Titel
Gefecht
,
1) im allgemeinen jeder Kampf zwischen Truppen oder militärisch organisierten Massen;
2) der
Kampf größerer Truppenverbände bis zur
Division aufwärts im
Gegensatz zu dem zwischen ganzen
Armeekorps gelieferten
Treffen und der zwischen den versammelten
Heeren gelieferten
Schlacht, welche sich zusammensetzt aus den
Gefechten
der
Divisionen, wie das Gefecht
der
Division aus den Teilgefechten
der taktischen
Einheiten;
3) alle Kämpfe, die sich im Lauf einer Schlacht um eine bestimmte Örtlichkeit, Dorf, Wald u. dgl., entspinnen;
Schlabrendorf - Schlac

* 2
Schlachten.
4) der Teilkampf, in welchem eine einzelne
Waffe thätig ist; so spricht man z. B. von den Kavalleriegefechten
in den
Schlachten
[* 2] bei
Leipzig,
[* 3] bei
Königgrätz
[* 4] etc. Der allgemeine
Zweck jedes Gefechts
ist Vernichtung des Gegners; aber nicht
jedes Gefecht
und in einem größern Gefecht nicht jede einzelne
Truppe darf bloß nach dieser Rücksicht geführt werden, sondern es
ergeben sich
für die einzelnen Teilgefechte
, durch welche der Befehlshaber den allgemeinen
Zweck erreichen
will, verschiedene Aufgaben, wie
Eroberung oder Behauptung einer Örtlichkeit, Beschäftigung des Gegners, Festhalten desselben
an einzelnen
Punkten, Ablenken seiner
Aufmerksamkeit von andern und Verleiten desselben zu falschen Maßregeln.
Der jedesmalige besondere
Zweck des Gefechts
und die verfügbare Zeit bedingen die Art der Gefecht
sführung.
Der Erfolg ist um so größer, je geringer der eigne und je größer der Verlust des Gegners ist. In der
Entwickelung jedes
Gefechts
sind verschiedene
Abschnitte
(Momente,
Phasen) zu unterscheiden. Das Gefecht
entwickelt sich allmählich aus dem
Zusammenstoß
der vordersten Sicherheitstruppen,
Spitzen,
Patrouillen etc., größere Abteilungen greifen nur nach und
nach ein. Das Gefecht
wird ferner nach einem bestimmten
Plan geführt, der für den Anfang und die erste
Entwickelung in der
Disposition
enthalten und dessen Festhalten bei allen spätern Verwickelungen die Aufgabe der höhern
Führer ist.
Die
Abschnitte im G. der Zeit nach sind die
Einleitung, die
Durchführung, die
Entscheidung und der Abzug
oder die Verfolgung.
Beim Angreifen oder da, wo sich beide Teile im Vormarsch begegnen (Renkontre), gehen grundsätzlich die
Spitzen und die vordersten Abteilungen der
Vortruppen so lange vor, bis sie auf überlegenen
Widerstand stoßen; erst dann wird
zu hinhaltendem Feuergefecht
übergegangen, an dem sich bald auch die übrigen Abteilungen der
Vorhut
und die
Artillerie beteiligen, überall da vorgehend, wo der Feind keinen ernsten
Widerstand leistet.
Ausdehnung (der festen

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Ausdehnung.
Einzelne
Züge
Kavallerie oder größere
Patrouillen suchen, um die
Flügel weiter ausgreifend, die
Ausdehnung
[* 5] der feindlichen
Stellung und die
Stärke
[* 6] der versammelten
Truppen zu erspähen. Aufgabe dieses Einleitungsgefechts
ist, den Gegner
zu veranlassen, daß er seine
Kräfte zeige, ohne daß man sich in betreff der weitern Fortführung des Gefechts
bindet oder
sich ernsten Verlusten aussetzt. Die Hauptkräfte rücken während dieser Zeit aus der tiefen Marschkolonne zur Bereitschaftsstellung
zusammen und erwarten, wenn möglich außer
Sicht des Feindes, die Befehle zu weiterer
Entwickelung.
