natürlich fließende
Gewässer, in der
Regel größer als ein Fließ oder
Riesel, kleiner als ein
Fluß. Man unterscheidet:
Faulbäche oder Faulfließe, in
Niederungen,
Bruch- und Moorgegenden, mit wenig
Gefälle, trübem
Wasser und schlammigem
Grund;
Regenbäche oder Regenfließe, durch
Regen erzeugt und bei dessen Mangel vertrocknend;
Gieß- und Waldbäche,
meist in
Gebirgen, zur Zeit des Tauwetters oder bei starkem
Regen sehr wasserreich und oft verheerend;
Sturz- und
Staubbäche,
in Felsengegenden, nach ihren oft höchst malerischen
Fällen genannt;
Steppenbäche, in
Steppen entstehend und sich darin
verlaufend;
Gletscherbäche, aus
Gletschern entstehend und daher nie ausbleibend, zur Zeit vermehrten
wässerigen
Niederschlags oft zu
Strömen anschwellend, auch die
Quellen vieler großer
Ströme bildend;
Flöß-, Schwemm- und
Mühlbäche, so genannt nach ihrer verschiedenen Benutzung.
deutsche Tonkünstlerfamilie, aus der über 50 zum Teil sehr berühmte
Musiker hervorgegangen sind. Sie stammt
(wie
Spitta in seiner
BiographieSebastianBachs nachgewiesen hat) aus
Thüringen und nicht, wie man früher annahm, aus
Ungarn.
[* 3] Der um 1590 ausUngarn nach Wechmar bei Gotha
[* 4] eingewanderte
BäckerVeitBach, der als der Urahn des
Geschlechts
angeführt wird, war nämlich aus ebendiesem Dorf gebürtig, betrieb aber selbst die
Musik nur aus Liebhaberei. Dagegen war
sein Sohn
HansBach (der Urgroßvater
JohannSebastianBachs) schon
Musiker von
Profession und wurde zu Gotha
durch einen
NikolausBach ausgebildet.
2)JohannMichael,
Bruder des vorigen, geb. 1648, seit 1673
Organist in
Gehren bei
Arnstadt, wo er 1694 starb.
Seine jüngste Tochter,
MariaBarbara, wurde
Joh.
Sebast. Bachs erste
Frau (die
Mutter von Friedemann und K.
PhilippEmanuel Bach). J.
Michael Bach war besonders auf instrumentalem Gebiet bedeutend; leider sind nur wenige Choralvorspiele
auf uns gekommen, die indessen eine hohe Meinung von seinem Können erwecken. Dagegen stehen seine Vokalwerke, soviel deren
erhalten sind, hinter denen seines
Bruders zurück.
¶
Von da aus besuchte er häufig das nahe Hamburg,
[* 13] um den Organisten Reinken, sowie Celle,
[* 14] um die dortige Hofkapelle zu
hören. Im J. 1703 wurde er Violinist bei der Hofkapelle in Weimar, 1704 Organist in Arnstadt, von wo er 1705 Lübeck
[* 15] besuchte,
um den berühmten Orgelmeister Buxtehude zu hören, 1707 Organist in Mühlhausen,
[* 16] 1708 Hoforganist in Weimar, welche Stellung
er bis 1717 bekleidete. Im letztern Jahr traf er in Dresden
[* 17] mit dem berühmten französischen Klavierspieler
Marchand zusammen, welchem er so imponierte, daß derselbe dem angebotenen Wettstreit durch unerwartete Abreise auswich.
Bach wurde in demselben Jahr Hofkapellmeister beim Fürsten von Anhalt-Köthen, übernahm jedoch schon 1723 die durch KuhnausTod erledigte Stelle des Kantors an der Thomasschule zu Leipzig,
[* 18] in welcher er bis an sein Lebensende verblieben
ist.
Abgesehen von seiner Ernennung zum sachsen-weißenfelsischen Kapellmeister und einem Besuch in Berlin
[* 19] (1747), wo er von Friedrich
d. Gr. mit Auszeichnung behandelt wurde, verfloß sein Leben zu Leipzig in völliger Zurückgezogenheit, nur seinem Amt, seiner
Familie und seinen Schülern gewidmet. Seine bedeutendsten Werke entstanden hier und waren größtenteils,
wie namentlich die zahlreichen Kirchenkantaten, durch seine amtlichen Verpflichtungen unmittelbar veranlaßt. Im höhern Alter
traf ihn das Mißgeschick, zu erblinden. Er starb in Leipzig. Bach war zweimal verheiratet, das erste Mal mit seiner
BaseMariaBarbara Bach, Tochter von Bach 2), die 1720 starb; sodann (seit 1721) mit AnnaMagdalena, Tochter des
Kammermusikus Wülken zu Weißenfels,
[* 20] welche ihn überlebte. Er hinterließ 6 Söhne und 4 Töchter; 5 Söhne und 5 Töchter
waren vor ihm gestorben.
