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Gemälde in Madrid, [* 2] Correggios Madonna della Scodella und die Blätter nach dessen Fresken im Kloster San Paolo zu Parma, [* 3] an welchen seine Schüler mit thätig waren. Toschi starb
Gemälde in Madrid, [* 2] Correggios Madonna della Scodella und die Blätter nach dessen Fresken im Kloster San Paolo zu Parma, [* 3] an welchen seine Schüler mit thätig waren. Toschi starb
Pietro Francesco, Sänger und Gesanglehrer, geboren um 1650 zu Bologna, gestorben um 1730 in London, [* 4] wirkte anfangs als Sänger in Dresden [* 5] und an andern italienischen Bühnen Deutschlands [* 6] und von 1692 an, nachdem er seine Stimme verloren, als Gesanglehrer in London. Er hinterließ ein Gesanglehrbuch von höchster Bedeutung: »Opinioni de' cantori antichi e moderni o sieno osservazioni sopra il canto figurato«, welches in verschiedene Sprachen übersetzt wurde. Eine deutsche Bearbeitung dieses epochemachenden Werkes ist die »Anleitung zur Singekunst« von J. F. Agricola (s. d. 5).
Volksstamm, s. Albanesen. ^[= die Bewohner Albaniens und von Epirus, ein Volk von isolierter Stellung unter den Indoeuropäern, ...]
ein im voralpinen Gebiet des schweizer. Kantons Zürich entspringender Fluß, der in nordwestlicher Richtung dem Rhein zufließt und fast auf dem ganzen 49 km langen Lauf durch sein enges, waldiges Thal [* 7] im Dienst industrieller Etablissements steht.
Auch das Dorf Töß, bei Winterthur, an der Bahnlinie Winterthur-Bülach-Koblenz, mit (1888) 3388 Einw., einst Sitz eines Dominikanerklosters, ist Fabrikort geworden.
Das Tößthal wird von der Bahnlinie Winterthur-Wald durchzogen.
(Tosifta, chald., »Zusatz, Ergänzung«),
ein der Mischna (s. Talmud) ähnliches Sammelwerk aus 60 Traktaten und 452 Abschnitten, den von der authentischen Mischna differierenden, größtenteils in dieselbe nicht aufgenommenen religiös-gesetzlichen Stoff des rabbinischen Judentums nebst umfangreichen haggadischen Bestandteilen (s. Haggada) enthaltend.
Die Tossefta ergänzt und berichtigt die Mischna und ist eine Fundgrube für Bibelexegese, Archäologie u. a. Ausgaben besorgten Zuckermandel (Pasewalk [* 9] 1880) und Friedländer (Preßb. 1889 ff.);
einzelne Teile bearbeitete Schwarz (Karlsr. 1879-82).
Längenmaß, s. Tussoo. ^[= ind. Längenmaß, = 1/16 Hath = 1/32 engl. Yard = 0,029]
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Oppeln, [* 10] Kreis [* 11] Tost-Gleiwitz, an der Linie Oppeln-Borsigwerk der Preußischen Staatsbahn, 268 m ü. M., hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Synagoge, eine Burgruine, eine große Korrigendenanstalt, ein Amtsgericht, eine Dampfbrauerei, eine große Flaschenstrohhülsenfabrik u. (1885) 2434 meist kath. Einw.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Lüneburg, [* 12] Landkreis Harburg, [* 13] an der Linie Harburg-Bremen der Preußischen Staatsbahn, hat eine evang. Kirche, ein Amtsgericht, Bienenzucht [* 14] und (1885) 1081 Einwohner.
ein in bergmännischer Beziehung gebrauchter Ausdruck für Unnutzbares, z. B. totes Feld, ein unbauwürdiges Grubenfeld;
dann bedeutet das Wort so viel wie vollständig, z. B.
tot gasen, Erze völlig fein gasen, tot rösten, geschwefelte Erze durch Röstung vollständig von Schwefel befreien.
s. Wettrennen. ^[= Die ersten W., deren die Geschichte erwähnt, fanden bei den Festen des persischen Sonnengottes, ...]
(neulat.), Gesamtheit, kommt als Eigenschaft jedem Ding zu, insofern dasselbe als vollständiger Komplex seiner einzelnen Teile in ihrem notwendigen Zusammenhang aufgefaßt wird.
und Totalreflektomēter, s. Brechung, ^[= von J. Grimm eingeführter grammatikal. Kunstausdruck zur Bezeichnung des assimilierenden Einflusses ...] [* 15] S. 375.
(Totalverlust), im Versicherungswesen der Schade, welcher durch Verlust des ganzen versicherten Wertes eintritt, im Gegensatz zum Partialschaden (s. d.).
Bezirksstadt in der span. Provinz Murcia, [* 16] an der Sierra de España, mit schönen Orangengärten, großen Töpfereien und (1878) 9648 Einw.
Wasserläufer. ^[= ( Bechst.), Gattung aus der Familie der Schnepfen, Vögel mit langem, vorn zugespitztem, ...]
Hand [* 17] (Manus mortua), Bezeichnung der Kirche rücksichtlich des Besitzes unbeweglicher Güter, die regelmäßig nicht wieder veräußert werden dürfen und somit für den öffentlichen Verkehr gewissermaßen abgestorben sind;
dann s. v. w. Mortuarium, s. Baulebung.
Konten, in der Buchhaltung (s. d., S. 565) s. v. w. Sachkonten.
das Handzeichen der kanadischen Indianer, dessen sich die Häuptlinge statt der Namensunterschrift bedienen, meist in einem rohen Bilde des Tiers bestehend, von dem sie den Namen tragen (schleichende Schlange, [* 18] Otter etc.).
Daher Totemismus, nach Lubbock die bei den Indianern sich vorfindende Verehrung sinnlich wahrnehmbarer Wesen, über die der Mensch keine Macht besitzt (z. B. Himmelskörper, Tiere, Flüsse [* 19] etc.), und deren Gunst er durch Opferspenden und Geschenke zu erwerben sucht, also eine Mittelstufe zwischen Fetischismus und Religion.
Gottesdienst zu Ehren eines Verstorbenen;
in der katholischen Kirche s. v. w. Seelenmesse (s. Messe und Requiem).
die mit religiösen Gebräuchen verbundene Übergabe menschlicher Leichname an die Elemente, sofern nicht durch Einbalsamierung und Beisetzung in Gebäuden die Verwesung künstlich verhindert werden soll. Die Bestattung in freier Luft auf Reisiglagern u. dgl. findet sich hauptsächlich in der Südsee; bei seefahrenden Völkern weitverbreitet ist dagegen die Bestattung auf einem kleinen, den Wellen [* 20] ausgesetzten Kahn (Einbaum) gewesen, der die Vorstellung zu Grunde lag, daß der Leichnam zur jenseit des Meers belegenen Heimat zurückkehren müsse.
