1) Regierungsbezirk der preuß.
Provinz Westfalen,
[* 4] umfaßt das ehemalige kurkölnische Herzogtum Westfalen, das Fürstentum
Siegen,
[* 5] die
GrafschaftenMark mit Dortmund
[* 6] und Wittgenstein, ist meist Gebirgs- oder Hügelland und ausgezeichnet
durch
Kohlen- und Eisenbergbau, sowie durch
Industrie und hat 7696,18 qkm, (1890) 1 342 711 (695 915 männl., 646 766 weibl.)
E., 47
Städte mit 949,13 qkm und 528 110 (270 689 männl., 25)7421 weibl.) E., 798 Landgemeinden
und 5 Gutsbezirke mit 6747,05 qkm und 814 601 (425 256 männl., 389 315 weibl.)
E., ferner 124 546 bewohnte, 1262 unbewohnte
Wohnhäuser
[* 7] mit 243 962 Familienhaushaltungen, 9612 einzeln lebenden selbständigen
Personen und 665 Anstalten. Dem Religionsbekenntnis nach waren 746 779
Evangelische, 580 736 Katholiken, 1680 andere
Christen, 3206 Dissidenten
und 10177 Israeliten.
Der Regierungsbezirk zerfällt in folgende
Kreise:
[* 8]
Der Regierungsbezirk zerfällt in 8 Reichstagswahlkreise: Wittgenstein-Siegen (Abgeordneter 1895: Dresler,
nationalliberal), Olpe-Meschede-Arnsberg (Fusangel, Centrum),
Altena-Iserlohn (Lenzmann, freisinnige
Volkspartei),
Hagen
[* 9] (Eugen
Richter, freisinnige
Volkspartei),
Bochum-Gelsenkirchen-Hattingen (Fuchs,
[* 10] Centrum), Dortmund
(Möller, nationalliberal),
Hamm-Soest
(Schulze-Henne, nationalliberal),
Lippstadt-Brilon
(Schwarze, Centrum).
- 2)
Kreis
[* 11] im Reg.-Bez. (s.
Tabelle, oben), hat (1890) 46 411 (23 331 männl., 23 080 weibl.)
E., 2
Städte, 55 Landgemeinden und 1 Gutsbezirk. - 3) Hauptstadt des Reg.-Bez. in 190 m Höhe
im
ArnsbergerWalde, an der
Ruhr und der Linie Schwerte-Scherfede-Cassel der
Preuß.
Staatsbahnen,
[* 12] Sitz der königl. Regierung, des Landratsamtes, eines Landgerichts (Oberlandesgericht
Hamm)
[* 13] mit einer Kammer für Handelssachen und 19
Amtsgerichten (Arnsberg,Attendorn,
Balve, Berleburq,
Bigge,
Brilon,
Burbach, Förde, Fredeburg,
Hilchenbach, Kirchbundem, Laasphe, Marsberg,
Medebach, Meschede, Neheim, Olpe,
Siegen, Warstein),
eines Amtsgerichts, der Oberpostdirektion für den Reg.-Bez. Arnsberg, eines
Zoll- und Steueramtes erster
Klasse,
Katasteramtes und
einer Handelskammer für die
Kreise Arnsberg, Meschede und
Brilon, hat (1890) 7414 (3606 männl., 3808 weibl.) E.,
darunter 1359
Evangelische und 113 Israeliten, Postamt erster
Klasse,
Telegraph,
[* 14] 2 kath.
Kirchen, darunter die Propsteikirche
mit dem Grabdenkmal des
GrafenHeinrich von Arnsberg), 3 kath. Kapellen, 1 evang.
Kirche,
Synagoge, königl. kath. Gymnasium, 1643 gestiftet, 2 private
höhere Mädchenschulen, kath., evang. und israel. Schule, städtisches
Krankenhaus,
[* 15] Schlachthaus, Wasserleitung,
[* 16] Gasbeleuchtung,
Gewerbebank,
Sparkasse; eine königl. Eisenbahnmaschinen-Reparaturwerkstätte,
ferner Holzschleifereien, Dampfsägewerk, Papier- und Couvertfabrik, Wagenbauerei, Ziegelei, 3 Bierbrauereien und 2 Buchdruckereien.
- Arnsberg, ehemals Sitz der
Grafen von Arnsberg, nebst dem im Siebenjährigen
Kriege zerstörten Schloß 1077 gegründet, hat seit 1237
Stadtrechte.
Bei den Schloßtrümmern die Reste des Hauptfreistuhls der westfäl.
Femgerichte. Die
Grafschaft Arnsberg kam 1368 an
Kurköln, 1802 an
Hessen-Darmstadt und 1815 an
Preußen.
[* 17]
ehedem reiche Cistercienserabtei (das
Kloster bestand von 1180 bis 1803) im
Kreis Gießen
[* 18] der
Provinz Oberhessen, an der Wetter,
[* 19] jetzt ein
Hof
[* 20] mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden.
Erwähnenswert die Anfang des 19. Jahrh.
zum
Teil abgebrochene got.-roman.
Kirche, der got. Kapitelsaal und der Prälatenbau (Renaissancestil) aus dem 18. Jahrh.,
jetzt Sommerwohnung des Besitzers,
GrafenSolms-Laubach.
Ein
Teil der
Gebäude enthält eine Rettungsanstalt verwahrloster
Kinder.
Saline bei
Arnstadt
[* 21] (s.
Schwarzburg-Sondershausen). ^[= # Dorf im Landratsamt Königsee des Fürstentums Schwarzburg-Rudolstadt (Oberherrschaft), im tief ...]