Sebastian Bach war nicht allein einer der genialsten Komponisten, sondern zugleich einer der größten Klavier- und Orgelvirtuosen
aller Zeiten. Die gleichzeitig Lebenden bewunderten ihn sogar vorzugsweise in dieser letztern Hinsicht,
während die volle Würdigung seiner schöpferischen Thätigkeit einer spätern Generation vorbehalten blieb. Man rühmte
unter anderm die vollkommene Deutlichkeit und Gleichmäßigkeit seines Anschlags, Vorzüge, welche durch die von ihm neu festgestellte
Applikatur für Tasteninstrumente unterstützt wurden. Zu der technischen Durchbildung und Virtuosität
kamen dann aber eine bewunderungswürdige Beherrschung der kontrapunktischen Kunst und ein nie versiegender Reichtum der Phantasie,
Eigenschaften, welche seinen freien Vorträgen auf dem Instrument die höchste Bewunderung bei allen Hörern erwarben und ihm
von weither Schüler zuführten. Diese aber wurden durch seine Lehre
[* 21] und seinen Vortrag so nachhaltig beeinflußt,
daß man mit Recht alle bedeutenden, im Lauf desJahrhunderts gemachten Fortschritte auf dem Gebiet des Klavier- und Orgelspiels
sowie der Theorie auf Bach zurückführen darf.
Bachs Werke gruppieren sich in Instrumental- und Vokalkompositionen, jene wiederum in Kompositionen für Orgel, für Klavier
und für andre Instrumente.
Zu den erstern gehören: die Orgelsonaten, die Präludien und Fugen für Orgel,
die Choralvorspiele;
zu den Klaviersachen: die 15 Inventionen, die 15 Symphonien, die französischen und englischen Suiten,
die Klavierübung in drei Teilen (Partien u. a.), eine Reihe von Tokkaten und andern kleinern Stücken, dann das »Wohltemperierte
Klavier« (24 Präludien und Fugen in allen Tonarten) und die »Kunst der Fuge«.
Denselben schließen sich die
Sonaten für Klavier und Violine oder andre Instrumente, die Konzerte für zwei oder mehrere Klaviere etc. an. Außerdem schrieb
Bach Konzert- und andre Solostücke für verschiedene Streich- und Blasinstrumente sowie endlich Ouvertüren, Suiten und Symphonien
für Orchester. Allen diesen Werken ist die unglaubliche Kunst der polyphonen Behandlung, wie sie vor und
nach Sebastian Bach ihresgleichen nicht gehabt hat, charakteristisch. Mit der vollkommensten Sicherheit beherrscht
er auch die verwickeltsten Probleme kontrapunktischer Technik und löst sie in kleinen wie in großen Umrissen in vollendeter
Weise. Es wäre aber nichts irriger, als wenn man neben dieser großartigen Kunst ihm Melodie und Ausdruck
absprechen wollte.
Man muß eben festhalten, daß die kontrapunktische Kunst für Bach auf der Stufe seiner vollen Entwickelung nicht mehr als etwas
Angelerntes und mühsam Angewendetes erschien, sondern daß sie ihm natürliche Sprache
[* 22] und Form des Ausdrucks geworden war,
deren Erkenntnis und Verständnis man sich angeeignet haben muß, um die Regungen des tiefen und vollen
Gemütslebens, welches in jener Form sich ausspricht, von Grund aus zu verstehen, um den gewaltigen Ausbruch ernster, frommer
Stimmung in den Orgelkompositionen und wiederum die melodische Anmut und den Reichtum wechselnder Empfindungen in den Klavierfugen
und Suiten vollständig in sich aufzunehmen, in welch letztern er häufig durch Anwendung der leichten französischen Tanzformen
den Ansprüchen auf leichte Verständlichkeit und Zugänglichkeit weit genug entgegenkommt.
Daher haben wir in den meisten der hierher gehörigen Stücke, namentlich in den einzelnen Nummern des »Wohltemperierten Klaviers«,
neben ihrer Formvollendung zugleich Charakterstücke von großer Mannigfaltigkeit zu erblicken, und gerade
diese Vereinigung gibt ihnen ihre eigentümliche, einzige Stellung; dieselben sind »bis auf den heutigen Tag ein fester Damm
geblieben, an welchem die trüben Fluten des modernen Virtuosentums machtlos sich brechen« und trotz alledem waren Bachs Tonschöpfungen
nach seinem Tod während eines langen Zeitraums höchstens von einzelnen Kennern gekannt und geschätzt,
vom Publikum dagegen so gut wie vergessen.