Die Charonsmythe ist ein Nachklang dieser auch im alten Europa [* 21] weitverbreiteten Bestattungsart. Doch hat man solche »Wikinger-Begräbnisse« in großen Schiffen auch in Erdhügeln der skandinavischen Länder angetroffen. Am allgemeinsten und oft nebeneinander üblich sind aber über den ganzen Erdball das Begräbnis, sei es in bloßer Erde oder in Felsen- und Steingräbern, und die Verbrennung der Toten. Dabei bestanden ursprünglich gewisse allgemeine Gebräuche: die Versorgung der Toten mit Speise und Trank, woraus sich Totenopfer, -Schmäuse und ähnliche Zeremonien entwickelten, ferner die Beigabe der Waffen, [* 22] Ehrenzeichen, die Nachfolge von Gattin, Sklaven, Schlachtroß etc., Gebräuche, die auf der Vorstellung beruhten, daß der Tote in bisheriger Weise weiterlebe, Speise, Waffen, Bedienung etc. bedürfe.
Die hiermit zusammenhängenden, zum Teil sehr grausamen Gebräuche der Naturvölker waren selbst bei den halbgesitteten Bewohnern des alten Europa noch im Schwange, namentlich bei Begräbnissen von Fürsten und Häuptlingen, die man mit ihrem ganzen Hofstaat begraben findet; Marco Polo traf sie im Mittelalter noch in Asien [* 23] so weit in Übung, daß dem Toten alle dem Zug begegnenden Leute ins Grab folgen mußten; sie sind jetzt noch bei afrikanischen Häuptlingen und selbst in Indien (Witwenverbrennung) im Gange. In den meisten Ländern fand dagegen eine Art Ablösung der Menschenopfer statt, indem statt des Lebens einige Tropfen Blut, ein Finger oder das Haar [* 24] (s. Trauerverstümmelung) geopfert wurden oder statt der Menschen (wie ¶
in Japan) [* 26] thönerne oder metallene Puppen mit ins Grab gelegt wurden. Hier und da, wie in Dahomé und bei nordamerikanischen Indianern, wurden sogar den bereits begrabenen Häuptlingen noch Botschafter und Diener durch Ermordung am Grab nachgesandt. Mit diesen Ideen über das Fortleben im Einklang findet man bereits bei Naturvölkern einen verhältnismäßig außerordentlichen Luxus bei der Totenbestattung, dem Toten werden seine wertvollsten Waffen und Schmuckstücke, die besten Kleider etc. mitgegeben, bei den fortgeschrittenern Stämmen selbst Gold [* 27] und Edelsteine. [* 28]
Die ältesten Kulturvölker trieben diesen Luxus auf die Spitze. Bei den Ägyptern wohnten die Lebenden in Lehmhütten, die Toten in Palästen. Die Reichern dachten schon im Leben daran, sich ein prächtiges, behagliches Grabgewölbe zu bauen, und die Behandlung der Leichen (s. Mumien) verschlang große Summen. Die Mumiensärge wurden, wie die neuern Ausgrabungen gezeigt haben, oft mit guten Porträten der Toten in Wachsmalerei versehen, außerdem gab man hier, wie bei vielen andern Völkern, den Toten Masken [* 29] (s. d.) als Schutzmittel mit.
Auch die Meder und Assyrer verwandten auf prächtige Grabmäler große Summen, und auf den Gipfel stieg dieser Gräberluxus bei den kleinasiatischen Fürsten, wie denn das Mausoleum (s. d.) zu Halikarnassos der ganzen Gattung prächtiger Grabdenkmäler den Namen gegeben hat. In den letzten Jahren sind mehrere solcher kleinasiatischer Prachtgrabmäler bekannt gemacht worden. Auch bei Griechen und Römern maß der Volksglaube der Art der Bestattung einen Einfluß auf das Los der Verstorbenen im jenseitigen Leben bei, indem man wähnte, der unbestattete Tote müsse hundert Jahre ruhelos an den Ufern des Styx umherirren.
Darum hielten es die Überlebenden für eine Pflicht der Humanität, jedem irgendwo gefundenen Toten wenigstens durch Aufwerfen von drei Handvoll Erde zur Ruhe zu verhelfen. Bei den Spartanern wurden die Toten auf den Schilden hinausgetragen, und alles Leichengepränge war durch die Gesetze verpönt. Bei den Athenern aber fanden feierliche Leichenbegängnisse statt und zwar unter dem Geleit der in schwarze Gewänder gehüllten Verwandten und Freunde, von Klageweibern (penthetriae, praeficae), Musikchören und seit Solons Zeit auch von Lobrednern.
Vor der eigentlichen Bestattung ward der Tote dreimal gerufen, dann zur Erde gesetzt, wo liebende Hand sein Antlitz bedeckte und seine Augen schloß. Auch ward ihm ein Stück Geld (Obolos) als Fahrlohn für Charon [* 30] (s. d.) in den Mund und ein Stück aus Honig und Mehl [* 31] bereiteten Kuchens zur Beschwichtigung des Kerberos [* 32] (s. d.) in die Hand gegeben. Vor dem Trauerhaus ward der Persephone, [* 33] der Königin des Totenreichs, ein Opfer dargebracht. Ein den Verwandten im Haus bereitetes Leichenmahl (perideipnon, lat. silicernium, visceratio) beschloß die Trauerfeier.
Nach vollendeter Totenbestattung wurde das Haus sorgfältig gereinigt. Noch zu Platons Zeiten wurden die Leichen häufig beerdigt; aber mit Verbreitung des Glaubens, daß die Seele einer Reinigung bedürfe, um in die Wohnungen der Seligen zu gelangen, ward später, ungefähr seit dem Beginn des 4. Jahrh. v. Chr., das Verbrennen allgemeiner Gebrauch. Auch bei den Römern waren feierliche Leichenbegängnisse üblich und später sogar mit blutigen Gladiatorenkämpfen verbunden.
Seit dem Ende der Republik wurde bei ihnen die Verbrennung allgemein und Kolumbarien zur gemeinsamen Aufbewahrung der Asche erbaut, nur ganz kleine Kinder und vom Blitz erschlagene Personen wurden stets beerdigt und nicht verbrannt. Der Leiche folgten außer einem Mimen, der Gang [* 34] und Gebärde des Verblichenen nachahmte, die Klageweiber, welche noch jetzt in manchen Teilen Italiens [* 35] im Gang sind. Der Luxus der Begräbnisse stieg in den Kaiserzeiten so hoch, daß er durch Gesetze eingeschränkt werden mußte, weil man Schiffsladungen mit Spezereien verbrannte.