1) Landratsamtsbezirk im Fürstentum
Schwarzburg-Sondershausen (Oberherrschaft), hat 171,72 qkm, 26 Gemeindebezirke, 66 Wohnplätze
und (1890) 22 050 (10 610 männl., 11 440 weibl.) E., darunter 294 Katholiken und 102 Israeliten, 2659 bewohnte
Wohnhäuser, 4841 Haushaltungen und Anstalten. - 2) Kreisstadt im Landratsamt Arnstadt, an der Gera,
[* 22] in
anmutiger Gegend, in 280 m Höhe am Nordabhang des
ThüringerWaldes, an der Linie
Ritschenhausen-Erfurt und der
NebenlinieArnstadt-Saalfeld
(48 km) der
Preuß. Staatsbahn und der schmalspurigen Arnstadt. - Ichtershäuser Eisenbahn (5,12 km), Sitz
des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht
Erfurt),
[* 23]
Zoll- und Steueramtes, hat (1890) 12 818 (6074 männl., 6744 weibl.)
E., darunter 259 Katholiken und 101 Israeliten, Postamt erster
Klasse
und Telegraph. Die Liebfrauenkirche (12. Jahrh.) mit dem Grabmal Günthers von Schwarzburg
[* 25] veranschaulicht den Übergang vom
roman. zum german. Stil. An Stelle der großen, historisch merkwürdigen, 1872 abgebrannten Günthersmühle wurde eine amerik.
Mustermühle erbaut. Arnstadt hat ein fürstl. Gymnasium, 1320 als Lateinschule gegründet, eine Realschule, Bürgerschule, höhere
Mädchenschule, fürstl. Schloß mit Sammlungen von Porzellanarbeiten, Hoftheater mit 500 Zuschauerplätzen
(jährlich vom Hofmarschallamte an Direktoren vergeben), Winter- und Sommertheater mit 300 Plätzen; Fabrikation von Handschuhen,
Brückenwagen, Wagen, Feuerspritzen,
[* 26] Schläuchen, Farben, Hüten, Schuhen, Körben und Porzellan (Fabrik bei Plaue), Gerbereien,
Brauereien, Handelsgärtnerei, Handel mit Getreide
[* 27] und Holz
[* 28] sowie ein Solbad mit Einrichtungen für Dampf-
und Fichtennadelbäder. Beim nahen Dorfe Rudisleben die Saline Arnshalle (s. Schwarzburg-Sondershausen). Arnstadt ist eine der ältesten
thüring. Städte und wird bereits 704 urkundlich erwähnt. -
Stadt im BezirksamtKarlstadt des bayr. Reg.-Bez. Unterfranken, 23 km östlich von Schweinfurt,
[* 29] an der rechts
zum Main fließenden Wern und der Linie Oberndorf-Schweinfurt-Wernfeld der Bayr. Staatsbahnen, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht
Würzburg)
[* 30] und Rentamtes, hat (1890) 1786 E., darunter 72 Katholiken und 56 Israeliten, Post, Telegraph,
Schloß, königl. Präparandenschule, Distriktskrankenhaus, Pfründnerspital, Kreditverein;
inBayern,
[* 31] Marktflecken im Bezirksamt Eggenfelden des bayr. Reg.-Bez. Niederbayern, an dem zur Vils gehenden
Kollbach, Sitz eines Amtsgerichts (Landgericht Deggendorf), hat (1890) 1456 kath. E., Post,
Telegraph, 2 kath. Kirchen, 2 Schlösser, bedeutende Viehzucht
[* 32] und Getreidebau.
1) Kreis im preuß. Reg.-Bez. Frankfurt,
[* 33] in der Neumark, an der Grenze der ProvinzenPommern,
[* 34] Posen
[* 35] und Westpreußen,
[* 36] hat 1264,01
qkm, (1890) 41 970 (20 394 männl., 21 576 weibl.) E., 3 Städte, 57 Landgemeinden und 57 Gutsbezirke. - 2) Kreisstadt im
Kreis in 62 m Höhe zwischen 4 Seen, an der Linie Stargard-Posen-Kreuzburg der Preuß. Staatsbahnen, Sitz
des Landratsamtes, eines Amtsgerichts (Landgericht Landsberg),
[* 37] Zoll-, Steuer- undKatasteramtes und der Direktion der Neumärkischen
Landesfeuersocietät, hat (1890) 7507 (3537 männl., 3970 weibl.) E., darunter 97 Katholiken
und 191 Israeliten, Postamt zweiter Klasse, Telegraph, got. Marienkirche (15. Jahrh., 1856 erneuert)
mit mehrern Türmen, eine Knaben- und Mädchenmittelschule, einen Gartenbau-, Geflügelverein, eine Freimaurerloge, Kranken-,
Armenhaus, 2 Frauenhospitäler, städtische Sparkasse, Kreis-, Spar- und Vorschußkasse, Kreditverein, Ortskranken-, Fabrikkranken-,
Sterbekasse; Eisengießerei,
[* 38] Maschinenfabrik, Wollwäsche und-Spinnerei, Fabrikation von Zündhölzern, Tuch, Stärke
[* 39] und Dachpappe,
Dampfmühlen, 2 Mahl-, 8 Windmühlen, Ziegeleien, Dampfmolkerei, Buchdruckerei, Handelsgärtnerei, 5 Jahr-,
Vieh- und Wollmärkte. - Arnswalde (slaw. Dubegnewe), 1269 zuerst erwähnt, ist wiederholt
im
16. und 17. Jahrh. abgebrannt, 1512 mit dem Schloß. 1807 wurde hier der franz.
