Titel
Gleichung
,
Glieder, künstliche

* 2
Glieder. die mathematische Bezeichnung für die
Verbindung zweier
Größen durch das Gleichheitszeichen (=). Diese
beiden
Größen nennt man die Seiten der Gleichung.
Besteht eine Seite aus mehreren durch
Addition oder
Subtraktion verbundenen
Größen,
so nennt man dieselben ihre
Glieder.
[* 2] In der Gleichung
5x - 4 = 3x + 16 ist also 5x - 4 die linke und 3x + 16 die
rechte Seite; 5x und -4 sind die
Glieder der erstern, 3x und +16 diejenigen der letztern. Eine Gleichung
ist entweder in allen
Fällen
richtig, wie z. B.
(a - b)²= a² - 2ab +
b², und heißt dann eine identische Gleichung
, oder sie ist nur dann
richtig, wenn eine der darin vorkommenden
Größen einen bestimmten Wert oder einige bestimmte
Werte hat. So fordert z. B.
die Gleichung
5x - 4 = 3x + 16 zu ihrem Bestehen, daß x = 10 ist, und die Gleichung
x³
- 8x² + 17x = 10 gilt nur, wenn x einen der
Werte 1, 2 oder 5 hat.
Gleichung

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Seite 7.419.
Solche Gleichungen
nennt man Bestimmungsgleichungen. Die
Größe, deren Wert durch die Gleichung
bestimmt wird, heißt die unbekannte
Größe oder kurz die
Unbekannte, und man bezeichnet sie mit x oder sonst einem der letzten
Buchstaben des
Alphabets. Es können auch zwei oder mehr
Unbekannte in einer Gleichung
auftreten. Eine Gleichung heißt algebraisch angewandt, wenn die
unbekannte mit den bekannten
Größen nur durch die vier
Spezies verbunden oder als
Basis einer
Potenz oder unter einem Wurzelzeichen
vorkommt. Im
Gegensatz dazu nennt man Gleichungen
, wie z. B. 3x = 81, wo die
Unbekannte in andrer Form auftritt, transcendente. Kommt in einer algebraischen Gleichung
die
Unbekannte unter einem Wurzelzeichen
vor, so heißt die Gleichung
irrational; im Gegenfall ist sie
rational. - Im folgenden werden wir uns nur mit algebraischen Gleichungen
beschäftigen. Man teilt dieselben ein 1) nach der Zahl der
Unbekannten, die in ihnen vorkommen, und 2)
nach ihrem
Grade, d. h. nach der
¶
mehr
höchsten Potenz der Unbekannten. Es ist beispielsweise 5x - 4 = 3x + 16 eine Gleichung des ersten Grades oder eine lineare Gleichung, 2x² - 18x = 28 eine Gleichung zweiten Grades oder eine quadratische Gleichung; die Gleichungen dritten Grades heißen auch kubische, diejenigen vierten Grades biquadratische Gleichungen. Mit einer Gleichung kann man folgende Veränderungen vornehmen:
1) Man kann auf jeder Seite dieselbe Größe addieren und subtrahieren. Man kann daher auch ein Glied [* 4] von der einen auf die andre Seite bringen (transponieren), wenn man ihm das entgegengesetzte Vorzeichen gibt; statt 5x - 4 = 3x + 16 kann man also schreiben 5x - 3x = 16 + 4 oder 2x = 20. 2) Man kann jede Seite mit einer und derselben Größe multiplizieren oder dividieren. Statt 2x = 20 kann man also, indem man mit 2 dividiert, schreiben x = 10, und statt (3x - 5) / (2x + 7) = 4 kann man, mit 2x + 7 multiplizierend, setzen 3x - 5 = 4 (2x + 7). Auf diese Weise kann man alle Nenner aus einer Gleichung entfernen.
3) Man kann beide Seiten auf dieselbe Potenz erheben. Mittels dieser Regel läßt sich eine irrationale Gleichung rational machen. Hat man z. B. die Gleichung ax + √(b+cx) = d, so isoliert man zunächst die Wurzelgröße, indem man ax auf die rechte Seite bringt, und erhebt dann beide Seiten auf die zweite Potenz, wodurch man b + cx² = (d - ax)² oder b + cx² = d² - 2adx + a²x² erhält.
Wurzel (botanisch)

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Wurzel.4) Man kann auf beiden Seiten dieselbe Wurzel [* 5] ausziehen; wenn also x³ = 64 ist, so ist x = ∛(64) oder x = 4. Mittels dieser vier Regeln kann man die Gleichungen der ersten vier Grade mit einer Unbekannten auflösen, d. h. die Werte der in ihnen vorkommenden Unbekannten berechnen. Man nennt diese Werte auch die Wurzeln der Gleichungen.