Bei der Beerdigung wurde der Leichnam in Särgen aus Holz, [* 36] Thon oder Stein (s. Sarkophag) [* 37] ins Grab gesenkt oder in gemauerten oder aus dem Felsen gehöhlten Grabkammern beigesetzt. Bei der Leichenverbrennung [* 38] wurde die Asche des Verstorbenen in einer Urne [* 39] aufbewahrt und in dem Grabmal beigesetzt (s. Urne und Grabmal). Bei den Völkern des Orients war und ist die im allgemeinen einfacher. Ja, die Perser sollen, damit durch Begraben eines Toten die von Ormuzd rein geschaffene Erde nicht verunreinigt werde, früher ihre Toten den Hunden und Raubvögeln vorgeworfen haben, was bei den Gebern in Indien noch heute Brauch ist (s. Parsen).
Bei den alten Hebräern wurden alle menschlichen Leichname als unrein angesehen, daher die Beschleunigung der Totenbestattung und Anlegung der Totenäcker möglichst fern von den Wohnungen der Lebendigen. Doch war auch die Leichenverbrennung bei den Juden üblich, wie man aus Jer. 34, 5. und andern Bibelstellen ersieht. Es war, wie bei den Römern, die vornehmere, weil kostspieligere Begräbnisform. Bei den Christen wurden die Toten, schon aus Opposition gegen das Heidentum, von jeher beerdigt, nie verbrannt, wobei wohl der früh ausgebildete Glaube an die Auferstehung des Leibes mitgewirkt haben mag.
Überall, wo das Christentum und der Mohammedanismus sich ausgebreitet haben, schafften sie die heidnische Leichenverbrennung ab, so später bei den Germanen, und noch Karl d. Gr. verbot den Sachsen [* 40] jene bei Todesstrafe. Seitdem das Christentum herrschende Religion geworden, beging man die Totenbestattung feierlich mit Gesang von Hymnen auf Tod und Auferstehung, woran sich später bei weiterer Ausbildung der kirchlichen Zeremonien Totenopfer, Seelenmessen, Exequien nebst Almosenspenden und Leichenmahlzeiten anschlossen.
Särge machten die Deutschen in vorchristlicher Zeit einfach aus einem Baumstamm, indem sie ihn durchschnitten, die eine Hälfte aushöhlten und die andre als Deckel benutzten (Baumsärge, Totenbaum). Holzsärge in Kastenform, neben denen auch Steinsärge (Sarkophage) vorkommen, wurden seit Einführung des Christentums häufiger. Aus dem Reliquienkultus mit seinen Heiligengerippen entwickelte sich seit dem 4. Jahrh. die gefährliche Unsitte, Geistliche, Patrone, Kirchenwohlthäter und angesehene Personen überhaupt in den Krypten der zum gottesdienstlichen Gebrauch benutzten Kirchen, ja in diesen selbst beizusetzen, ein Verfahren, gegen welches anfangs die Konzile von Prag, [* 41] Arles, Meaux etc. eiferten, bis es etwa seit 1000 überall unbeanstandet blieb und erst seit hundert Jahren völlig aufgehört hat. Seitdem findet die Totenbestattung allgemein auf den Begräbnisplätzen statt, die sich nur noch auf den Dörfern zuweilen im unmittelbaren Umkreis der Ortskirche befinden, in neuerer Zeit aber mehr und mehr außerhalb der Ortschaften angelegt wurden (s. Begräbnisplatz).
In neuerer Zeit ist die Bestattungsfrage vom sanitären Standpunkt der Gegenstand zahlreicher Erörterungen gewesen. Nachdem 1849 Jak. Grimm in einer öffentlichen Rede die Vorzüge und die Erhabenheit der altgermanischen Feuerbestattung geschildert, hat sich eine langsam ¶
anwachsende Agitation für dieselbe erhoben, zumal in großen Städten und Gebirgsländern, woselbst die Anlegung der Friedhöfe sanitäre und andre Schwierigkeiten bereitet. Erfahrene Ärzte, wie der Oberstabsarzt Trusen, Bock [* 43] u. a., machten schon lange in Deutschland [* 44] Propaganda für die Verbrennung; italienische und schweizerische Ärzte schlossen sich bald ihnen an. Der 1869 zu Florenz [* 45] tagende internationale Kongreß der Ärzte faßte eine dafür eintretende Resolution, und die in Florenz stattgefundene feierliche Verbrennung des auf der Reise verstorbenen Radscha von Kelapur auf großem Scheiterhaufen nach indischem Ritus regte das Interesse in weitern Kreisen an. In Italien [* 46] beschäftigten sich seitdem die Ärzte Pini, Rota, Ayr, Anelli, Amati, Gorini und sehr viele andre mit der Frage, und die Professoren Polli in Mailand [* 47] und Brunetti in Padua [* 48] konstruierten besondere Öfen, [* 49] in denen die Verbrennung schnell und möglichst wenig kostspielig vorgenommen werden kann.
Durch Mittel, welche der Kaufmann Alb. Keller aus Zürich bei seinem 1874 in Mailand erfolgten Tod aussetzte, konnten diese Versuche in großartigem Maßstab [* 50] durchgeführt werden, und Mailand erbaute die erste Verbrennungshalle (1875), der solche zu Lodi, Cremona, Varese, Rom, [* 51] Como, Brescia, Padua, New York, Washington [* 52] und Philadelphia [* 53] folgten. In Deutschland erwarb sich insbesondere Reclam Verdienste um die Popularisierung des immer noch manchem Widerspruch, namentlich von orthodoxer Seite, begegnenden Gedankens; Kinkel u. a. traten dafür ein, die Ingenieure Pieper und Siemens in Dresden beschäftigten sich mit der Konstruktion praktischer Verbrennungsöfen, und seit 1877 hat auch Gotha [* 54] eine Verbrennungshalle, in welcher 1878 die erste Verbrennung einer Leiche ausgeführt wurde.
Die Regierungen haben sich bisher meistens ablehnend verhalten, kaum daß einzelne die Verbrennung fakultativ gestattet haben. 1889 waren Verbrennungsöfen in Thätigkeit: in Italien 23, Amerika [* 55] 10, je einer in Stockholm, [* 56] Kopenhagen, [* 57] London, Paris, [* 58] Gotha, Zürich, und bis wurden verbrannt: in Gotha 554, in Italien 998, in Amerika 287, in Schweden [* 59] 39, in England 16, in Frankreich 7, in Dänemark [* 60] 1 Person. Es ist sehr wahrscheinlich, daß man in Zukunft zu diesem System der Totenbestattung allgemein übergehen wird, denn es besitzt außerordentliche sanitäre Vorzüge und kann in einer die Pietät und das ästhetische Gefühl völlig zufriedenstellenden Weise ausgeführt werden.
