Romanen
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Romanen
Rulieren - Rumänen
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Seite 14.24.Romanzement - Römer
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Römer.(Romani, Rumuni oder Walachen), der große romanische Volksstamm der Süddonauländer und der Balkanhalbinsel, [* 3] über dessen Ursprung sich noch heute zwei wissenschaftliche Ansichten gegenüberstehen. Schon Niebuhr nannte sie ein rätselhaftes Volk; Schafarik ließ sie erst im 5. oder 6. Jahrh. aus einem Gemenge von Römern, Geten und Slawen entstehen; Miklosich datiert sie aus dem Beginn des 2. Jahrh., wo römische Kolonisten sich am linken Donauufer niederließen. Auch die Ansicht der rumänischen Gelehrten geht dahin, daß die heutigen Rumänen die kontinuierliche Fortsetzung der mit den Daciern verschmolzenen, durch Trajan in die heutige Walachei versetzten Römer [* 4] seien, eine Ansicht, die zuletzt von J. ^[Julius] Jung (»Römer und Romanen in den Donauländern«, Innsbr. 1877) mit vieler Gelehrsamkeit gestützt wurde.
Dieser Meinung gegenüber vertreten Rumänen Rösler (»Romänische Studien«, Leipz. 1871),
P. Hunfalvy (»Ethnographie [* 5] von Ungarn«, [* 6] Budap. 1877), Tomaschek u. a. die Entstehung der in den Ländern südlich der Donau, im Balkan. Historisch beglaubigt ist, daß vom Kaiser Aurelian (270-275), als er Dacien nicht mehr gegen die Goten halten konnte, die römischen Kolonisten nach dem rechten Donauufer, nach Mösien, vollständig übergeführt wurden; das Römertum im Norden [* 7] der Donau erlosch und wurde hier erst durch spätere Rückwanderung aus Bulgarien [* 8] seit dem 13. Jahrh. in seiner modernen Gestalt (als Walachen) wieder aufgefrischt.
Noch um die Mitte jenes Jahrhunderts war die Walachei eine nur von nomadischen Horden durchstreifte Wüstenei, deren Weidegründe die Rumänen anzogen, welche allmählich sich über das Land und weiter über Siebenbürgen, wo sie auch erst im 13. Jahrh. auftraten, verbreiteten. Ein Teil der Rumänen blieb jedoch im Süden der Donau, in den Balkanländern, zurück, und dieses sind die sogen. Zinzaren (s. d.), welche dialektisch nur wenig von den Rumänen des Königreichs geschieden sind.
Spottiswoode - Sprache
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Sprache.Diese Anschauung von der Herkunft der Rumänen findet ihre wesentliche Stütze in der Betrachtung der Sprache [* 9] derselben, welche trotz romanischer Grundlage eine bunt gemischte ist, in der jedoch, obgleich 100 Jahre im Norden der Donau Westgoten und Gepiden herrschten, germanische Worte fehlen. Dagegen sind solche Sprachzuthaten vorhanden, die nur im Süden der Donau aufgenommen werden konnten: slawische Wörter, die dem Bulgarischen entstammen, die Nachsetzung des Artikels aus dem Albanesischen, griechische Wörter;
hierzu gesellte sich der Gebrauch der bulgarisch-slawischen (Cyrillischen) Schrift.
Hiernach würden also die Rumänen ihren gemeinsamen Stammsitz im Innern der Balkanhalbinsel haben und die Trajanische Kolonisation Daciens nur eine untergeordnete Episode in der Geschichte dieser Nation spielen. Die heutigen Rumänen sind ein über fünf Staaten verbreitetes und, sieht man von den nahe dazugehörigen Zinzaren ab, doch kompakt bei einander wohnendes Volk. Sie machen die vorherrschende Bevölkerung [* 10] des Königreichs Rumänien aus, bewohnen die Bukowina, Siebenbürgen, das östliche Ungarn, das nordöstliche Serbien, die bulgarischen Donauufer und Bessarabien. Was ihre Anzahl betrifft, so wird dieselbe von den Rumänen selbst gewöhnlich höher angegeben als die nachstehenden Mittelwerte. Es wohnen in: ¶
Rumänien, Bulgarien, S
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Seite 14.24a.Rumänen - Rumänien
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Rumänien | 5![]() ![]() |
Ungarn | 1![]() ![]() |
Siebenbürgen | 1![]() ![]() |
Bukowina | 210![]() |
Rußland | 1![]() ![]() |
Serbien, Bulgarien | 250![]() |
Zusammen: | 9![]() ![]() |
Da das Volk ungemein fruchtbar ist und sich nicht von andern Nationalitäten assimilieren läßt, so ist es stark im numerischen Fortschritt begriffen und dehnt sich räumlich auf Kosten der Magyaren, Szekler, Siebenbürger Sachsen, [* 14] Serben und Bulgaren aus. Die bei weitem überwiegende Zahl (etwa 9 Mill.) gehört der orthodoxen Kirche an. Wie schon die Sprache andeutet, sind die ein Mischvolk, und es bestätigen dieses auch die von Kopernicki vorgenommenen Schädelmessungen, welche eine große Mannigfaltigkeit ergeben. Es lassen sich drei Haupt- und zwei Neben- und Übergangsgruppen unterscheiden.
