Abteilungsvorständen unterstehen. Die Minister sind vorgesetzte Behörden der Verwaltungsstellen, daher auch verpflichtet
und berechtigt,
Beschwerden über diese entgegenzunehmen und darüber zu entscheiden. Sie werden dabei unterstützt durch
den
Vortrag nicht kollegialisch arbeitender
Dezernenten, sogen.
Ministerial- oder
Regierungsräte. Selbst das
Justizministerium
kann in dieser
Richtung auf den
Gang
[* 2] der Strafrechtspflege durch
Anweisung der ihm unterstellten Staatsanwaltschaft
einwirken. Im
DeutschenReich werden die Fachministerien durch die alles überwiegende
Stellung des
Reichskanzlers ersetzt, wenn
auch die Einrichtung eines verantwortlichen Reichsministeriums wiederholt angeregt worden ist.
1) Die politische Verantwortlichkeit wegen zweckwidriger, dem Staatswohl nachteiliger
Handlungen, z. B. wegen einer das äußere
Ansehen der
Krone vermindernden Maßregel, wegen schädlichen
Abschlusses von Bündnisverträgen mit dem
Ausland oder wegen
unvorteilhafter Begebung einer bewilligten
Staatsanleihe. Diese kann eine Grundlage gerichtlicher Prozedur nicht bilden; wohl
aber kann sie zu einem sogen.
Mißtrauensvotum der
Kammer Veranlassung geben, wodurch in
England der
Regel
nach der Rücktritt eines unpopulären
Ministeriums erreicht wird.
In den kontinentalen
Staaten kann zwar von einer solchen
Wirkung keine
Rede sein; doch erscheinen die
Kammern berechtigt, ein unzweckmäßiges Verhalten des
Ministeriums in Form einer
Beschwerde oder
Adresse zur Erwägung der
Krone zu bringen.
2) Die strafrechtliche Verantwortung wegen solcher politischer
Verbrechen, die schon in den Strafgesetzbüchern vorgesehen
sind. Das
Bedürfnis, diese Verantwortlichkeit durch ein konkurrierendes Anklagerecht der
Kammern zu verstärken, liegt um
deswillen vor, weil eine administrativ abhängige Anklagebehörde oder Staatsanwaltschaft sich nur schwer dazu entschließen
wird, ihren eignen Vorgesetzten in den
Anklagestand zu versetzen.
3) Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit, insofern die und namentlich der Finanzminister für die budgetmäßige
Verwendung der Staatsmittel den
Kammern verantwortlich sind, welche ihnen die
Decharge (s. d.) verweigern können.
4) Die staatsrechtliche Verantwortlichkeit für die strafgesetzlich nicht bedrohte
Verletzung derVerfassung oder der
Gesetze
schlechthin. Dahin gehören folgende
Hauptfälle: die unterlassen
Kontrasignatur einer vom Monarchen ausgegangenen
und von den Ministern ausgeführten
Verordnung, die
Verletzung derGesetzgebungsrechte der
Kammern durch verfassungswidrige
Publikation
sogen.
Verordnungen, die unterlassene Ausführung eines verfassungsmäßigen
Gesetzes, die Unterlassung der Einberufung der
Kammern zur gesetzlich vorgeschriebenen Zeit, verfassungswidrige
Erhebung von
Steuern und endlich die unterlassene
Abhilfe gegenüber den Gesetzesverletzungen untergeordneter Beamten, sofern solche zur Kenntnis der Minister gebracht
sind.
Wer das Anklagerecht gegen verfassungsverletzende Minister auszuüben habe, wird in den
Verfassungen nicht überall gleichmäßig
bestimmt. In
England ist es das
Unterhaus, welches anklagt, das
Oberhaus, welches entscheidet. Diesem Vorbild ist die amerikanische
Verfassung gefolgt, indem
sie denSenat als Urteilsbehörde über die
Anklagen des
Kongresses berufen hat,
ähnlich die norwegische
Verfassung. In
Deutschland ist entweder jede
Kammer für sich dazu befugt oder ein übereinstimmender
Beschluß beider
Kammern erforderlich.
Selbstverständlich ist für solche
Fälle ein sogen.
