Titel
Mahlzeit
,
eigentlich die Zeit, zu welcher man speist, die Zeit des
Mahles, gegenwärtig aber allgemein gebräuchlich
in der Bedeutung des
Mahles selbst. Wird das
Mahl in
Gesellschaft mit geladenen
Gästen und unter besondern, mehr oder weniger
feierlichen Veranstaltungen eingenommen, so erhält es die Bezeichnung
Gastmahl (s. d.). Bei den alten
Griechen belief sich die Zahl der regelmäßigen täglichen Mahlzeiten
auf drei:
Brotfabrikation

* 2
Brot.1) das Frühstück (akrátisma), in der Regel bestehend aus in ungemischten Wein getauchtem Brot [* 2] und unmittelbar nach dem Aufstehen genossen;
2) das zweite Frühstück (áriston) in der Zeit von 10-12
Uhr
[* 3] unsrer
Zeitrechnung, bestehend aus einigen
warmen und kalten
Speisen, und 3) die Hauptmahlzeit
(deipnon oder dórpon) in der Zeit von nachmittags 4
Uhr an. Das Hauptgericht,
namentlich für die ärmern Bevölkerungsklassen, bildete eine Art Brei aus Gerstenmehl, der
Polenta ähnlich und Maza genannt.
Gebackenes
Brot, namentlich aus Gerstenmehl, gehörte schon zu den Luxusgerichten. Außerdem wurden gegessen:
grüne und trockne
Gemüse (Malven,
Lattich,
Salat,
Kohl,
Bohnen,
Linsen,
Knoblauch und
Zwiebeln),
Fische,
[* 4] frisch, gesalzen und getrocknet,
mit Vorliebe Seefische, da Flußfische als unschmackhaft und ordinär galten),
Fleisch (besonders
Lämmer-,
Ziegen-,
Schweine-,
Rind- und auch Eselsfleisch), Geflügel und
Wild. Von letzterm galten als besondere Leckerbissen
Hasen und
Kramtsvögel.
Eier europäischer Vöge

* 5
Eier.
Zum
Nachtisch wurden in wohlhabenden
Häusern
Früchte
(Oliven,
Feigen,
Mandeln,
Nüsse etc.),
Kuchen,
Eier
[* 5] und
Käse gereicht. Während
des
Essens pflegte man nicht zu trinken, erst am
Schluß der Mahlzeit
einen
Schluck ungemischten
Weins als Trankopfer für den »guten
Gott« und dann, besonders bei dem an die Mahlzeit
sich anschließenden
Trinkgelage
(»Symposion«) mit
Wasser vermischten
Wein.
Später wuchs auch bei den gewöhnlichen Mahlzeiten
der Wohlhabenden der
Luxus, freilich in verschiedener
Weise bei den
verschiedenen
Stämmen.
Einfach blieben die Spartaner (Hauptgericht die sogen.
schwarze Suppe, bereitet aus in seinem
Blut gekochtem Schweinefleisch,
mit
Essig und
Salz
[* 6] gewürzt, eine Art
Schwarzsauer), die
Arkadier und bis zu einem gewissen
Grad auch die
Athener.
Größern Wert auf reichbesetzte Tafeln legten die äolischen Thessalier, die
Korinther, die
Archiver, die Eleer und
vor allen die
Böotier. Der größte
Luxus entfaltete sich aber in spätern
Zeiten in
Großgriechenland (die
Mahlzeiten
der Sybariten) und in den
Städten an der sizilischen
Küste. - Bei den
Römern herrschte in den ältesten
Zeiten
in Bezug auf
Speise und Trank die allergrößte Einfachheit: die allgemeine
Nahrung bildete ein Brei aus Dinkelmehl (puls).
Für den gemeinen Mann blieb er es auch später. Nebenbei genoß man auch grüne und trockne
Gemüse,
aber nur wenig
Fleisch und dies nur in Ausnahmefällen. Im
Lauf der Zeit wurde es
Sitte, folgende Mahlzeiten
einzunehmen:
1) das erste Frühstück (jentaculum) am Morgen unmittelbar nach dem Aufstehen, bestehend aus Brot, Salz, getrockneten Früchten, namentlich Weintrauben, Milch, Eiern, Oliven, Käse;
2) das zweite Frühstück (prandium) um die sechste Stunde (Mittagszeit), zusammengesetzt aus einigen warmen und kalten Speisen, zu denen man in reichern Häusern Fische, Schaltiere und andre Delikatessen fügte. Getrunken wurden Weinmet (mulsum) und ein warmer, mit heißem Wasser gemischter Würzwein (calda), seltener gewöhnlicher Wein;
3) die
Haupt- oder Abendmahlzeit
(coena) gegen 3 oder 4
Uhr nachmittags oder noch später und aus drei
Abteilungen bestehend, deren erste (gustatio) die Eßlust erregen sollte (s.
Gastmahl).
Viehzucht (Futterverwe

