Archiv
Archival - Archonten

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Seite 1.776. (ital. archivio
, lat. archium
oder archivum
, griech. archeion, d. h.
Rathaus), eine Sammlung von
Urkunden,
Akten,
Aufsätzen, die in der Absicht gemacht ist,
die
Kunde von
Thatsachen der Vergangenheit der Nachwelt zu überliefern. Man unterscheidet öffentliche und Privatarchive
,
je nachdem dieselben unter öffentlicher
Autorität oder ohne solche angelegt sind.
Öffentliche Archive
sind neben denen
der landesherrlichen Behörden die der
Städte,
Landstände,
Universitäten, Schöffenstühle,
Kirchen, Klöster, Dorfgemeinden;
private die der
Innungen,
Vereine, einzelner
Familien. Bei Staatsarchiven
unterscheidet man
Haupt- und Nebenarchive
(Provinzial-,
Kreis-,
Kammer-, Amtsarchive
); erstere gewöhnlich in der Hauptstadt, letztere am Sitz der für einen bestimmten
Bezirk vorhandenen
Staatsbehörden befindlich.
Hebräer, Ägypter und Griechen hatten Archive
meist in ihrem Haupttempel;
die
Römer
[* 2] benutzten als Staatsarchive
die
Tempel
[* 3] der
Ceres
¶
mehr
und des Saturn, später Kirchen. Justinian erteilte den in öffentlichen Archiven
aufbewahrten Urkunden Beweiskraft. Karl d. Gr.
verordnete die Anlegung von Archiven.
Die kirchlichen Archive enthalten die ältesten Urkunden; die der Städte und Fürsten
reichen selten über das 12. Jahrh. zurück. Das ehemalige deutsche Reichsarchiv war an mehrere Orte verteilt. Zu
Wien
[* 5] befand sich das kaiserliche Reichshofarchiv
, aus der geheimen Reichshofregistratur deutscher und lateinischer Expedition
für Staats-, Lehns-, Gnaden- und andre außergerichtliche Sachen in Deutschland
[* 6] und Italien,
[* 7] der Reichshofratsregistratur für
streitige Zivil- und Lehnrechtssachen und der Registratur des Reichshoftaxamts bestehend;
zu Wetzlar
[* 8] und für ältere Sachen
zu Aschaffenburg
[* 9] das Archiv
des kaiserlichen und Reichskammergerichts;
zu Regensburg
[* 10] das Reichstagsdirektorialarchiv;
endlich zu Mainz [* 11] das erzkanzlerische Reichshauptarchiv, das jetzt in dem vormaligen Deutschordenshaus zu Frankfurt [* 12] aufbewahrt ist.
Das deutsche Bundesarchiv befand sich bis zur Auflösung des Deutschen Bundes in dem fürstl. Thurn und Taxisschen Palast zu Frankfurt a. M. Das ehemals gemeinschaftliche sächsische Archiv zu Wittenberg [* 13] wurde 1802 unter die sächsischen Häuser mit Vorbehalt der Gemeinschaft und gegenseitiger Mitteilung sämtlicher Urkunden verteilt.
Hinsichtlich der äußern Einrichtung eines Archivs ist darauf zu sehen, daß die Akten und Urkunden äußerlich gut erhalten werden. Die innere Einrichtung bezweckt leichte Auffindbarkeit jedes einzelnen Aktenstücks. Allgemeine und besondere Repertorien ermöglichen die Übersicht über das im A. Vorhandene. Die Zeugnisse der Archivbeamten oder Archivarien über Gegenstände des Archivs sind beweisend. Das Beamtenpersonal pflegt bei größern Archiven aus einem Archivdirektor, mehreren Archivaren, Archivsekretären, Kanzlisten und Dienern zu bestehen. In vielen Staaten hat man eine eigne Vorbereitung für diesen Dienst eingeführt (z. B. in Frankreich und Italien), und es hat sich eine besondere Disziplin daraus gebildet, die Archivwissenschaft, d. h. die systematische Darstellung der Grundsätze, welche für die Einrichtung und Erhaltung der Archive gelten; ein Teil derselben ist die Diplomatik oder Urkundenlehre.
Bei der Archivordnung macht man gewöhnlich folgende drei Abteilungen: Realien, mit scientifischer Ordnung (aus allen Zweigen des Staatslebens), Gesetze und Verordnungen für das ganze Land;
Lokalien, geographisch geordnet und nach den Gegenständen in weitere Unterabteilungen zerfallend;
Personalien, nach Geschlechtern oder Personen alphabetisch geordnet.
Sollen die Archive ihrem Zweck entsprechen, so müssen liberale Grundsätze hinsichtlich ihrer Benutzung gelten, was selbst in Deutschland noch nicht durchweg der Fall ist.
Vgl. Brand, Archivwissenschaft (Paderb. 1854);
Österreicher in der »Zeitschrift für Archiv- und Registraturwissenschaft« (Bamb. 1806);
Burkhardt, Hand- und Adreßbuch der deutschen Archive (Leipz. 1875);
»Zeitschrift für Archivkunde, Diplomatik und Geschichte«, hrsg. von Höfer, Erhard und Medem (Hamb. 1834-36, 2 Bde.);
»Zeitschrift für die Archive Deutschlands«, [* 14] hrsg. von Friedemann (Hamb. u. Gotha [* 15] 1846-53, 2 Bde.);
»Archivalische Zeitschrift«, hrsg. von Löher (Stuttg. 1876 ff.);
»Korrespondenzblatt der deutschen Archive«, hrsg. von Burkhardt (Leipz. 1877^80);
Robert, Le [* 16] cabinet historique.
Moniteur des bibliothèques et des archives. Nouvelle série (Par. 1882 ff.); Holtzinger, Katechismus der Registratur- und Archivkunde (Leipz. 1883).