Erpressung
(Konkussion, Concussio), das Vergehen, dessen sich derjenige schuldig macht, der, um sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, einen andern durch Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt (deutsches Reichsstrafgesetzbuch, § 253). Die dermaligen Grundsätze über dies Verbrechen haben sich aus der römisch-rechtlichen Theorie des Verbrechens der Concussio entwickelt, das darin bestand, daß jemand einen andern vorsätzlich unter dem betrügerischen Vorwand oder durch wissentlichen Mißbrauch einer ihm zustehenden Gewalt zu dem Zugeständnis eines rechtswidrigen Vermögensvorteils für sich oder einen andern nötigte.
Die moderne Strafgesetzgebung und insbesondere das deutsche
Reichsstrafgesetzbuch stellt die Erpressung
mit dem
Raub zusammen. Sie
unterscheidet sich vom
Raub durch das
Mittel, welches zur Begehung des
Verbrechens angewendet wird und welches beim
Raub in persönlicher
Gewalt oder
Drohung mit gegenwärtiger
Gefahr für Leib und
Leben besteht, während bei der Erpressung
jeder
Zwang,
sei es unmittelbar physischer oder psychischer
Zwang, d. h. irgend eine
Drohung, durch welche ein wirksamer
Zwang auf den andern
ausgeübt wird, genügt, z. B.
Drohung mit einer
Denunziation, mit Veröffentlichung eines Geheimnisses u. dgl.
Die Erpressung
unterscheidet sich aber auch ferner hinsichtlich des
Zweckes von dem
Raub, indem durch letztern
die widerrechtliche Zueignung einer fremden beweglichen
Sache bezweckt wird, während bei der Erpressung
irgend ein
Thun,
Handeln oder
Unterlassen erzwungen werden soll, z. B. die
Ausstellung einer
Quittung, die Unterlassung einer Klagerhebung u. dgl.
Dagegen muß bei der Erpressung
, wie beim
Raub, die Absicht des Thäters auf die Erlangung eines Vermögensvorteils
gerichtet und dieser letztere ein widerrechtlicher sein.
Err, Piz d' - Ers

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Seite 5.817.
Hierdurch unterscheidet sich die Erpressung
von der
Selbsthilfe und von der sogen.
Nötigung (s. d.). Übrigens ist das
Vergehen der
Erpressung
, deren
Versuch nach dem deutschen
Strafgesetzbuch ebenfalls strafbar ist, vollendet, sobald die Abnötigung
des
Thuns, Duldens oder Unterlassens vollzogen worden ist, mag nun der beabsichtigte vermögensrechtliche Vorteil vereitelt
oder wirklich erlangt worden sein. Nach dem
Reichsstrafgesetzbuch ist zwischen einfacher Erpressung
, welche mit Gefängnis von 1
Monat
bis zu 5
Jahren, und schwerer Erpressung
, welche mit
Zuchthaus von 1-5
Jahren bestraft wird, zu unterscheiden.
Letztere
(§ 254) liegt
¶
mehr
dann vor, wenn die Erpressung
durch Bedrohung mit Mord, Brandstiftung oder mit Verursachung einer Überschwemmung begangen wird. Wurde
die Erpressung
durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen,
so tritt (§ 255) die Strafe des Raubes ein, d. h. Zuchthaus von 1-15 Jahren. Endlich kann neben der wegen
Erpressung
erkannten Gefängnisstrafe auch auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben der erkannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit
von Polizeiaufsicht erkannt werden. Bei der durch einen Beamten durch Mißbrauch der Amtsgewalt oder Androhung eines bestimmten
Mißbrauchs derselben begangenen Erpressung
tritt die gesetzliche Bestrafung ein, wenn das
Vergehen auch ohne Gewalt oder Drohung verübt wurde (Reichsstrafgesetzbuch, § 339).
Vgl. Villnow, Raub und Erpressung
(Bresl. 1875);
Bruck, Zur Lehre [* 4] von den Verbrechen gegen die Willensfreiheit (Berl. 1875).