Das einzige gewichtige Bedenken (Vernichtung der Spuren eines an dem Verstorbenen ausgeübten Verbrechens) könnte wohl durch die Einführung der allgemeinen Leichenschau gehoben werden. In der neuesten Zeit haben sich in vielen großen Städten Vereine zur Agitation für die Leichenverbrennung gebildet, deren Organisation von Mailand ausging. Von der neuerdings sehr angeschwollenen Litteratur über die Verbrennung der Toten sei nur erwähnt: J. Grimm, Über das Verbrennen der Leichen (Berl. 1850);
Trusen, Die Leichenverbrennung (Bresl. 1855);
Wegmann-Ercolani, Über Leichenverbrennung (4. Aufl., Zürich 1874);
Küchenmeister, Die Feuerbestattung (Stuttg. 1875);
Pini, La crémation en Italie et à l'étranger de 1774 etc. (Mail. 1884);
Thompson, Die moderne Leichenverbrennung (deutsch, Berl. 1889);
über die Totenbestattung überhaupt vgl. Weinhold, Die heidnische Totenbestattung (Wien [* 61] 1859);
De Gubernatis, Storia popolare degli usi funebri indoeuropei (Mail. 1873);
Tegg, The last act, the funeral rites of nations (2. Aufl., Lond. 1878);
Sonntag, Die Totenbestattung, Totenkultus alter und neuer Zeit (Halle [* 62] 1878);
Wernher, Bestattung der Toten in Bezug auf Hygiene etc. (Gießen [* 63] 1880).
s. Calendula. ^[= L. (Ringelblume), Gattung aus der Familie der Kompositen, meist einjährige Kräuter mit einfachen ...]
s. Schwanenhalseisen. ^[= (Berliner Eisen), Fangeisen für Wölfe, Füchse, Otter, Marder etc., bei welchem die an der ...] [* 64]
der alten Ägypter, s. Hieroglyphen (S. 521) und Totengericht.
das feierlich begangene Andenken der Toten. In der ältern christlichen Kirche pflegten die Freunde und Verwandten eines Toten den Jahrestag seines Todes durch eine Kommunion zu begehen (s. Requiem). Später hielt man für alle in einer Gemeinde während eines Jahrs Gestorbenen eine gemeinsame Totenfeier. Die katholische Kirche bestimmte dazu das Fest Allerseelen (s. Allerseelen), die griechische die Sonnabende der 2., 3. und 4. Fastenwoche und den Sonnabend vor Pfingsten, wozu in der russischen Kirche noch das Gedächtnis aller im Kriege gefallenen Soldaten 21. Okt. kommt. In der protestantischen Kirche feiert man das Totenfest meist am letzten Sonntag des Kirchenjahrs.
s. Tod, ^[= das endgültige Aufhören des Stoffwechsels und der sonstigen Lebensthätigkeiten in einem Individuu ...] S. 736.
eine den alten Ägyptern zugeschriebene Sitte, Gericht zu halten über einen Verstorbenen, ehe er begraben wurde. 42 Männer prüften sein Leben und seine Thaten; vor ihnen konnte jedermann den Verstorbenen anklagen. Ward er für gerecht erfunden, so erfolgte die feierliche Bestattung; wurde er für schuldig erklärt, so durfte er nicht begraben werden, sondern wurde im Hause seiner Verwandten aufgestellt. Die Richter versammelten sich nahe bei dem See Möris, über welchen die Leichen in einem Kahn an das jenseitige Ufer gebracht wurden. So lauten die Angaben Diodors über ein Totengericht, welches bei den alten Ägyptern bestanden haben soll.
Indessen wird sein Bericht durch die mit der Entzifferung der Hieroglyphen erschlossene altägyptische Litteratur nicht bestätigt, vielmehr scheint derselbe auf einem Mißverständnis zu beruhen. Das Totengericht ist weniger eine Sitte der alten Ägypter als ein Glaubensartikel ihres heiligen Buches, ein Kapitel in dem sogen. Totenbuch, welches in vielen Exemplaren auf Papyrus erhalten und in den Museen zu finden ist. Der betreffende Text ist in der Regel durch eine Vignette erläutert, welche die »Halle der zwiefachen Wahrheit«, d. h. der Wahrheit und der Lüge, darstellt, in welcher Osiris, [* 65] der Fürst der Unterwelt, thront; vor ihm sitzen die 42 Beisitzer des Gerichts, eine Straußfeder auf dem Haupt und ein Schwert in der Hand.
Vor diese tritt der Verstorbene hin und spricht seine Beichte. Wir sehen ferner eine große Wage [* 66] mit einem über dem Zünglein sitzenden Hundsaffen, auf der man die Thaten abwägt, deren Symbol das Herz des Verstorbenen ist, während ein Bildnis der Göttin der Wahrheit (Maat) auf der andern Schale als Gewicht dient. Letztere führt den Verstorbenen herzu, damit er zeige, ob er mit Wahrheit oder mit Lüge behaftet kommt. Nicht selten ist der Verstorbene von zwei Göttinnen der Wahrheit umgeben, von denen die eine schützend die Hände erhebt, während die andre gebieterisch Rechenschaft zu heischen scheint; manchmal werden dieselben durch Isis [* 67] und Nephthys [* 68] oder Hathor [* 69] vertreten.
Der Verstorbene tritt herzu, die Götter Anubis, [* 70] der schakalköpfige, und Horus, [* 71] der sperberköpfige, stehen prüfend an der Wage, während der ibisköpfige Thoth [* 72] vor ihnen das Ergebnis auf seiner Schreibtafel verzeichnet. Hat der Verstorbene in der Halle der Doppelwahrheit vor Osiris bestanden, so stehen ihm die Pforten der unterirdischen Welt offen, während der, welcher nicht bestanden hat, ihren mannigfachen Schrecken überliefert wird. Derselbe Gedankengang ¶
findet sich in der indischen, persischen, griechischen und römischen Mythologie, wo gewöhnlich der erste Mensch (Manu) oder der erste König (Minos oder Rhadamanthys) oder der Gott der Unterwelt (Hades) als Totenrichter fungiert. Die Darstellung des Erzengels Michael mit der Seelenwage auf altdeutschen Gemälden beruht auf einem ähnlichen Gedankengang.
s. Aaskäfer. ^[= (Silphidae Leach), Käferfamilie aus der Gruppe der Pentameren, Käfer von sehr verschiedener ...]