Marschall Victor gefangen und gegen Blücher ausgetauscht.
Sankt,
[* 40] Dorf bei Saarbrücken
[* 41] (s. d.). ^[= ungar. Szent-György, Stadt mit geordnetem Magistrat im ungar. Komitat Preßburg, bis 1876 königl. ...]
(Arnolf), der Heilige, Ahnherr der Karolinger, die nach ihm auch Arnulfinger (s. d.) heißen,
geb. um 582, wurde 611 oder 612 Bischof von Metz
[* 42] und regierte mit seinem Freunde, dem Majordomus Pippin von Landen, gemeinsam
unter Chlothar II. das Frankenreich. 627 legte er sein Bistum nieder und zog sich als Einsiedler in die Vogesen zurück, wo
er 16. Aug. 641 starb.
Sein Leichnam wurde 642 nach Metz gebracht und in der nach ihm genannten Arnulfskirche
beigesetzt.
römisch-deutscher Kaiser, geb. um 850, ein natürlicher Sohn des Königs Karlmann und Enkel Ludwigs des Deutschen,
versuchte kurz vor seines VatersTode vergeblich, sich die Nachfolge in Bayern zu sichern, so daß er sich
mit dem ihm schon früher übertragenen Kärnten begnügen mußte. Als die Herrschaft seines Oheims Karls III., des Dicken,
in Verfall geriet, wurde in Frankfurt (Herbst 887) zum König erhoben, nur die Lothringer versagten die Anerkennung. Er besiegte
die Normannen, die im Juni 891 ein deutsches Heer am Geulenbach bei Mastricht vernichtet hatten, 1. Nov. desselben
Jahres an der Dyle bei Löwen.
[* 43]
Vom Papste gegen Guido von Spoleto zu Hilfe gerufen, zog Arnulf 894 nach Italien,
[* 44] sicherte sich die Anerkennung Oberitaliens, mußte
aber wegen Weigerung seiner Großen den geplanten Römerzug aufgeben. 896 wegen Guidos Sohn Lambert (s.
Berengar) wieder nach Italien gerufen, wurde er von Papst Formosus zum Kaiser gekrönt. Wiederholt kämpfte Arnulf gegen den Mährenfürsten
Swatopluk. Dabei schlossen sich ihm 892 Magyaren an, ohne daß der Vorwurf trifft, diese spätere Geißel Deutschlands
[* 45] gerufen
zu haben. Seinen unehelichen Sohn Zwentibold ließ Arnulf 895 zum König von Lothringen und Burgund erheben,
im übrigen Reiche seinen noch unmündigen Sohn Ludwig das Kind. Er starb 8. Dez. 899 zu Regensburg.
[* 46]
der Erneuerer des Herzogtums Bayern, trat, nachdem sein Vater, Markgraf Luitpold, 907 gegen die Ungarn
[* 47] gefallen
war, an die Spitze des Stammes der Bayern und nannte sich Herzog. Ähnlich wie Karl Martell in der Zeit der
Arabernot verstärkte Arnulf seine Macht durch Kirchengüter und wurde deshalb von den geistlichen Chronisten der Zeit «der Schlimme»
zubenannt. Er schlug 913 die Ungarn und behauptete unter König Konrad I. seine Selbständigkeit. Heinrich I. erkannte er als
König an, auf Grund eines Vertrags, der ihm wesentliche Hoheitsrechte, namentlich die Besetzung der bayr.
Bistümer, überließ. Bei Ottos I. Krönung wirkte Arnulf als Marschall und starb 937. Sein Sohn Eberhard verlor das Herzogtum 938 im
Kampf gegen Otto I., der es in wesentlich beschränkter Gestalt und als Reichsamt an A.sBruderBerthold und
nach dessen Tode an seinen eigenen BruderHeinrich gab, der mit A.s Tochter Judith vermählt war.
heißen 1) die Nachkommen des BischofsArnulf (s. d.) von Metz.
Meist werden sie nach seinem größten Nachkommen
Karl d. Gr. Karolinger (s. d.) genannt.
-
Vgl. Bonnell, Anfänge des karoling.
Hauses (Lpz. 1866), und den Stammbaum bei Böhmer, Regesta Imperii,
Bd. 1, neubearbeitet von Mühlbacher (Innsbr.
1889).
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2) Die Nachkommen Arnulfs (s. d.), Herzogs von Bayern, von dem höchstwahrscheinlich auch die Grafen von Scheiern-Wittelsbach,
die spätern Herzöge von Bayern, abstammen.
Kupferbergwerk in Venezuela,
[* 49] am Rio
[* 50] in der Landschaft Yaracui, an der Grenze von Coro, durch Eisenbahn mit dem
Hafen Tucacas verbunden, lieferte (1886-88) 72 609 456 kg Kupfer.
[* 51]
Die Ausbeutungsgesellschaft «The Quebrada RailwayLand and
Copper Company» arbeitet seit 16 Jahren.
Stadt mit geregeltem Magistrat, im ungar. Komitat Jazygien-Groß-Kumanien-Szolnok, am
FlusseGyöngyös, hat (1890) 11 190 E., röm.-kath. Magyaren, bedeutenden Getreidebau und Viehzucht.
