Symbol
(grch. symbŏlon; lat. symbŏlum), ursprünglich
die zusammenpassenden Hälften eines Täfelchens oder
Ringes, woran sich Gastfreunde erkannten, dann überhaupt Merkzeichen,
Erkennungszeichen, übertragen soviel wie
Sinnbild. Insbesondere im Gebiete der
Religion spielt das S. eine hervorragende Rolle.
Die heidn. Mythologie und das griech. Mysterienwesen gaben reichen
Anlaß zu symbol
ischen
Darstellungen,
doch fehlt es daran auch im christl.
Kultus nicht.
Wie die in die heidn. Mysterien Eingeweihten durch gewisse Merkzeichen sich untereinander erkannten, so behandelten auch die Christen gewisse Gebräuche als Erkennungs- und Unterscheidungszeichen ihrer Gemeinschaft. In diesem Sinne heißen Taufe und Abendmahl und die dabei gebrauchten sinnlichen Zeichen (Wasser, Brot [* 2] und Wein) S. Endlich heißen S. vorzugsweise die Lehren, [* 3] die als Erkennungszeichen der verschiedenen religiösen Gemeinschaften dienen. (S. Symbolik.) - Über die sog. ökumenischen S. s. Symbolische Bücher.
Im Recht werden S. (Wahrzeichen) angewendet zur bildlichen Darstellung von Rechtsverhältnissen, zur Verdeutlichung einer rechtlichen Handlung, zur Andeutung des Gegenstandes, auf welchen sich die Handlung bezieht. Seit uralter Zeit sind das Scepter (Stab) [* 4] und das Schwert (oder die Lanze) das Zeichen der Herrschaft; der Handschlag bekräftigt das Versprechen, die Hand [* 5] wird gen Himmel [* 6] erhoben beim Eide, das Verlöbnis mit dem Anstecken von Ringen, die Ehe mit dem Wechsel der Ringe eingegangen.
Das Eigentum an fahrender Habe wird übertragen mit der Übergabe der thatsächlichen Herrschaft, des Besitzes (s. d.), und die Übergabe eines Grundstücks vermittelt durch Übergabe der Schlüssel. Keine Zeit und kein Volk entbehrt der S. völlig. In den Anfängen der Kultur hat die dichtende Phantasie des Volks das ganze Rechtsleben, die Rechtsgeschäfte wie das gerichtliche Verfahren mit S. durchtränkt. Es ist nicht bloß die «Poesie im Recht», bisweilen der «Humor im Recht», es ist der tiefere Eindruck auf das menschliche Gemüt, die Ehrfurcht vor der Heiligkeit des Rechts, welche durch die S. hervorgerufen und befestigt wird.
Damit verknüpft sich dann die leichtere Erinnerung an den Vorgang, die Sicherung des Beweises. (S. Form.) Der Indianer raucht die Friedenspfeife und begräbt das Kriegsbeil; der Römer [* 7] bringt vor den Prätor die Scholle vom Acker, den er als sein Eigentum beansprucht; die Zwangsversteigerung erfolgt sub hasta (unter dem aufgerichteten Speer). Die Anklage wegen Mordes wird im german. Gericht in Gegenwart des Leichnams oder eines Gliedes desselben oder des blutigen Gewandes erhoben. Der Halm repräsentiert bei der Auflassung von Grundeigentum im Gericht das Ackerstück, die Rebe den Weinberg, der Zweig den Baumgarten, der Span das Haus u. s. w. -
Vgl. Grimm, Deutsche Rechtsaltertümer [* 8] (2. Ausg., Gott. 1854);
ders., Von der Poesie im Recht (in Savignys «Zeitschrift für Rechtsgeschichte», Bd. 2, Berl. 1816);
Ihering, Geist des Römischen Rechts, Bd. 2 (4. Aufl., Lpz. 1881-83);
Cohn, Die Symbolik im german. Familienrecht (in der «Schweizerischen Rundschau», Jahrg. 1891);
Thümmel, Aus der Symbolik des altdeutschen Bauernrechts (Hamb. 1887);
Kohler, Recht, Glaube und Sitte (in Grünhuts «Zeitschrift für das Privat- und öffentliche Recht der Gegenwart», Bd. 19, Wien [* 9] 1892);
Michelet, Origines du droit française chercheés dans
les symboles
et formules du droit universel (Par. 1890).