(Schmieröl) in den
Kessel, so entstehen
Kalk- und Eisenoxydulseifen, welche sehr gefährlich werden können.
Hat sich einmal
Kesselstein gebildet, so muß er mit
Hammer
[* 2] und
Meißel
[* 3] entfernt werden. Dies ist eine sehr mühsame
Arbeit, stört den Betrieb und greift
die
Kesselbleche stark an. Man hat sich daher seit langer Zeit bemüht, die
Bildung des Kesselsteins zu
verhindern, und zu diesem
Zweck sehr verschiedene
Mittel empfohlen. Von diesen erwiesen sich viele als durchaus unwirksam;
über andre lauten die auf
Erfahrungen gegründeten
Urteile sehr verschieden, offenbar ein Zeichen, daß verhältnismäßig
geringfügige
Abweichungen in der
Beschaffenheit des
Wassers und im Betriebe (beständiger oder unterbrochener
Betrieb) die Kesselsteinbildung nicht unwesentlich modifizieren.
MancheMittel wirken rein mechanisch, wie Blechschnitzel, Glasscherben etc., die man oft in großer
Menge in den
Kessel gethan hat, damit sie beständig gegen das
Kesselblech reiben und es rein erhalten; sie sind wenig empfehlenswert,
und ihre Wirksamkeit erlischt jedenfalls vollständig, sobald sich größere
Mengen von Schlamm abgeschieden
haben. Sehr sinnreich sind Vorrichtungen, welche die im
Kessel herrschenden Strömungen benutzen, um die ausgeschiedenen
Substanzen
aufzufangen und auf unschädliche
Weise abzulagern.
Hierher gehören die vielfach günstig beurteilten Popperschen Kesseleinlagen, muldenförmig zusammengebogene
Eisenbleche,
welche gleichsam einen zweiten
Boden im
Kessel bilden, mit ihren Oberkanten etwa bis unter die Mitte des
Kessels reichen und hier von der Kesselwand weiter entfernt sind als am
Boden. Zwischen Kesselwand und Einlage entsteht eine
starke Strömung, durch welche alle
Ausscheidungen in die
Mulden geführt werden, wo sie sich alsbald ablagern.
AndreMittel wirken auch nicht viel anders als mechanisch, indem sie die Vereinigung der ausgeschiedenen
Stoffe verhindern. Dies gilt z. B. von
Kartoffeln,
Dextrin,
Kleie,
Mehl,
[* 4] Zichorienwurzel, Farbholzextrakten,
Melasse etc., die
ebenfalls sehr oft günstig gewirkt haben. Auch Lohrindenbrühe hat sich bewährt (man hängt täglich einen
Sack frisch gemahlene
Gerberlohe in den
Vorwärmer) und in
Sägemühlen das
Speisen des
Kessels mit dort leicht zu erlangendem
lohigen
Wasser.
Bei gipshaltigem
Wasser benutzte man mit Vorteil eine
Lösung von
Katechu und
Kochsalz, von welcher man täglich ein bestimmtes
Quantum dem Kesselwasser zusetzte. Versetzt man gipshaltiges
Wasser mit
Chlorbaryum, so entsteht lösliches
Chlorcalcium, welches
nie Kesselstein bildet, und unlöslicher schwefelsaurer
Baryt, der sich als
Pulver ausscheidet, aber nicht festbrennt.
Mehrfach hat sich ein Zusatz von
Glycerin (1 kg auf 300-400 kg verbrannte
Kohle) bewährt, und in neuester Zeit wird vielfach
gerühmt, daß ein im
Kessel befindliches und mit dem
Eisen
[* 5] in metallischen
Kontakt gebrachtes
StückZink die
Bildung von Kesselstein verhindere.
In allen bisher erwähnten
Fällen bleiben die ausgeschiedenen
Stoffe im
Kessel, und oft wird die
Menge des
Schlammes noch vermehrt durch den Zusatz eines unlöslichen Schutzmittels.
Von diesem Schlamm werden aber endlich namhafte
Mengen durch den
Dampf
[* 6] mit fortgerissen und verunreinigen und beschädigen
die
Ventile und Maschinenteile. Sehr viel rationeller sind daher kesselsteinverhindernde
Mittel, durch
welche eine Abscheidung der erdigen
Substanzen außerhalb des
Kessels bewirkt wird. Man hat dies durch
Apparate zu erreichen
gesucht, in welchen das
Wasser mit
Dampf in Berührung kommt und die durch denselben zur
Ausscheidung gebrachten
Körper zurückläßt.
