Blütezeit
,
die Zeit, in welcher die einzelnen Pflanzenarten ihre
Blüten zeigen. Da die Blütenbildung immer erst
eintritt, wenn die Gesamtentwickelung der
Pflanze bis zu einem bestimmten
Grad fortgeschritten ist, und da die
letztere in ihrem
Eintritt und Verlauf von den durch die
Jahreszeiten
[* 2] bedingten Temperaturverhältnissen abhängig ist, so
sehen wir die Blütezeit
bei den einzelnen Pflanzenarten mit bestimmten
Monaten zusammenfallen. Nur wenige perennierende
Pflanzen machen
hiervon eine Ausnahme, insofern sie zu jeder
Jahreszeit, sobald nur die
Temperatur günstig ist, selbst im
Winter,
ihre
Blüten hervortreiben, wie z. B. das Maßliebchen
(Bellis perennis). In andrer Hinsicht eine Ausnahme machen viele einjährige
Gewächse, bei denen je nach der zufälligen frühern oder spätern
Aussaat die Blütezeit
früh oder spät eintritt; so finden wir
von manchen unsrer einjährigen
Unkräuter während der ganzen wärmern
Jahreszeit blühende
Exemplare. Am
strengsten ist überhaupt bei den perennierenden
Pflanzen die an bestimmte
Monate gebunden, und wir unterscheiden hier früh
und spät blühende.
Meistens erscheinen die Blüten nach der Ausbildung der grünen Blätter. Manche Pflanzen aber blühen im zeitigen Frühjahr vor der Entwickelung des Laubes, z. B. Weiden, Pappeln, Erlen, Haselnüsse, der Schwarzdorn, Huflattich (Tussilago Farfara). Bei der Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) aber eilen die Blüten der Blattbildung so weit voraus, daß sie bereits vor dem Winter, im Herbst, zum Vorschein kommen, und die während des Winters unterirdisch verharrende junge Frucht erscheint erst im folgenden Frühling zugleich mit den grünen Blättern über dem Boden und erlangt nun erst ihre Reife. Ein abnormes Verhältnis ist es dagegen, wenn die Obstbäume oder die Roßkastanie im Herbst zum zweitenmal blühen, was darauf beruht, daß die für das nächstfolgende Frühjahr bestimmten Blütenknospen, welche immer in dieser Zeit schon vorhanden sind, infolge ungewöhnlich hoher Temperatur zum Austreiben veranlaßt werden. - Wenn man die Pflanzen nach den Monaten, in welchen sie zu blühen beginnen, zusammenstellt, so erhält man einen sogen. Blütenkalender.
Geschichtskarten von D

* 3
Deutschland.
Bekanntlich ist aber der
Eintritt der Blütezeit
gewissen Schwankungen unterworfen, indem in warmen
Jahren die
Pflanzen zeitiger blühen
als in kalten und auch in verschiedenen Gegenden je nach deren klimatischen Verhältnissen sich ungleich
verhalten. Der
Mandelbaum blüht in
Kleinasien Anfang
Februar, im südlichen
Deutschland
[* 3] Ende April, zu
Christiania
[* 4] in
Norwegen
[* 5] Anfang Juni. Ebenso hat die
Erhebung über dem Meeresspiegel aus gleichem
Grund merklichen Einfluß. Häufig ist ein Unterschied
von 1-2
Wochen zwischen nicht fernen Gegenden, die noch einen mäßigen Unterschied in der
Höhe über
dem Meeresspiegel zeigen, zu bemerken.
Viel größere Differenzen ergeben sich, wenn man die Ebenen mit den Alpenhöhen vergleicht. Eine und dieselben Pflanzen, welche in jenen z. B. im April und Mai blühen, werden auf diesen erst im Juni und Juli blühend angetroffen. Für physiologische Fragen hat daher die genaue Feststellung des Datums, an welchem die einzelnen Blütenpflanzen unter verschiedener geographischer Breite [* 6] und in verschiedenen Höhenregionen ihre ersten Blüten entfalten, eine gewisse Bedeutung.
Behufs derartiger sogen. phänomenologischer Beobachtungen wurden besonders in Österreich [* 7] und Belgien [* 8] nach einem einheitlichen Plan Stationen durch das ganze Land eingerichtet. Für das mittlere Deutschland kann folgendes Verzeichnis als kleine Probe eines Blütenkalender gelten. Es beginnen zu blühen im März: Seidelbast, Haselnuß, Erle, Schneeglöckchen, Huflattich, Lungenblume;
Weide

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Weide.im April: Weide, [* 9] Pappel, Birke, Ulme, Kirsch- und Pflaumenbaum, Stachelbeerstrauch, Schlüsselblume, Hungerblümchen, Anemone, Feigwurz, Lerchensporn, Veilchen;
im Mai: Eiche, Buche, Ahorn, Apfelbaum, Heidelbeere, Wiesenschaumkraut, Dotterblume, Löwenzahn, Maiblümchen, Erdbeere;
im Juni: Linde, Hartriegel, Waldmeister, Schafgarbe, Teichrose, Hahnenkamm, Salbei;
im Juli: Skabiose, Enzian, Stechapfel, Möhre, Pastinake, Alant, Nachtkerze, Malve;
im August: Schilfrohr, Beifuß, Distel, Klette, Melde, Brennessel;
im September: Herbstzeitlose.
Vgl. Reiche, Blütenkalender der deutschen Phanerogamenflora (Hannov. 1872, 2 Bde.);
Fritsch, Normaler Blütenkalender von Österreich-Ungarn [* 10] (Wien [* 11] 1867-74, 3 Tle.).