Tradition
(lat.),
Überlieferung,
Übergabe. In der
Rechtswissenschaft versteht man unter Tradition
die
Übertragung des
Besitzes
an einer
Sache seitens des bisherigen Besitzers (Tradent) an einen andern.
Soll durch die Tradition
das
Eigentum an der zu übergebenden
Sache auf den Empfänger übergehen, so ist es nötig, daß dem Tradenten selbst das
Eigentum daran zusteht,
da niemand mehr
Recht auf einen andern
übertragen kann, als er selbst hat. Erfolgt die
Übertragung des Eigentumsbesitzes an den
dermaligen
Inhaber (natürlichen
Besitzer) der
Sache, so spricht man von einer Traditio
brevi manu (s.
Besitz). Bei
Grundstücken
sind an die
Stelle der Tradition
, welche nach älterm deutschen
Rechte durch symbolische
Handlungen erfolgte (s.
Effestukation), die gerichtliche
Auflassung (s. d.) und der Grundbuchseintrag getreten.
Lehrbataillon - Lehren

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Lehren. Tradition
bezeichnet ferner die der geschriebenen Geschichte entgegengesetzte, nur durch die mündliche
Überlieferung auf die Nachwelt
gelangende
Kunde, insbesondere die jüdischen und christlichen
Satzungen und
Lehren,
[* 2] die nicht in der
Bibel
[* 3] schriftlich fixiert
sind, sich aber durch mündliche
Überlieferung in
Synagoge und
Synedrion (s. d.) oder in der
Kirche erhalten
und fortgepflanzt haben. Die Sicherheit dieser Tradition
, deren sich die
römisch-katholische Kirche nicht nur zur Begründung von
Lehren, geschichtlichen
Thatsachen und
Gebräuchen, sondern auch zur
Rechtfertigung der hergebrachten Schriftauslegung bedient,
weshalb eine dogmatische, rituelle, historische und hermeneutische Tradition
unterschieden wird,
wurde von den
Reformatoren angefochten, welche höchstens die Tradition
der ersten christlichen
Jahrhunderte beachtet, aber auch diese
der
Heiligen Schrift untergeordnet wissen wollten.
Dagegen setzte die
römisch-katholische Kirche auf dem
Konzil von
Trient
[* 4] die Tradition
ausdrücklich der
Schrift als ebenbürtig an
die Seite, und
Gleiches ist auch die Voraussetzung der griechischen
Dogmatik, während die protestantische
Dogmatik der Tradition
nur insofern eine prinzipielle Bedeutung beilegen kann, als sie für ihre Aussagen sich
nicht bloß auf die in der
Heiligen Schrift unmittelbar bezeugte Glaubenserfahrung der ersten
Generationen der werdenden
Christenheit
zurückzubeziehen, sondern auch die ganze Glaubenserfahrung der geschichtlich gewordenen
Christenheit
kritisch
in sich aufzunehmen und dabei besonders die grundlegende, symbolbildende
Epoche des
Protestantismus selbst zu berücksichtigen
hat.
Vgl.
Weiß, Zur Geschichte der jüdischen Tradition
(Wien
[* 5] 1871-76);