So hat
Henschel einen senkrecht
über dem
Kessel angebrachten Dampfkasten mit Zickzackstreifen als Reiniger
benutzt;
Sulzer wendet ein im
Mauerwerk liegendes Dampfgefäß an, in welchem auf 3-4
Platten das
Wasser hin- und herfließen
muß;
der Schausche
Apparat besteht aus einem auf dem
Kessel angebrachten
Dampfdom, in welchem das
Speisewasser durch eine Brause
fein verteilt wird und dann über flache
Teller herabrieselt;
Haswell läßt das
Speisewasser durch eine
im Dampfraum des
Kessels horizontal aufgehängte Rinne mit Querwänden fließen etc. In dieser Rinne wie
auf den
Platten oder
Tellern der andern
Apparate setzen sich die abgeschiedenen kesselsteinbildenden Wasserbestandteile
(Kohlensäuresalze)
ab, und das
Wasser gelangt gereinigt in den
Kessel.
Man kann aber auch jene
Stoffe durch chemisch wirksame
Körper aus dem
Wasser fällen und in besondern
Gefäßen sich absetzen lassen. Fügt man z. B. zu gipshaltigem
Wasser eine Sodalösung,
so entsteht aus
Gips
[* 7] (schwefelsaurem.
Kalk) und
Soda (kohlensaurem
Natron) kohlensaurer
Kalk und schwefelsaures
Natron. Ersterer
scheidet sich als unlösliches
Pulver ab und setzt sich zu
Boden; das klare
Wasser aber enthält schwefelsaures
Natron gelöst, welches niemals Kesselstein bildet.
Gips kann auch durch
Chlorbaryum entfernt werden; es entsteht unlöslicher schwefelsaurer
Baryt und leicht
lösliches
Chlorcalcium, welches niemals Kesselstein bildet. Enthält aber das
Wasser wie gewöhnlich neben doppeltkohlensaurem
Kalk
auch
Gips, so muß man zwei Fällungsmittel anwenden, entweder
Chlorbaryum und
Kalkmilch oder kohlensaures
Natron und
Kalkmilch.
Die
Fällung kann in gewöhnlichen Bottichen vorgenommen werden, doch sind auch
Apparate konstruiert worden,
welche die Fällungsmittel dem
Wasser selbstthätig zuführen.
Dorf im preuß. Regierungsbezirk Köln,
[* 14] Kreis
[* 15] Bonn,
[* 16] unweit des Rheins, hat eine kath. Pfarrkirche, eine Heil-
und Pfleganstalt für Gemüts- und Nervenkranke, Zementwarenfabrikation, Obst- und Gemüsebau und (1885) 2965 Einw.
Kestners Hauptverdienst liegt auf dem Gebiet der technischen Chemie. Er hat die chemische Großindustrie im Elsaß begründet.
Die Fabrikation der Schwefelsäure wurde durch ihn nebst allen Nebenfabrikationszweigen in großartigem Maßstab
[* 24] ausgeführt.
Ferner lieferte er alle für die elsässische Färberei und Zeugdruckerei erforderlichen Chemikalien, besonders
Zinnverbindungen und Weinsäure. Die Darstellung der letztern gab Veranlassung zur Entdeckung der Traubensäure. Kestner fabrizierte
ferner Guignetgrün und viele andre Farbstoffe, nach Ankauf großer Waldungen auch Holzessig und die übrigen Destillationsprodukte
des Holzes.
Einen besonders hohen Standpunkt gewann die Fabrik durch die wahrhaft väterliche Sorge für das Wohl der
Arbeiter, denen Kestner die nützlichsten Institutionen geschenkt hat. Kestner war auch Politiker und glühender Republikaner. Zweimal
wählten seine Landsleute ihn in gesetzgebende Versammlungen. 1848 war er in der Konstituante, 1850 in der Legislative Deputierter
des Oberrheins. Bei Gelegenheit des Staatsstreichs wurde in Mazas eingekerkert und dann verbannt, konnte
aber nach einiger Zeit zurückkehren und beteiligte sich, von schweren körperlichen Leiden
[* 25] heimgesucht, seitdem nicht mehr
am politischen Leben. Er starb
(Ketubim, hebr.), s. Hagiographa. ^[richtig: Hagiograph.] ^[= (griech.), Schriftsteller, welcher über Gegenstände der Religion und Theologie schreibt; Legendens ...]
