Geruch
Gerüche - Geruchsorgan

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Seite 57.881.(Olfactus), das Vermögen, mittels des Riechnerven eine specifische Empfindung zu erhalten, die nicht weiter beschrieben werden kann. Der ¶
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Geruch
ssinn ist einer der niedern Sinne, indem seine Funktion sich aus die Fortleitung gewisser Empfindungen, die nur durch
materielle Eindrücke hervorgebracht werden, beschränkt und die Menschen, denen er, was nicht so selten ist, gänzlich fehlt,
nur geringe Genüsse entbehren, während ihre geistige Ausbildung dadurch nicht im mindesten gehemmt wird. Von
größerer Bedeutung hingegen ist der Geruch
ssinn für die materiellen Lebensverrichtungen, was man namentlich durch die
Beobachtung vieler Tiere erkennt, denen er zur Ernährung und Fortpflanzung ihres Geschlechts unentbehrlich ist.
Das Organ des Geruch
ssinns beim Menschen ist die Nase
[* 3] (s. d.), in der sich der Geruchs-
oder Riechnerv (nervus olfactorius),
der in den vordern Lappen des Großhirns (s. Gehirn,
[* 4] S. 677 b) entspringt, verbreitet und in seinen peripherischen
Endorganen, den Riechzellen, mit der hindurchströmenden Luft die Eindrücke empfängt, für deren Aufnahme er bestimmt ist.
Diese Riechzellen befinden sich zwischen den Epithelzellen der sog. Riechschleimhaut, d. i. des Teils der Nasenschleimhaut,
der den obern Teil der Nasenscheidewand und die beiden obern Nasenmuscheln überkleidet, und stellen langgestreckte
schmale Zellen von spindelförmiger Gestalt und zwei ausläuferartigen Fortsätzen dar, deren einer etwas dickerer mit einem
abgestutzten Ende frei an der Oberfläche der Epithelschicht endigt, wogegen der andere dünnere nach abwärts in die Schleimhaut
geht und mit den Riechnervenfasern zusammenhängt. Auch fast alle Tiere haben Geruchsorgane (s. d.); bei
den höherstehenden sind sie oft viel entwickelter als beim Menschen und befähigen zu erstaunlichen Leistungen.
Was den Vorgang des Riechens anlangt, so sind es höchst wahrscheinlich chem. Einwirkungen, durch
welche die Riechstoffe die Geruchsnerven erregen, und zwar ist es durchaus erforderlich, daß die betreffenden
chem. Agentien eine gasförmige Form besitzen, denn flüssige, stark riechende Substanzen, wie Kölnisches Wasser, in der
Rückenlage bei herabhängendem Kopf in die Nase gebracht, bewirken durchaus keine Geruch
sempfindung. Weiterhin ist Feuchtigkeit
der in der Nase befindlichen Schleimhaut und das Vorbeistreichen der Luft an dieser notwendige Bedingung
der Geruch
sempfindung. Je schneller dieser Luftstrom durch das Geruchsorgan geführt wird, um so deutlicher ist die Geruch
sempfindüng;
aus diesem Grunde ziehen wir, wenn wir einen guten Geruch
besser genießen wollen, die Luft bei erweiterten Nasenlöchern
und geschlossenem Munde kräftiger in die Nasenhöhle zur Riechschleimhaut hinauf und schneller durch die
Nase hindurch (d. i. das sog. Schnuppern oder Schnüffeln), und aus dem nämlichen Grunde hört beim Anhalten des Atems oder beim
Atmen durch den Mund jedwede Geruch
sempfindung auf.
Manche Riechstoffe können noch in überraschender Verdünnung gerochen werden; so riecht die Luft noch nach Brom, wenn 1 ccm
derselben nur 1/30000 mg Brom enthält, ja von Moschus wird noch 1/2000000 mg, von Mercaptan sogar 1/4600000000
deutlich gerochen. Die Verwandtschaft zwischen Geruch
und Geschmack ist so eng, daß bei vielen Empfindungen zwischen beiden sich
keine bestimmte Grenze feststellen läßt. Krankheiten des Geruch
bestehen entweder in einer gänzlichen Aufhebung oder in einer
besondern Stimmung desselben, in welcher Geruch
sempfindungen sich zeigen, die andere gesunde Menschen
nicht haben. Bei den krankhaften Veränderungen liegen oft
Krankheiten des Geruch
sorgans (chronische Katarrhe, Eiterungen u. dgl.)
oder allgemeine Nervenkrankheiten, z. B. Hypochondrie und Hysterie, zu Grunde.
Vgl. Bernstein, [* 5] Die fünf Sinne des Menschen (Bd. 12 der «Internationalen wissenschaftlichen Bibliothek», 2. Aufl., Lpz. 1889);
von Vintschgau, Physiologie des Geruch
ssinns (in Hermanns «Handbuch der Physiologie», Bd. 3, Tl. 2, ebd. 1880);
Zack, Riechen und Geruchsorgan (Wiesb. 1885).