Auflösung der Gleichungen ersten Grades mit Einer Unbekannten. Zunächst führe man in der gegebenen alle vorgeschriebenen Operationen soweit wie möglich aus, löse also die etwa vorhandenen Klammern [* 6] auf und verbinde die gleichartigen Glieder jeder Seite durch Addition oder Subtraktion. Kommt die Unbekannte in einem Nenner vor, so schaffe man denselben durch Multiplikation weg. Aus der Gleichung.
(12x - 5) / (3x - 16) + 4 = 9
ergibt sich so, wenn man noch die Glieder jeder Seite soweit wie möglich vereinigt,
24x - 69 = 27x - 144.
Hierauf bringt man die bekannten Glieder auf die eine, die unbekannten auf die andre Seite und vereinigt die Glieder jeder Seite; dies gibt
-3x = -75.
Dividiert man nun noch mit dem Faktor von x, so erhält man den Wert von x selbst, also
x = -75 / -3 = 25.
Aus der Gleichung ax + b = cx + d erhält man erst ax - cx = d - b oder (a - c) x = d - b und dann
x = (d - b) / (a - c)
Auflösung der Gleichungen ersten Grades mit mehreren Unbekannten. Zur Bestimmung zweier Unbekannten sind zwei Gleichungen nötig. Ehe man an die eigentliche Lösung geht, ordnet man jede Gleichung so, daß die unbekannten Größen links, die bekannten rechts stehen, und vereinigt die gleichartigen Glieder. Die beiden Gleichungen, auf welche wir so gelangt sind, mögen
x + 4y = 19
4x - 2y = 4
sein. Um nun x zu berechnen, muß man aus den beiden Gleichungen eine neue bilden, welche nur noch x, nicht aber y enthält; man muß y eliminieren (wegschaffen). Es gibt verschiedene Eliminationsmethoden, von denen die Additions- und Subtraktionsmethode in den meisten Fällen die bequemste ist. Sie besteht darin, daß man eine der beiden Gleichungen oder auch jede derselben mit einem passenden Faktor multipliziert, so daß nachher die zu eliminierende Unbekannte in beiden Gleichungen denselben Faktor hat, worauf man beide Gleichungen addiert oder die eine von der andern subtrahiert, je nachdem die zu eliminierende Unbekannte in beiden verschiedene Vorzeichen oder ein und dasselbe hat. In unsern beiden Gleichungen würde man also die zweite Gleichung mit 2 multiplizieren, wodurch man
x + 4y = 19
8x - 4y = 8
erhält, und durch Addition dieser beiden Gleichungen ergibt sich 9x = 27, folglich x = 3. Um nun y zu erhalten, kann man in die erste der gegebenen Gleichungen den Wert x = 3 einsetzen; das gibt 3 + 4y = 19 oder 4y = 16, folglich y = 4. Statt dessen kann man auch die erste Gleichung mit 4 multiplizieren und dann die zweite von ihr abziehen, dies gibt 4x + 16y = 76;
davon abgezogen 4x - 2y = 4
bleibt 18y = 72, folglich y = 4.
Auf die allgemeinen Gleichungen
ax + by = c
αx + βy = γ
angewandt, liefert diese Methode die Werte
x = (cβ - γb) / (aβ - αb), y = (aγ - αc) / (aβ - αb).
Bei einer andern Art der Elimination, der Substitutionsmethode, drückt man die eine Unbekannte mittels der ersten Gleichung aus und setzt den Wert in die zweite ein. Hat man z. B. die Gleichungen
4x + 7y = 29
9x + 4y = 30,
so erhält man aus der ersten y = (29 - 4x) / 7,
und die Einsetzung dieses Wertes in die zweite Gleichung liefert
9x + 4 ((29 - 4x) / 7) = 30
oder nach der Multiplikation mit 7
63x + 116 - 16x = 210,
47x = 94, also x = 2.
Ferner ist y = (9 - 4 . 2) / 7 = 21 / 7 = 3.
Ein andres Verfahren zur Elimination ist die Komparationsmethode: man berechnet aus jeder Gleichung eine Formel für die zu eliminierende Unbekannte und setzt beide Werte einander gleich. Aus obigen zwei Gleichungen erhält man z. B.
y = (29 - 4x) / 7 und y = (30 - 9x) / 4,
woraus folgt
(29 - 4x) / 7 = (30 - 9x) / 4,
welche Gleichung den Wert von x liefert.