(Cetewayo), Zulukönig, Sohn des Königs Panda, folgte diesem 1858, bildete den von seinem Oheim Schaka gegründeten
Militärstaat unter den Zulu noch weiter aus und schuf ein Heer von 40,000 Mann. Da er wegen der Krieger, welche nach Natal flüchteten,
mit den Engländern in Streit geriet und deren Forderungen schroff ablehnte, rückten diese 1879 in sein
Gebiet. Sie erlitten zwar 22. Jan. bei Isandhlwana (s. d.) eine empfindliche Niederlage, schlugen aber, da Ketschwayo den Sieg nicht benutzte,
denselben 4. Juli bei Ulundi und nahmen ihn 28. Aug. gefangen. Nach längerer Haft in der Kapstadt
[* 29] reiste Ketschwayo 1882 nach
England und wurde nach seiner Rückkehr unter englischer Oberhoheit als Herr über einen Teil des Zululandes wieder eingesetzt.
Doch starb er schon in Ekhowe.
eine Reihe kurzer, ineinander greifender oder scharnierartiger, durch Bolzen verbundener
Glieder,
[* 30] wird gewöhnlich aus Metall gefertigt und dient zum Aufhängen und Aufziehen von Lasten (Kranketten, Uhrketten etc.),
zur Fortpflanzung von Bewegungen bei Maschinen, als Verbindungsmittel, zum Messen (Meßketten) u. zum Schmuck (vgl. Halsschmuck).
[* 31] Wird das erste Glied
[* 32] einer Kette mit deren letztem Glied verbunden, so entsteht die endlose Kette. Je nach der
Form der Glieder unterscheidet man Ringketten
[* 13]
(Fig. 1), Stegketten
[* 13]
(Fig. 2),
Hakenketten (Vaucansonsche Ketten,
[* 13]
Fig. 3), Gelenkketten (Gallesche Ketten,
[* 13]
Fig. 4 u.
5). Die größern Last- u. Triebketten werden aus Schmiedeeisen oder Stahl hergestellt und zwar durch Schmieden, indem die Glieder,
aus Rundeisen gebogen, ineinander gehängt und einzeln an den zusammenstoßenden Enden aneinander geschweißt werden. Bei den
Ketten, deren Glieder zur Vermeidung von Verwickelungen Querstege bekommen, schweißt man diese vorgeschmiedeten Stege nachher
ein. Die Gelenkketten erzeugt man aus einzelnen Stäben (Lamellen), welche an beiden EndenLöcher zur
Aufnahme der Durchsteckbolzen erhalten, die entweder durch Umnieten
[* 33]
(Fig. 4) oder auch durch
Vorsteckstifte festgehalten werden. Die Lamellen werden gewöhnlich durch große Durchschnitte aus Stäben oder Blech hergestellt.
Bei Hakenketten werden die Glieder nicht zusammengeschweißt, sondern nur aus Draht- oder Stangenstücken gebogen und so ineinander
gehängt, wie
[* 33]
Fig. 3 zeigt. Diese Ketten können deshalb nicht für große Kräfte verwendet werden, gestatten
aber ein bequemes und schnelles Ein- und Aushaken.