Staatsgerichtshof nötig, der entweder ein ständiger ist, wie das
ehemalige preußische
Obertribunal, oder für den einzelnen Anklagefall unter Mitwirkung der
Kammern und der
Krone zusammengesetzt
wird. Als eine
Genugthuung für die von Ministern ausgegangenen
Verfassungs- und Gesetzesverletzungen kann ohne Rücksicht
auf etwa nebenher verwirkte
Strafe nur Amtsverlust und Amtsunfähigkeit betrachtet werden.
Auch könnte der Endzweck der
Ministerverantwortlichkeit vereitelt werden, wenn der
Krone auch hier ein
Begnadigungsrecht eingeräumt wäre.
Vgl. R. v.
Mohl, Die Verantwortlichkeit der Minister
(Tübing. 1837);
die schon in den ersten
Zeiten des
Mittelalters an den
Höfen
der
Könige und ihrer
Statthalter sowie der
Bischöfe fungierenden Hausbeamten, die anfangs wirkliche
Dienste
[* 5] zu versehen hatten,
später jedoch nur noch zum Hofstaat gehörten. Da sie in einem dienstlichen
Verhältnis standen und mithin
nicht für vollkommen frei angesehen wurden, so zählten sie ursprünglich nicht zu dem hohen
Adel, welchen
Fürsten,
Grafen
und
Herren bildeten, sondern machten mit den zu
Kriegsdiensten Verpachteten die
Ritterschaft aus. S.
Adel, S. 108.
(lat.), in frühern
Zeiten und in einigen katholischen
Kirchen noch jetzt die
Sänger, die beim
Gottesdienst,
namentlich bei den Altarverrichtungen, bei der
Liturgie, mitwirken.
¶
(althochd. minja, minna), ursprünglich s. v. w.
Erinnerung, Gedenken. Die alten Deutschen pflegten bei festlichen Gelagen dem Andenken eines Abwesenden
oder einem Gott beim Opfer einen Becher
[* 11] zu weihen und nannten dies »Minne trinken«. Im deutschen
Mittelalter waren es dann vorzugsweise drei Heilige, denen zu Ehren Minne getrunken wurde: der EvangelistJohannes, der die Gefahr
der Vergiftung abwenden sollte, die heil. Gertrud, die Nachfolgerin der germanischen Erd- und Totengöttin,
deren Minne besonders Scheidende und Reisende tranken (s. Gesundheittrinken), und die heil. Walpurgis, in deren Namen man den Maitrank
genoß (s. Maifest).
Bald aber entwickelte sich in Deutschland für das Wort Minne die Bedeutung persönlicher und besonders geschlechtlicher Zuneigung,
während »Liebe« nur das Erfreuliche, Angenehme, das Wohlgefallen (im Gegensatz zu Leid) bezeichnete. In den
Liebesliedern des Mittelalters, bei den Minnesängern (s. d.), erscheint die als Verehrung der Frauen auch personifiziert als
Frau Minne. Später erhielt das Wort Minne den Nebensinn des bloß sinnlichen Genusses, so daß es seit etwa 1500 als ein unanständiges
ganz gemieden wurde und außer Gebrauch kam; erst die Dichter des 18. Jahrh. führten das fast vergessene
Wort in seiner edlen Bedeutung wieder in die Dichtersprache ein.
Stadt im nordamerikan. StaatMinnesota, auf hohem Bluff am Mississippi, bei den Fällen von St. Anthony, die
eine ergiebige Wasserkraft liefern, mit dem gegenüberliegenden St. Anthony durch eine 205 m lange Brücke
[* 12] vereinigt, ist Sitz der Universität des Staats und eines lutherischen theologischen College, hat Säge- und Kornmühlen, zahlreiche
andre Fabriken und (1880) 46,887 Einw.
(Liebeshöfe, franz. Cours d'amour), gesellige Vereine von geistreichen Leuten beiderlei Geschlechts, welche
gegen Ende des 12. Jahrh. in der Provence entstanden und von dort aus weitere Verbreitung fanden. Ihr
ursprünglicher Zweck war, die bei den Zusammenkünften vorgelesenen Gedichte der Troubadoure (s. d.), namentlich die Tensons,
zu besprechen und die darin enthaltenen Sprüche über Liebe und Ehre zum Gegenstand der Polemik zu machen. Um dergleichen Fragen
endgültig zu entscheiden, bildete man scherzweise eine Art Gerichtshof, bei welchem jedes Mitglied der
Gesellschaft irgend eine Stellung zugeteilt erhielt und die Präsidentschaft in der RegelDamenübertragen wurde, und behandelte
nun den Streit der Parteien mit der in jener Zeit üblichen spitzfindigen Dialektik in aller Form des damaligen Rechtswesens.
