Bibliographie
s. v. w. Bücherbeschreibung, auch
Bibliognosie u.
Bibliologie (»Bücherkunde«)
genannt, diejenige
Wissenschaft, welche sich mit der
Beschreibung und Beurteilung der litterarischen
Produkte der verschiedenen
Völker und
Zeiten beschäftigt, soweit dieselben durch den
Druck vervielfältigt sind. Dagegen gehört die Kenntnis der geschriebenen
Bücher nicht in das Gebiet der Bibliographie
, sondern bildet das
Objekt einer eignen
Wissenschaft (vgl.
Handschrift). Wie
die Handschriftenkunde die geschriebenen
Bücher, so hat die Bibliographie
die Druckerzeugnisse zum Gegenstand.
Sie steht in engster
Verbindung mit der Litteraturgeschichte, als deren
Archiv oder
Codex diplomaticus sie sich darstellt, und
erscheint als der sicherste
Grad- und Höhenmesser der litterarischen
Kultur und Thätigkeit.
Ihre Form und Behandlungsweise
kann verschieden sein, entweder chronologisch, oder alphabetisch, oder systematisch; nur
Nomenklatur oder
zugleich kritisch und räsonnierend; absolut vollständige Verzeichnung oder wissenschaftliche Auswahl des Vorzüglichsten
nach dem innern
Werte. Die nach
Eberts Vorgang eingeführte Unterscheidung in reine und angewandte hat keinen praktischen Wert.
Brauchbarer ist die
Einteilung in allgemeine, nationale und spezielle Bibliographie.
Die allgemeine Bibliographie
, welche die Litteratur aller
Völker und aller
Wissenschaften umfaßt, und damit die Bibliographie
überhaupt wurde
im 16. Jahrh. durch
Konrad v.
Geßners (s. d.) »Bibliotheca
universalis« (Zür. 1545-55, 4 Bde.)
geschaffen. Für die ältere Litteratur ist immer noch von Wert
Th. Georgis »Allgegemeines ^[richtig: Allgemeines] europäisches
Bücherlexikon« (Leipz. 1742-1758, 5
Tle. und 3
Supplemente). Unentbehrliche Hauptwerke mit einer Auswahl
des Wissenswürdigsten in alphabetischer
Folge sind: F. A.
Eberts
»Allgemeines bibliographisches
Lexikon« (Leipz. 1821-1830, 2 Bde.),
Bibliographie

* 2
Seite 2.888.J. Ch. ^[Jacques Charles] Brunets »Manuel du libraire« ¶
mehr
(5. Ausg., Par. 1860-80, 6 Bde.
und 3 Supplementbände) und Grässes »Trésor de livres rares et précieux« (Dresd. 1859-69, 7 Tle.). Daneben wird die Kenntnis
der wichtigern neuen Erscheinungen der deutschen und ausländischen Litteratur durch die monatlich von F. A. Brockhaus in Leipzig
[* 3] (seit 1856) ausgegebene »Allgemeine Bibliographie«
vermittelt. Auf
eine bestimmte Zeitperiode beschränkt sich das »Allgemeine Repertorium der Litteratur« von J. S. ^[Johann Samuel] Ersch (Jena,
[* 4] dann Weimar
[* 5] 1793-1807, 9 Bde.),
welches die gesamte Litteratur von 1785 bis 1800 in systematischer Ordnung und mit alphabetischen Registern zusammenstellt. Als bibliographische Zeitschrift ist Petzholdts »Anzeiger für und Bibliothekwissenschaft« (Dresd., seit 1840; fortgesetzt von Kürschner, Berl. u. Stuttg. 1885) hervorzuheben.
Italien

* 6
Italien. Die nationale Bibliographie
erstreckt sich auf die litterarischen Erzeugnisse eines bestimmten Landes oder Landesteils. Sie ist teils
in lexikalischen Werken über größere Zeiträume, teils in periodisch erscheinenden Schriften niedergelegt. Solche Bücherlexika
mit der Tendenz absoluter Vollständigkeit besitzen fast alle bedeutenderen Kulturstaaten, mit alleiniger
Ausnahme von Italien.