Vielfach fordert die Anwendung der Ketten einen Eingriff der Glieder mit Zähnen oder eigentümlichen Erhöhungen auf dem Umfang
von Kettenrollen; in solchen Fällen müssen die Glieder sehr genau passen (kalibrierte Ketten). Die schweren
Schiffsketten zum Ersatz der Taue führen auch den NamenKettentaue. Mitunter, z. B. bei Kettenbrücken, bildet man auch die Glieder
aus längern Stangen, deren Enden, zu Ringen gebogen, ineinander gehängt und geschweißt sind. Zu dieser Gattung gehören auch
die aus schmalen Blechstreifen zusammengesetzten Ketten
[* 33]
(Fig. 6). Die in mannigfaltigen
Formen vorkommenden kleinen Ringketten erzeugt man aus ineinander gehängten, aus Draht
[* 34] gebogenen Gliedern, die für bessere
Ketten zusammengelötet, oft auch gespalten gelassen werden. Zur fabrikmäßigen Herstellung solcher Glieder wickelt man runden,
viereckigen, kordierten etc. Draht um eine runde oder beliebig geformte Stange zu einer Spirale und schneidet diese der Länge
nach durch, wodurch die Windungen Ringe abgeben, die vollkommen gleich sind. - Neuerdings sind auch Maschinen für die Kettenfabrikation
in Anwendung gekommen, welche insbesondere das Biegen und Zusammenschweißen der einzelnen Glieder auf mechanisch sehr vollkommene
Weise vornehmen.
Manche Ketten werden zuletzt durch ein Zieheisen mit runden oder viereckigen Löchern gleich Draht gezogen.
Von den goldenen Venezianerkettchen sind die feinsten von solcher Feinheit, daß 38 Glieder zusammen nur 1 cmLänge haben,
und so leicht, daß 1 m nur 1,4 g wiegt. Schmuckketten aus Blech bestehen aus Blechringen, die mit Drahtringen aneinander
gehängt sind. Die Kugelketten bestehen aus hohlen Blechkugeln mit zwei Löchern und aus kurzen Drahtstiften,
welch letztere, durch die Löcher zweier benachbarter Kugeln eintretend, innerhalb jeder Kugel ein Köpfchen haben; sie sind
sehr fest, außerordentlich biegsam und verwirren sich nie. - In der Weberei
[* 35] heißt Kette (engl. Warp) das in einer Ebene aufgespannte
System von Fäden, durch welches mit Hilfe des Schiffchens der Einschußfaden geführt wird. Dann heißt
Kette oft eine Reihe gleicher Gegenstände, die als Ganzes betrachtet werden, so besonders von Bergen
[* 36] (Gebirgskette, s. Gebirge);
ferner mehrere gewöhnlich zusammenfliegende Vögel,
[* 37] z. B. Reb-, Auer-, Birk- und Haselhühner, Trappen etc. (s. Gesperr). Die
Kette ist das Symbol der Sklaverei oder Gefangenschaft.
Hier verfolgte er rücksichtslos und konsequent das Ziel, die Kirche nicht nur von der Staatsgewalt unabhängig, sondern vielmehr
diese zur ergebenen Dienerin der Kirche zu machen und in derselben den papistisch-jesuitischen Geist zur
unbedingten Herrschaft zu erheben. Durch Einführung von Schulbrüdern und Schulschwestern, die Errichtung von katholischen
Waisen- und Rettungshäusern, eines Priesterseminars und Knabenkonvikts suchte er die Jugenderziehung in die Gewalt des Klerus
zu bringen, durch Stiftung klösterlicher Institute, auch einer Jesuitenniederlassung in Mainz (1858), von
Vereinen etc. den ultramontanen, fanatischen Geist in der katholischen Bevölkerung
[* 51] großzuziehen.
Den rechtlichen Zuständen in der oberrheinischen Kirchenprovinz kündigte er in seiner Schrift »Das Recht und der Rechtsschutz
der katholischen Kirche in Deutschland«
[* 52] einen Kampf auf Leben und Tod an. In der That gelang es Ketteler, der von der
katholischen Großherzogin unterstützt wurde, die vom MinisterDalwigk geleitete reaktionäre Regierung in einer geheimen Konvention
vom zu Zugeständnissen zu bewegen, durch die der Staat seine Patronatsrechte, seine Mitwirkung bei der Besetzung
des Bistums, das Placet, das Aufsichtsrecht über das katholische Vereinswesen und die geistlichen Lehranstalten
preisgab, den freien Verkehr mit Rom und
[* 53] die Herstellung einer geistlichen Gerichtsbarkeit gestattete und dem Bischof nicht bloß
die Heranbildung des Klerus völlig überließ, wodurch die katholisch-theologische Fakultät in Gießen
[* 54] beseitigt wurde, sondern
ihm auch einen erheblichen Einfluß auf die Schule, namentlich die Volksschule, einräumte.
