Fürst
(althochd. furisto, engl. the first, »der
vorderste, erste, oberste«, wie sich auch im
Deutschen der
Ausdruck
»First« erhalten hat, lat.
Princeps, franz.
Prince), zur Zeit
des alten
Deutschen
Reichs
Titel einer
Klasse von
Personen, welche den höchsten
Rang nach dem
Kaiser einnahmen.
Schon
Tacitus berichtet von den
Principes, den erwählten Häuptlingen der
Germanen, die vorzugsweise den edlen Geschlechtern
entnommen wurden. Aus ihnen entwickelten sich
Adels- und Fürst
engeschlechter, welche im
Frankenreich neben dem
Dienstadel der
Grafen erscheinen. Es wurde jedoch erst im
Lauf des 11. Jahrh. üblich, die Mitglieder der vornehmsten
Aristokratie des
Reichs als Fürsten
zu bezeichnen; zu derselben gehörten die
Herzöge,
Markgrafen,
Pfalzgrafen,
Landgrafen,
Burggrafen
und einfachen
Grafen sowie die
Erzbischöfe,
Bischöfe und die
Äbte der reichsunmittelbaren
Abteien.
Kreiden - Kreis

* 2
Kreis.
Gegen Ende des 12. Jahrh. bildete sich dann der sogen.
jüngere Reichsfürst
enstand aus, dem die einfachen
Grafen nicht mehr angehörten, sondern nur ein noch enger begrenzter
Kreis
[* 2] bestimmter
Familien, unter denen anfangs nicht einmal alle
Markgrafen waren. Derselbe hatte den
Charakter eines fest geschlossenen
Standes, welcher sich besonders darin aussprach, daß seitdem, was vorher nicht geschehen war, auch förmliche
Erhebungen
zur Fürst
enwürde vorgenommen wurden.
Auf den
Reichstagen hatten die Fürsten
Sitz und persönliche
(Viril-)
Stimme und saßen auf der
Fürstenbank (s. d.); sie schieden
sich in
geistliche Fürsten
(Bischöfe und
Äbte), welche erst durch ihre
Wahl diese
Würde erhielten, und weltliche Fürsten
,
denen dieselbe durch Geburtsrecht zustand. Zu ihren Vorrechten gehörte unter andern ein besonderer
Gerichtsstand,
den in erster
Instanz die sogen. Austrägalgerichte bildeten, von welchen die
Appellation an eins der beiden höchsten
Reichsgerichte
ging.
Aus dem
Kreis der Fürsten
sonderten sich im 13. Jahrh. noch sieben der mächtigsten ab, die das
Recht, den
Kaiser zu wählen, erlangten; sie wurden
Kurfürsten (s. d.) genannt und standen im
Rang über
den andern Fürsten
, welche somit von der zweiten zu der dritten
Stelle im
Reich herabsanken. Die weltlichen Fürst
enhäuser
zerfielen später in alte und neue: unter jenen verstand man diejenigen, welche vor dem
Reichstag zu
Augsburg
[* 3] von 1582 auf
der
Fürstenbank Sitz und
Stimme hatten, unter den neuen aber die erst später von dem
Kaiser zu fürst
lichem
Rang erhobenen
Familien.
Fürst (Zuname)

* 4
Seite 6.792.
Letztere standen hinsichtlich der
Ebenbürtigkeit den alten nach; der Unterschied ist jedoch nach Aufhebung der frühern deutschen
Reichsverfassung bedeutungslos geworden. Jetzt ist Fürst
auch der besondere
Titel derjenigen Territorialherren, welche dem
Rang
nach zunächst unter den
Herzögen stehen. Neben den eigentlichen Fürsten
mit
Landeshoheit
gab es schon
frühzeitig Titularfürsten
, deren Ernennung ein
Reservatrecht des
Kaisers war, die aber nicht ohne weiteres die
Teilnahme an den
rechtlichen
¶
mehr
Befugnissen der Fürsten
begründete. Es fand daher ein Unterschied statt zwischen den Fürsten, welche auf dem Reichstag
Sitz und Stimme hatten, und denen, welche dieses Vorrechts entbehrten. Seit der Auflösung der ehemaligen Reichsverfassung ist
diese Sonderung von keiner Bedeutung mehr, da auch die ehemals mit Stimmrecht auf den Reichstagen ausgestatteten
Fürsten
großenteils mediatisiert und ihrer Landeshoheit verlustig gegangen sind. Souveräne Fürsten im Gegensatz zu den landsässigen
Fürsten, welch letztere Unterthanen und Angehörige eines bestimmten Staats sind, gibt es heutzutage nur noch wenige; es sind
dies die Fürsten von Schwarzburg,
[* 5] Reuß,
[* 6] Lippe
[* 7] und Waldeck,
[* 8] denen man außerhalb Deutschlands
[* 9] noch die Fürsten
von Liechtenstein
[* 10] und Monaco
[* 11] zur Seite stellen kann.
Bayern

* 14
Bayern.Auch der Beherrscher Bulgariens führt den Titel Fürst. Ihnen stehen die Fürsten von Hohenzollern [* 12] nahe, welche zwar ihre Landeshoheit an Preußen [* 13] abgetreten, aber dafür die Ehrenrechte der Mitglieder des preußischen Königshauses erlangt haben. Mediatisierte Fürsten dagegen, d. h. solche, die vormals ein reichsständisches Territorium besessen haben, aber seit 1806 mit demselben in das Unterthanenverhältnis gekommen sind, gibt es in großer Anzahl; es gehören dahin z. B. die Familien der Hohenlohe, Löwenstein, Isenburg u. a. Etwas anders steht es mit den Häusern und Personen, welchen nach 1815 durch einen deutschen Souverän die Rechte der Mediatisierten beigelegt wurden, wie z. B. durch Preußen dem Freiherrn vom Stein wegen Kappenberg, durch Bayern [* 14] dem Grafen Pappenheim wegen Pappenheim, dem Herzog von Leuchtenberg wegen Eichstätt [* 15] etc. Dieselben erlangten dadurch den hohen Adel des betreffenden Landes, nicht aber den deutschen hohen Adel, also auch nicht die dem letztern durch die deutsche Bundesakte zugesicherten Vorrechte; sie werden auch nicht als ebenbürtig betrachtet.
Auge des Menschen

* 18
Auge.Ihr Fürstentitel erbt häufig nicht auf die ganze Nachkommenschaft des damit Beliehenen, sondern nur auf den Erstgebornen fort, dem die Majoratsgüter zufallen; die jüngern Söhne führen dann gewöhnlich den Titel Grafen. In diesem Sinn wurden auch Hardenberg, Blücher und in neuester Zeit Bismarck zu Fürsten erhoben. Die Fürsten und die Prinzen aus fürstlichen Häusern erhalten das Prädikat »Durchlaucht«. Das Zeichen der fürstlichen Würde ist auf dem Wappen [* 16] der Fürstenhut [* 17] (s. d.). Endlich heißt Fürst auch s. v. w. Herrscher, Regent, Monarch überhaupt. Daher spricht man von fürstlichen Ehrenrechten, Prärogativen u. dgl. und hat dabei überhaupt die gekrönten Häupter und ihre Häuser im Auge. [* 18]
Vgl. Hüllmann, Geschichte des Ursprungs der deutschen Fürstenwürde (Bonn [* 19] 1842);
Ficker, Vom Reichsfürstenstand (Innsbr. 1861);
Schulze, Die Hausgesetze der regierenden deutschen Fürstenhäuser (Jena [* 20] 1862-83, Bd. 1-3).