Juan de, span. Dichter, geb. zu Barcelona,
[* 52] kam 1814 nach Valencia,
[* 53] wo er 1819 in den
Orden
[* 54] de las Escuelas Pias trat. Er legte 1821 die Gelübde ab und wurde im Orden 1825-42 als Lehrer des Latein verwendet. Seit 1844 gehirnkrank,
starb er im WahnsinnSchon Arolas' Jugendwerke «Libro de amores», «Poesias
pastoriles», «Cartas amatorias» zeichnet Formgewandtheit aus. Mit noch mehr Erfolg pflegte er die Ritter-
und vaterländische Romanze; besonders «Moriscos», und seine orient. Dichtungen («Poesias caballerescas y orientales», Valencia
1840; 4. Aufl. 1871; «Poesias», Barcel.
1842) gehören zum Besten, was Spanien
[* 55] hierin geleistet bat.
Das romantische Epos «La silfide de del acueducto» behandelt in verschiedenen
Metren eine vaterländische Sage. Auch übersetzte er sehr gewandt Chateaubriands Gedichte und seine
Tragödie «Moïse». Eine Sammlung von Arolas' erotischen Gedichten,
die auch eine Bearbeitung der «Basia» des Johannes Secundus enthalten, erschien 1843 (3 Bde., Valencia),
Gesamtausgaben der
Dichtungen 1860 (3 Bde., ebd.) und 1867 («Poesias
religiosas, caballerescas, amatorias y orientales», 3 Bde.,
ebd.) sowie 1879 («Poesias de Padre J. de Arolas»).
[* 56] Haupt- und Residenzstadt des Fürstentums Waldeck,
[* 57] Kreisstadt im Kreis der Twiste, in 272 m Höhe, an der NebenlinieWarburg-Corbach der Preuß. Staatsbahnen, ist Sitz der Landesbehörden, eines Amtsgerichts (Landgericht Cassel), Zoll- und Steueramtes
zweiter Klasse, einer Forstinspektion und eines Bezirkskommandos und hat (1890) 2620 meist evang. E., in
Garnison das 3. Bataillon des Infanterieregiments von Wittich Nr. 83, Postamt erster Klasse, Telegraph, evang. Stadtkirche mit
drei Marmorstandbildern (Glaube, Liebe, Hoffnung) von Chr.
Rauch, kath. Kirche, städtisches evang. Realprogymnasium, Paulinenhospital, Spar-, Kreditkasse, Immobilien-Feuerversicherungsanstalt,
Gasbeleuchtung. Das 1710-20 erbaute Residenzschloß enthält eine Bibliothek (30000 Bände), reiche Sammlung
von Münzen,
[* 58] pompejanischen Bronzen (700 Nummern; vgl. Gädechens, Die Antiken des Museums zu Arolsen, 1863), Gemälden (u. a. von
West, Angelika Kauffmann, Tischbein u. s. w.) sowie eine Marmorbüste Goethes, von Alex. Trippel in Rom
[* 59] nach dem Leben gefertigt.
Arolsen ist Geburtsort von Chr. Rauch, dem hier ein Denkmal gesetzt ist, ferner von Wilh. und Friedr. Kaulbach.
«Arolsen ist Sitz der 7. Sektion der Hessisch-Nassauischen Baugewerks-Berufsgenossenschaft. -
Vgl. Flade, Führer durch und Umgebung
(Arolsen 1893).
Mittel, Bezeichnung derjenigen Arzneien, welche flüchtige, zumeist wohlriechende ätherische Öle
[* 61] enthalten,
auch als Gewürze benutzt werden und eine leicht erregende Wirkung auf die Nerven
[* 62] ausüben. Sie reizen, innerlich gereicht,
zunächst die Geschmacks- und Magennerven, befördern die Absonderung des Magensaftes und regen die Magen-
und Darmbewegung an. Infolgedessen gelten sie als appetitmachende, verdauungsfördernde und blähungtreibende Mittel. Zu Inhalationen
werden sie benutzt, um die Absonderung der Luftröhrenschleimhaut zu bethätigen. Bei leichten Verdauungsstörungen, Blähsucht
(s. Blähungen) u. s. w. werden sie in Form von Pulvern, Theeaufgüssen, spirituösen Tinkturen (Magenelixiren)
u. s. w., bei Lähmungen und allgemeiner Nervenschwäche äußerlich als Einreibungen sowie in Form von aromatischen Bädern
angewendet.
Man unterscheidet je nach der Wirkung milde und scharfe bei letztern rührt die stärker reizende Wirkung meist von einem
Alkaloid her, und die durch sie auf den Magen
[* 63] und Darm
[* 64] bewirkte Reizung kann sich bis zur Entzündung steigern.
Eine andere Abteilung der bezeichnet man insbesondere als blähungtreibende (Carminativa), indem sie vorzugsweise die Bewegungen
des Darms fördern; schließlich trennt man auch die Gruppe der bittern ab, die man besonders bei Magen- und Darmaffektionen,
die aus einfacher Dyspepsie entstanden sind, für nützlich hält.
Von den sind milde: Kamillen, Pfefferminze, Krauseminze, Lindenblüten, Flieder, Thymian, Rosmarin, Melisse, Dill, Quendel
(Feldkümmel) und die eigentlichen Gewürze: Gewürznelken, NeueWürze (Semina Amomi), Kardamomsamen, Zimmet, Vanille, Muskatnuß
u. s. w.;
scharfe: weißer und schwarzer Pfeffer, Spanischer und Cayennepfeffer, Kubebenpfeffer, Ingwer u. a. m.