Doch war der Ehrgeiz Kettelers hierdurch noch nicht befriedigt. Er strebte danach, Erzbischof von Freiburg
[* 55] zu werden
und dadurch an die Spitze der oberrheinischen Kirchenprovinz zu treten, was jedoch die badische Regierung verhinderte. Daneben
suchte er durch Beteiligung an der sozialen Bewegung (z. B. »Die Arbeiterfrage und das Christentum«, 3. Aufl., Mainz 1864) dem
Einfluß der Kirche auf den Arbeiterstand die Wege zu bahnen, indem diese als der einzige Rettungsanker
¶
mehr
im Kampf gegen das Kapital gepriesen wurde. Auch fügte er sich rasch und mit Geschick in die 1866 in Deutschland eingetretene
Wendung der politischen Verhältnisse (»Deutschland nach dem Krieg von 1866«, 6. Aufl., Mainz 1867). Seine Anhänglichkeit an
das Papsttum bekundete er wiederholt in demonstrativer Weise: 1854 wohnte er der Publikation des Dogmas von der
unbefleckten Empfängnis in Rom bei, feierte im Juni 1855 mit großem Pomp das 1100jährige Säkularfest des heil. Bonifacius
und war 1860 und 1867 wieder in Rom.
Auf dem Konzil 1870 gehörte er zu den Bischöfen, welche die Opportunität des Unfehlbarkeitsdogmas bekämpften, und that
noch 15. Juli einen (vergeblichen) Fußfall vor Pius IX. Schon im August 1870 unterwarf er sich aber und verteidigte
das Dogma in verschiedenen Hirtenbriefen, in denen er Unterwerfung von allen Gläubigen verlangte. Seitdem übernahm er die
Führung der ultramontanen Partei im Kampf gegen das Deutsche Reich
[* 57] und die preußische Kirchengesetzgebung. In Tauberbischofsheim 1871 in
den ersten deutschen Reichstag gewählt, wurde er Führer der Zentrumspartei, legte indes sein Mandat bald nieder, um sich durch
seinen DomkapitularMoufang vertreten zu lassen.
An den Versammlungen der preußischen Bischöfe in Fulda
[* 58] nahm er regelmäßig teil, obwohl nur wenige Gemeinden seiner Diözese
seit 1866 preußisch waren, und vertrat hier mit Erfolg die Politik des unbedingten Widerstandes gegen
die staatliche Gesetzgebung. 1874 untersagte er sogar in den Kirchen seiner Diözese die Feier des Sedantags u. nannte den Rhein
einen katholischen Strom. Sein Bischofsjubiläum 1875 wurde zu einer großen ultramontanen Demonstration benutzt.
Wohin aber ein bedeutender, energischer, ja in gewissem Sinn freiheitsliebender Priester durch die Konsequenzen
des ultramontanen, jesuitischen Systems getrieben werden kann, dafür ist ein belehrendes Beispiel. Von seinen zahlreichen
Schriften sind noch zu erwähnen: »Freiheit, Autorität und Kirche« (7. Aufl., Mainz 1862);
»Die wahren Grundlagen des religiösen
Friedens« (3. Aufl., das. 1868);
»Das allgemeine Konzil und seine Bedeutung für unsre Zeit« (5. Aufl.,
das. 1869).
»Briefe von und an Wilh. Eman. Freih. v. Ketteler« gab
Raich heraus (Mainz 1879).
(kontinuierlicher Bruch), ein Bruch, dessen Zähler eine ganze Zahl und dessen Nenner die Summe aus einer ganzen
Zahl und einem Bruch von derselben Bildungsweise ist; z. B.:
^[img]oder: ^[img]
Diese beiden Kettenbrüche sind endlich und haben rationale Werte; hört aber der Kettenbruch nicht auf, so heißt er unendlich und
hat einen irrationalen Wert. Die Brüche ¾, 7/8, 5/4, ½ im ersten und ½, 1/13, 1/7, ⅓ im zweiten
Beispiel nennt man die Glieder des Kettenbruchs; haben alle Glieder den Zähler 1, wie im zweiten Beispiel, so heißt der ein
einfacher. Die einfachen Kettenbrüche finden hauptsächlich zur Berechnung von Näherungswerten für Brüche, deren Zähler
und Nenner sehr große Zahlen sind, Anwendung.
