Palást
(ital. palazzo, frz. palais, vom lat.
palatium,
Name eines der sieben Hügel
Roms, s.
Palatinischer Berg), ein zum friedlichen Wohnsitz für Fürsten und Herren bestimmtes
Bauwerk von weiträumiger
Anlage und einheitlicher, künstlerischer Ausführung (s. dagegen
Burg). In
Zeiten
eines schlichten Bürgertums (in
Athen,
[* 3] dem republikanischen
Rom,
[* 4] in den deutschen
Städten des Mittelalters u. a.
a. O.) entstanden
keine Palást.
Dagegen findet man sie schon bei den Herrschern
Ägyptens und der altorient.
Reiche in großartiger
Ausdehnung.
[* 5] Ebenso waren die Palást
der röm.
Kaiser ihrer Macht entsprechend gestaltet
(Goldenes Haus
des Nero). Aber obgleich sie dem Palást
den
Namen gaben, entsprechen sie dem modernen
Begriffe nur dann, wenn sie
eine geschlossene
Komposition bieten. Dies war zumeist der Fall bei den palast
artigen Villen
Roms. Auch im Mittelalter wurde
die Form des Palást
nicht gefunden, der Festungscharakter der Fürstensitze tritt zu stark hervor,
so daß der Wohnbau zu einem
Teil der
Burg wurde.
Florentiner Konzil - F

* 6
Florenz.
Die
Italiener sind die eigentlichen Erfinder des Palást
, indem sie die Formen der großen öffentlichen
Gebäude auf die Sitze
der Machthaber übertrugen und dabei den praktischen Bedürfnissen dieser
Rechnung trugen. Die vollendeten Palást
bildete
Brunelleschi
zuerst in
Florenz
[* 6] um 1440 aus (Palást
Riccardi, Palást Pitti, das gewaltige Hauptwerk der ganzen Gattung, dreigeschossig,
ganz aus rauh bearbeiteten Quadern, Palást
Strozzi und zahlreiche andere). In jeder Stadt gestaltete sich die Form des Palást
anders.
Venedig
[* 7] (s.
Tafel:
Italienische Kunst I,
[* 1]
Fig. 5, und II,
[* 1]
Fig. 1), Genua
[* 8] und
Rom bieten die entscheidenden
Typen. Der Palastbau
steigerte sich in Wucht und teilweise auch in künstlerischem Wert bis
zum 16. Jahrh., fand seinen zweiten Höhepunkt in den röm. Palást
der
Barockzeit. Jedoch verlor er mehr und mehr die feste Geschlossenheit, so daß die während des 18. Jahrh.
errichteten Fürstensitze mehr den Charakter eines Schlosses haben. Da die
Italiener alle größern Profangebäude
Palazzo nennen (Palazzo pubblico, ducale u. s. w.), so deckt sich die deutsche
Terminologie nicht ganz mit der ihrigen.
Geschichtskarten von D

* 9
Deutschland.
Schloß nennen wir einen aus mehrern Flügeln und
Geschossen bestehenden größern
Komplex von Bauten, Palais einen künstlerisch
ausgestatteten städtischen Wohnsitz eines
Reichen, Palást
aber mehr im dichterischen
Sinne ein besonders großartiges
Wohngebäude. Es giebt kein Schloß in
Deutschland,
[* 9] das offiziell den
Namen Palást
trüge. Die
Franzosen bezeichnen unsern
Begriff
Schloß mit château oder palais, unser Palais mit hôtel (s. d.). Unter den
Pariser Palais sind Louvre, Luxembourg,
Tuilerien, das für Richelieu erbaute Palais-Royal (s. d.)
die bedeutendsten, außerdem bezeichnet man öffentliche
Gebäude mit diesem
Namen (Palais de Justice, Palais de l'Industrie).
In
Deutschland begann man Palais erst im 18. Jahrh. zu bauen und zwar vorzugsweise in Norddeutschland
unter Einfluß der
Franzosen. Mit dem wachsenden Wohlstand hat sich ihre Zahl in allen großen
Städten
wesentlich vermehrt. In
Wien
[* 10] nennt man Palais sogar solche große Mietshäuser, in welchen nur ein
Geschoß
[* 11] für den
Besitzer
künstlerisch ausgestattet ist (Palais Todesco u. a. m.).