Allegorie
(griech., eigentlich ein Kundthun auf andre als die gewöhnliche
Weise), sinnbildliche
Darstellung, d. h.
Darstellung eines Unsinnlichen (Allgemeinen,
Abstrakten) durch
Sinnliches (Besonderes,
Konkretes), im
Gegensatz zur
Metapher (s. d.),
welche
Sinnliches durch
Sinnliches, und zum
Symbol (s. d.), welches Besonderes durch
Allgemeines darstellt.
Die Allegorie
hat das Eigentümliche, daß das darstellende
Bild als
Konkretes mehr enthält als der darzustellende
Sinn als
Abstraktes
und daher in Bezug auf diesen notwendig irre führen muß, wenn der ganze
Inhalt des
Bildes als
Inhalt des
Sinnes verstanden
wird.
Soll dieser Fehler vermieden, der
Inhalt des
Bildes auf den
Inhalt des
Sinnes (der des
Konkreten auf den des
Abstrakten) beschränkt werden, so wird dadurch das Besondere seiner Besonderheit (das
Konkrete der Merkmale, die es vor dem
Abstrakten voraus hat) entkleidet und selbst allgemein (das sinnliche
Bild zum abstrakten
Schema, zur hohlen
Abstraktion) gemacht: die Allegorie
wird frostig. Dieselbe ist daher weniger störend in der redenden
Kunst, wo das
Bild bloß gedacht,
als in der bildenden, wo dasselbe gesehen werden soll. Ist das darzustellende Unsinnliche ein
Begriff, so geht die in die
Personifikation (s. d.), ist es dagegen ein (theoretisches oder
praktisches)
Urteil, so geht die in das
Gleichnis (s. d.) über, welches, wenn die versinnlichte
Wahrheit eine theoretische
(metaphysische) ist,
Paramythie (s. d.), wenn sie dagegen eine praktische (moralische)
Wahrheit ist, (äsopische)
Fabel (s. d.)
heißt.
Wage - Wagen

* 2
Wage. Die bildende
Kunst bedient sich der Allegorie
entweder bloß symbolisch (attributiv), indem
sie den darzustellenden
Begriff
(das
Abstrakte) durch das darstellende
Bild (das
Konkrete) mehr andeutet, als ausführt (Ölzweig für
Friede), oder personifizierend
(plastisch), indem sie denselben durch eine Persönlichkeit veranschaulicht (ernste Frauengestalt als der
Tugend).
Da aber
die
Darstellung auf beiden Wegen leicht undeutlich oder mehrdeutig ausfällt, so wendet die
Kunst zur Kenntlichmachung des
Begriffs solche sinnliche Zeichen und Beigaben an, die bereits eine allgemein bekannte, konventionelle Bedeutung erlangt
haben (die sogen.
Attribute), z. B. die Augenbinde, das
Schwert und die
Wage
[* 2] bei der der
Gerechtigkeit, das
Füllhorn, die
Palme
[* 3] bei den Allegorien
des
Reichtums und des Ruhms, etc. Die allegorische Darstellungsweise stand das
Mittelalter hindurch und weit darüber hinaus in großer Beliebtheit, sowohl in der
Poesie wie in der bildenden
Kunst.
Auf poetischem Gebiet sind als die prägnantesten
Beispiele der
»Roman de la rose«, der
»Teuerdank«, viele
Dichtungen von H.
Sachs,
Spensers »Fairy queen« etc. zu nennen.
In der
Kunst trieb die zur Zeit der Spätrenaissance ihre üppigsten
Blüten; wir erinnern z. B. an
Berninis
Papstgrabmäler, an
Rubens' Allegorie
des
Kriegs und
Leben der
Maria von
Medici, an M. de
Vos'
Sieg der
Weisheit u. a. Erst seit
Lessings
»Laokoon«, der das Unkünstlerische dieser
Richtung nachwies, tritt die Allegorie
zurück.
Vgl.
Winckelmann,
Versuch einer
Allegorie
(1766; hrsg. von
Dressel, Leipz. 1866);
Blümner, über den Gebrauch der in den bildenden Künsten (»Laokoon-Studien«, Heft 1, Freiburg [* 4] 1881);
Frank,
Darstellung und Deutung der Allegorien
(für Kunsthandwerker etc., Hamb.
1880).