Die beliebtesten, zum Teil offizinellen, zum Teil als Volksmittel gebräuchlichen Präparate sind:
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aromatische Kräuter (Speciesaromaticae), aus einer Mischung des trocknen Krautes von Pfefferminze, Feldkümmel, Thymian und
Lavendel mit Gewürznelken und Kubeben bestehend;
aromatischer Spiritus
[* 66] (auch Karmeliterspiritus sowie Schlagwasser genannt),
aus Melissenblättern, Citronenschale, Muskatnuß, Zimmet und Gewürznelken mit Spiritus und Wasser destilliert;
aromatisches
Pulver, aus Zimmetkassie, Kardamom und Ingwer;
aromatisches Wasser (auch Kinderbalsam genannt), aus Salbei,
Rosmarin, Pfefferminze, Fenchel, Lavendel, Zimmetkassie, ebenfalls mit Spiritus und Wasser destilliert.
Verbindungen nannte man früher Substanzen, die meist aus aromatischen Ölen und Harzen gewonnen wurden
und sich von den Fettkörpern durch besondere Eigenschaften unterschieden. Gegenwärtig nennt man alle Aromatische Verbindungenalle
organischen Substanzen, die sich vom Benzol ableiten, einem Kohlenwasserstoff von der Zusammensetzung C6H6,
für den Kekulé die folgende ringförmige Konstitutionsformel aufgestellt hat:
Von dieser einfachsten leiten sich alle andern Aromatische Verbindungen ab durch Ersetzung der Wasserstoffatome.
An die Stelle derselben können andere Atome oder Atomgruppen (Radikale) treten. Durch den Eintritt von Cl, Br, J
entstehen Chlor-, Brom-, Jodbenzole;
von CH2OH–Gruppen aromatische Alkohole u. s. w. Treten an die Stelle von Wasserstoffatomen
Alkyle (Methyl, CH3, Äthyl, C2H5, u. s. w.), so entsteht die große Reihe der
homologen aromatischen Kohlenwasserstoffe.
Auch andere beliebige organische Radikale können den Wasserstoff im Benzol ersetzen,
wie z. B. in der Phenylessigsäure, C6H5•CH2•COOH, die Gruppe CH2•COOH.
Man unterscheidet dann Benzolkern (C6H5) und Seitenketten (CH2•COOH u. s. w.). Von jedem Disubstitutionsprodukte
des Benzols, d. h. von einer Verbindung, in der zwei Wasserstoffatome durch andere Atome oder Radikale ersetzt
sind, sind nun drei Isomere möglich, z. B. drei Oxybenzoesäuren:
1) die Formel der Orthooxybenzoesäure oder 1•2-Oxybenzoesäure (Salicylsäure), 2) die Formel der Metaoxybenzoesäure
oder 1•3-Oxybenzoesäure, 3) die Formel der Paraoxybenzoesäure oder
1•4-Oxybenzoesäure. Noch mannigfaltiger
werden diese Isomerien, wenn drei oder mehr substituierende Gruppen vorhanden sind. Die Aromatische Verbindungen unterscheiden
sich von den Fettverbindungen (s. d.) namentlich durch die große Beständigkeit
des Benzolkerns. Die meisten oxydierenden Mittel zerstören denselben nicht; Seitenketten werden in die
Karboxylgruppe verwandelt. Die Salpetersäure wirkt nicht oxydierend wie auf die Fettkörper, sondern «nitrierend», indem
sie im Benzolkern Wasserstoffatome durch Nitrogruppen, NO2, ersetzt.
Stadt in der ital. ProvinzNovara, an einem Bergabhang am Südende des Lago Maggiore und der Eisenbahnlinie Arona-Mailand
(67 km) des Mittelmeernetzes, hat (1881) 4182 E., ein festes Schloß, einen Landungsplatz für
Dampfschiffe, eine Schiffbauschule, eine schöne Hauptkirche und lebhaften Handels- und Reiseverkehr. In dem 984 erbauten und 1674 durch
Feuersbrunst großenteils zerstörten Schlosse wurde der heil. Borromeo geboren, dem 1697 unweit Arona, bei dem Priesterseminar,
ein riesiges Standbild (20 m hoch) auf einem 14 m hohen Granitsockel errichtet wurde. Kopf, Hände und Füße
der
[* 65]
Figur sind aus Erzguß, das übrige ist aus geschlagenem Kupfer.
Aronsstärke, Aronswurzel, s. Arum. – Aronsstab heißt auch ein Sternbild des nördl. Himmels, aus drei
gleichmäßig in einer geraden Linie liegenden Sternen bestehend.
Sohn des Almos, der erste Großfürst der Ungarn oder Magyaren und Ahnherr der ungar. Könige von Stephan dem
Heiligen bis Andreas Ⅲ. (997–1301), die deshalb Arpáden genannt werden. Nachdem die Ungarn vom mittlern
Ural in das Land zwischen dem untern Don und Dnjepr gezogen waren, wählten sie ihn zu ihrem Oberhaupt. Ob Arpád die Eroberung
Pannoniens durch die Ungarn noch erlebt hat, ist zweifelhaft. Sein sagenhaftes Leben ist vielfach Gegenstand der Darstellung
in der ungar. Kunst und Litteratur geworden.
(spr. -eddscho), Arpeggiatūra (vom ital. arpa,
die Harfe, abgeleitet), das Angeben der Accorde auf Klavier- und Geigeninstrumenten nach Harfenweise, d. h. indem man die Töne
eines Accords nicht zusammen und zu gleicher Zeit, sondern nacheinander, wie auf der Harfe, erklingen läßt.
