De
Gubernātis,
Angelo, ital.
Orientalist, Dichter und Litterarhistoriker, geb. zu
Turin
[* 3] aus adliger
Familie,
betrieb philologische
Studien an der
Turiner
Universität und schrieb vom 17. Jahr an
Dramen, deren
zwei:
»Pier delle
Vigne« und
»Don Rodrigo«, 1860 zu
Turin von dem
Schauspieler
Rossi, jenes mit gutem, dieses mit geringerm Erfolg, zur
Aufführung gebracht wurden.
Auch arbeitete er für
Journale. Im
November 1862 ging er mit Zurücklegung eines schon erhaltenen
Lehramtes am
Gymnasium zu
Chieri, im
Besitz eines Staatsstipendiums, nach
Berlin
[* 4] und studierte unter
Bopp und
Weber mit solchem
Eifer
Sanskrit und vergleichende Sprachwissenschaft, daß man für gut fand, ihn schon 1865 als
Professor
ans Istituto degli studii superiori in
Florenz
[* 5] zu berufen.
Hier wurde er indes durch persönlichen Verkehr mit dem eben dort weilenden Bakunin in die Umtriebe der republikanisch-sozialistischen Partei mit hineingezogen, verzichtete, um ganz unabhängig zu sein, noch in demselben Jahr auf seinen Lehrstuhl und vermählte sich mit einer Nichte Bakunins. Nachdem aber eine Entfremdung zwischen ihm und diesem eingetreten und er, bei erlangter besserer Einsicht, von der Partei desselben sich wieder losgesagt hatte, bewarb er sich neuerdings um die Lehrstelle seines Faches, die man ihm denn auch nach einigem Zögern wieder zuerkannte und die er noch gegenwärtig bekleidet.
Von wissenschaftlichen Werken veröffentlichte er in diesen Jahren zunächst: »I primi venti inni del Rigveda« (Text und Übersetzung 1864);
»La vita ed i miracoli del Dio Indra« (1866);
»Studii sull' epopea indiana« (1868);
»Fonti vediche dell' epopea« (1867);
»Piccola enciclopedia indiana« (1868);
»Storia comparata degli usi nuziali« (1869);
»Novelline di San Stefano« (1869).
Seine poetische und journalistische Thätigkeit hatte inzwischen nicht geruht. Schon 1862 hatte er die Zeitschrift »L'Italia letteraria« gegründet, 1867-68 redigierte er die »Rivista orientale«, 1869 die »Rivista contemporanea«, 1869-76 die »Rivista europea«, später das »Bollettino italiano degli studii orientali«, 1881-82 die »Cordelia«. Als dramatischer Dichter brachte er noch: »Werner« (1859),
»La morte di Catone« (1863),
dann einige Schauspiele, deren Stoff er der indischen Sage entnahm: die Trilogie »Il re Nala«, das beste und bekannteste Werk des Dichters, mit großem Erfolg in Turin aufgeführt (1869; das mittlere Stück deutsch von Marx, 1870),
»Re Dasarata«, gleichfalls von Rossi aufgeführt (1871),
ferner »Romolo« (1873),
»Romolo Augustolo, elegia drammatica« (1876) und noch ein indisches Drama: »Savitri« (1877).
Auch veröffentlichte er 1866 einen Roman: »Gabrielle« (im Feuilleton der »Perseveranza«). Seinen Ruf als Gelehrter machte er zu einem europäischen mit den weiterhin erschienenen Werken: »Zoological mythology« (Lond. 1872; deutsch von Hartmann, Leipz. 1873; franz. von Regnaud, Par. 1874, 2 Bde.),
einer von einzelnen Irrtümern nicht freien, aber höchst verdienstvollen vergleichenden Darstellung der Tiersage;
»Storia comparata degli usi natalici« ^[richtig: »Storia comparata degli usi natalizi«] (1872);
»Storia comparata degli usi funebri« (1873);
»Mitologia vedica« (1875);
»Storia dei viaggiatori italiani nelle Indie orientali« (1875);
»Mythologie des plantes« (Par. 1878, 2 Bde.);
»Matériaux pour servir à l'histoire des langues orientales en Italie« (1879);
»Lettere sopra l'archeologia indiana« (1881) und »Letture sopra la mitologia comparata« (1881).
Zu alledem kommen noch umfangreiche biographische und litterarhistorische Arbeiten: die »Ricordi biografici« (1873),
lebendig und eingehend geschriebene Biographien italienischer Schriftsteller der neuesten Zeit enthaltend;
das große »Dizionario biografico degli scrittori contemporanei« (1879-80);
die Monographien: »Giovanni Prati« (1860),
»Dall' Ongaro« (1875),
»Alessandro Manzoni« (1879),
»Manzoni e Fauriel« (1880) und »Eustachio Degola« (1882);
endlich: »Manuale di storia della letteratura indiana« (1882) und die groß angelegte »Storia universale della letteratura« (Mail. 1882-85, 18 Bde.).
In der Rastlosigkeit und Vielseitigkeit seines
litterarischen Wirkens ist De Gubernatis
eine fast einzig dastehende
Erscheinung.