Bach
* 24 Seite 2.210.
Erst Mendelssohn vermochte es, durch die von ihm 1829 veranstaltete Aufführung der Bachschen Matthäuspassion die allgemeine
Teilnahme für den Meister wieder zu erwecken und namentlich seinen großen Vokalwerken den ihnen gebührenden Ehrenplatz im
öffentlichen Musikleben Deutschlands
[* 23] wieder zu erringen. Es gehören hierher zunächst die für den Gottesdienst
bestimmten Kirchenkantaten, deren er fünf vollständige Jahrgänge geschrieben hat; es sind ihrer noch etwa 226 nachgewiesen,
sehr viele aber verloren gegangen. Sie haben in ihrem Text jedesmal Bezug auf das betreffende Evangelium und bestehen aus Recitativen,
Arien, polyphonen Chören und dem meistens den Schluß bildenden Choral. Dann sind hier vor allem die großen
Passionsmusiken anzuführen, deren Bach ebenfalls fünf geschrieben hat, von welchen leider nur zwei erhalten
sind: die
¶
mehr
Johannespassion und die Matthäuspassion, die eine 1724, die andre 1729 zum erstenmal aufgeführt. Die schon von alters her
seitens der Kirche veranstaltete musikalisch-dramatische Darstellung der Leidensgeschichte Christi erscheint in diesen Werken
zur höchsten formellen Vollendung, zur höchsten musikalischen Schönheit und Kraft
[* 25] des Ausdrucks erhoben. In einer aus epischen,
dramatischen und lyrischen Elementen gemischten Form wird uns die Leidensgeschichte plastisch und eindringlich
vor Augen geführt.
Das erste (epische) Element haben wir in dem recitierenden Evangelisten vor uns, das dramatische in den einfallenden Worten
der andern Personen, namentlich Christi selbst, sowie in den lebendigen Chören des Volks, das lyrische in den betrachtenden
Arien und Chören, während der der gesamten Darstellung gegenübergestellte Choral wiederum die unmittelbare Beziehung des Werks
zum Gottesdienst bezeichnet und die Teilnahme der Gemeinde andeutet. Ein ähnliches Werk, nur im Gegensatz zu jenen mehr heitern
Charakters, ist das liebliche Weihnachtsoratorium, 1734 entstanden. In allen diesen Werken zeigt sich vor allem
wieder jene großartige polyphone Kunst, die nun bei den ernsten Worten und ausdrucksvollen Themata noch höhere Wirkungen erzielt;
dann aber tritt hier jene wunderbare, tiefsinnige Versenkung in den Sinn der Textesworte hervor, welche den seiner Kirche treu
ergebenen Mann begeisterten, wie seine höchste Kunst, so seine tiefste Empfindung ihnen darzubringen.
Die kontrapunktische Kunst tritt außer in den großen Chören besonders auch in der Behandlung der Choräle hervor, in welchen
(sowie in den übrigen Stücken) selbst der häufig schwülstige und geschmacklose Text, wie ihn die LeipzigerPoeten jener Zeit
(Picander u. a.) ihm lieferten, die Kraft seiner Begeisterung nicht zu hemmen vermochte. Neben diesen großen,
zu dem protestantischen Gottesdienst in unmittelbarer oder mittelbarer Beziehung stehenden Werken erscheinen in gleicher Höhe
und Vollendung die Bearbeitungen altlateinischer kirchlicher Texte, vor allen die Messen und das Magnifikat.
Unter ihnen und unter allen Werken Bachs nimmt die große Messe inH moll (1733) den ersten Platz ein.
Ohne hier irgend an eine bestimmte Art der Benutzung beim Gottesdienst denken zu können, hat Bach, wie früher in die Worte
der Bibel,
[* 26] so hier in die altüberlieferten Worte des Glaubensbekenntnisses und die übrigen den Text der Messe bildenden Worte
sich gläubig versenkt und sie mit einem Reichtum der Empfindung und mit einer Kraft des Ausdrucks zur Darstellung
gebracht, die uns auch heute noch, im Gewand der strengen polyphonen Kunst, tief ergreift und mächtig erhebt.