Nimmt man nämlich statt des ganzen Kettenbruchs bloß das erste Glied, dann die zwei ersten Glieder, hierauf
die drei ersten Glieder, so bekommt man Näherungswerte, die abwechselnd zu groß und zu klein sind, sich aber dem wahren
Wert immer mehr nähern, indem die Näherungswerte ungerader Ordnung, also der erste, dritte, fünfte etc., abnehmen, diejenigen
gerader Ordnung dagegen, also der zweite, vierte etc., wachsen. Diese Näherungswerte
(Partialbrüche) lassen sich leicht berechnen. Sind nämlich a1, a2, a3 ^[a1, a2, a3] etc.
die Nenner der aufeinander folgenden Glieder eines einfachen Kettenbruchs, so sind die Näherungswerte
1) ^[img] 2) ^[img]
3) ^[img] 4) ^[img]
5) ^[img] u. s. f.
Es hat also beispielsweise der zweite der obenstehenden Kettenbrüche die Näherungswerte
^[img],
deren letzter den richtigen Wert angibt. Der Wert eines einfachen Kettenbruchs ist stets kleiner als 1; um daher eine Zahl
in einen solchen Kettenbruch zu verwandeln, sondere man erst die Ganzen ab und verwandle den übrigbleibenden echten
Bruch. Zu dem Ende dividiere man mit dem Zähler in den Nenner, dann mit dem Rest in den vorigen Divisor
(den Zähler des zu verwandelnden Bruches) und fahre so fort, indem man immer mit dem Rest in den vorigen Divisor dividiert,
bis die Rechnung aufgeht. Die Quotienten, welche sich hierbei ergeben, sind die Nenner der Glieder des Kettenbruchs.
Bei der Verwandlung eines Dezimalbruchs in einen Kettenbruch hat man denselben zunächst als gemeinen Bruch zu schreiben. Die Umwandlung
von 289/600 in einen Kettenbruch gibt z. B. folgende Rechnung:
^[img],
und man erhält so die Nenner der Glieder des oben angegebenen einfachen Kettenbruchs. Außer zur Ermittelung von Näherungswerten
finden die Kettenbrüche auch in der unbestimmten Analytik zur Lösung diophantischer Gleichungen, ferner in der Algebra zur
Auflösung quadratischer Gleichungen etc. sowie in der Analysis Anwendung. Die Kenntnis der Kettenbrüche datiert aus dem 17. Jahrh.
LordBrounker (1620-84) hat bereits die Ludolfsche Zahl durch einen Kettenbruch dargestellt. Huygens zeigte die Verwendung
zur Ermittelung von Näherungswerten, ausführlicher hat sie dann LeonhardEuler behandelt. Eingehendere
¶
(Kettenpanzer, Maschenpanzer), ein aus zusammengenieteten Ringen bestehendes oder aus Eisendraht geflochtenes
Rüstungsstück, welches vom 11. bis zum Ende des 13. Jahrh. üblich war.
Das Kettenhemd entwickelte sich bald zu einer den ganzen Mann bedeckenden Rüstung
[* 64] mit Ketten- oder Ringkapuze und Ringhosen.
Aus der
Verstärkung
[* 65] einzelner Teile der Kettenrüstung entwickelte sich später die Plattenrüstung.
früher gebrauchtes Geschoß
[* 66] (s. d.), aus zwei mittels einer Kette verbundenen Halbkugeln bestehend, wurde
aus großen Kanonen vorzugsweise auf der See zum Zerreißen der Takelage verwendet.
(Catenaria), in der Geometrie und Mechanik die ebene Linie, welche ein schwerer, nicht dehnbarer, vollkommen
biegsamer Faden
[* 68] als Form annimmt, wenn man ihn an zwei Punkten aufhängt.
Verwandt mit der Kettenlinie ist die Kettenbrückenlinie,
die Form, welche der Faden annimmt, wenn derselbe eine in horizontaler Richtung gleichmäßig verteilte
Last trägt.
Die Kettenlinie kommt außerdem auch als Form von Gewölbebogen in Anwendung.