Totenhaus, s. Leichenhaus. ^[= (Totenhaus, Leichenhalle), ein öffentliches Gebäude, welches der Aufbewahrung ...]
s. Tenebrionen. ^[= (Schwarzkäfer, Melasoma Latr., Tenebrionidae Leach), Käferfamilie aus der Gruppe der Heteromeren, ...]
(Caput mortuum), s. Englischrot. ^[= (Engelrot, Eisenrot, Venezianischrot, Italienischrot), Eisenoxyd, welches als rote oder braunrote ...]
(Acherontia Atropos Ochs.), Schmetterling [* 74] aus der Familie der Schwärmer (Sphingidae), 11,5 cm breit, mit kurzen, dicken Fühlern, sehr kurzen Tastern, schwach entwickelter Rollzunge und plumpem Hinterleib von 19,5 mm Querdurchmesser, auf dem dicht braun behaarten, blaugrau schimmernden Thorax mit ockergelber, einem Totenkopf ähnlicher Zeichnung und auf dem gelben, schwarz geringelten Hinterleib mit breiter, blaugrauer Längsstrieme. Die Vorderflügel sind tiefbraun, schwarz und ockergelb gewölkt mit zwei gelblichen Querbinden, die Hinterflügel ockergelb mit zwei schwarzen Querbinden.
Der Totenkopf erzeugt, wenn er gereizt wird, einen pfeifenden, schrillenden Ton, indem er aus einer sehr großen Saugblase im Vorderteil des Hinterleibs Luft durch eine Rüsselspalte ausstößt. Er findet sich in Süd- und Mitteleuropa, Afrika, [* 75] auf Java und in Mexiko, [* 76] bei uns einzeln, vorübergehend und örtlich im Herbste. Die 13 cm lange, grünlichgelbe, schwarzblau punktierte Raupe, mit blauen Winkelzeichnungen auf dem Rücken, findet sich bei uns im Juli und August auf Kartoffelkraut, Teufelszwirn, Stechapfel und verpuppt sich in der Erde. In Mittel- und Norddeutschland pflanzt sich der Totenkopf nicht fort, die dort gefundenen Raupen müssen von zugeflogenen Weibchen herrühren.
Vogel, s. Fliegenfänger. ^[= # (Muscicapa L.), Gattung aus der Ordnung der Sperlingsvögel und der Familie der F. (Muscicapidae ...]
im Mittelalter auf Kirchhöfen (Begräbnisplätzen) errichtete Säulen [* 77] mit laternenartigen Aufsätzen, in welchen ewige Lampen [* 78] brannten.
Eine mit Reliefs aus der Leidensgeschichte Christi geschmückte Totenleuchte von 1381 findet sich vor der Stiftskirche zu Klosterneuburg.
s. Maske, ^[= (v. mittellat. masca, Hexe), ein künstliches hohles Gesicht, mit dem man das eigne Angesicht ...] S. 314.
s. Requiem. ^[= (lat.), in der römisch-kath. Kirche die musikalische Seelen- und (Missa pro defunctis ...]
s. Vinca. ^[= # L. (Immergrün, Wintergrün, Singrün), Gattung aus der Familie der Apocynaceen, meist mehrjährige ...]
s. Totenbestattung. ^[= die mit religiösen Gebräuchen verbundene Übergabe menschlicher Leichname an die Elemente, ...]
s. Orgelgeschütz. ^[= früher gebräuchliches, aus mehreren Läufen bestehendes Geschütz (s. d., S. ...]
An die schon den rohesten Naturvölkern geläufigen Vorstellungen vom Fortleben nach dem Tod knüpfen sich eine Menge abergläubischer Gebräuche, Vorstellungen und Sagen, die sich zum Teil aus dem grauesten Altertum bis auf unsre Tage erhalten haben und jetzt durch den Spiritismus (s. d.) von neuem belebt werden. Man meint, daß die Seele, nachdem sie in Gestalt eines Wölkchens, Schmetterlings, einer Schlange etc. dem Mund entflohen, in ihrem neuen Zustand doch nicht ohne alle irdischen Bedürfnisse sei, auf deren Befriedigung verschiedene Bestattungszeremonien (s. Manendienst, Menschenopfer und Totenbestattung) abzielen. So werden die Fenster des Sterbezimmers geöffnet, um der Seele freie Bahn zu gewähren, und bei der Toteneinkleidung und -Einbettung bestimmte Rücksichten und wohl auch Vorsichtsmaßregeln gegen das Wiederkommen angewendet. Zu den einmaligen Pflichten kommen dauernde; es opferten die Römer [* 79] z. B. den Verstorbenen von jeder Mahlzeit, indem sie von Speise und Trank etwas auf den Boden schütteten; die Katholiken lassen Messen für die Seelenruhe lesen, und auch durch zu vieles Weinen darf der Tote, der die Thränen im Krüglein sammeln muß, nicht gestört werden.
Waren derartige Pflichten und Abfindungen versäumt worden, so glaubte man, daß der Tote keine Ruhe habe und die Nachgebliebenen beunruhige; so z. B. breiten die Samoaner, wenn ein in der Ferne Verstorbener kein ordentliches Begräbnis erhalten, ein Tuch aus und betrachten das erste Tier, z. B. ein Insekt, welches sich darauf setzt, als die umherirrende Seele, der dann die vorgeschriebenen Begräbniszeremonien erwiesen werden. Auch Menschen, die nicht ausgelebt haben und ermordet oder hingerichtet wurden, finden keine Ruhe, bis der Mörder entdeckt ist, bei dessen Annäherung ihre Wunden von neuem aufbrechen (s. Bahrrecht), oder bis ihre Verbrechen gesühnt sind.
Aber auch unerfüllte kirchliche und bürgerliche Verpflichtungen rauben die Grabesruhe; die vor der Hochzeit gestorbene Braut besucht den Bräutigam in der griechischen, von Goethe umgedichteten Sage, die Wöchnerin das nachgelassene Kind. Besonders häßlich ist die noch immer sehr verbreitete Sage von den im Grab weiterlebenden Vampiren (s. d.), die ihren Angehörigen das Blut aussaugen, bis sie ihnen nachfolgen, wenn nicht besondere Vorsichtsmaßregeln gegen ihr Wiederkommen getroffen werden.
