Kalk
,
Kalk (Kalkbrennen)

* 4
Seite 9.400. im gewöhnlichen
Sinn s. v. w. kohlensaurer Kalk
, welcher in größten
Mengen als
Kalkstein,
Marmor,
Kreide,
[* 2]
Kalkspat
[* 3] etc. vorkommt; dann s. v. w. gebrannter Kalk
(Calciumoxyd) oder gelöschter Kalk
(Ätzkalk,
Calciumhydroxyd).
Der gebrannte Kalk
wird im großen zur Bereitung von
Mörtel dargestellt. Dies geschieht durch sehr starkes Erhitzen (Kalk
brennen)
des bei hoher
Temperatur sich zersetzenden kohlensauren Kalks
unter Verhältnissen, welche das Entweichen der
Kohlensäure
gestatten. Man verarbeitet in
Steinbrüchen gewonnenen Steinkalk
, als
Geschiebe oder
Gerölle gesammelten Lesekalk
, erdigen
Mergelkalk
, der vor dem
Brennen meist eingesumpft und in
Formen gestrichen werden muß, und am
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Meeresstrand gesammelte Muschelschalen (Muschelkalk). Bei Rotglut verliert der kohlensaure Kalk
Wasser, und es beginnt das Entweichen
von Kohlensäure, welche indes erst bei Weißglut vollständig ausgetrieben wird. Reiner Kalk
verändert sich dabei nicht weiter;
häufig aber enthält der kohlensaure Kalk
Thon (kieselsaure Thonerde) und Kieselsäure, und dann entstehen bei hoher Temperatur
sinternde Verbindungen, welche bewirken, daß der gebrannte Kalk
sich beim Übergießen mit Wasser nicht mehr löscht (totgebrannter
Kalk). Um dies zu vermeiden, ist die Temperatur sorgfältig zu regeln; aber auch dann bleibt unreiner Kalk minderwertig, weil
die Beimengungen nicht jene Eigenschaft besitzen, wegen welcher man den Kalk anwendet.
Gewölbe (Teile, Formen

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Gewölbe.Man brennt den Kalk bisweilen noch in Meilern, in denen man den Kalkstein mit Stein- oder Braunkohle schichtet, in meilerähnlichen Feldöfen oder Gruben, bei größerm Betrieb aber in besondern Kalköfen. Von diesen haben die liegenden im Grundriß länglich viereckige Gestalt und sind mit einem flachen Gewölbe [* 5] überspannt, welches verschließbare Zuglöcher zur Regulierung des Zugs besitzt. Jeder Ofen besitzt drei Schüröffnungen mit Rost und Aschenfall und denselben gegenüber einen während des Brandes zu vermauernden Eingang zum Einbringen des Kalksteins.
Von letzterm setzt man, anschließend an die Schüröffnungen, durch die Tiefe des ganzen Ofens kleine Gewölbe auf und füllt dann den weitern Ofenraum durch die seitwärts angebrachten, später gleichfalls zu vermauernden Öffnungen. Gewöhnlich liegen zwei Öfen [* 6] beisammen und besitzen einen gemeinsamen Schornstein. Der Brand wird bis zur Weißglut fortgesetzt und diese je nach der Beschaffenheit längere oder kürzere Zeit unterhalten, worauf man den Ofen langsam erkalten läßt.
Ein Brand währt 36-40 Stunden. Viel häufiger werden stehende Kalköfen angewandt, welche man zweckmäßig an oder in einem Bergabhang neben dem Kalkbruch anlegt und 1,25-12,5 m hoch und zwar cylindrisch, viereckig, konisch, elliptisch etc. baut. Man unterscheidet auch Flaschenöfen mit Verjüngung nach oben und Trichter- oder Kesselöfen mit Erweiterung nach oben, im letztern Fall zweckmäßig von der Gestalt eines halben Eies. Beide Ofenarten werden auch Schneller- oder Fixöfen genannt.
Gang (Geologie)