(Kettenrechnung, Kettensatz), ein Rechnungsverfahren, um den Wert einer Größe in Einheiten einer andern
Größe auszudrücken, wenn zwischen beiden eine Anzahl Zwischenglieder durch Gleichungen gegeben sind, die man so ordnen kann,
daß immer die linke Seite einer Gleichung mit der rechten der vorhergehenden gleichnamig ist. Z. B. wieviel Ar gehen auf den
preußischen Morgen zu 180 QRuten, wenn die Rute 12 Fuß, der preußische Fuß 0,3138 m und der Ar 100 qm hat?
Um denAnsatz (Kettensatz) zu bilden, schreibt man zuerst die Frage nieder und zwar links die unbekannte, rechts die bekannte
Größe, also: x Ar = 1 Morgen preußisch.
Darunter schreibt man die Gleichung, welche links Morgen enthält, also 1 Morgen = 180 QRuten. Darunter
muß nun eine Gleichung kommen, welche mit QRuten anfängt, nämlich 1 QRute = 12 . 12 QFuß etc. Der
Kettensatz ist vollendet, wenn die rechte Seite der letzten Gleichung dieselbe Benennung hat wie die unbekannte Größe. Den
Wert der letztern findet man,
indem man das Produkt der rechts stehenden Zahlen mit dem der links stehenden
dividiert. Man erhält also den Ansatz:
(Häretiker), überhaupt alle, welche von der als rechtgläubig allgemein anerkannten Kirchenlehre abweichen,
zu unterscheiden von den Ungläubigen (infideles), d. h. allen denjenigen, welche keine Christen sind, den Apostaten (s. d.)
und den Schismatikern (s. d.). Der Name Ketzer ist aus dem WortKatharer (s. d.) entstanden und kommt zuerst
bei den Minnesängern des 12. Jahrh. vor. Sobald im Verlauf des 2. Jahrh.
die katholische Kirche sich konsolidiert hatte, wurden die abweichenden Lehren
[* 73] als Häresien, d. h. Ketzereien, ausgeschieden.
Dergleichen Ketzereien haben seit JustinusMartyr, dessen Verzeichnis verloren gegangen ist, die Kirchenväter
rastlos zusammengestellt. Schon der gegen Ende des 4. Jahrh.
¶
Zugleich fanden förmliche Kreuzzüge gegen die Ketzer statt; ihnen erlagen im 13. Jahrh. die Albigenser und
die Stedinger. Seit der Reformation werden von der römisch-katholischen Kirche vornehmlich die Protestanten und in letzter
Zeit auch die Altkatholiken (s. d.) als Ketzer bezeichnet, wiewohl nach
den Bestimmungen des WestfälischenFriedens im DeutschenReich die Angehörigen beider Konfessionen
[* 76] sich gegenseitig jenen Namen
nicht beilegen sollten. Auch in der protestantischen Kirche fing man bald an, Rechtgläubige (»Orthodoxe«)
und Häretiker (»Heterodoxe«) zu unterscheiden. Religiöse Unduldsamkeit ist noch heute der Charakterzug der herrschenden
Theologie, wenngleich ihr der Staat nicht mehr den Gefallen thut, die Ketzer von bürgerlichen Ehren, Ämtern und Würden oder gar
vom Rechte derExistenz auszuschließen.
Vgl. Hilgenfeld, Die Ketzergeschichte des Urchristentums (Leipz.
1883).
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Potsdam,
[* 77] KreisOsthavelland, an der Havel, hat bedeutende Thongruben und Ziegelbrennerei
und (1885) 3033 meist evang. Einwohner.
Dieser Zustand kann schon nach 6-8 Tagen in den eigentlichen Krampfhusten übergehen, aber auch mehrere Wochen anhalten. Der
eigentliche Krampfhusten ist charakterisiert durch Hustenanfälle von eigentümlicher Art, die sich anfangs nur dadurch bemerklich
machen, daß der Husten einen gewissen scharfen, trocknen Ton annimmt, in gehäuftern Stößen erfolgt und
den Kranken mehr erschüttert als der gewöhnliche Husten etwa beim Katarrh, bald aber ihre charakteristische Form annehmen.