Das jetzt gebräuchlichste Zeichen für Arpeggio (das Arpeggieren, wie man auch sagt) ist (Anmerkung des Editors:
Symbol siehe Faksimile); es wird dem Accord vorgesetzt. Hin und wieder findet man auch einen Bogen
[* 67] ﴾ angewendet. Einige nennen
die arpeggierten Accorde auch gebrochene Accorde; meist versteht man aber unter letztern solche
[* 65]
Figuren
oder Tongruppen, die aus der Zerlegung von Accorden sich gestalten und in denen die
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mehr
einzelnen Accordtöne mannigfache Versetzungen erfahren können. Solche
[* 68]
Figuren sind auch die sog.
Albertischen Bässe (Harfenbässe, arpeggierte Bässe), die von Domenico Alberti (als Sänger und Klavierspieler in der Zeit von 1730 bis 1740 in
Italien und Spanien berühmt) benannt sind, weil dieser in seinen Klavierkompositionen solche zerlegte und zergliederte Accorde
als Begleitungsfiguren besonders häufig anbrachte. Das Arpeggio wird in der ältern Klaviermusik
um 1700 so häufig gebraucht, daß ganze Stücke in solchen Accorden geschrieben wurden. Beispiel hierfür das C–dur-Präludium
in S. Bachs «Wohltemperiertem Klavier».
(spr. arpáng), das wichtigste altfranz. Feldmaß, das auch in Belgien
[* 69] und in der franz. Schweiz
[* 70] gebräuchlich
war, dem deutschen Morgen und Acker entsprechend. Der Arpent stammt von der Arepenna der Gallier, welche mit dem Semis oder Actus
der alten Römer
[* 71] (von 14400 altröm. Q.-F.) übereinstimmte. Der Pariser Arpent enthielt 32400 Pariser Q.-F. = 34,189 a;
der verordnungsmäßige
Arpent oder Arpent für Gewässer und Forsten, Arpentd’ordonnance,Arpent des eaux–et–foréts, 48400 Pariser Q.-F.
= 51,072 a;
der gemeine (Arpent commun) 40000 Pariser Q.-F. = 42,208 a;
Arpent ist auch der franz. Name für das schweiz. Feldmaß Juchart
(s. d.).
im Altertum bedeutende Stadt in Apulien, am rechten Ufer des Aquilo, sagte sich nach dem Siege Hannibals
bei Cannä 216 v. Chr. von Rom los und trat auf die Seite der Karthager, wurde aber bereits 213 von den Römern durch Verrat
der Bürgerschaft wieder genommen und verfiel seitdem.
Ruinen von Arpi, Arpa genannt, liegen nördlich von Foggia.
(das alte Arpinum), Stadt in der ital. ProvinzCaserta (Terra di Lavoro), im District Sora,
unweit des Garigliano (Liris), hat (1881) 11368 E.; Tuch-, Pergament-, Papier- und Leinwandfabriken. Das alte Arpinum, ursprünglich
eine volskische, dann eine samnitische Stadt, wurde 303 v. Chr. mit dem röm. Bürgerrechte, 188 mit dem vollen Stimmrechte
beschenkt und ist berühmt als Geburtsort des Marius, des Cicero und des Vipsanius Agrippa. Den Umfang der
alten Stadt bezeichnen bedeutende Reste von 2 bis 3 m dicken sog. cyklopischen Mauern. Ihre bedeutendsten Trümmer befinden
sich in dem höher gelegenen, zum Teil noch bewohnten Stadtteil, der Civitavecchia heißt und einst die Citadelle bildete.
delMonte oder Arquà Petrarca, Marktflecken in der ital. ProvinzPadua,
[* 72] am südöstl. Abhang der Euganeen, hat 1437 E.
und ist viel besucht wegen des Hauses, in dem Petrarca wohnte und 1374 starb und in dem noch sein Hausrat aufbewahrt wird.
Das Grabmal des Dichters auf dem Kirchhofe des Ortes ist von rotem Marmor und von seinem Schwiegersohne
Brossano errichtet. Die Büste stammt aus dem J. 1667. Die Hügel der Umgegend liefern guten Wein und treffliche Feigen und
sind berühmt wegen ihrer Schwefelquellen.
Arak oder Rack, der im ganzen Orient verbreitete und aus Indien stammende Name für einen starken
Branntwein, der teils aus Reis, teils aus dem Palmwein oder Toddy der Kokos- und Dattelpalme dargestellt wird. Der von Goa und
der von Colombo
[* 73] (auf Ceylon)
[* 74] wird ohne weiteres aus Toddy abdestilliert, der
von Batavia
[* 75] und Jamaika dagegen
aus Reis und Melasse (Zuckersirup) mit etwas Toddy (nicht aus Reis allein) bereitet. Der Reis wird gemalzt, d. h. in Wasser eingeweicht
und dem Keimen überlassen, sodann getrocknet, mit warmem Wasser eingemaischt, der Gärung unterworfen und schließlich destilliert.
Oft unterbleibt das Malzen des Reises; Melasse und Toddy fügt man jedenfalls erst dann hinzu, wenn die
Maische (der Brei aus Wasser und gekeimtem Reis) zur Gärung gestellt wird. Bei der Destillation
[* 76] der gegorenen Masse erhält
man zunächst die dritte (geringste) Sorte des Arrak; diese, mit etwas Wasser vermischt, wieder destilliert, liefert
die zweite Sorte, und hieraus geht durch eine abermalige Destillationdie erste Sorte hervor, die jedoch
nur selten versandt wird.