Sind die Toten befriedigt, so ziehen sie in ein besseres Land (Elysium), welches in der Unterwelt oder da, wo die Sonne [* 80] zur Ruhe geht, gedacht wird. Manche Völker erzählten von einer Toteninsel, zu der ein Fährmann (Charon) die Verstorbenen hinüberfährt, wo sie dann unter dem milden Zepter eines Totenkönigs ein schattenhaftes Dasein führen; anderwärts müssen sie einen Berg der Seligen (s. Glasberg) ersteigen. Aus dem Jenseits können sie nur durch besondere Totenbeschwörer (s. Nekromantie) oder durch spiritistische Veranstaltungen zurückgerufen werden, um den Lebenden Auskünfte, Orakel, Ratschläge etc. zu erteilen.
Nur am Allerseelentag kommen sie freiwillig als langer "Zug des Todes«, die Kinder in weißen Hemdchen unter Führung und Obhut der Totenmutter (Frau Holle), zur Erde, besuchen eine einsam gelegene, um Mitternacht erleuchtet erscheinende Kirche, worin der verstorbene Pfarrer Gottesdienst abhält, und die Gräber, auf welche dann vielfach brennende Lichter gestellt werden. So wurde schon im heidnischen Rom ein besonderes Laren- und Lemurenfest gefeiert, bei welchem man besondere Totenspeisen auftrug, weil dann die Unterwelt offen stand und die Toten scharenweise die Wohnungen besuchten. In Rußland trägt man noch heute am Allerseelentag Speise und Trank auf die Gräber.
Man spricht auch von besondern Vorzeichen, die einer bestimmten Person den baldigen Tod verkünden sollen, von einem Anpochen des Todes an der Thür, von dem Ruf des Uhu als Totenvogel, von einer Totenuhr (s. Klopfkäfer), von einem freiwilligen Anschlagen der Glocken, wenn ein hoher Geistlicher sterben soll, von dem mahnenden Erscheinen einer weißen Frau (s. d.) in verschiedenen Fürstenhäusern, von einem Voraussehen des künftigen Leichenzugs (s. Zweites Gesicht), und in Dänemark nennt man gewisse Lähmungserscheinungen den Totengriff, gleichsam das erste Anpacken des Todesdämons. Überhaupt wurde der Tod früh personifiziert und als Dämon gedacht, der mit dem Erkrankten ringt und ihn endlich niederwirft. In Seuchezeiten wollte man ihn als von Ort zu Ort ziehenden oder auf lahmem Klepper durch das Stadtthor einziehenden Pestmann erblickt haben, der die ¶
zum Tod Erwählten bloß mit seinem starren Blick ansah oder sie anblies, um sie sofort auf das Sterbebett zu werfen. Das Mittelalter war besonders reich an bildlichen Darstellungen vom »Triumph des Todes«, zu denen Allegorie und Sage den Stoff lieferten (s. Totentanz). Eine reiche Fülle von Totensagen findet man gesammelt bei Henne-Am Rhyn, Die deutsche Volkssage (2. Aufl., Wien 1879).
(Leichenschau), die polizeiliche oder gerichtliche Besichtigung einer Leiche. Die erstere, die Ausstellung der Leichen verunglückter Personen oder von Selbstmördern behufs Rekognoszierung, wurde zuerst in Paris organisiert, wo man die Leichen in der Morgue öffentlich zur Schau stellte. In Berlin [* 82] wurden von 1953 Leichen Erwachsener, welche 1856 bis 1866 in Polizeigewahrsam gelangten, 10 Proz., von 4314 Leichen, welche 1876-85 ausgestellt wurden, 8,2 Proz. unerkannt begraben.
In dem in Berlin 1886 neuerrichteten öffentlichen Leichenschauhaus [* 83] liegen die Leichen in gekühlten Räumen bei 0-2°, welche durch Glasscheiben von den für das Publikum bestimmten Räumen getrennt sind. Das Haus enthält außerdem Zimmer für bekannte Leichen, für Obduktionen, polizeiliche und gerichtliche Untersuchungen, für den wissenschaftlichen Unterricht in der gerichtlichen Medizin und Chemie, Räume zur Aufbewahrung und zum Verbrennen der Kleider der Leichen, Sargmagazin etc. Die Totenschau zur Feststellung des Todes wird an solchen Orten vorgenommen, an welchen die Polizei die Ausstellung eines Totenscheins vom Arzt fordert; der letztere (Totenbeschauer, Schauarzt) hat sich von dem erfolgten Ableben zu überzeugen und sein Urteil über die Todesart abzugeben.
Die Totenschau zur Feststellung der Todesart wird von dem in der Regel beamteten Arzt auf polizeiliche oder gerichtliche Anordnung vorgenommen, um zu bestimmen, ob an der Leiche schon bei bloßer Besichtigung die Todesart erkannt werden kann (Strangmarke Erhängter etc.), oder ob dieselbe durch Sektion ermittelt werden muß. Im letztern Fall wird die gerichtliche Obduktion (s. d.) von der Gerichtsbehörde, nach der deutschen Strafprozeßordnung von der Staatsanwaltschaft, verfügt und von zwei Ärzten ausgeführt, die über den Befund ein Obduktionsprotokoll (Fundschein, Fundbericht, Visum repertum, Parere medicum) aufnehmen. Zur Erlangung einer zuverlässigen Statistik über die Todesarten, zur Gewinnung der Möglichkeit eines klaren Einblicks in die tödliche Krankheit, zur Aufdeckung von Verbrechen, zur Zerstreuung aller Besorgnisse vor dem Lebendbegrabenwerden ist die allgemeine Einführung der Totenschau eventuell mit nachfolgender Sektion dringend wünschenswert, Vorurteil und falsch verstandene Pietät haben aber diesen Fortschritt bisher verhindert.
seit dem 14. Jahrh. in Aufnahme gekommene bildliche Darstellungen, welche in einer Reihe von allegorischen Gruppen unter dem vorherrschenden Bilde des Tanzes die Gewalt des Todes über das Menschenleben veranschaulichen sollen. Ursprünglich ward dieser Stoff zu dramatischer Dichtung und Schaustellung benutzt und in kurzen, meist vierzeiligen Wechselreden zwischen dem Tod und anfangs 24 nach absteigender Rangfolge geordneten Personen verarbeitet.
Wahrscheinlich war darin den sieben makkabäischen Brüdern mit ihrer Mutter und Eleasar (2. Makk. 6, 7). eine hervorragende Rolle zugeteilt, und es fand die Aufführung an deren Gedächtnisfest zu Paris im Kloster der unschuldigen Kindlein (aux Innocents) statt; daher der in Frankreich von alters her übliche lateinische Name Chorea Machabaeorum (franz. la danse Macabre). In Paris war bereits 1407 die ganze Reihe jener dramatischen Situationen nebst den dazugehörigen Versen an die Kirchhofsmauer des genannten Klosters gemalt, und hieran schlossen sich bald weitere Malereien, Teppich- und Steinbilder in den Kirchen zu Amiens, [* 85] Angers, Dijon, [* 86] Rouen [* 87] etc. sowie seit 1485 auch Holzschnitt- und Druckwerke, welche die Bilder und Inschriften wiedergaben.