Auge des Menschen
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Auge.Die zahlreichsten Schädel zeigen den Mitteltypus, dann folgt der brachykephale und zuletzt, als am wenigsten vertreten, der dolichokephale Typus. Welcker giebt den Rumänen einen Breitenindex von 80, rechnet sie also zu den Subbrachykephalen. Die Männer sind meist von Mittelgröße, und kleine Gestalten gehören zu den Ausnahmen. Der Wuchs ist schlank, regelmäßig, das Profil meist hübsch, das Auge [* 15] schwarz, der Mund wohlgebildet. Die Haare [* 16] sind dicht, lang und dunkel. Im Sommer hüllt sich der Rumäne (immer die ländliche Bevölkerung als Typus festgehalten) in Leinenstoff, der als weite Hose und bunt gesticktes Hemd getragen wird.
Ein breiter Filzhut oder eine Schaffellmütze dienen als Kopfbedeckung. Im Winter trägt er wollene Hose, Pelzjacke und Lodenmantel. Das rumänische Mädchen zeichnet sich durch Schönheit der Gestalt und Bewegung aus; Kopf- und Gesichtsbildung erinnern oft an antike Statuen, die dunkeln, von langen Wimpern beschatteten Augen geben dem Gesicht [* 17] einen idealen Ausdruck. Allgemein üblich ist die Unsitte des Schminkens der Wangen und Färbens der Augenbrauen. Das lange, weiße Hemd, meist bunt gestickt, läßt gewöhnlich die Formen deutlich erkennen.
Haarananas - Haare
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Haar.Außer einer Schürze ist es im Sommer das einzige Kleidungsstück der rumänischen Bäuerin, die sonst mit Blumen im Haar [* 18] und Gold- und Silbermünzen am Hals geschmückt ist. Während Schönheit und Sittenreinheit dem Mädchen nachgerühmt werden, ist dieses bei der Frau weniger der Fall, die eine untergeordnete Stellung einnimmt und die Arbeit im Garten, [* 19] Feld und Wald, das Weben [* 20] und Färben der Stoffe zu besorgen hat. Bei den Rumänen der höhern Stände und in den großen Städten zeigt sich dagegen in allen Äußerlichkeiten ein starkes Nachahmen des Pariser Geschmacks, und die Bojarinnen gelten als prachtliebend und kokett. - Mit der geistigen Bildung sieht es in den niedern und mittlern Ständen des Volkes noch schlimm aus, und erst neuerdings geschieht in Bezug auf Gründung von Volksschulen in den verschiedenen Ländern etwas mehr.
Der Rumäne gilt als hinterlistig, feig, grausam und faul, Charaktereigenschaften, die seine Nachbarn übereinstimmend ihm nachsagen; doch hat er im letzten orientalischen Krieg (1878) sich als tapferer Soldat gezeigt. Viele suchen im Nichtsthun und Rakitrinken ihr größtes Lebensglück; gern sind sie Fuhrleute. Im allgemeinen ist dem Rumänen das Streben nach Kapitalbesitz fremd. Dabei ist jedoch seine natürliche Begabung eine vorzügliche und entwickelungsfähige, sein natürliches Geschick zu mechanischen Arbeiten groß, auch zeigt er große Anlagen zum Kunstgewerbe, und sein Formensinn ist beachtenswert.
Europa. Fluß- und Gebi
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Europa.Viele Rumänen führen in den Gebirgsländern ein nomadisierendes Hirtenleben, während andre in den fruchtbaren Gegenden Siebenbürgens und des Königreichs Rumänien Ackerbauer sind, und selbst die Popen bestellen ihre Felder selbst; aber die Früchte dieser Thätigkeit fallen nur noch selten dem Arbeiter selbst in den Schoß, da der Rumäne auf dem platten Land in einem sonst in Europa [* 21] kaum wieder gekannten Maß dem Juden verschuldet ist. Mais ist das Hauptnahrungsmittel des Rumänen, welcher als dünner Brotkuchen genossen wird, während Schafkäse, Speck, Zwiebeln, Obst und Fische [* 22] die Zukost bilden.
Charakteristisch für den Rumänen ist sein starker Aberglaube, der sein steter Begleiter auf dem ganzen Lebensgang ist. Seine Religion ist infolge der niedrigen Bildungsstufe der Popen eine sehr äußerliche. Im Festkalender spielt das Fest des Hauspatrons die größte Rolle, und Musik, Gesang, Tanz, meist von Zigeunern ausgeführt, hören das ganze Jahr wegen der vielen Feiertage nicht auf. Der Gesang der ist schwermütig und wenig melodiös.
Vgl. Pič, Über die Abstammung der Rumänen (Leipz. 1880);
Slavici, Die in Ungarn, Siebenbürgen und der Bukowina (Teschen 1881);
de Rosny, La patrie des Romains d'Orient (Par. 1885, mit Atlas). [* 23]