Später wurden auch nicht selten wirkliche Zwistigkeiten, Eifersüchteleien und Beschwerden von Liebespaaren
den Minnehöfen vorgetragen und von diesen in höchster Instanz geschlichtet und entschieden. Daher ward es hier und da üblich,
Gott Amor selbst als König der Liebe, umgeben von einem vollständigen Hofstaat oder Parlament, darzustellen und ihn ein regelrechtes
Minnegericht halten zu lassen. An manchen OrtenFrankreichs wurden dergleichen Minnegerichte (unter dem
Vorsitz eines »prince d'amour« oder »prince
de puy«) sogar öffentlich aufgeführt und ihre Urteile und Aussprüche sorgfältig gesammelt, woraus allmählich ein förmliches
Liebesgesetzbuch entstand,
das Martial von Auvergne herausgab (»Arresta amorum«) und ein berühmter Rechtsgelehrter,
Benoît de Court, 1533 mit einem sehr gelehrten lateinischen Kommentar versah.
Einer der glänzendsten Minnehöfe war der la Court amoureuse genannte, den Isabella von Bayern
[* 13] 1392 in Flandern ins Leben rief, und an
welchem zahlreiche Mitglieder der vornehmsten Familien teilnahmen. Er zählte 2 Oberjägermeister, 188 Bewahrer der Liebesregister, 59 Ehrenkavaliere, 52 Schatzmeister, 57 Bittschriftenmeister, 32 Sekretäre, 8 Substituten
des Generalanwalts etc. Noch ist zu bemerken, daß sich die Mode der Minnehöfe sogar in die Klöster einschlich;
die Schilderung eines solchen Liebeshofs, wie er in einem Nonnenkloster der Diözese von Toul
[* 14] am Maifest abgehalten wurde, ist
uns noch in einem lateinischen Gedicht: »Das Liebeskonzil« (hrsg.
von Waitz in Haupts »Zeitschrift für deutsches Altertum«, Bd. 7), aufbewahrt.
(Minnesinger) werden, mit besonderer Hervorhebung des von ihnen vorzugsweise behandelten poetischen
Stoffes, die deutschen Lyriker des 12. und 13. Jahrh. in ihrer Gesamtheit genannt. Eigentlich lyrische Dichtungen treten in
Deutschland erst in diesem Zeitraum auf; alles, was Laien und Geistliche früher gesungen, trägt im ganzen epischen Charakter,
dessen Spuren auch den frühsten lyrischen Hervorbringungen noch anhaften. Mehr als die höfische deutsche
Epik des Mittelalters darf der Minnegesang als originales Erzeugnis des deutschen Volksgeistes gelten.
Zwar hat auch er erhebliche Einwirkungen von der romanischen Kunstpoesie erfahren; doch ist diese Beeinflussung, die vorzüglich
von der provençalischen und nordfranzösischen Liebespoesie ausging, eine mehr oder minder formelle geblieben. Die unsern
germanischen Vorfahren schon von Tacitus zugesprochene Empfindung für das »Heilige und Ahnungsvolle« in der
Frauennatur und das Feingefühl für das Mysterium des weiblichen Wesens mußten dem im Geleit des Rittertums auftretenden Frauendienst
in Deutschland ganz natürlich, der chevaleresken Galanterie der Romanen gegenüber, einen tiefern und innigern Charakter verleihen.