Gleichung der Zeit - G

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Seite 7.420.Zur Bestimmung von drei Unbekannten, x, y, z, sind drei Gleichungen nötig. Um dieselben zu berechnen, eliminiere man zuerst eine Unbekannte, z. B. z, zweimal, also etwa zwischen der ersten und zweiten, sodann zwischen der zweiten und dritten Gleichung; man ¶
mehr
erhält nun zwei Gleichungen mit den Unbekannten x und y. Hat man diese nach dem obigen Verfahren berechnet, so setzt man ihre Werte in die eine der drei gegebenen Gleichungen ein, welche nun z liefert.
Sind vier Gleichungen mit den Unbekannten x, y, z, u gegeben, so eliminiere man zunächst u dreimal und erhält nun drei Gleichungen mit den Unbekannten x, y, z. Man erkennt leicht, daß immer so viel Gleichungen vorhanden sein müssen wie Unbekannte; diese Gleichungen müssen aber voneinander unabhängig sein, d. h. es darf nicht die eine aus den andern folgen, und sie dürfen einander nicht widersprechen. Sind mehr Unbekannte vorhanden als Gleichungen, so wird die Aufgabe unbestimmt; ihre Auflösung fällt der unbestimmten Analytik zu. Bei der Anwendung der Mathematik auf Physik, Astronomie, [* 8] Geodäsie etc. kommt man häufig auf Systeme von Gleichungen mit weniger Unbekannten, als die Anzahl der Gleichungen ist. Diese Gleichungen sind aber, weil sie Beobachtungsresultate enthalten, nur annäherungsweise richtig. Wie man aus ihnen die wahrscheinlichsten Werte der Unbekannten berechnet, lehrt die Methode der kleinsten Quadrate, ein Teil der Wahrscheinlichkeitsrechnung.
Auflösung der Gleichungen zweiten Grades mit einer Unbekannten. Kommt in einer quadratischen Gleichung nur die zweite, nicht die erste Potenz der Unbekannten vor, so heißt sie eine rein quadratische. Man löst sie, indem man zuerst das Quadrat der Unbekannten berechnet und dann die Quadratwurzel auszieht, welche positiv und negativ zu nehmen ist. Aus 5x² - 115 = 2x² + 32 erhält man zunächst 5x² - 2x² = 32 + 115 oder 3x² = 147, daraus x² = 49 und hieraus x = ±7. - Kommt außer der zweiten auch die erste Potenz der Unbekannten vor, so heißt die Gleichung eine gemischt quadratische. Bringt man die unbekannten Glieder auf die linke Seite, die bekannten auf die rechte und vereinigt soweit wie möglich, so erhält die Gleichung die Form
ax² + bx = c,
wo a, b, c bekannte Zahlen sind. Die Division mit a gibt
Fügt man auf beiden Seiten das Quadrat von (1 / 2) . (b / a) hinzu, so entsteht
x² + (b / a). x + (1 / 4) . (b² / a²)= (c / a)+ (1 / 4) . (b² / a²)= (4ac + b²) / (4a²).
Hier ist aber die linke Seite ein vollständiges Quadrat, und man kann schreiben
(x + (1 / 2) . (b / a))= (4ac + b²) / (4a²), ^[richtig: (x + (1 / 2) . (b / a))²= (4ac + b²) / (4a²), ]
woraus durch Ausziehen der Quadratwurzel folgt
x + (1 / 2) . (b / a)= ±(1 / 2a) sqrt(4ac + b²)
und mithin
x = -(b / 2a) ± (1 / 2a) sqrt(4ac + b²).
Jede quadratische hat also zwei Lösungen oder Wurzeln. Ist 4ac + b² negativ, so ist die Quadratwurzel eine imaginäre Größe, und x selbst besteht dann aus einem reellen und einem imaginären Gliede; die beiden Lösungen sind sogen. komplexe Größen. Sind zwei Gleichungen zweiten Grades mit zwei Unbekannten gegeben, so muß man die eine Unbekannte eliminieren. Dadurch kommt man im allgemeinen auf eine Gleichung vom vierten Grad. In Bezug auf die Lösung der Gleichungen dritten, vierten und höhern Grades muß auf die ausführlichen Lehrbücher der Algebra verwiesen werden. Hier mag nur noch erwähnt werden, daß jede Gleichung mit einer Unbekannten so viele Wurzeln (Lösungen) hat, als ihr Grad angibt; doch kann sich darunter eine gerade Anzahl von komplexen Wurzeln befinden. Gleichungen von höherm als vom vierten Grad kann man nicht mehr in geschlossener Form durch algebraische Ausdrücke lösen; wohl aber kann man die Wurzeln numerischer Gleichungen stets mit beliebiger Genauigkeit annäherungsweise berechnen.