Der Verteidiger hat neben dem Bestreben, seine
Kräfte zu verbergen, das
Interesse, über die Absichten des Angreifers bald
klar zu werden und ihn auf große
Abstände zur
Entwickelung zu zwingen; denn anhaltende
Bewegung außerhalb der
Straßen ermüdet
die
Truppen des Angreifers, und die breite
Fronte läßt ihre
Stärke besser schätzen. Er beutet also die
volle Tragweite seiner
Geschütze
[* 7] gegen die Anmarschstraßen, sein Infanteriefeuer gegen jede
Bewegung der Schützenlinien
vor seiner
Fronte aus, wehrt die
Beobachtung von seitwärts durch seine
Kavallerie ab, die auch das Vorgehen des Feindes thunlichst
erschwert und über alle
Bewegungen desselben
Kunde zu bringen sucht, und sammelt seine Hauptkräfte verdeckt
in der zur
Annahme des Gefechts
ausersehenen
Stellung.
Gefedert - Geffcken

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Seite 6.1008.
Die Dauer dieser
Einleitung des Gefechts
richtet sich nach der Zeit, welche der Angreifer zum
Aufmarsch und zu sonstigen Vorbereitungen
braucht, sowie nach dem
Eingehen der Nachrichten über den Feind. Die Aufmarschzeit ist je nach der
Marschtiefe (s. d.) verschieden
und beträgt beispielsweise bei einer
Division auf Einer
Straße eine
Stunde. Auf
Grund der eignen
Wahrnehmungen und der eingehenden
Meldungen faßt der Angreifer die weitern Entschlüsse zum Gefecht, wählt als
¶
mehr
Angriffspunkt einen schwachen, leicht zu nehmenden Teil der feindlichen Stellung oder einen Punkt, an den man unbeschossen nahe herankommen kann, oder der mit Feuer von mehreren Seiten zu umfassen ist, oder wo keine Terrainhindernisse (Gewässer, Gräben, Örtlichkeiten etc.) beim Angriff zu überwinden sind, vor allem aber einen Punkt, dessen Besitz über den weitern Gang des [* 9] Gefechts entscheidet (dominierende Höhen, die das Gefechtsfeld beherrschen, oder andre sogen. Schlüsselpunkte der feindlichen Stellung).
Vor der übrigen Fronte des Verteidigers werden die dünnen Linien des Angreifers verstärkt, das Feuer wird lebhafter, man geht näher heran, die Artillerie tritt in voller Stärke auf, der Gegner soll ernst angefaßt und festgehalten werden; die Hauptkräfte aber setzen sich hinter dem so entstehenden Feuergürtel in Bewegung gegen den ausersehenen Angriffspunkt, auf den sich allmählich auch das Feuer der Batterien konzentriert. Der Verteidiger verstärkt die bedrohten Teile seiner Aufstellung, Verluste werden auf beiden Seiten durch Vorziehen neuer Truppenteile ersetzt; jede günstige Gelegenheit zum Gewinn einer kleinen Strecke Bodens wird vom Angreifer benutzt, vom Verteidiger werden kurze Vorstöße dagegen geführt; die Unterführer auf beiden Seiten suchen namentlich das Feuergefecht für den Gegner möglichst verlustreich zu gestalten.