[* 6] Für Deutschland
[* 7] sind in erster Linie zu nennen W. Heinsius' »Allgemeines Bücherlexikon«, von 1700 bis 1879 reichend
(Leipz. 1812-82, 16 Bde.),
und Ch. G. Kaysers »Vollständiges Bücherlexikon«, von 1750 bis 1882 (das. 1833-83, 22 Tle. und 1 Bd. Sachregister),
neben denen A. Kirchhoffs, dann Hinrichs' »Fünfjähriger Bücherkatalog«, von 1851 bis 1880 (das. 1856-81, 6 Bde.), bequeme Übersichten gewährt. Die Reihe der periodischen bibliographischen Schriften wird eröffnet durch die sogen. Meßkataloge (s. d.),
welche von 1564 bis 1749 in Frankfurt [* 8] a. M., außerdem seit 1594 in Leipzig herauskamen, bis sie 1860 eingingen. An ihre Stelle traten das Hinrichssche halbjährliche »Verzeichnis der Bücher, Landkarten [* 9] etc.« (seit Ostern 1798),
ferner die wöchentliche »Allgemeine Bibliographie
für Deutschland«, ebenfalls von Hinrichs
(seit 1842),
Oesterreich ob der Enn

* 10
Österreich.sowie dessen »Vierteljahrskatalog« (seit 1846). Wichtig für bibliographische Zwecke ist auch das täglich erscheinende »Börsenblatt für den deutschen Buchhandel« (seit 1834). Was insbesondere Österreich [* 10] betrifft, so ist der in Aussicht gestellte »Katalog sämtlicher in der österreichischen Monarchie vom Jahr 1750 bis 1860 erschienenen Bücher« nicht zu stande gekommen. Nur eine Jahresübersicht mit dem Titel: »Österreichischer Katalog« (Wien [* 11] 1861-1871, 11 Jahrg.) haben wir zu verzeichnen, welche seit 1871 unter verändertem Titel als Beilage an die »Österreichische Buchhändlerkorrespondenz« angeschlossen ward. In der Schweiz [* 12] erscheint seit 1871 eine und litterarische Chronik der Schweiz« (Zürich, [* 13] dann Basel, [* 14] deutsch und französisch).
Auch in den Niederlanden fand die nationale Bibliographie
eifrige Pflege. Auf J. ^[Johannes] van Abkoudes »Naamregister van Nederduitsche
Boeken«, von 1600 bis 1761 (Rotterd. 1763),
bis 1787 vermehrt durch R. Arrenberg (das. 1788),
folgten J. ^[Johannes] de Jongs, sodann C. L. Brinkmans »Alphabetische Naamlijst van Boeken«, von 1790 bis 1875 (Amsterd. 1835-78, 4 Bde.; nebst einem wissenschaftlichen Register über 1850-1875, das. 1878),
Belgien und Luxemburg

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Belgien. und Brinkmans »Catalogus der Boeken-,
Plaat- en Kaartwerken 1850-82« (das. 1883-85). Dazu kommen Brinkmans Jahresübersichten:
»Lijst van Boekwerken« (seit 1837) und »Alphabetische
Naamlijst« (seit 1846) sowie die »Nederlandsche in monatlichen Nummern
(Haag,
[* 15] später Utrecht,
[* 16] seit 1856). Für Belgien
[* 17] sind zu erwähnen die
»Bibliotheca belgica. Catalogue général des
principales publications belges, 1830-1860« (Brüss. 1861) und die 1882 begonnene »Bibliographie
nationale,
1830-80«. Die periodische Bibliographie
wird durch zwei monatliche Organe vertreten, die »Bibliographie
de la Belgique«
(Brüss. 1838-68, nach längerer Unterbrechung seit 1875) und die offizielle »Bibliographie
de Belgique«
(seit 1875),
welch letztere unbedingt den Vorzug verdient.
