünglich bei den fränkischen Königen das Gemach, worin sie ihr besonderes Eigentum verwahrten; dann der Ort, wo ¶
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die fürstlichen Angelegenheiten verhandelt wurden, und in übertragener Bedeutung auch die den fürstlichen Haushalt leitende
Behörde (vgl. Kabinett). An der Spitze der Kammer
, die auch Kammerkollegium, Hofkammer, Rentkammer hieß, stand der Kämmerer (Camerarius,
Kammer
meister, auch Landschreiber genannt). Derselbe war zugleich einer der ersten Hofbeamten. Die Geschäfte der Kammer
bestanden
in der Beaufsichtigung und Leitung der eignen Güter der Fürsten, Kammergüter (Kammervermögen) im engern
Sinn, der Domänen, in der Einbringung der herrschaftlichen Gefälle, Zehnten, Zinsen; ferner in der Verwaltung der Einkünfte
aus der Jagd, den Straßen, der Münze und den übrigen Regalien.
Die Einkünfte verwaltete der Fürst mit seiner Kammer
unabhängig von seinen Ständen; mit ihnen wurden in
erster Linie alle Regierungskosten bestritten; erst bei ihrer Unzulänglichkeit mußten die Stände mit der Bewilligung von
Steuern eintreten. Zu dem Geschäftskreis der Kammer
, zu den sogen. Kammersachen, gehörte aber auch eine polizeiliche Thätigkeit,
die notwendig mit der Sorge für Vermehrung der fürstlichen Einkünfte und der heutigen sogen. Volkswirtschaftspflege
zusammenhing.
Nach und nach wurden in größern Staaten die Kammern
in verschiedene Behörden, Kammerkollegien, Hofkammern, Rentkammern,
geteilt, woraus sich die Finanzministerien, die Finanzkämmereien, die Steuerkollegien, die Zolldirektionen, die Oberrechnungskammern
etc. entwickelt haben, während das Polizeiwesen in das Ressort andrer Ministerien übergegangen ist. Den Kammern
standen
zuweilen zur Vertretung in Prozessen eigne Anwalte, Kammer
konsulenten, zur Seite.
Vgl. Domäne und Kameralwissenschaft.
Spottiswoode - Sprache

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Sprache. In der parlamentarischen Sprache
[* 4] versteht man unter Kammer
die Volksvertretung (s. d.), daher man von Ein- und Zweikammersystem
spricht, je nachdem der Landtag einheitlich organisiert oder aus einer Ersten und Zweiten Kammer
zusammengesetzt ist. Endlich wird
der Ausdruck Kammer
vielfach in dem Sinn von Kollegium, namentlich richterlichem Kollegium, gebraucht; so sind
z. B. bei den Landgerichten Zivil- und Strafkammern, auch Kammern für Handelssachen gebildet (s. Gericht, S. 165 f.), und das Berliner
[* 5] Oberlandesgericht führt noch jetzt die Bezeichnung Kammergericht (s. d.). Für die Vertretung der gemeinsamen Interessen des
Anwaltstandes bestehen Anwaltskammern (s. d.). Auch der Handels- und Gewerbekammern (s. d.) ist zu gedenken.