Derselbe äußert sich im deutschen Liebesleben, wie es die Minnepoesie darstellt, als eine fast blöde
Scheu des Liebenden vor der Geliebten, als ein zagendes Sehnen und schüchternes Verlangen aus der Ferne nach der Erkornen, als
eine zu dem Marienkultus in unverkennbarer Beziehung stehende demütige Anschauung des geliebten Weibes als eines in reinerer
Lebenssphäre als der Mann heimischen Wesens. Darum erscheint der deutsche Minnegesang, verglichen mit
der mehr auf frischen Lebensgenuß, auf Waffenfreude und Fehdeluft, auf galante Abenteuer und sinnlichen Liebeslohn gerichteten
Troubadourpoesie, nach J. Grimms treffendem Ausdruck »frauenhafter«, und wenn er auch sinnlicher Elemente keineswegs ganz entbehrt,
vielmehr solche hier und da stark hervortreten läßt, so ist doch im großen und ganzen die deutsche
Liebeslyrik des Mittelalters von ungleich idealerer Haltung als die romanische. Auch noch ein andrer Grundzug des Minnegesangs
kennzeichnet diesen als echt germanisches Geisteskind: das überall aus ihm hervorklingende tiefsinnige Naturgefühl. Die
ältesten Überbleibsel dieser mittelalterlichen Lyrik sind der Form nach noch ganz volksmäßig; bald
aber
¶
mehr
macht sich ein höfisch-konventioneller Charakter geltend. Nicht immer kommt wirklich erlebte Empfindung zum Ausdruck, sondern
stehende Motive werden wieder und wieder vorgeführt. Die Hauptmasse der Dichtungen besteht aus Liebesliedern; ihnen reihen
sich religiöse und gnomische Dichtungen an. Daneben finden sich noch Preis- und Klaggesänge beim Anfang oder Abschied der
Jahreszeiten,
[* 16] Darstellungen aus dem Dorfleben, Lob- und Straflieder, an einzelne lebende Personenoder an
ganze Stände und Geschlechter gerichtet, politische, satirische und allegorische Gedichte, deren meiste sich indes mehr oder
weniger nahe mit einer oder der andern jener drei Hauptarten berühren.
Stofflich am umfassendsten sind die Dichtungen des größten deutschen Lyrikers im Mittelalter, Walters von der
Vogelweide. Was die formelle Gestaltung des Minnegesangs angeht, so sind drei Hauptformen desselben zu unterscheiden: Lied,
Leich und Spruch. Während die ältesten Lieder noch zum Teil in der epischen Strophe abgefaßt sind, erscheint in der besten
Zeit des Minnegesangs das Lied regelmäßig als ein aus gleichen, dreiteiligen Strophen bestehendes Ganze.
Die zwei ersten Teile der Liedstrophe, die sogen. Stollen, sind identisch gebaut, der dritte, der Abgesang, ist in seinem Bau
abweichend. Der Leich setzt sich aus ungleichen Strophen zusammen, die in zwei gleiche Teile zerfallen und durch den Sinn nicht
immer scharf gesondert sind. Es werden Brautleiche und Hochzeitleiche genannt; dagegen sprechen die Dichter
von »minneliet«, »brûtliet«,
»trûtliet«, »tageliet«
(welches das Scheiden der Liebenden beim Tagesanbruch schildert),
»kriuzliet« (Kreuzfahrerlied),
»lobeliet«, »jageliet«,
»klageliet« etc. Sprüche endlich heißen Gedichte lehrhaften, reflektierenden Inhalts, einzeln stehende, meist größere mit
langen Versen und wohl auch unteilig gebaute Strophen. Die Bezeichnungen »Wort« und »Weise« entsprechen den
heutigen AusdrückenText und Melodie; letztere oder die Weise wird auch »Ton« genannt. Einen neuen Ton selbständig zu erfinden,
war wesentliches Erfordernis für den Minnesänger; Aneignung fremder Strophenformen und Weisen galt für Unrecht, und gerade in dieser
wunderlichen Anschauung war sowohl der große und ungemeine Formenreichtum der Lyrik des Mittelalters gegenüber
der Formenarmut der heutigen als auch die allmählich eintretende Überkünstelung des Minnegesangs notwendig begründet.
In innigster Beziehung stand derselbe zur Musik.
Die Minnelieder wurden zum Saitenspiel, zu der Fiedel oder Geige gesungen; die »Fahrenden« trugen die Gesänge berühmter Meister
von Ort zu Ort. Mit dem ästhetischen Sinken der mittelalterlichen Lyrik und ihrer formellen Verkünstelung
aber lockerte sich auch das Verhältnis zwischen ihr und der Tonkunst. Die so eminent ausgebildete Technik des Minnegesangs,
die in Feinheit und Strenge des Versbaues und Reims
[* 17] während der Blütezeit eine nie wieder erreichte Vollendung zeigte, setzte
natürlich eine kunstgerechte Unterweisung, voraus. Doch war diese nicht eine wirklich schulmäßige;
es gab keine eigentlichen Lehrer, keine Schulen des Minnegesangs, sondern die Kunst des Gesangs, der Musik und des Dichtens pflegten
die Söhne der Ritter neben den übrigen Gegenständen höfischer Bildung von ihren Erziehern, von Geistlichen oder Spielleuten
zu erlernen.
