Gartenbau
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Gartenbau [unkorrigier
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Seite 57.554.der Anbau von Gartenfrüchten aller Art, sowohl in Gärten wie in gartenmäßig bewirtschafteten Feldern, die Anzucht von Zierpflanzen und deren ästhetische Verwendung sowie die Anlage und Unterhaltung von Zier-, Nutz- und wissenschaftlichen Gärten, mithin die Gärtnerei in ihrem ganzen Umfange. Der hat mit der Land- und Forstwirtschaft mehrfache Berührungspunkte, mit ersterer im Gemüse-, Obst- und Samenbau, mit letzterer in der Anzucht von Wildbäumen, in Baum- resp. Forstbaumschulen und der Baumpflege. – In jenen beiden Fächern findet vorherrschend der Großbetrieb unter Verwendung von Maschinen und von mit Pferden bespannten Geräten, im G., mit Ausnahme des Gemüse- und Samenbaues und einzelner Baumschulen, fast ausschließlich der Kleinbetrieb und die Bearbeitung des Bodens mit dem Spaten (Spatenkultur) und andern Handgeräten statt (s. Gartengeräte). Während sich die Land- und Forstwirtschaft nur mit dem Anbau weniger der für den menschlichen Bedarf wichtigsten Nutzpflanzenarten ¶
forlaufend
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und deren Varietäten befaßt, ist das Gebiet des in dieser Beziehung unendlich vielseitiger; es um- faßt Nutz- und Zierpflanzen aller Zonen, von denen die aus tropischen Gebieten in künstlich erwärmten Räumen (Gewächshäusern, Mistbeeten u. s. w.) dauernd oder während des Winters kultiviert wer- den müssen. Infolge dieser Vielseitigkeit bat sich schon seit längerer Zeit die Notwendigkeit der Tei- lung des in verschiedene Betriebszweige heraus- gestellt.
Diese siud: der Gemüsebau (s. d.) mit der Gemüsetreiberei;
der Obstbau (s. d.) und die Obst- treiberei (s. Treiben der Pflanzen);
die Obstbaum- und Gehölzzucht (s. Obstbaumzucht) oder der Baum- schulbetrieb mit der als besondere Specialität be- triebenen Rosenzuckt;
der Samenbau (s. d.), der sich mit der Anzuckt von Nutz- und Zierpflanzen- samen befaßt;
die Pflanzen- und Blumenzucht, die sich mit der Kultur aller Zierpflanzen des freien Bandes sFreilandpflanzen) und
der Gewächshäuser faßt, sowie die Landschaftsgärtnerei oder Garten- kunst ff. d.), die sich mit der Anlage
und Unterhal- tung der Gärten, besonders der landschaftlich ge- baltenen Gärten, ^chmuckplätze beschäftigt, und die Binderei
(s. d.), die die Anfertigung der verschiede- nen Blumenarrangements besorgt.
- Der Eintei- lung der Gärten entsprechend, zerfällt der Gartenbau
auch in Nutz-, Zier- und wissenschaftliche Gärtnerei.
China und Japan

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China.
In den ältesten geschichtlichen Zeiten sind zuerst die dem Menschen zur Nahrung dienenden Obst- und Gemüsearten
und erst später Zierpflanzen an- gebaut worden. Als die Wiege des Gartenbau
kann H'lgvp- ten angesehen werden, denn der auch schon
in ältester Zeit in China
[* 3] und Japan zu hoher Entwicklung ge- langte hat erst seit Anfang des vorigen Jahr- hunderts
(Einführung der Kamelie 1730) auf die Entwicklung des europäifchen Gartenbau
Einfluß ausgeübt. Unter der Herrschaft der Pharaonen
wurde der Anbau des Landes mit Garten
[* 4] - und Feldfrückten uach strengen, gesetzlichen Vorschriften geregelt und besonders in der
mosaischen Zeit großartige Wasser- leitungsanlagen zur Berieselung des Nilthals aus- geführt und dasselbe dadurch
gewissermaßen in einen großen Nutzgarten verwandelt.
Die Beherr- scher des Landes umgaben außerdem ihre Wohnun- gen mit Ziergärten, in denen sogar schon Blumen- beete in Arabestenform
uuterhalten wurden. Von Gemüse baute man mit Vorliebe besonders Retticke, Zwiebeln, Lauch, Wassermelonen und Gurken an; von
Obst: Feigen, Datteln, Granatäpfel und Wein. Mit dem Niedergang des ägypt. Staates, von 500 v. Chr. ab,
ging auch der Gartenbau
zurück. Vou da ab waren die Griechen die bedeutendsten Förderer des Gartenbau. Sie
kultivierten schon die meisten uuserer dcutigcn Gemüse, wenn auch sicher in andern, den Stammarten viel uäher stehenden
Formen.
Romanzement - Römer