Der größte Teil des im Handel erscheinenden echten Arrak wird zu Batavia auf Java bereitet. Die Gesamtausfuhr von Arrak aus Java
belief sich 1885 auf 3869 Leggers, 1886 auf 3075, 1887 auf 3475, 1888 auf 3749,1889 auf 3685 Leggers (1
Legger zu 611 niederländ. Kannen oder Litern). Nächst Java liefern Goa, Madras
[* 77] und Ceylon die größten Mengen Arrak (Ceylons jährliche
Ausfuhr ist 700000 Gallons). Man bezieht den von Amsterdam,
[* 78] London
[* 79] und Hamburg.
[* 80] Die Einfuhr in Deutschland
[* 81] ist nicht festzustellen,
da sie in den Zolllisten unter «Branntwein aller Art» mit inbegriffen ist.
Die Preise werden in Hamburg zu 4–7 ½ M. unverzollt pro 7 ½ l notiert. In Europa,
[* 82] namentlich in Deutschland, wird künstlicher
Arrak aus völlig fuselfreiem Spiritus mit allerlei Zusätzen, besonders gewissen Ätherarten, dargestellt und damit eine Nachahmung
erreicht, die jedoch von einem Kenner leicht herausgefunden wird. Guter echter Arrak ist klar,
meist farblos oder hellgelb, von angenehmem Geruch und Geschmack und enthält gegen 50 Volumenprozente Alkohol.
(spr. ärränn), größte Insel der mittelschott. GrafschaftBute, im Clydebusen, im W. durch den 5 km breiten
Kilbrennan-Sound von der Halbinsel Cantire getrennt, ist 32 km lang und bis 16 km breit, hat einen Flächenraum von 465 qkm
und wird von heidebedeckten Bergen
[* 83] durchzogen, die im S. 280 m erreichen, im N. höher und ganz besonders zerklüftet sind.
Hier steigt der abgestumpfte Kegel Goatfell oder Gaoth-Bheinn (Windberg) 876 m hoch auf. Das Shiskanthal,
südlich von dem durchhöhlten Basaltvorgebirge Drumadoon, ist der fruchtbarste Teil der Insel.
Die geolog. Bildung ist sehr mannigfaltig. Devonische Sandsteine, Kalksteine der Kohlenformation, Pechstein, Trapp und Granit
kommen vor. Zu den megalithischen Steindenkmälern der Insel gehört der Kessel Fingals, nicht weit von der 34 m
tiefen Königshöhle, die die Zuflucht Bruces war. Die 7712 Einwohner der Insel sind protestantisch, jedoch irischen Stammes,
treiben Landwirtschaft und Fischfang. Die Heringsfischer treffen sich in Loch-Ranza im nördl. Teile der Insel. Corrie, Brodick
oder Invercloy, Lamlash und Whiting Bay, alle auf der Ostküste, sind Dörfer; Lamlash hat den besten
Hafen am Clydebusen, geschützt durch ein kleines Eiland, Holy-Island, mit Klosterruine. An der Südostspitze der Insel steht
Kildouan-Castle, diesem gegenüber liegt das Inselchen Pladda mit Leuchtturm. Brodick-Castle gehört dem Herzog von Hamilton.
(frz., spr. arrangsch-),d. i. ordnen, einrichten, zurechtmachen, heißt in der musikalischen Kunstsprache
ein Musikstück zu einer andern Art der Ausführung geeignet machen. So können Orchester- und Gesangstücke zum Vortrag
auf dem Pianoforte und umgekehrt Klavierkompositionen für das Orchester und, obwohl in seltenern Fällen,
auch für den Gesang eingerichtet werden. Hierbei kann ein sehr verschiedenes Verfahren beobachtet werden, je nach dem Grade
der Kunstfertigkeit derjenigen Spieler, für die das Arrangement bestimmt ist. Ein gutes Musikstück besitzt in melodischer
und meistens auch in harmonischer Beziehung die Fähigkeit, fast auf allen Instrumenten gespielt zu werden;
hierauf gründet sich das Arrangement, das in der praktischen Musik eine ungemeine Ausdehnung
[* 85] und infolgedessen auch eine große
Bedeutung erlangt hat.
1) Arrondissement im franz. Depart. Pas-de-Calais, hat 1376,66 qkm, (1891) 174 859 E., 211 Gemeinden und
zerfällt in die 10 Kantone: Arras-Nord und Arras-Sud mit zusammen 139,36 qkm und 19 546 bez. 22 983 E, Bapaume (113,50 qkm, 12 080 E.),
Beaumetz-lès-Loges (168,87 qkm, 13 130 E.), Bertincourt (115,97 qkm, 14 289 E.), Croisilles (185,53 qkm, 16 628 E.), Marquion
(138,13 qkm, 16 829 E.), Pas (148,22 qkm, 12 621 E.), Vimy (198,82 qkm, 25 993 (5.), Vitry-en-Artois (168,26
qkm, 20 760 E.). - 2) Arras (Nemetocenna oder Nemetacum im Lande der Atrebates, später Atrebate oder Atrebatae), Hauptstadt des
franz. Depart. Pas-de-Calais und Arrondissements Arras sowie der ehemaligen GrafschaftArtois, in 67 m Höhe, an der
Mündung des Crinchon in die hier schiffbare Scarpe und den Linien Amiens-Arras-Calais (196 km), Arras-Etaples (100 km), Arras-Doullens
(36 km) und Paris-Tourcoing der Franz.