* 7
Viehzucht. Die alten
Germanen lebten ebenfalls einfach, in der Hauptsache von den Erträgnissen der
Viehzucht,
[* 7]
Jagd und
Fischerei.
[* 8] Als
Getränk
dienten eine Art
Bier und
Met. Über die Art und
Weise der Mahlzeiten
selbst fehlen nähere Nachrichten.
Doch wissen wir, daß ebenso wie bei den
Franken und
Galliern die Hauptmahlzeit
in den Abendstunden eingenommen wurde. Erst
nach und nach kam das
Essen
[* 9] zur Mittagszeit in
Aufnahme. So bildete sich die
Regel aus, daß zur Zeit des
Mittelalters in
Deutschland
[* 10] in der Bürgerklasse drei Mahlzeiten
(Imbisse oder Imße) eingenommen zu werden pflegten:
1) des Morgens gegen 4, 5, spätestens 6 Uhr ein aus Suppe mit Brot bestehendes Frühstück; dann 2) bereits um 10 oder 11 Uhr ein Mittagsessen, in der Regel bestehend aus Fleisch und Gemüse, selten Suppe und Fisch, wozu selbst in den Häusern der Unbemittelten Met, Bier und Wein getrunken wurde;
Burgen

* 11
Burgen.
3) das gegen 6 oder 7
Uhr abends eingenommene Abendessen, welches einfacher
Natur war.
In den vornehmen
Häusern und auf den
Burgen
[* 11] der
Ritter wurde ein Frühmahl, bestehend aus
Brot,
Fleisch,
Braten und
Wein, sofort nach der Frühmesse
eingenommen, die Hauptmahlzeit
aber nachmittags um 3 oder 4
Uhr, ja noch später bis um 6
Uhr; sie bestand vorzugsweise aus
Fleischspeisen,
Wildbret,
Fischen u.
Pasteten. - In
Frankreich wurde im 14. Jahrh. bereits um 10
Uhr vormittags die Mittagsmahlzeit
eingenommen, später um 11
Uhr, im 16. und 17. Jahrh. um 12
Uhr.
Mahlzwang - Mähmaschin