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Römer.
Von Obst wurden Äpfel, Birnen, Feigen, Granatäpfel, Oliven und Weintrauben gezogen. Nach Unter- jochung
der Griechen durch die Römer
[* 5] waren diese die wichtigsten Förderer des Gartenbau
und namentlich die Verbreiter desselben in die
von ihnen nördlich und westlich belegencn eroberten Länder und besonders auch uach Süd- und Mitteldeutschland. Bei dem großen
Luxus der Römer fand außer den für die Tafel bestimmten feinen Gartenfrückten besonders die Ziergärtnerei
eine wesentlicke Förderung und Ausbildung.
Die Gärten wurden bereits gesondert in Gemüse-, Obst-, Blumen- und andere Ziergärten. In diesen schnitt man aus Bäumen
und Sträuchern künstliche
[* 2]
Figuren aller Art und besonders Hecken. In Deutschland
[* 6] fand der in Karl d. Gr.
den ersten hervorragendsten Förderer. Durch die Kreuzzüge wurden viel Zier- und Nutzpflanzen nach Deutsch- land eingeführt.
Hier waren die Klöster die wichtig- sten dauernden Förderungsstätten für den Gartenbau
, da das Aufblühen desselben
infolge der vielen Kriege, der polit.
Preußen

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Preußen.
Zerrissenheit und Ohnmacht der Staaten an andern Stelleil vielfach verhindert war. In Preußen
[* 7] verdanlt
der Gartenbau
dem Großen Kurfürsten die wesentlichste Förderung dadurch, daß derselbe ihn selbst gepflegt und durch viele neu
eingeführte Pflanzen bereichert hat, hauptfächlich aber durch die Aufnahme der aus Frankreich vertriebenen Huge- notten, unter
denen sich viele Gärtner befanden. Diese führten die zur damaligen Zeit in Frankreich viel höhere Kultur
des in gleicher Weise hier be- sonders in Berlin
[* 8] ein.
Koniferen

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Koniferen.
Außerdem ist der Gartenbau
durch andere Herrscher in Preußen, Sachsen,
[* 9] Hannover,
[* 10] Bayern,
[* 11] Württemberg,
[* 12] Baden
[* 13] und Nassau und viele fürstl.
Familien dauernd gefördert worden. Durch die Hebung des Nationcüwohlstandes in Deutschland hat auch der Gartenbau
, namentlich Handels-
gärtnerei und Binderei, einen hervorragenden Auf- schwung genommeil. Ein Vergleich der verschiedenen Zweige
des in den wichtigsten curop. Staaten ergiebt, daß Eng- land und Belgien
[* 14] in der Topfpflanzeukulwr den ersten Rang einnehmen;
Frankreich noch immer in der feinern Obst- und Gemüsezucht sowie in der Obstbaum-, Gehölz- und Nosenzucht obenan steht;
Holland in der durch örtliche Verhältnisse begünstig- ten Kultur der Blumenzwiebeln unerreicht ist und auch in der Anzucht
von Koniferen
[* 15] und andern immergrünen Gehölzen Bedeutendes leistet, und Deutschland den ausgedehntesten Samenbau und die
größten Marltpstanzenkulturen besitzt.
Die Hauptsitze dieser Kulturen sind für Samenbau Quedlinburg
[* 16] und Erfurt,
[* 17] für Topfpflanzen Dres- den, Leipzig,
[* 18] Hamburg
[* 19] und Berlin. In letzterm Orte wird auyer Markt- und Handelspflanzentultur und hochentwickelter Binderei auch noch die
Kultur der Blumenzwiebeln (s. d.) und Maiblumen betrie- ben. Die hervorragendsten Betriebe
der Nutzgärt- nerei in Deutschlaud s. unter Gemüsebau und Obst- ball. Hauptsitze des Gartenbau
im
Auslande sind in Eng- land London;
[* 20] in Belgien Gent,
[* 21] Brüssel
[* 22] und Brügge; in Holland Haarlem
[* 23] für Blumenzwiebeln
und Vos- koop für Baumschulbetrieb, besonders Koniferen- zucht; in Frankreich Paris,
[* 24] Orleans und Angers; ferner die Riviera bis
ins ital. Gebiet; in Osterreich Wien,
[* 25] Budapest
[* 26] und Prag;
[* 27] in Dänemark
[* 28] Kopen- hagen, besonders für Blumenkohl und andere Kohl- arten.
Der Gartenbau
wird durch die vielen Gartenball- vereine is. d.), die in allen größern und vielen klei- nen
Städten bestehen, durch Gartenbau
schulcn (s. d.) und Gartenbau-Ausstellungen (s. d.) gefördert. Litteratur. W. Perrinq, Leriton
für Gartenbau
und Blumenzucht (Lpz. 1882); F. Iühlke, Gartenbuch für Damen 14. Aufl., Berl. 1889); Th. Rümpler, Illustriertes
Gartenbau-Lexikon (2. Aufl., ebd. 1390); Schmidlins Gartenbuch (4. Aufl.,
von Nletner und Rümpler, ebd. 1892); Christs Gartenbuch i9. Aufl., von Lucas, Stuttg. 1892). - In der periodischen Gartenbau-Litteratur
nehmen zur Zeit folgende Zeitschriften eine hervorragende Stellung ein-/Gar- tenflora. Zeitschrift für Gärten- und Vlumenkunde,
hg. von Nittmaa (begründet von E. von Regel), Organ des Vereins zur Beförderung des in Berlin
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