Jod
Schwämme

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Schwämme. (Jodum
), J, chemisch einfacher
Körper, findet sich nicht im freien Zustand in der
Natur, aber seine
Verbindungen
begleiten in geringen
Mengen nicht selten die entsprechenden Chlorverbindungen, mit welchen sie große
Ähnlichkeit
[* 2] haben.
Besonders finden sich Jod
natrium und Jodmagnesium im Meerwasser, aus welchem Meerpflanzen, namentlich die
Tange
(Laminaria,
Fucus), J. aufnehmen und
in sich konzentrieren. Auch
Carragaheen,
Schwämme,
[* 3]
Seesterne,
[* 4]
Heringe,
Seekrebse,
der
Thran der Schellfischarten enthalten J. Außerdem findet es sich in vielen
Salzquellen
(Sulza,
Adelheidsquelle bei
Heilbronn,
[* 5] Hall),
[* 6] im
Chilisalpeter, in der
Pottasche aus
Rübenmelasse, in
Steinkohlen (daher im
Gaswasser), in
Eisenerzen (also auch im
Gichtstaub
der Eisenhochöfen), in bituminösen
Schiefern,
Phosphoriten, als
Jodsilber,
Jodblei und in sehr geringen
Mengen weitverbreitet, z. B. in
Ackererde und Quellwasser.
Sätherberg - Schadener

* 7
Schachtofen.
Zur
Darstellung des Jods
dienen fast ausschließlich die
Tange (besonders
Fucus digitatus und F. saccharinus), welche man an den
englischen und französischen
Küsten sammelt und verbrennt. Aus dem so erhaltenen
Kelp (s. d.) scheidet
man die
Kalisalze ab und gewinnt dabei schließlich eine
Mutterlauge, in welcher sich die leicht löslichen Jod
verbindungen
angesammelt haben. Neuere Verbesserungen in der Jod
industrie nehmen besonders Bedacht auf eine bessere Ausnutzung der
Tange,
die man gut abtropfen läßt, dann der
Gärung unterwirft, abpreßt und im
Schachtofen
[* 7] einäschert.
Die bei der
Gärung entstehenden
Flüssigkeiten sind sehr reich an J. und werden verdampft, indem man die
(jod
haltigen) Feuerungsgase von der
Einäscherung der
Tange über sie hinwegziehen läßt. Hierbei geben die
Gase
[* 8] ihren Jod
gehalt
an die
Lauge ab. Nach einer andern
Methode unterwirft man die
Tange der trocknen
Destillation
[* 9] und erhält neben
brennbaren
Gasen,
Teerölen,
Essigsäure,
Ammoniak und
Methylalkohol eine
Kohle, welche, nachdem ihr alle
Salze durch
Wasser entzogen
sind, zu verschiedenen
Zwecken gut verwertbar ist.
Die Salzlösung wird ebenso wie die Kelplauge verarbeitet. Die letzte
Mutterlauge versetzt man mit
Schwefelsäure
[* 10] (wobei sich
Kohlensäure und
Schwefelwasserstoff entwickeln und
Schwefel abgeschieden wird) und destilliert sie dann
mit
Schwefelsäure und
Braunstein. Die hierbei entwickelten Jod
dämpfe werden in einer
Reihe thönerner
Vorlagen verdichtet.
Man kann auch die Jod
verbindungen in der
Lauge durch
Chlor zersetzen und das frei gewordene J. mit
Benzin in einem
Apparat ausziehen,
welcher so eingerichtet ist, daß das
Benzin das gelöste J. sofort an
Natronlauge abgibt, worauf es von
neuem jod
lösend wirken kann.
Die
Natronlauge nimmt das J. auf unter
Bildung von Jod
natrium und jodsaurem
Natron und wird schließlich wie
Jodlauge verarbeitet.
Vorteilhaft fällt man aus der zur
Zersetzung der Schwefelverbindungen mit
Salzsäure versetzten
Jodlauge mit chlorsaurem
Kali
das J., welches abgepreßt, getrocknet und sublimiert wird. Die
Lauge, in welcher man noch etwas J. übrigläßt,
versetzt man mit schwefliger
Säure, um das J. in Jod
wasserstoffsäure zu verwandeln, und fügt sie dann wieder zu der weniger
konzentrierten
Lauge
hinzu. In neuerer Zeit hat der
Chilisalpeter der europäischen Jodindustrie sehr ernstliche
Konkurrenz
gemacht. Er enthält 0,059-0,175 Proz.
J., welches sich in der
Mutterlauge in Form von Jodnatrium ansammelt und durch
Chlor abgeschieden wird.
Europa. Fluß- und Gebi