In der Geschichte der Minnedichtung lassen sich drei Entwickelungsepochen unterscheiden. Die erste, etwa 1150 beginnende
zeigt die deutsche Lyrik in ihrer Loslösung von epischer Form und Haltung und
im Übergang zu kunstmäßiger Gestalt; die
zweite umfaßt die glänzende Zeit künstlerischer Vollendung der Minnepoesie; die dritte läßt den Übergang der Kunstlyrik
aus den höfischen Kreisen in die bürgerlichen und ihr ästhetisches Herabsinken zu dem nüchternen Formalismus
des Meistergesangs (s. d.) wahrnehmen.
Der entstehende Minnegesang erklang von Oberösterreich auf die Donau auf und ab; schon gegen 1180 breitet er sich (und gerade
um diese Zeit hebt die Glanzepoche der mittelalterlichen Lyrik an und dauert bis gegen die Mitte des 13. Jahrh.)
von Südosten her nach dem Niederrhein hin aus, wo der französische Einfluß sich stärker geltend macht. Bald verzweigte
sich die neue Kunst ostwärts nach Thüringen und Sachsen,
[* 18] über das Schwabenland, spärlicher nach dem nördlichen Osten.
Die Dichter gehören bis auf wenige bürgerliche (auch ein Jude wird unter diesen genannt) dem ritterlichen
Stand, meist dem niedern Dienstadel an; aber auch Fürsten übten die edle Kunst des Minnesingens, darunter König Heinrich VI.
Es sind uns etwa 300 Namen von Minnesängern und ungefähr von 160 unter denselben Lieder erhalten. Die ältesten der uns bekannten
Dichter sind der von Kürenberg und Dietmar von Eist, die sich in ihren einfach-kräftigen, naiven Liedern
noch in der epischen Form der Nibelungenstrophe und den altepischen Reimpaaren ergehen.
Besondere Erwähnung fordert Neidhart von Reuenthal, der für den Erfinder der sogen. höfischen Dorfpoesie gilt, jedenfalls
aber diese am talentvollsten geübt hat. In frischer Eigentümlichkeit und oft derbsinnlicher Lebendigkeit schildern seine
Lieder das bäuerliche Treiben seiner Zeit, Tanz und Getümmel, Liebeshändel und Schlägereien auf dem Dorf. Die Spitze formeller
Virtuosität und zugleich das Eindringen der Formenverkünstelung in den Minnegesang repräsentiert am
deutlichsten Konrad von Würzburg.
der auch die schweizerischen Minnesänger (Frauenf. 1886) herausgab. Die Minnesänger des 12. Jahrh.
erschienen in besonderer Ausgabe unter dem Titel: »Des Minnesangs Frühling« (hrsg. von Lachmann und Haupt, Leipz. 1857; 3. Aufl.
1882). Übersetzungen gaben Tieck (»Minnelieder aus dem schwäbischen Zeitalter«, Berl. 1803),
(spr. -ssōta, abgekürzt Minn.), einer der nordwestlichen Staaten der nordamerikan. Union, liegt zwischen
43° 30' -49° nördl. Br. und 92° 40'-97° 10' westl. L. v. Gr. und wird
im N. durch das britische Nordamerika,
[* 34] im O. vom Obern See und Wisconsin, im S. von Iowa und im W. von Dakota
begrenzt. Die mittlere Erhebung der Oberfläche beträgt etwa 310 m, und nirgends übersteigen die Hügel 520 m. Ein Höhenzug,
die Missabey Hills und Height of Land benannt, durchzieht den nördlichen Teil des Staats und trennt die Flußgebiete des Mississippi,
der großen Kanadischen Seen und des Winnipegsees. In südlicher Richtung zweigt von ihm der Coteau duGrandBois genannte Höhenzug ab. Der Nordosten ist dicht mit Nadelwaldungen bestanden und voll von Mooren und Sümpfen, im S. aber
waltet welliger Prärieboden vor; doch trifft man auch hier auf einen großen Wald, das Bois franc der ersten französischen
Ansiedler, der 10,500 qkm bedeckt und reich an Eichen, Ulmen, Eschen und andern Laubbäumen ist. Im ganzen
bedecken die Wälder 30 Proz. des Areals.
Die Bewässerung des Landes ist eine vorzügliche. Außer dem Mississippi, der im Staat entspringt, und seinem wichtigen Nebenfluß,
dem Minnesota, bilden der Red River im W. und der RainyRiver im N. einen Teil der Grenzen.