In den skandinavischen Ländern sind auszuzeichnen: für Dänemark [* 18] F. Fabricius' »Dansk Bogfortegnelse« für 1841-58 (Kopenh. 1861),
fortgesetzt von J. ^[John] Vahl für 1859-80 (das. 1871-82, 2 Bde.),
u. Bruuns »Bibliotheca danica« (das. 1872 ff.; nebst der Monatsübersicht: »Dansk Bogfortegnelse« von G. E. C. Gad, seit 1851); für Schweden [* 19] »Svensk Bokhandels-Katalog« (Stockh. 1845-52, die Litteratur von 1800 bis 1851 begreifend),
H. Linnströms »Svensk Boklexikon« für 1830-65 (das. 1869-84, 2 Tle.) und der anonyme »Svensk Bok-Katalog« für 1866-75 (das. 1878),
während die monatliche »Svensk Bibliographi« (das. 1828-65) eingegangen ist; für Norwegen M. Nissens »Norsk Bog-Fortegnelse« über 1814-47 (Christiania [* 20] 1848),
mit den Fortsetzungen von Botten-Hansen und Petersen, Böck und Feilberg über 1848-85 (das. 1870, 1877, 1885),
sowie »Norsk Bogfortegnelse«, herausgegeben von der Universitäts-Bibliothek in Christiania (seit 1884). Die »Nordisk Boghandlertidende« (Kopenh., seit 1867),
in wöchentlichen Nummern, berücksichtigt außer der dänischen auch die sonstige skandinavische Litteratur.
Die altnordische Bibliographie
ist musterhaft dargestellt in Th. Möbius' »Catalogus librorum islandicorum et norvegicorum« (Leipz.
1856; mit Fortsetzung bis 1879 unter deutschem Titel, das. 1880); die finnische Litteratur weist nach »La
littérature finnoise 1544-1879« (Helsingf. 1879,
Supplement 1880).
Die englische und amerikanische Litteratur behandelt zusammen S. A. Allibones »A critical dictionary of English literature« (Philad. u. Lond. 1859-75, 3 Bde.). Für England allein sind bemerkenswert: W. Th. Lowndes' »The bibliographer's manual« (Lond. 1857-65, 11 Tle.),
S. Lows »The English catalogue of books«, von 1835-80 (das. 1864-82, 3 Bde.),
Amerikanische Völker

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Amerika.und dessen Jahreskatalog unter gleichem Titel (seit 1862). Das halbmonatlich erscheinende »The Publishers' Circular« und die Monatsschrift »The Bookseller« geben über die neuen Erscheinungen regelmäßig Auskunft. Für Amerika [* 21] bietet die neueste und umfassendste Zusammenstellung F. Leypoldts und L. E. Jonas' »The American Catalogue« (New York 1878-81, 2 Bde.),
bis 1876 reichend; dazu Supplement 1876-84 (das. 1884); die laufenden Erscheinungen verzeichnet Leypoldts »The Publishers' Weekly«.