Die Chöre in diesem Werk sind vielleicht das Großartigste, was auf dem Gebiet kirchlicher Tonkunst jemals geschaffen worden
ist; die Einzelgesänge, kunstvoll gearbeitet und feinsinnig deklamiert, können jedoch den Stil und Geschmack
ihrer Zeit weniger verleugnen; auch läßt sich nicht in Abrede stellen, daß Bach, seinem vorwiegend dem Instrumentalen
zugewandten Naturell folgend, die Bedingungen zur wirksamen Verwendung der menschlichen Stimme hier nicht selten außer acht
gelassen hat, wie er überhaupt als Vokalkomponist hinter den Italienern und auch hinter seinen in der
italienischen Schule gebildeten Landsleuten, vor allen Händel (s. d.), zurückstehen muß. Unter diesen Umständen erwiesen
sich die ihm als Thomaskantor in Leipzig zur Verfügung stehenden bescheidenen Mittel zur Darstellung seiner größern Werke
vollends ungenügend; erst der Zeit nach Mendelssohn war es vorbehalten, ihnen durch Aufwendung der
reichsten
vokalen und orchestralen Mittel völlig gerecht zu werden.
Mit nicht geringerm Erfolg wirkte neuerdings zur Verbreitung der Kenntnis Bachs die 1850 in Leipzig zusammengetretene Bach-Gesellschaft,
gegründet von Härtel, K. F. Becker, M. Hauptmann, O. Jahn und R. Schumann; dieselbe stellte sich zur Aufgabe, durch Herstellung
einer möglichst vollständigen und korrekten Ausgabe von Bachs sämtlichen Werken dem deutschen Meister
das schönste und ehrenvollste Denkmal zu setzen. Von dieser Ausgabe waren 1884 dreißig Bände erschienen.
Mitglied der Gesellschaft ist jeder, der einen jährlichen Beitrag von 15 Mk. zeichnet, wofür er jedes Jahr
ein Exemplar der im Lauf desselben veröffentlichten Kompositionen empfängt. Einzelne Klavier- und Orgelwerke
Bachs erschienen in mehreren Ausgaben. Vollständigere Sammlungen der Klavierwerke veranstalteten zuerstPeters in Leipzig (durch
Czerny und Griepenkerl), Haslinger in Wien,
[* 27] später Holle in Wolfenbüttel
[* 28] (durch Chrysander). Die vierstimmigen Choralgesänge
wurden herausgegeben von Bachs Sohn KarlPhilippEmanuel (2. Ausg., Berl. u. Leipz.
1784-87, 4 Hefte, 370 Choräle enthaltend, größtenteils Bachs Kirchenkompositionen entnommen; neuer
Abdruck 1832), zuletzt von Becker (das. 1843). Um die Herausgabe und Bearbeitung einzelner Werke haben sich Marx und in neuerer
Zeit RobertFranz, H. v. Bülow, Fr. Kroll, A.Thomas u. a. Verdienste erworben.
Durch Mendelssohns Vermittelung wurde dem großen Musiker 1842 zu Leipzig ein bescheidenes Monument (von
Knaur ausgeführt) errichtet; ein zweites, größeres Denkmal (Statue, von Donndorf modelliert) wurde ihm in Eisenach gesetzt
und feierlich enthüllt.
Vgl. Forkel, Über J. S. Bachs Leben, Kunst und Kunstwerke (Leipz. 1803, neue Ausg., das.
1855);
Derselbe, J. S. Bachs Matthäuspassion (das. 1852).
Eine große Anzahl bedeutender Musiker ging aus Bachs Schule hervor; unter ihnen nehmen seine Söhne einen
hervorragenden Platz ein. Unter Bachs elf Söhnen haben sich die folgenden vier in der Geschichte der Musik oder wenigstens
im Musikleben ihrer Zeit eine bedeutende Stellung erworben.
4) Wilhelm Friedemann, der älteste und begabteste, aber auch unglücklichste der Söhne Bachs, geb. 1710 zu Weimar, brachte
es durch den Unterricht seines Vaters schon in der Jugend so weit, daß selbst der nicht leicht befriedigte
Meister das Höchste von ihm hoffte. Auf dem Klavier wie auf der Orgel und im Kontrapunkt errang er früh eine große Meisterschaft
und machte auch auf der Violine bedeutende Fortschritte. Seit 1722 besuchte er in Leipzig die Thomasschule,
hörte dann Vorlesungen an der Universität, ward 1733 als Organist an die Sophienkirche nach Dresden und 1747 als Musikdirektor
und Organist an die Marienkirche nach Halle
[* 29] berufen, daher er auch den Namen des Halleschen Bach führt. Im J. 1764 gab er letztere
Stelle auf und ging nach Leipzig zurück. Von dieser Zeit an lebte er unstet bald hier, bald da und suchte
durch Konzerte, Unterricht und Kompositionen sich seinen Unterhalt zu erwerben. Am längsten hielt er sich in Braunschweig,
[* 30] dann
in Göttingen
[* 31] und endlich in Berlin auf, wo er in kümmerlichen Verhältnissen starb. Sein unordentliches
Wesen, sein Künstlerstolz, seine unglaubliche Zerstreutheit, namentlich seine Trunksucht¶