[* 35] Am bezeichnendsten
aber ist für Minnesota die große Anzahl von Seen (man hat 800 gezählt und spricht von 10,000). Die größten unter ihnen sind
der RedLake (mit Abfluß zum Red River), der LeechLake und der MilleLacs, beide ohne sichtbaren Abfluß;
dann der Rainy Lake und der Lake of the Woods (Wäldersee) an der kanadischen Grenze.
Das Klima
[* 36] gilt für gesund und angenehm, obwohl die Winter verhältnismäßig streng und die Sommer heiß sind, welche Gegensätze
indes durch große Trockenheit der Luft erträglicher gemacht werden. Die Jahrestemperatur von St. Paul ist 5,9°
C. und schwankt zwischen -30 bis + 38° C. Der Mississippi bei dieser Stadt (unter gleicher Breite
[* 37] mit Venedig)
[* 38] ist jährlich
120-167 Tage mit Eis
[* 39] bedeckt. Minnesota hat ein Areal von 215,907
qkm (3921,1 QM.) mit (1880)
780,773 Bewohnern, worunter 66,676 Deutsche (1885: 1,117,798 Einw.). Ausgeschlossen sind hierbei 6198 in
Stämmen lebende Indianer.
Kupfer
[* 48] und Eisenerze findet man im NO., Salzquellen im Thal
[* 49] des Red River und Torflager allenthalben; aber diese Schätze sind bis
jetzt fast gar nicht ausgebeutet worden. Die zahlreichen Flüsse
[* 50] mit ihren Wasserfällen erleichtern die
Anlage von Mühlen.
[* 51] Im J. 1880 beschäftigten 3493 gewerbliche Anlagen 21,247 Arbeiter und stellten bei einer Verwendung von
Rohmaterial im Wert von 55,7 Mill. DollarWaren her, die einen Wert von 76 Mill. Doll. hatten. Am wichtigsten waren die Sägemühlen
(2854 Arbeiter), die Kornmühlen (2634 Arbeiter), Anstalten für den Bau landwirtschaftlicher Geräte (1197 Arbeiter), Kleiderfabriken
(1089 Arbeiter), Böttchereien, Maschinenbaustätten, Brauereien, Druckereien und Schreinereien.
Schiffbare Flüsse in einer Gesamtlänge von 2420 km und Eisenbahnen (1885: 6970 km) fördern den Verkehr. An Besserungs- und
Wohlthätigkeitsanstalten besitzt Minnesota ein Staatszuchthaus, Staatsirrenhaus, eine Blinden- und Taubstummenanstalt.
Die Verfassung stimmt in ihren Hauptzügen mit den Konstitutionen der andern Unionsstaaten überein. Die gesetzgebende Gewalt
wird ausgeübt von einem Senat von 41 Mitgliedern und einem Abgeordnetenhaus von 106 Mitgliedern.
(neulat.), im Gegensatz des Majorats (s. d.) diejenige Art der deutschrechtlichen Erbfolge, wonach immer der
jüngste der Familie oder ein Glied der
[* 57] jüngsten Linie des Hauses nach einer festgesetzten Ordnung als Erbe
eintritt, und welche namentlich bei Bauerngütern vorkommt (s. Bauerngut, S. 470).
sodann wegen der für sie charakteristischen
kleinen Terz die Molltonart. Minore tritt oft auf als Überschrift eines Zwischensätzchens (Trio) in Märschen, Tänzen etc., wenn
dasselbe in Moll steht, der Hauptteil dagegen inDur. Vgl. Maggiore.
(neulat.), Minderzahl, die bei einer Abstimmung oder Wahl sich ergebende Minderheit der Stimmen, im Gegensatz
zur Stimmenmehrheit oder Majorität (s. d.). ist auch die Bezeichnung für diejenigen, welche bei
der Abstimmung in der Minderzahl bleiben, wie man denn z. B. von einem
Abgeordneten sagt, er habe mit der Minorität gestimmt. Minoritätsvotum, Begründung einer Ansicht, welche in der Minderheit geblieben;
Minoritätspartei, diejenige Partei, welche sich in einer politischen Körperschaft einer ständigen Mehrheit gegenüber befindet
und daher meistens überstimmt wird. Minoritätspolitik, das politische Verhalten der Minderheit in einer parlamentarischen
Versammlung. Eine ausgesprochene und entschiedene Minoritätspolitik pflegt sich
den Regierungsvorlagen
wenn nicht prinzipiell ablehnend, so doch jedenfalls nicht entgegenkommend zu verhalten.