Was die romanischen Länder anlangt, so ist die französische Bibliographie
vorzüglich bearbeitet in J. M. ^[Joseph Marie] Quérards »La
France littéraire« (Par. 1827-39, 10 Tle.) und »La littérature française contemporaine«,
bis 1849 (das. 1840-57, 6 Tle.),
welchen Arbeiten sich O. Lorenz' »Catalogue général de la librairie française«, von 1840-75 (das. 1867-80, 8 Tle., davon 2 Bde. »Table des matières«),
Bibliokapele - Bibliom

* 22
Seite 2.889. anreiht. Das periodische Organ ist die wöchentliche »Bibliographie
de la France«
(seit 1812). Für die französischen Journale liefert ein erwünschtes Hilfsmittel V. Gébés »Annuaire
des journaux« (6. Ausg., Par. 1884). In Italien fehlt es an einem nationalen Bücherlexikon ganz und gar. In Ermangelung eines
solchen sind wir auf den »Catalogo collettivo della libreria italiana«
(2. Ausg., Mail. 1881; Suppl. 1884) angewiesen. Die periodische
¶
mehr
»Bibliografia Italiana«, von der jetzt monatlich zwei Nummern herausgegeben werden, ward 1867 begründet. Für Spanien [* 23] und Portugal sind in Betracht zu ziehen: V. Salvas »Catalogue of Spanish and Portuguese books« (Lond. 1826-29, 2 Tle.); D. Hidalgos »Diccionario general de bibliografia española« (Madr. 1862-79, 6 Tle.); I. F. ^[Innocencio Francisco] da Silvas »Diccionario bibliographico portuguez« (Lissab. 1858-70, 9 Tle.),
welch letzteres auch die brasilische Litteratur betrifft, und das monatliche »Boletin de la libreria« (Madr., seit 1874). Die rumänische Litteratur wird in Jarcus' »Bibliografia chronologica romana 1550-1873« (Bukarest [* 24] 1873) und seitdem in Degenmanns »Bibliografia romana« verzeichnet.
Für die slawischen Länder stellen wir zusammen: Bibliographie Sopikows »Versuch einer russischen Bibliographie« (Petersb. 1813-21, 5 Bde.);
Meschows »Systematischer Katalog russischer Bücher« (das. 1869);
K. Estreichers »Bibliografia polska« (Krakau [* 25] 1870-82, 8 Bde.);
J. C. ^[Josef Konstantin] Jirečeks »Bibliographie de la littérature bulgare moderne« (Bieha 1872);
Novaković' »Serbische Bibliographie« (Belgrad [* 26] 1869);
Hanus' »Quellenkunde und Bibliographie der böhmischen u. slowenischen Litteraturgeschichte« (Prag [* 27] 1868);
den von Hovorka seit 1877 in Prag herausgegebenen jährlichen »Catalogue slave bibliographique«.
Eine »Bibliographie russe et slave« erscheint wöchentlich in Petersburg. [* 28]
Die gesamte außereuropäische Litteratur verzeichnet Trübners »American and Oriental literary Record« (Lond., seit 1865). Über orientalische Bibliographie besitzen wir J. Th. ^[Julius Theodor] Zenkers »Bibliotheca orientalis« (Leipz. 1846-61, 2 Bde.) und die Jahresübersicht von K. Friederici unter gleichem Titel (das., seit 1876); über die jüdische Litteratur J. ^[Julius] Fürsts »Bibliotheca judaica« (das. 1849-63, 3 Tle.); die Bibliographie des Sanskrit stellte J. ^[Johann] Gildemeister dar in »Bibliothecae sanscritae specimen« (Bonn [* 29] 1847). Für afrikanische und australische Bibliographie ist das Hauptwerk »The library of H. E. Sir George Grey« (Kapstadt [* 30] 1858-1859, 2 Bde.).
Die spezielle Bibliographie endlich beschäftigt sich mit der Litteratur einzelner Wissenschaften und Wissenschaftszweige oder mit bestimmten Gattungen von Büchern. Die zahlreichen bibliographischen Schriften über die einzelnen Wissenschaften und deren Zweige sind daher unter den betreffenden Artikeln namhaft zu machen. Zu der zweiten Kategorie gehören die Werke über Inkunabelnkunde (s. Inkunabeln) und die Verzeichnisse der anonymen und pseudonymen Schriften, letztere für bibliographische Zwecke von besonderer Wichtigkeit (näheres s. Anonym).
Eine ausführliche Zusammenstellung der gesamten bibliographischen Litteratur mit kritischen Bemerkungen, worin auch die Bibliographien der einzelnen Wissenschaften verzeichnet sind, verdanken wir J. Petzholdt ^[Julius] in seiner »Bibliotheca bibliographica« (Leipz. 1866).