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Gang.Nach dem Betrieb unterscheidet man Öfen mit periodischem und kontinuierlichem Gang, [* 7] je nachdem man den Ofen nach dem Ausziehen des garen Kalks abkühlen läßt und dann wieder füllt oder rohen Kalkstein ununterbrochen in dem Maß oben aufgibt, wie garer unten ausgezogen wird. Dabei modifiziert sich der Betrieb nach der Beschaffenheit des Brennmaterials. Koks und Kohlenklein, magere Steinkohle etc. schichtet man in abwechselnden Lagen mit dem Kalk und entzündet die Beschickung im untern Teil des Ofens.
Gasbahn - Gasglühlicht
![Bild 67.454: Gasbahn - Gasglühlicht [unkorrigiert] Bild 67.454: Gasbahn - Gasglühlicht [unkorrigiert]](/meyers/thumb/67/67_0454.jpeg)
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Gasfeuerung.Man kann hierbei geringes, billiges Brennmaterial anwenden und erzielt eine gute Ausnutzung der Wärme, [* 8] während freilich der Kalk durch die Asche des Brennmaterials verunreinigt und leicht zum Sintern gebracht wird. Bei dem etwas teuern Betrieb mit besonderer Feuerung kommt der Kalk nur mit der Flamme [* 9] in Berührung, er wird besser, gleichmäßiger, und man kann ihn in größern Stücken brennen, die sich bei der Aufbewahrung weniger leicht löschen. In neuerer Zeit wendet man mit Vorteil Gasfeuerung [* 10] beim Kalkbrennen an. Dieselbe gestattet die Benutzung jeglichen Brennmaterials, vermeidet die lästige Rauchbildung bei Beginn des Brandes, gewährt Ersparnis an Brennmaterial und größere Leistungsfähigkeit und liefert ein gutes Produkt.
[* 4] Fig. 1-3 zeigen einen Kalkofen für periodischen Betrieb. Zum Brennen dient der untere, oben überwölbte Raum von 4 m Höhe. Er besitzt 4 Schürlöcher e e e e mit Rosten für das Brennmaterial (Braun- oder Steinkohle). Der Kalk wird durch die Öffnung b eingetragen, welche man nach der Füllung des Ofens vermauert. Durch d wird der gebrannte Kalk ausgetragen, a ist der Zugang zu dem Raum über dem Gewölbe. Man beobachtet von dort das Austreten der Flamme aus den Gewölbeöffnungen, um nach Erfordernis einzelne derselben durch aufgelegte Steine zu verschließen und die Glut in andre Teile des Ofens zu lenken. [* 4] Figur 2 und 3 zeigen, wie der Ofen eingesetzt wird. Bei jeder Feuerung baut man ein zur bessern Verteilung der Flamme dienendes Gewölbe, und in der Mitte wird ein Stück Holz [* 11] angebracht, durch dessen Verbrennung ein zentraler Schacht zur Leitung der Flamme entsteht. Man feuert in den ersten sechs Stunden schwach und gibt dann allmählich stärkeres Feuer, bis die gelbe Kalkflamme aus den Gewölbeöffnungen
[* 4] ^[Abb.: Fig. 1. Durchschnitt.]
[* 4] ^[Abb.: Fig. 2. Grundriß.]
[* 4] ^[Abb.: Fig. 3. Beschickung.]
Kalk (gelöschter Kalk)

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Seite 9.401.[* 4] ^[Abb.: Fig. 1-3. Kalkofen für periodischen Betrieb.] ¶
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hervorschlägt und eine klare Glut im Ofen sichtbar ist.
Als Repräsentant der kontinuierlichen Öfen gilt der Rüdersdorfer [* 12] (Fig. 4 u. 5). Er besteht aus dem Schacht, welcher durch die Futtermauer d und das von dieser durch einen mit Asche oder Schutt gefüllten Zwischenraum getrennte Rauhgemäuer e gebildet wird, und besitzt außerdem eine Umhüllungsmauer c, so daß zwischen dieser und dem Rauhgemäuer ein Raum bleibt, welcher durch Gewölbe in Zellen geteilt ist. Letztere benutzt man zur Aufbewahrung von Material. Während des Ganges des Ofens ist der untere Teil des Schachtes mit gar gebranntem Kalk gefüllt, der durch die vier Zugöffnungen a an der Schachtsohle von Zeit zu Zeit gezogen wird.
Korinth (Stadt)