Die erste Inspiration geht gewöhnlich noch mit Leichtigkeit in die Hustenstöße über; aber schon nach der zweiten Inspiration
tritt oft ein heftiger Krampf der Stimmritze ein, der unter unsäglicher Angst und bei sichtlicher
Erstickungsnot
nur mühsam durch Anstrengung aller Brustmuskeln überwunden wird. Es erfolgen zahlreiche Hustenstöße, oft wird gleichzeitig
der Inhalt des Magens erbrochen, zuweilen werden auch Urin und Stuhl entleert. So folgen sich Hustenstöße und gewaltsame Atemzüge
noch einigemal, bis endlich die Gewalt nachläßt, die Inspirationen ruhiger geschehen und mit dem Husten
eine meist nicht beträchtliche Menge zähen Schleims entleert wird.
Das Kind ist im höchsten Grad erschöpft und erholt sich erst nach einigen Minuten allmählich wieder. Zuweilen treten in einem
heftigen Anfall auch Blutungen aus Mund, Nase
[* 78] und Lungen ein. Die Dauer eines solchen Anfalls ist ½-2 Minuten,
selten länger. Die Zahl der Anfälle innerhalb eines Tags ist gleichfalls sehr verschieden; auf der Höhe der Krankheit kommen
gewöhnlich 20-40 Paroxysmen auf 24 Stunden. Die Anfälle sind nicht an eine bestimmte Zeit gebunden, doch abends und nachts
häufiger, besonders auf der Höhe der Krankheit.
Die Dauer der heftigen Anfälle und des Höhestadiums der Krankheit währt von 14 Tagen bis zu 2 Monaten
und noch länger. Meist werden 10-14 Tage lang die Anfälle immer heftiger und häufiger, dann aber erhält sich die Heftigkeit
derselben eine Zeitlang auf der gleichen Höhe. Schon nach den ersten Wochen sind die katarrhalischen Erscheinungen
gewöhnlich vollständig zurückgetreten; das Kind fiebert nicht mehr, befindet sich, solange es keinen Anfall hat, vollständig
wohl oder ist nur müde und angegriffen.
Die Anfälle treten meist ohne alle Veranlassung ein; doch kann jede kleine Veranlassung, namentlich aber Weinen und Ärger,
sie hervorrufen. Zu schnelles Schlingen, kalte Luft, Rauch und ein Hustenanfall bei einem andern Kind bringt
sie gleichfalls leicht hervor. Nachdem die Anfälle längere oder kürzere Zeit sich auf der Höhe erhalten haben, fangen
sie unmerklich an, sowohl seltener zu werden, als von ihrer krampfhaften Art und Heftigkeit zu verlieren. So löst sich die
Krankheit allmählich und geht nach ca. 8-12 Wochen unter immer leichter vor sich gehendem Auswurf in den
Normalzustand über. Am häufigsten wird der Keuchhusten vom zweiten bis fünften, seltener im ersten Lebensjahr sowie
vom fünften bis siebenten beobachtet.
Erwachsene befällt er nur ausnahmsweise. Mädchen oder krankhaft reizbare, zarte Kinder sind demselben mehr
unterworfen als Knaben und kräftige Kinder. Höchst selten befällt der Keuchhusten zum zweitenmal dasselbe Individuum. Meist herrscht
der in wahren Epidemien; auch wo er sporadisch vorkommt, sind immer mehrere Kinder zu gleicher Zeit befallen. Die Epidemien
treten am häufigsten am Ende des Winters und im ersten Frühjahr, etwas seltener im Herbst und Winter,
am seltensten im Sommer auf.
Viele unleugbare Thatsachen machen eine kontagiöse Verbreitung in hohem Grad wahrscheinlich, wenn nicht gewiß; doch scheint
die Ansteckung meist nur in der Nähe stattzufinden. Die höchste Intensität der Ansteckungsfähigkeit fällt mit der Höhe
der Krankheit zusammen. Obwohl der an sich meist wenig gefährlich ist, wird er es in hohem Grade durch
gewisse Komplikationen und Nachkrankheiten. Die häufigsten Komplikationen sind entzündliche Affektionen der feinern Bronchien
und des Lungengewebes (katarrhalische Lungenentzündung), welche häufig zur Lungenschwindsucht führen. Bei sehr langer Dauer
des Keuchhustens verfallen schwächliche Kinder zuletzt nicht selten in einen Zustand von Abzehrung und
Marasmus, aus dem sie sich schwer oder gar nicht wieder erholen. Oft wird
¶