Noch erhalten ist der textlose, aber die Dichtung illustrierende Totentanz in der Abteikirche von La Chaise-Dieu in der Auvergne, dessen erster Ursprung in das 14. Jahrh. hinausreichen mag. Reime und Bilder des Totentanzes verpflanzten sich von Frankreich aus auch nach England; die mannigfaltigste und eigentümlichste Behandlung aber ward ihm in Deutschland zu teil, wo er mit wechselnden Bildern und Versen in die Wand- und Büchermalerei überging. Eine Darstellung in einer Kapelle der Marienkirche zu Lübeck, [* 88] deren niederdeutsche Reime teilweise erhalten sind, zeigt den Totentanz noch in seiner einfachsten Gestalt: 24 menschliche Gestalten, Geistliche und Laien in absteigender Ordnung, von Papst, Kaiser, Kaiserin, Kardinal, König bis hinab zu Klausner, Bauer, Jüngling, Jungfrau, Kind, und zwischen je zweien derselben eine springende oder tanzende Todesgestalt als verschrumpfte Leiche mit umhüllendem Grabtuch; das Ganze durch gegenseitig dargereichte und gefaßte Hände zu einem einzigen Reigen verbunden und eine einzelne Todesgestalt pfeifend voranspringend (vgl. »Ausführliche Beschreibung und Abbildung des Totentanzes in der Marienkirche zu Lübeck«, Lüb. 1831). Aus dem 14. Jahrh. (vielleicht von 1312) rührt der jetzt verwischte im Kreuzgang des Klingenthals, eines ehemaligen Frauenklosters der Kleinstadt Basel [* 89] (Bilder und Reime bei Maßmann: »Baseler Totentänze«, Stuttg. 1847) her.
Hier ist die Zahl der Personen um einige neue, aus den niedern Ständen genommene vermehrt, auch das Ganze in einzelne Paare aufgelöst. Ein andrer wiederholt gedruckter Totentanz mit 37 tanzenden Paaren (»der doten dantz mit figuren«) zeigt sowohl in den Figuren als in den Strophen Nachahmung der erwähnten französischen Danse Macabre. Seit der Mitte des 15. Jahrh. werden die Bilder des Totentanzes immer mehr vervielfältigt, während die Verse wechseln oder ganz weggelassen werden, und zuletzt gestalten sich beide, Bilder und Verse, völlig neu.
Zunächst ward der Totentanz von Kleinbasel nach Großbasel, vom Klingenthal an die Kirchhofsmauer des Baseler Predigerklosters (nicht vor der Mitte des 15. Jahrh.) übertragen, wobei Zahl und Anordnung der tanzenden Paare dieselbe blieben, aber am Anfang ein Pfarrer und ein Beinhaus und am Ende der Sündenfall hinzugefügt wurden, während die das Ganze beschließende Person des Malers vielleicht erst Hans Hug Kluber, welcher 1568 das Bild restaurierte, anhängte. Bei dem Abbruch der Kirchhofsmauer 1805 ist das Original bis auf geringe Fragmente zu Grunde gegangen; doch haben sich Nachbildungen nebst den Reimen erhalten, namentlich in den Handzeichnungen Em. Büchels (bei Maßmann a. a. O.). Der zum Volkssprichwort gewordene »Tod von Basel" gab neuen Anstoß zu ähnlichen Darstellungen, obschon die Dichtkunst den Stoff ganz fallen ließ. So ließ Herzog Georg von Sachsen noch 1534 längs der Mauer des dritten Stockwerks seines Dresdener Schlosses ein steinernes Relief von 24 lebensgroßen Menschen- und 3 Todesgestalten ausführen, ohne Reigen oder tanzende Paare und nach Auffassung wie nach Anordnung durchaus neu ¶
und eigentümlich. Dieses Bildwerk ward bei dem großen Brand von 1701 stark beschädigt, aber wiederhergestellt und auf den Kirchhof von Neustadt-Dresden übertragen (abgebildet bei Naumann: »Der Tod in allen seinen Beziehungen«, Dresd. 1844). Von der Baseler Darstellung abhängig ist das aus dem 15. Jahrh. herrührende Gemälde in der Predigerkirche zu Straßburg, [* 91] welches verschiedene Gruppen zeigt, aus deren jeder der Tod seine Opfer zum Tanz holt (abgebildet bei Edel: »Die Neue Kirche in Straßburg«, Straßb. 1825). Aus den Jahren 1470-90 stammt der Totentanz in der Turmhalle der Marienkirche zu Berlin (hrsg. von W. Lübke, Berl. 1861, und von Th. Prüfer, das. 1876). Einen wirklichen Totentanz malte von 1514 bis 1522 Nikolaus Manuel an die Kirchhofsmauer des Predigerklosters zu Bern, [* 92] dessen 46 Bilder, die jetzt nur noch in Nachbildungen vorhanden sind, bei aller Selbständigkeit ebensowohl an den Baseler Totentanz wie an den erwähnten »doten dantz mit figuren« erinnern.
Eine durchaus neue und künstlerische Gestalt erhielt aber der Totentanz durch H. Holbein [* 93] d. j. Indem dieser nicht sowohl veranschaulichen wollte, wie der Tod kein Alter und keinen Stand verschont, sondern vielmehr, wie er mitten hereintritt in den Beruf und die Lust des Erdenlebens, mußte er von Reigen und tanzenden Paaren absehen und dafür in sich abgeschlossene Bilder mit dem nötigen Beiwerk, wahre »Imagines mortis«, wie seine für den Holzschnitt bestimmten Zeichnungen genannt wurden, liefern.