* 12
Seite 11.100.Noch Ludwig XIV. speiste regelmäßig um diese Zeit. Im Anfang des 18. Jahrh. war 1 Uhr die Speisestunde der feinen Welt, während der Mittelstand an der 12-Uhrstunde festhielt. Nach und nach rückte man die Mittagsstunde immer weiter hinaus, und in der Gegenwart hat sich eine ganz bestimmte, alle Volksklassen umfassende Sitte in Frankreich ausgebildet. Abgesehen von dem ersten Frühstück (Thee, Kaffee, Schokolade, in den ärmern Klassen auch Suppe), wird um 12 Uhr, spätestens 1 Uhr mittags ein konsistentes, aus einem oder mehreren warmen und kalten Gerichten bestehendes Frühstück (déjeuner) eingenommen. Dasselbe wird rasch und ohne alle Zeremonien eingenommen, weshalb auch in den mittlern Ständen und in den Gasthöfen mittlern und niedern Ranges kein Tischtuch aufgelegt zu werden pflegt. ¶
mehr
Geschäftsleute frühstücken meist außer dem Haus, da alles darauf berechnet ist, eine möglichst kurze Unterbrechung der
Arbeitszeit eintreten zu lassen. Das Mittagsessen (dîner) ist in allen Ständen auf die Zeit von 5-7 Uhr nachmittags verlegt.
Das Abendbrot ist als regelmäßige Mahlzeit
im allgemeinen weggefallen, es kommt nur noch in den
luxuriösen Kreisen vor als Souper in später Nachtstunde, z. B. nach dem Theater,
[* 13] in Gesellschaften etc. -
In England werden täglich mindestens vier, oft auch fünf regelmäßige Mahlzeiten
eingenommen:
1) das Frühstück (breakfast) in der Zeit von 7-9 Uhr morgens: Thee, seltener Kaffee, Schokolade, Eier, gebratener Speck, Schinken, kaltes Fleisch, geröstetes Brot (toast), ausnahmsweise selbst da schon Hammelkoteletts;
2) zweites Frühstück (luncheon) in der Zeit zwischen 12 und 3 Uhr: verschiedene warme und kalte Gerichte, mindestens zwei (besonders beliebt curry and rice), Butter und Brot, Wein und Bier;
3) gegen 4 oder 5 Uhr nachmittags Thee mit Butterbrot (afternoontea);
Schweden und Norwegen

* 14
Schweden.4) das eigentliche Mittagsessen (dinner) in der Zeit von 6-8 Uhr nachmittags. In manchen Familien, in denen das Luncheon zeitig eingenommen wird, kommt dann um 1 Uhr das indische sogen. Tiffin (kalte Fleischspeisen mit Kartoffeln, Butterbrot, Thee) hinzu, in andern in später Abendstunde noch ein kalter Imbiß als Abendbrot. - In Schweden [* 14] wird stark und kräftig gefrühstückt: Eier, Fleisch, Fische, Brot, sogen. hartes Brot (knäcke bröd), bestehend aus Mehl [* 15] und Wasser, manchmal mit einem Zusatz von Gewürzen, und weiches Brot (mjukt bröd), dem unsrigen ähnlich, in verschiedenen Sorten.
Das Mittagsessen wird auf dem Land und in den kleinern Bürgerfamilien um 1 oder 2 Uhr mittags, in den
großen Städten um 4 oder 5 nachmittags eingenommen. Eigentümlich ist der dem eigentlichen Mittagstisch unmittelbar vorhergehende
Butterbrotstisch (smörgåsbröd), auch Vorkost genannt: ein büffettartig, im Wohn- oder Empfangszimmer gedeckter Tisch,
auf dem sich allerlei appetitreizende Speisen (Kaviar, Heringe, andre Fische, geräuchert, gesalzen oder mariniert, kleine Omeletten,
pikante Fleischklößchen, Käse etc.) sowie Branntwein, bez. Liköre und das beliebte Sockerdrika (Zuckergetränk,
eine Mischung von Zucker,
[* 16] Wasser, Hopfen,
[* 17] Hefe
[* 18] und Zitronensaft) befinden. Dieses Vormahl wird stehend eingenommen. Dieselbe Sitte
des Vorimbisses (przekaski) besteht auch in Rußland. Die Abendmahlzeit
findet in später Stunde statt, vor derselben wird
Thee getrunken. - In Deutschland genießt der einfache Mann frühzeitig ein aus Kaffee oder Suppe bestehendes
Frühstück, dann um 9 oder 10 Uhr ein zweites Frühstück (Butterbrot, manchmal mit Beilage), um 12, spätestens 1 Uhr wird
Mittag gegessen und abends um 7 oder 8 Uhr das Abendbrot eingenommen. Die höhern, wohlhabenden Stände aber haben
mehr und mehr die englisch-französische Sitte angenommen.
Vgl. Gastmahl, Kochkunst, Gastronomie und die dort angeführte Litteratur.