ursprünglich eine
Person, welche für andre
Briefe abfaßt.
Vor derReformation war das Schreiben eine
Kunst, die verhältnismäßig nur wenige übten; noch zu
Luthers Zeit rechnete man auf 200 Landleute erst einen, der seinen
Namen zu schreiben im stande war. Im
Mittelaltergab es daher überall öffentliche Briefschreiber, d. h.
Leute, welche ein
Gewerbe daraus machten, den des Schreibens unkundigen Leuten, welche andern briefliche Mitteilungen zu machen
hatten, solche abzufassen, und in manchen
Ländern waren sie eidlich verpflichtet, die ihnen anvertrauten Geheimnisse nicht
zum
Schaden ihrer
Klienten zu mißbrauchen. In
Deutschland starb das
Gewerbe allmählich ab in dem
Maß, als
der Volksunterricht allgemeiner wurde; ebenso in
Frankreich,
England,
Dänemark und
Schweden,
Ländern, deren Kulturgang mit dem
Deutschlands
[* 18] ziemlich auf gleicher
Stufe steht.
Wenn hier der Landmann das
Bedürfnis des Briefschreibens nicht selbst befriedigen kann, so pflegt er sein
Vertrauen dem
Pfarrer oder Schullehrer zu schenken, und wenn es auch in den
Städten noch hier und da Leute gibt, die aus Abfassung
brieflicher
Aufsätze ein
Gewerbe machen, so sind diese doch mit Bitt-,
Vorstellungs-, Mahnschreiben etc. meist nur in rechtlicher
Beziehung thätig oder beschränken sich auf bloßes Abschreiben.In denLändern aber, wo die
Volksbildung
noch so zurück ist, daß die Landbevölkerung der
Mehrzahl nach weder des
Lesens noch des Schreibens kundig ist, besteht das
Gewerbe des öffentlichen Briefstellers noch jetzt, so in
Spanien,
Portugal,
Italien.
Briefsteller heißt auch ein
Buch, in welchem
Anweisung zum Briefschreiben gegeben wird, namentlich in Bezug auf
das
Formelle. Äußere Einrichtung des
Briefs,
Beobachtung der
Kourtoisie, Belehrung durch
Beispiele sind Hauptsache darin. Je
nachdem er allgemeine oder besondere
Zwecke verfolgt,
ist er ein allgemeiner oder ein kaufmännischer, ein militärischer etc.
Briefsteller
Deutschland hat den zweideutigen
Ruf, solche Briefformulare in größter
Menge zu besitzen. Der erste
bekannte
Versuch ist vom gelehrten
BuchdruckerAnton Sorg (Augsb. 1484); ihm folgten T.
Schröder, Talander und
viele andre (s.
Brief, S. 419). Die bekanntesten neuern Briefsteller sind von
Moritz,
Heinsius, Schlez,
Campe,
Kiesewetter,
Rammler u. a. Auch die
Engländer
sind reich an Briefstellern; den
Reigen führen
Richardsons
»Familiar letters«, bei den
Franzosen aber Jauffrets
»L'art épistolaire«. Der zeremonielle und in Förmlichkeiten überschwengliche
Morgenländer hat das Briefschreiben zu einer
Kunst gemacht, deren Regelgebäude ein wahres
Labyrinth ist; der Briefsteller ist der
Faden,
[* 19] sich darin zurechtzufinden, und für den, der in die
Lage kommt,
Briefe zu schreiben, ein unentbehrliches
Buch. Die meisten
orientalischen Briefsteller sind in arabischer
Sprache
[* 20] abgefaßt.
Unterbeamte der Postverwaltung, welche dazu bestellt sind, die bei den
Postanstalten ankommenden Postsendungen
den Empfängern in ihre
Wohnungen zu überbringen.
Noch bis in die Mitte dieses
Jahrhunderts hinein pflegte man den Briefträgern
die
Gebühren für die Abtragung der Postsendungen (Bestellgeld) als Bezahlung für ihre Leistungen zu
überlassen. Mit der fortschreitenden
Steigerung des Postverkehrs wurde dieses
Verhältnis, wo es noch bestand, überall beseitigt.
Zur Zeit werden die Briefträger gegen feste Bezahlung angestellt, und es werden die aufkommenden Bestellgelder zur
Postkasse verrechnet. Bei der deutschen Reichspostverwaltung werden die Briefträgerstellen zu zwei Dritteilen
durch zivilversorgungsberechtigte
Militärpersonen besetzt.