Dieselben erschienen seit 1530 und als Buch seit 1538 in großer Menge und unter verschiedenen Titeln und Kopien (neue Ausg. von F. Lippmann, Berl. 1879). Holbeins »Initialbuchstaben mit dem Totentanz« wurden in Nachschnitten von Lödel neu herausgegeben von Ellissen (Götting. 1849). Daraus, daß Hulderich Frölich in seinem 1588 erschienenen Buch »Zween Todtentäntz, deren der eine zu Bern, der andre zu Basel etc.« dem Totentanz am Predigerkirchhof größtenteils Bilder aus Holbeins Holzschnitten unterschob und Mechel sie in sein Ende des vorigen Jahrhunderts erschienenes Werk »Der Totentanz« aufnahm, entstand der doppelte Irrtum, daß man auch den ältern wirklichen im Predigerkloster für ein Werk Holbeins hielt und des letztern »Imagines« ebenfalls Totentanz benannte. Im Lauf des 16., 17. und 18. Jahrh. entstanden noch andre Totentänze in Chur [* 94] (erzbischöflicher Palast mit Benutzung der Holbeinschen Kompositionen),
Füssen, Konstanz, [* 95] Luzern, [* 96] Freiburg [* 97] und Erfurt, [* 98] und Holzschneide- wie Kupferstecherkunst nahmen den Stoff wieder auf, dessen sich auch die Dichtkunst wieder bemächtigte, z. B. Bechstein (»Der Totentanz«, Leipz. 1831). Auch in neuester Zeit hat man wieder Totentänze gezeichnet, so namentlich A. Rethel und W. Kaulbach.
Vgl. Peignot, Recherches sur les danses des morts (Par. 1826);
Douce, Dissertation on the dance of death (Lond. 1833);
Langlois, Essai sur les danses des morts (Rouen 1851, 2 Bde.);
Maßmann, Litteratur der Totentänze (Leipz. 1841);
W. Wackernagel, Der Totentanz (in »Kleine Schriften«, Bd. 1, das. 1874);
Wessely, Die Gestalten des Todes etc. in der darstellenden Kunst (das. 1877).
Die reiche Litteratur findet sich verzeichnet in den »First proofs of the universal catalogue of books on art« (Lond. 1870).
s. Klopfkäfer. ^[= (Nagekäfer, Bohrkäfer, Anobium Fab.), Gattung aus der Gruppe der Pentameren und der Familie ...]
s. Eulen, ^[= # (Eulenfalter, Nachtfalter, Noctuina), Familie aus der Ordnung der Schmetterlinge, Falter von ...] [* 99] S. 906.
Winkel, [* 100] s. Bestreichen. ^[= eine Terrainstrecke unter Geschütz- oder Gewehrfeuer halten. Da das Feuer aus Gewehren und ...]
Gebirge, Gebirgsgruppe der Salzkammergutalpen, durch die Ausseer Niederung vom Kammergebirge geschieden, mit dem Quellengebiet der Traun und Steyr, eine Hochebene mit den auffallendsten Kontrasten, meist kahl und zerrissen, dazwischen mit schönen Alpen, [* 101] am Nordende im Großen Priel 2514 m hoch. S. Karte »Salzkammergut«. [* 102]
Kapital, s. v. w. müßig liegendes, keinen Gewinn abwerfendes Kapital (s. d.).
Meer, 1) (in der Bibel [* 103] Salzmeer, Meer der Wüste, der Asphaltsee der Griechen und Römer, arab. Bachr Lût, »Lots Meer«) Landsee im asiatisch-türk. Wilajet Surija (Syrien),
an der Südostgrenze Palästinas, ist 76 km von N. nach S. lang und 3½-16 km breit und wird durch die an der Ostküste hervortretende Halbinsel Lisân (»Zunge«) in zwei Becken geteilt (s. Karte »Palästina«). [* 104] Es wird im O. und W. von steil abfallendem Hochtafelland begleitet, welches sich 700-800 m über den Wasserspiegel erhebt, und von welchem sich viele Thalschluchten (Wadis) herabziehen, in denen sich einige Vegetation zeigt, während die sonstige Umgebung meist steril ist.
Die beiden Becken sind von verschiedener Tiefe; während diese im nördlichen Becken in der Mitte meist über 300 m (größte Tiefe unter 31° 36' nördl. Br. 399 m) und im gesamten Durchschnitt 329 m beträgt, scheint sie im südlichen Becken nirgends über 3,6 m zu messen. Doch schwankt der Seespiegel je nach der Jahreszeit und scheint im allgemeinen im Sinken begriffen zu sein. Das Wasser ist ziemlich hell und klar, aber so mit Mineralien [* 105] gesättigt, daß hineingeworfenes Salz [* 106] sich nicht mehr auflöst und weder Fische [* 107] noch Schaltiere darin existieren können.
Die salzigen Bestandteile (etwa 25 Proz.) sind Chlormagnesium, Chlorcalcium und Chlornatrium; dieselben verleihen dem Wasser ein spezifisches Gewicht von 1,166, so daß dasselbe weit größere Lasten als das gewöhnliche Seewasser trägt und der menschliche Körper darin nicht untersinkt. Jene Salze werden durch Verdunsten des Wassers in Gruben in Menge gewonnen. Der Boden des Sees besteht aus Sand, unter welchem sich eine Lage von Asphalt (Judenpech) befinden soll, der zuweilen in großen Stücken durch das Wasser aufgespült wird.
Nach andern stammt der Asphalt von einer Breccie am Westufer des Sees her. Das Tote Meer liegt 394 m unter dem Spiegel [* 108] des Mittelmeers [* 109] und ist die tiefste bekannte Einsenkung der ganzen Erde. Es empfängt an seinem Nordende den Jordan (s. d.), außerdem mehrere Bäche, von denen die bedeutenden vom östlichen Hochland kommen. Ein sichtbarer Abfluß ist nicht vorhanden, und wenn trotzdem das Niveau des Sees immer ziemlich gleichbleibt, so rührt dies nur von der überaus starken Verdunstung her.
Wegen der tiefen Lage des Sees herrscht im Bereich desselben eine außerordentliche Wärme, [* 110] welche die Verdunstung sehr befördert. Nach der biblischen Sage entstand das Bassin des Toten Meers, welches einst die fruchtbare Ebene Siddim mit den Städten Sodom und Gomorrha einnahm, durch einen Schwefelregen (vulkanische Eruption).
Vgl. Lynch, Bericht über die Expedition der Vereinigten Staaten [* 111] nach dem Jordan und dem Toten Meer (deutsch, Leipz. 1850);
Hull, [* 112] Memoir on the geology and geography of Arabia Petraea etc. (Lond. 1886);
Luynes, Voyage d'exploration à la Mer Morte (Par. 1871-76, 3 Bde.). -
2) S. Karkinitischer Meerbusen.
Papier (franz. Valeur morte), ein Wertpapier, welches an der Börse zwar eingeführt ist, aber fast gar nicht gehandelt wird.
Rennen (engl. Dead heat), ein Rennen, in welchem zwei oder mehrere Pferde [* 113] so zu gleicher Zeit das Ziel passieren, daß ein Richter nicht im stande ist, den Sieger zu ermitteln. ¶