(Minores fratres, Mindere Brüder) war ursprünglich Selbstbezeichnung aller Franziskaner (s. d.); später
trugen die grau gekleideten jenen, die braun gekleideten diesen Namen. Die Streitigkeiten über die Auslegung der Ordensregel,
die strengere oder freiere Auffassung derselben, gaben gleich von Anfang Anlaß zu mannigfachen Parteiungen;
der laxern Partei des Elias traten in Italien
[* 58] die Cäsarianer und Cölestiner-Eremiten (nicht zu verwechseln mit den Cölestinern),
in Frankreich die Minoríten von Narbonne und überhaupt die Spiritualen entgegen; diese wurden als ketzerisch unterdrückt, während
die Clareniner (s. d.) sich länger hielten, aber auch prinziploser
schwankten zwischen den Konventualen und Observanten.
Auch soll er die erste bedeutende Seemacht geschaffen haben. Erst die alexandrinische Sage macht ihn zum grausamen Tyrannen.
Als sein Sohn Androgeos vom attischen König Ägeus gegen den marathonischen Stier geschickt und von diesem getötet worden
war, überzog Minos Attika mit Krieg und eroberte Athen,
[* 62] das sich durch einen jährlich (oder alle neun Jahre)
zu entrichtenden Tribut von sieben Jünglingen und sieben Jungfrauen löste (vgl. Minotauros). SeinenTod soll Minos bei Verfolgung
des Dädalos
[* 63] in Sizilien
[* 64] im Bade durch die Töchter des KönigsKokalos oder durch diesen selbst gefunden haben. Homer und
Hesiod kennen nur Einen Minos, den Herrscher zu Knosos, Sohn und Freund des Zeus; erst die spätere Zeit nahm jenen zweiten an.
das Ungeheuer mit menschlichem Körper und Stierkopf, das nach dem Mythus aus der unnatürlichen
Liebe der Pasiphae, Gemahlin des Minos, zu dem von Poseidon
[* 66] dem letztern gesandten schneeweißen Stier entsprungen
war. Minos sperrte ihn in das von Dädalos erbaute knosische Labyrinth, wo ihm Verbrecher und auch die von Athen als Tribut zugesandten
Jünglinge und Jungfrauen vorgeworfen wurden, bis end-
Gouvernement im westlichen Rußland, wird von den GouvernementsWitebsk, Mohilew, Tschernigow,
Kiew,
[* 72] Wolhynien, Grodno und Wilna
[* 73] umschlossen und umfaßt 91,405,7 qkm (1660 QM.). Das
Land zerfällt in zwei ungleiche Teile: den nordwestlichen, ein Hochland mit dem 344 m hohen Lüssaja Gora, 1/5 des Gesamtareals
umfassend und aus tertiären Bildungen mit meist lehmigem Boden bestehend, und den südöstlichen Teil,
des Areals, welcher eine von großen Wäldern und Sümpfen bedeckte Tiefebene bildet, aus der stellenweise gleichsam Inseln,
Sandberge, aber von nicht über 200 m Meereshöhe, emporsteigen.
Diese sogen. Polesje besteht aus Diluvium,
[* 74] Süßwasseranschwemmungen und Torf, mit einem Boden, der nur der rationellen Bearbeitung
harrt, um reiche Ernten zu spenden. An Wasser hat Minsk Überfluß. Von den 350 Seen sind die bedeutendsten:
der 73 qkm (1,32 QM.) große fischreiche Knjäs (Shid), der Swjätizkoje, der dem Oginskischen Kanal
[* 75] als Reservoir dient, und
der Wuljko (Woljanskoje) an demselben Kanal, als Überwinterungshafen für die Schiffe
[* 76] dienend. Von den vielen Flüssen sind
wichtig die Essa, Jassolda, Pina, Beresina, Pripet.
Die Sümpfe in verschiedenster Form, vom undurchdringbaren, mit Urwald bewachsenen bis zum Schilf- und Torfmoor herab, nehmen 11 Proz.
des Areals ein, verteilen sich aber ungleich. Der bedeutendste Sumpf ist der 1600 qkm (29 QM.) große Sarotschja im Kreis
[* 77] Pinsk.
