Vauban
(spr. wobáng), Sébastien le Prêtre de, franz.
Marschall und Verbesserer des Ingenieurwesens, geb. zu St. Léger
de Foucherets bei
Avallon in
Burgund, trat in seinem 17. Jahre bei der span.
Armee im Regiment Condé als
Kadett ein und wurde
von Condé, dem er durch seine mathem. Kenntnisse auffiel, als Ingenieur benutzt. 1653 gefangen, wurde Vauban
als
Offizier im franz. Ingenieurkorps angestellt. Er zeichnete sich bei mehrern
Festungsangriffen aus und leitete schon 1658 als
General die
Belagerungen von Gravelingen,
Ypern und Oudenaarde selbständig.
Du Pont-Pulver - Dupuy
![Bild 67.347: Du Pont-Pulver - Dupuy [unkorrigiert] Bild 67.347: Du Pont-Pulver - Dupuy [unkorrigiert]](/meyers/thumb/67/67_0347.jpeg)
* 2
Dünkirchen.Nach dem Frieden begann er 1662 die Anlagen zur Neubefestigung von Dünkirchen. [* 2] Im ersten Kriege Ludwigs XIV. zwang er 1667 mehrere belg. Festungen zur Kapitulation. 1669 wurde er Generalinspektor sämtlicher franz. Festungen und bald der berühmteste Kriegsbaumeister seiner Zeit; er hat 33 feste Plätze neu erbaut und 300 alte verbessert, hat 53 Belagerungen geleitet, 140 Gefechten beigewohnt, aber nie Gelegenheit gehabt, eine Festung [* 3] zu verteidigen. Der Angriff machte durch ihn große Fortschritte und überflügelte die Verteidigung.
Dies bewirkte Vauban
vorzüglich durch die systematisch angeordneten
Parallelen (s. Förmlicher
Angriff), die
er 1673 vor Maastricht,
[* 4] und den Rikoschettschuß (s. d.), den er 1697 vor
Ath zuerst anwandte. Im Festungsbau verstand es
Vauban
meisterhaft, die Befestigungen dem Gelände anzupassen; nirgends findet man bei ihm ein peinliches Streben
nach regelmäßigen Formen. Im Grundriß ist den Forderungen des
Défilements, im Profil der Örtlichkeit
aufs scharfsinnigste
Rechnung getragen.
Vauban-Kanal - Vaudevi

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Seite 66.187.
Nach V.s
Tode hat man aus seinen Bauten drei sog. Vaubansche
Manieren abgeleitet, die sämtlich dem von den
Italienern überkommenen
Bastionärsystem angehören (s.
Französische Befestigungsmanier). Die Befestigungsweife V.s und seiner Nachfolger blieb über
ein Jahrhundert in Europa
[* 5] maßgebend und ist es in
Frankreich bis 1870 gewesen. Auch in andern Bauten
zeichnete sich Vauban
aus, wie die Schleuse von Gravelingen und der
Hafen von
Toulon
[* 6] beweisen. Der Vaubansche
Festungsangriff hat
durch die Ausbildung der gezogenen
¶
mehr
Geschütze [* 8] in artilleristischer Hinsicht wesentliche Änderungen erlitten, liegt aber dem Ingenieurangriff auch gegenwärtig noch in gewisser Hinsicht zu Grunde.
V.s Einfluß im Heerwesen bewirkte 1703 die Abschaffung der Piken und die allgemeine Einführung des Steinschloßbajonettgewehrs
bei der franz. Infanterie. 1699 wurde Vauban
Ehrenmitglied der Akademie der Wissenschaften, und 1703 erhielt er
den Marschallsstab. Doch zog ihm seine Denkschrift «Projet d'une dime royale» (1707; neue Aufl.,
Par. 1877), worin er auf die enorme Steuerlast, durch die das franz.
Volk bedrückt wurde, hinwies und alle die vielfachen Abgaben durch eine einzige Steuer zu ersetzen vorschlug, die Ungnade des
Königs zu, so daß er in Ruhestand versetzt wurde. Er starb und hinterließ nur Handschriften,
von denen ein Teil später u. d. T. «Oisivetés de M.
de Vauban»
(3 Bde., Par.
1842-43) herausgegeben wurde. Auch ist seine Wirksamkeit in den «Œvres militaires»,
hg. von Foissac (3 Bde., Par. 1793),
in dem «Traité de l'attaque des places» von Augovat (ebd. 1829: deutsch von Zastrow u.d. T. «Angriff und Belagerung fester Plätze», Berl. 1841) und in dem «Traité de la defense des places», nach einer von ihm selbst durchgesehenen Handschrift, mit einer Vorrede des Generals Valazé (Par. 1829),
Berlin

* 10
Berlin. und in mehrern andern Werken niedergelegt. Ferner
wurden nach seinen Handschriften bearbeitet «Mémoires pour servir d'instruction
dans la conduite des sièges et dans la défense des places» (Leid. 1740; deutsch Berl. 1744). Seine «Mémoires
militaires» wurden von Favé herausgegeben (Par. 1847); auch erschienen «Mémoires
inédits du maréchal Vauban
sur Landau,
[* 9] Luxembourg etc.» (ebd. 1841). Die unter seiner Leitung
verfertigten Modelle der franz. Festungen wurden von den Verbündeten 1815 mit fortgenommen
und befinden sich zum Teil in der Ruhmeshalle (Zeughaus) zu Berlin.
[* 10] -
Vgl. Chambray, Notice historique sur Vauban
(Par. 1845);
G. Michel, Histoire de Vauban
(ebd. 1879);
Lohmann, Vauban
, seine Stellung in der Geschichte der Nationalökonomie und
sein Reformplan (Lpz. 1895).