Nordbahn, ist Sitz eines Bischofs und des Stabes der 2. Infanteriedivision sowie des Stabes der 3. Infanteriebrigade, hat in
Garnison das 33. Infanterieregiment und das 2. Genieregiment. Arras hat (1891) 20 097, als Gemeinde 25 701 E.,
einen Gerichtshof erster Instanz, eine 1737 gegründete Gelehrte Gesellschaft, ein Collège, ein Taubstummeninstitut, ein
theol. Seminar, eine Lehrer- und eine Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Ingenieur-, Zeichen- und mediz. Schule, eine Ökonomische
Gesellschaft, eine Bibliothek (50000 Bände und 1100 Handschriften), ein Naturalienkabinett, Museum, botan.
Garten;
[* 86] ferner Fabrikation von Spitzen, Pfeifen, Öl, Rübenzucker und wichtigen Handel, namentlich mit Getreide, Wein, Öl und
Steinkohlen.
Die Citadelle sowie die übrigen Befestigungen, die jetzt niedergelegt werden, sind von Vauban verbessert oder ganz neu angelegt.
Die Cité (Altstadt) ist von der Neustadt
[* 87] (la Ville) durch Wall und Graben getrennt. Unter den Gebäuden
zeichnen sich besonders aus: die 1755-1833 in einem Bastardstile aufgeführte Kathedrale;
die alte Abtei von St. Waast, jetzt
teils Seminar, teils Museum und Bibliothek;
das gegen 1510 im got. Stile erbaute Rathaus, eins der schönsten im nördl. Frankreich,
und dabei der 1554 aufgeführte Beffroi, ein 75 m hoher viereckiger Turm,
[* 88] an der Spitze mit einer herzogl.
Krone, auf
der ein kolossaler Löwe steht. Arras ist der Geburtsort der beiden Robespierre und des durch seine
Grausamkeiten berüchtigten Joseph Lebon (gest. 1795). - Zu Cäsars Zeit, der hier Winterquartier hielt, war Arras schon bedeutend;
Attila zerstörte es 451, die Normannen 880. Mit der GrafschaftArtois gelangte Arras an die Herzöge von Burgund,
die hier einen glänzenden Hof hielten. 1435 wurde hier ein Friede zwischen Philipp von Burgund und Karl VII. von Frankreich
abgeschlossen (s. Burgund, Geschichte). Arras wurde zwar 1482 mit Artois von den niederländ. Ständen an Ludwig XI.
von Frankreich abgetreten, kam jedoch schon 1493 durch Vermittelung an Maximilian von Österreich
[* 89] zurück. Arras blieb nun beim
Hause Habsburg, bis es Ludwig XIII. 1640 nach langer Belagerung einnahm; der Versuch der Spanier unter Condé 1654, es zu erobern,
wurde durch den SiegTurennes24. Aug. vereitelt. Im Pyrenäischen Frieden von 1659 blieb Arras bei Frankreich.
Die berühmten Linien von Arras nach Bouchain an der Schelde überstieg Marlborough
(Mehrzahl Arrateïs) oder Libra hieß das bis zur Einführung des franz. metrischen Systems (Ende Sept. 1868)
die Einheit des portug. Gewichtssystems bildende Pfund, das auch in
Brasilien
[* 90] bis Ende 1873 in Anwendung war. Das Arratel zerfiel in Halbe (Meios) und Viertel (Quartos); das Viertel
wieder in 4 Unzen (Onças), zu 8 Achteln (Oitavas oder Outavas). Das Achtel zerfiel in 3 Skrupel (Scrupulos) zu je 24 Gran
[* 91] (Grãos).
Es hatte daher das Arratel 9216 Gran; 32 Arratel bildeten eine Arroba (s. d.), 4 Arrobas einen Ouintal oder Centner.
Das Arratel wog 459 g, und es waren daher 100 Arratel = 45,9 kg. Die Hälfte des
(der Meio-Arratel) hieß auch Marco und bildete die Einheit des Münzgewichts.
(Arawack), südamerik. Indianerstamm im holländ. und brit.
Guayana zu beiden Seiten des Corentyne und bis zum Pomerun. Die Arrawaken, gegenwärtig auf ungefähr 2000 Seelen
zusammengeschmolzen, bewohnten ehemals den ganzen Küstenstrich zwischen dem Amazonas und dem Golf von Paria, von wo sie auf
die umliegenden Inseln übersetzten. Sie waren vor der Ausbreitung der Kariben die Urbewohner aller dieser Gegenden.
Auf den Inseln wurden sie von den Kariben ausgerottet, welche die arrawakischen Weiber sich beilegten, wodurch unter den Weibern
der Inselkariben eine förmliche Mischsprache entstand, die aus karibischen und arrawakischen Elementen besteht. -
Vgl. Schomburgk,
Reisen in Britisch-Guiana 1840-44 (mit einer Grammatik von Quandt, 3 Bde., Lpz.
1847-48);
Arazzi, bei den Italienern Bezeichnung für alle gewirkten, meist figürlich verzierten Teppiche, die zur Bekleidung
der Wände in Kirchen, Palästen und Wohnhäusern oder als Vorhänge dienten. Der Name kommt von der Stadt Arras in Flandern, welche
im Mittelalter die Hauptfabrikstätte war, bis nach der Einnahme der Stadt durch Ludwig XI. hier die Fabrikation
erlosch. Dann trat Brüssel
[* 92] als erste Fabrikstätte an die Stelle. Im 14. Jahrh. trat Paris in Konkurrenz mit Arras, und wurde
im 17. Jahrh. durch die staatliche Gründung der Gobelinfabrik hervorragend wichtig. Die Technik der Arrazzi ist dieselbe wie die
der Gobelins (s. d.). -