Die sumpfige Gegend soll beitragen zu dem hier sehr häufig auftretenden Weichselzopf (Plica polonica).
Die großen Waldungen, vorherrschend Nadelbäume (Kiefern), nehmen 38 Proz. des Areals ein, verteilen sich aber ebenfalls ungleich;
auf Ackerland kommen 24 Proz., auf Wiesen und Weiden 15 Proz. Zur Ausfuhr kommt nur Roggen; im westlichen Teil wird auch Weizen,
im S. und O. werden Kartoffeln gebaut.
Das Klima ist gemäßigt, die mittlere Jahrestemperatur beträgt 5,6-6,2°
C. (Januar -6,27,° Juli +18,17°). Die Einwohner
(1883: 1,591,767; 17 auf das QKilometer), teilweise durch die vollständige Unzugänglichkeit ihrer Wohnorte ein halbwildes
Volk, sind meist Weißrussen; weniger stark sind die Polen, Litauer, Großrussen und Juden vertreten, und Kleinrussen, Tataren
und Deutsche zählen nur nach einigen Tausenden. Der Adel, meist von russischen Familien, die seit 1569, der Zeit
der politischen Union, hier einwanderten, abstammend, ist durch den Einfluß der Polen und besonders der Jesuiten römisch-katholisch
und allmählich auch polnisch geworden.
Die gleichnamige Hauptstadt (in alten Urkunden Mjensk, Menesk) liegt am Swisslotsch und dem See Plebanskoje in hügelreicher
Gegend; hat enge Straßen, 7 griechisch-katholische, 8 römisch-katholische und eine luther. Kirche, eine
Synagoge nebst 10 jüdischen Bethäusern, römisch- und griechisch-kath. Klöster und Seminare, ein Theater,
[* 86] 2 Banken, ein klassisches
(seit 1722), ein Real- und ein Mädchengymnasium und (1883) 54,307 Einw. ist Sitz
des Generalkommandos des 4. Armeekorps, eines Zivilgouverneurs, eines griechisch-katholischen und eines römisch-katholischen
Bischofs. - Im 9. Jahrh. lebte in dem Teil des Gouvernements Minsk, den jetzt die KreiseBorissow, Igumen, und
Bobruisk einnehmen, der slawische Volksstamm der Kriwitschen (Krewinnen), welcher seit Wladimir I. zum FürstentumPolozk gehörte
und später unter Weißrußland stand.
Der übrige Teil wurde von den Dregowitschi, teilweise auch von Drewljänen (Drewliern) bewohnt. Vom 12.-14.
Jahrh. entstand hier eine Menge besonderer Fürstentümer, welche im 13. und 14. Jahrh. an Litauen, später an Polen und mit
diesem 1793 an Rußland fielen. Die Stadt Minsk wird zuerst im 11. Jahrh. erwähnt.
In der Kriegsgeschichte ist die Besetzung von Minsk durch Tschitschagow 1812 denkwürdig. Auch gab es hier
während der polnischen Revolution von 1831 harte Kämpfe.
(v. franz. ménestrel) hießen in England während des Mittelalters die Sänger, welche die von ihnen selbst
oder andern gedichteten Lieder mit Begleitung eines Saiteninstruments, gewöhnlich der Harfe, vortrugen. Sie standen entweder
im Dienste der Fürsten und Großen, oder zogen frei vonOrt zu Ort. Sie entsprachen daher den französischen
Ménétriers oder Jongleuren (s. d.), aber nicht etwa den Trouvères oder Troubadouren, da es einen ritterlichen Sängerstand,
wie in Nord- und Südfrankreich, bei den Engländern nicht gab.
Auch waren ihre Gesänge vorzugsweise epischen oder episch-lyrischen Charakters. 1381 errichtete Johann von Gaunt
zu Tutbury in Staffordshire einen »Gerichtshof der Minstrels« (Court of Minstrels), der die Vollmacht erhielt, im Gebiet von fünf umliegenden
Grafschaften den Minstrels ihre Gesetze zu geben, ihre Streitigkeiten zu schlichten und Widerspenstige zu verhaften. Dieser Gerichtshof
tagte jährlich (16. Aug.). Auch ward den Minstrels das Recht bewilligt, einen König mit vier Beamten zur Seite zu
ernennen, welche ihre gemeinsamen Angelegenheiten leiteten. Nach und nach kamen aber diese Sänger herab, und schon gegen
das Ende des
¶