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Europa.Man trennt es durch Gipsplatten von der Mutterlauge und bringt es roh in den Handel oder reinigt es durch Sublimation. Man hat auch aus der Mutterlauge mit Hilfe von saurem schwefligsaurem Natron (oder Eisenvitriol) und Kupfervitriol Kupferjodür gefällt, und dies ist mehrfach nach Europa [* 11] gebracht worden, wo es mit Schwefelwasserstoff zersetzt wurde. Es bilden sich Schwefelkupfer und Jodwasserstoffsäure, welche man mit kohlensaurem Kali neutralisiert, um Jodkalium zu erhalten.
Reines J. bildet schwarzgraue, metallglänzende, oft sehr große Tafeln, riecht eigentümlich, der unterchlorigen Säure nicht unähnlich, schmeckt herb, scharf, färbt die Oberhaut braun und greift als Dampf [* 12] Augenlider, Nasen- und Mundhöhle [* 13] heftig an. Das spezifische Gewicht ist 4,95, das Atomgewicht 126,53, es ist sehr weich, verdampft schon bei gewöhnlicher Temperatur ziemlich schnell, schmilzt bei 114°, siedet über 200° und gibt einen im gesättigten Zustand blauen, im verdünnten veilchenblauen (daher der Name, v. griech. iodes) Dampf vom spez. Gew. 8,716 (der schwerste aller Dämpfe), der sich beim Erkalten zu Jodkristallen verdichtet. Es löst sich wenig im Wasser; die braune Lösung (Jodwasser) bleicht Indigo [* 14] und zersetzt sich allmählich unter Bildung von Jodwasserstoffsäure.
Magenbiesfliege - Mage

* 15
Magen.Letztere und Jodmetalle erhöhen die Löslichkeit des Jods im Wasser ungemein. J. ist leicht löslich in Alkohol (Jodtinktur, s. d.), mit höchst intensiv violetter Farbe in Schwefelkohlenstoff, auch in Chloroform, Benzin und Äther. Es verhält sich in chemischer Hinsicht im allgemeinen wie Chlor und Brom, aber sein Vereinigungsstreben ist schwächer; nur zum Sauerstoff hat es größere Verwandtschaft und deplaciert das Chlor aus der Chlorsäure. Mit Kalilauge bildet es Jodkalium und jodsaures Kali, charakteristisch ist die intensiv blaue Färbung des Stärkemehls durch J. (s. Jodstärke). Es ist einwertig, und seine Verbindungen gleichen denen des Chlors und Broms, werden aber durch Chlor und Brom zersetzt. J. wirkt äußerlich ätzend, im Magen [* 15] bei größern Dosen heftig verdauungsstörend, ähnlich wie Chlor und Brom. In giftiger Dosis tötet es unter Benommenheit des Gehirns, Anätzung des Magens und Lähmung des Atmungszentrums.
Eigentümlich ist seine Wirkung auf drüsige Organe, die es zum Schwinden bringt. Auf niedere Organismen, z. B. bei Malaria, wirkt es als heftiges Gift. Man benutzt J. als Arzneimittel bei entzündlichen Prozessen, Syphilis, Skrofulose, Hypertrophie drüsiger Organe (Kropf etc.), bei Rheumatismus, Neuralgien, gegen Frostbeulen etc., zur Darstellung von Jodpräparaten, von denen manche (Jodkalium, Jodammonium, Jodkadmium, Jodmethyl) ebenfalls als Arzneimittel und in der Photographie, andre zur Darstellung von Teerfarben benutzt werden. J. wurde 1811 von Courtois entdeckt. Hauptsitze der Jodfabrikation sind Glasgow [* 16] und das Departement Finistère. Auch in Peru [* 17] und Bolivia [* 18] wird J. dargestellt, und in Frankreich hat man angefangen, Phosphorite auf J. zu verarbeiten. Die Produktion beträgt etwa 9500 Ztr.; davon entfallen auf Schottland und Irland 2600, Frankreich 1050, Südamerika [* 19] 5800 Ztr.
Vgl. Pellieux, L'industrie française de l'Jode (Par. 1878).