Teppiche
,
meist gemusterte
Gewebe,
[* 2] welche seit dem
Altertum zum Bekleiden der
Wände (die spätern
Tapeten), zum Bedecken
der Fußböden,
Polster etc. dienen. Diese vielseitige Verwendung finden die Teppiche
gegenwärtig
nur noch im
Orient, während sie in
Europa
[* 3] fast ausschließlich zum Bedecken der Fußböden benutzt werden. Man unterscheidet
orientalische Teppiche
, welche auf rahmenartigen Vorrichtungen durch
Handarbeit, und europäische, welche auf
Webstühlen angefertigt
werden.
Persien

* 4
Persien.
Orientalische Teppiche
liefern
Indien,
Persien,
[* 4] die Türkei,
[* 5] aber auch der
Kaukasus,
Siebenbürgen,
Kroatien,
Slawonien
und
Rumänien.
[* 6] Sie zeichnen sich durch vortreffliche
Arbeit und besonders durch das
Muster aus, welches auf dem
Prinzip der Flächendekoration
beruht, die
Perspektive und die naturalistische
Nachahmung vegetabilischer und animalischer
Körper beiseite läßt und aus
zierlichen
Ornamenten
in harmonischer Färbung besteht. Die orientalischen Teppiche
sind geflochten oder geknüpft.
Ornamente IV (17/18. J

* 10
Ornamente IV (17/18. Jahrh. und Asien).
Erstere, nach einer französischen
Nachahmung gobelinartige genannt, bilden ein glattes
Gewebe, dessen
Kette aus
Leinen- oder
Baumwollgarn durch einen dicht angeschlagenen wollenen
Schuß vollständig bedeckt wird, so daß ein ripsartiger
Stoff entsteht.
Der
Schuß wird indes nicht auf die ganze
Breite
[* 7] des
Stoffes eingetragen, sondern nur an den
Stellen, wo
er wirken soll, mit der
Kette verbunden. Die geknüpften, plüschartigen Teppiche
werden auf baumwollener, leinener oder wollener
Kette durch das Einknüpfen von Flormaschen hergestellt, die man jede einzeln durch die
Breite des Teppichs einlegt. Nach Vollendung
des Teppichs wird der
Flor desselben mit einfachen Handscheren egalisiert. Das
Material des
Flors ist Schafwolle,
für feinere Teppiche
auch
Ziegenhaare und
Seide.
[* 8] Die schönsten orientalischen Teppiche
sind die persischen (s. Tafel
»Ornamente
[* 9] IV«,
[* 10] Fig.
11, und Tafel
»Weberei«,
[* 11] Fig. 16) und von diesen wieder die von Farahan in der
Provinz Arak; sie enthalten auf 1 m
Breite 400-500
Flormaschen. Die indischen (s. Tafel
»Weberei«, Fig. 22) haben einen ansehnlich höhern
Flor und 300-350
Maschen auf 1 m, für den europäischen
Handel sind aber bei weitem wichtiger die ungleich billigern türkischen Teppiche
, von denen
die
Smyrnaer mit 120-200
Maschen am geschätztesten sind; sie besitzen stets eine wollene
Kette, während die der persischen
und indischen aus
Baumwolle
[* 12] besteht.
Die orientalischen Teppiche
, und namentlich die geknüpften Smyrnateppiche, werden mit gutem Erfolg in
Europa, speziell in
Deutschland
[* 13] (Schmiedeberg seit 1856,
Kottbus,
Wurzen,
[* 14]
Springe,
Linden etc.) und
Wien,
[* 15] nachgeahmt und zwar unter Anwendung derselben
Methode.
Man arbeitet aber mit
Kette aus Leinengarn und Grundschuß aus
Jute,
[* 16] erreicht eine große technische Vollkommenheit
und versteht auch die
Muster und
Farben so getreu nachzubilden, daß ein großer Unterschied zwischen echten und nachgeahmten
Smyrnateppichen
nicht mehr besteht.
Travnik - Trinidad [un
![Bild 67.985: Travnik - Trinidad [unkorrigiert] Bild 67.985: Travnik - Trinidad [unkorrigiert]](/meyers/thumb/67/67_0985.jpeg)
* 17
Treppen.
Nachahmungen der orientalischen geflochtenen Teppiche
sind die
Gobelins (s.
Tapeten). Die eigentlichen europäischen Teppiche
werden auf
mechanischen
Webstühlen, die bessern auf der
Jacquardmaschine hergestellt. Die glatten Teppiche
bilden in
Europa
wie im
Orient gewöhnlich die geringere
Sorte; man verfertigt sie aus
Kuh- oder
Ziegenhaar, ordinärem Streichgarn oder
Jute und
benutzt sie als Laufteppiche
zum Bedecken von
Treppen,
[* 17]
Fluren etc. Hierher gehören auch die Kidderminsterteppiche
aus
Doppelgewebe,
wollener oder baumwollener
Kette und viel stärkerm wollenen
Schuß; das
Muster erzeugt sich rechts und
links in gleicher
Weise.
Teptjären - Terceira

* 18
Seite 15.592.
Die Plüschteppiche
haben entweder einen ungeschnittenen
Flor, welcher kleine, geschlossene
Noppen bildet
(Brüsseler Teppiche
), oder
einen aufgeschnittenen
Flor, der eine samtartige Oberfläche bildet
(Velours-,
Tournai-,
Wilton-, Axminsterteppiche). Die Herstellung
ist im wesentlichen die der
Plüsche und
Samte. Das
Muster wird meist mit der
Jacquardmaschine hervorgebracht,
und je nachdem es mehr oder weniger
Farben enthält, zieht man zwischen je zwei leinenen Grundfäden mehr oder weniger Polfäden
in jedes
Riet ein und unterscheidet nach der Zahl derselben die Teppiche als drei-, vier-, fünf- etc.
chörige oder teilige. Billigere Teppiche erzielt man durch Aufdrucken des
Musters, indem man entweder das gewebte
Stuck bedruckt, oder das
Muster der
Polkette
vor der Verarbeitung appliziert. Das letztere
Verfahren liefert eine sehr gute
Ware,
welche die im
Stück bedruckten
¶
mehr
Teppiche weit übertrifft. Die Ornamentation der Teppiche ahmt entweder die orientalische Sitte nach (besonders die Jacquardteppiche), oder sie bedeckt die ganze Fläche mit Blumen, Tieren, Architektur etc. (besonders bedruckte Teppiche). Das erste Prinzip hat sich als das für Teppiche ästhetisch angemessenste immer mehr Bahn gebrochen, so daß der Naturalismus in Deutschland, England und Österreich [* 19] nur noch die billige Ware beherrscht. In Frankreich ist dagegen das naturalistische Dessin in den extravagantesten Formen noch vorherrschend. Gegenwärtig werden in England, Österreich und Deutschland orientalische Teppiche aller Art nachgebildet. In Deutschland, welches früher größtenteils Kettendruckteppiche lieferte, werden auch Teppiche in Brüsseler und Axminsterart fabriziert (Berlin). [* 20]
Vgl. Lessing, Altorientalische Teppichmuster (Berl. 1877).