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Kanal.Der Schacht hat eine Höhe von etwa 14 m. Etwa 4 m über der Sohle befinden sich die Feuerungen b für Torf und Holz, welche zu drei oder fünf um den Ofen herum angebracht und mit Rost und Aschenfall versehen sind. Um die Arbeiter vor der von dem gezogenen Kalk ausströmenden Hitze zu schützen, ist ein Kanal [* 13] angebracht, durch welchen die Hitze in die Gewölbe gelangt. Der einmal angeheizte Ofen wird so lange im Gang erhalten, bis Reparaturen erforderlich werden. Man verbraucht in diesem Ofen auf 1 Volumen gebrannten Kalk 1,4 Vol. hartes oder 2-2,25 Vol. weiches Holz oder 1,5-2 Vol. Torf. Mit 1 Vol. Braunkohle erhält man 1-1,5, mit 1 Vol. Steinkohle bis 3,5 Vol. gebrannten Kalk.
Die mit Gasfeuerung betriebenen Kalköfen haben bis jetzt hauptsächlich in der Zucker- und Ammoniaksodafabrikation Anwendung gefunden, wo man die aus dem Kalk ausgetriebene Kohlensäure mit den Verbrennungsgasen unter der verschlossenen Gicht ableitet, um sie in dem Fabrikbetrieb zu benutzen. Der Gaskalkofen gleicht in der innern Form etwa einem Rüdersdorfer Ofen, nur sind an Stelle der Feuerungen Gasdüsen angebracht, welche mit einem nahe am Ofenschacht herumgehenden Gaszuführungskanal verbunden werden.
Koks

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Koksöfen.Die Verbrennungsluft tritt durch die noch glühenden Steine unterhalb der Düsen durch die im Boden befindlichen, mit Fallthüren versehenen schrägen Ausziehkanäle ein. An zwei Seiten des Ofens befinden sich Gasgeneratoren, aus welchen das Gas zunächst in Teersammler (zur Abscheidung der Teerdämpfe durch Abkühlung), dann in den erwähnten Gaszuführungskanal tritt. Man braucht auf den gebrannten Kalk nur 50 Proz. Braunkohle. Bisweilen werden auch die Gichtgase aus Hochöfen oder die Wärme aus Koksöfen [* 14] zum Kalkbrennen benutzt, und in neuerer Zeit findet auch der ursprünglich zum Ziegelbrennen bestimmte Ringofen zum Brennen von Kalk Anwendung. Er zeigt den gewöhnlichen Kalköfen gegenüber dieselbe Überlegenheit hinsichtlich der Ausnutzung der Wärme wie beim Brennen der Thonware. Während aber beim Ringofen das zu brennende Material festliegt und das Feuer beweglich gemacht ist, beruht der kontinuierliche Kanalofen auf dem entgegengesetzten Prinzip: das Feuer steht fest, und der Kalk wird auf Wagen demselben entgegengeführt.
Der kohlensaure Kalk verliert beim Brennen an Gewicht über 40 Proz., an Volumen aber nur 10-20 Proz., mithin ist der gebrannte Kalk porös und leichter (spez. Gew. 2,3); reines Calciumoxyd CaO ist weiß, unschmelzbar; der gewöhnliche gebrannte Kalk ist durch Eisenoxyd meist gelblich und durch Verunreinigungen, namentlich mit Silikaten, schmelzbar. Er saugt begierig Wasser auf, erhitzt sich dabei (bis 150°) und zerfällt unter starker Volumvergrößerung und Entwickelung eines laugenartigen Geruchs (er »löscht sich«) zu gelöschtem Kalk (Kalkhydrat, Calciumoxydhydrat, Calciumhydroxyd CaO2H2 ). 100 Teile Kalk erfordern etwa 32 Teile Wasser zur Bildung von Hydrat.
Trockner Kalk absorbiert keine Kohlensäure, aber an der freien Luft absorbiert er allmählich Feuchtigkeit und zerfällt zu pulverigem Kalkhydrat, welches begierig Kohlensäure aufnimmt und sich in kohlensauren Kalk verwandelt. Beim Löschen muß man den Kalk mit mehr Wasser übergießen, als er zur Bindung bedarf (2½-3 Teile), weil er nur in diesem Fall einen voluminösen, zarten Kalkbrei liefert. Dieser fühlt sich fett, schlüpfrig und zäh an, wenn aber der Kalk magnesia- und thonreich war, kurz, wenig geschmeidig, mager. Danach unterscheidet man fetten und magern Kalk. Reiner Kalk gibt mit 2,5 Teilen oder 3,2-3,6 Volumen Wasser das 2,5fache Gewicht oder das 3,2-3,6fache Volumen Kalkbrei (so weit abgetrocknet, daß er Risse bekommt), magerer Kalk aber mit 2-2,5 Volumen Wasser nur das zweifache Volumen Brei. Man sagt daher, fetter Kalk wächst oder gedeiht besser als magerer. 10 Proz. Magnesia machen den
[* 12] ^[Abb.: Fig. 4. Rüdersdorfer Kalkofen (Durchschnitt).]
[* 12] ^[Abb.: Fig. 5. Rüdersdorfer Kalkofen (Grundriß).] ¶