Kraft [unkorrigiert]
![Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert] Bild 60.671: Kraft [unkorrigiert]](/meyers/thumb/60/60_0671.jpeg)
* 10
Kraft.Die höhern Führer halten ihre Reserven für die Entscheidung zurück. So wogt das Gefecht hin und her, bis das Erkennen der feindlichen Verluste, das Nachlassen des Feuers, oft nur das instinktive Gefühl, daß die Kraft [* 10] des Gegners erlahmt, in Führer und Truppe die Überzeugung reifen, daß der Augenblick der Entscheidung gekommen ist. Unter neu verstärktem, gegen die Einbruchspunkte vereinigtem Feuer der Artillerie sowie der Schützen setzen sich jetzt die geschlossenen Abteilungen des Angreifers in Bewegung und dringen, den vordern Abteilungen neuen Impuls gebend, zuletzt im vollen Lauf in die feindliche Stellung ein; die Reserven folgen, bereit, den feindlichen Reserven entgegenzutreten, die Artillerie wartet, feuerbereit, den Erfolg des Anlaufs ab. Der Verteidiger zieht, sobald er den Beginn des entscheidenden Anlaufs sieht, auch seine Reserven heran, um den Angreifer mit Feuer und Bajonett zurückzuwerfen; hierbei kommt es bei zähen Kämpfern zum Handgemenge.
Gelingt der Angriff, so wird der genommene Punkt schnell besetzt, der abziehende Gegner mit Feuer, auch durch Kavallerie verfolgt; mißlingt derselbe, so müssen die vordern Linien bis außer Schußweite des Feindes zurückgehen, um sich neu zu ordnen. Der Verteidiger nimmt seine alte Stellung wieder ein, wenn er sich nicht stark genug glaubt, nun seinerseits zum Angriff überzugehen. Der Angreifer zieht entweder ab, oder beginnt aufs neue ein hinhaltendes Feuergefecht und bereitet sich zur Wiederholung des Angriffs vor.
Ist an einem wichtigen Punkte die Entscheidung gefallen, so ist diese auch maßgebend für die übrigen Teile des Gefechtsfeldes, da längerer Widerstand sonst leicht zu einer völligen Niederlage führen kann. Fühlt der Verteidiger schon vor dem Beginn des entscheidenden Angriffs, daß er dem Stoß nicht gewachsen ist, so beginnt er auch wohl freiwillig den Abzug, ohne den direkten Angriff abzuwarten. In beiden Fällen wird der Abzug gedeckt durch rückwärts (1000-1500 m) aufgestellte Artillerie, deren Feuer das Nachdrängen der Angreifer zum Stehen bringt, und durch das Hervorbrechen von Kavallerie, deren rücksichtsloser Angriff der Infanterie Zeit schafft, aus dem nächsten Bereich des feindlichen Feuers herauszukommen und schützende Deckungen zu erreichen.
Fechtart

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Fechtart.Gelingt ein geordneter Abzug, so kommt am nächsten Terrainhindernis auch die Verfolgung zum Stehen; aber es ist sehr schwer, geworfene Truppen wieder zum Stehen und in einige Ordnung zu bringen. Bei der Kavallerie gelingt dies meist erst außerhalb des Gefechtsfeldes. Die Verfolgung beabsichtigt, die aus einer Stellung geworfenen Truppen nicht wieder zum Stehen kommen zu lassen, denn solange sie in Bewegung bleiben, sind sie kampflos. Dazu dient zunächst das Infanteriefeuer des Angreifers, welches den Fliehenden aus nächster Nähe Verluste beibringt, bald schließt sich ihm Artillerie an, welche schnell in die genommene Stellung vorgeht; Reiterei faßt die abziehenden Truppen in der Flanke oder sucht deren Spitze zu überholen, um so ihre Ordnung vollends zu lockern oder wenigstens ihre Bewegung im Bereich des diesseitigen Feuers zu verlangsamen, dadurch die Verluste zu vergrößern, auch den eignen Infanterieabteilungen das Verfolgen der Geschlagenen zu ermöglichen. Gibt einer der Kämpfenden seine Absicht auf und zieht seine Truppen aus dem Gefecht zurück, ehe dieses zu ernster Verwickelung führt, so heißt dies: Abbrechen des Gefechts. Das Gefecht des einzelnen Truppenteils s. Fechtart. [* 11] S. auch Reiterei und Infanterie.
Vgl. Rüstow, Die Lehre [* 12] vom Gefecht (Stuttg. 1865);
v. Wechmar, Das moderne Gefecht (2. Aufl., Berl. 1875).