Hafer
Blutbewegung (chemisch

* 5
Blüte.
[* 1]
(Avena L.),
Gattung aus der
Familie der
Gramineen,
[* 2] ein- oder mehrjährige
Gräser
[* 3] mit
zwei- und mehrblütigen
Grasährchen;
die obere
Kelchspelze ist so lang wie das untere Blütchen oder sehr wenig kürzer, die
Grannen ragen in doppelter
Länge aus
den
Grasährchen hervor, sitzen am
Rücken der
Blütenspelze und haben zwei
Glieder,
[* 4] von welchen das untere
etwas stärker ist und das obere schwächere sich nach der
Blüte
[* 5] knieförmig biegt. Bei den Hafer
gräsern sind alle
Blüten
der zwei- bis fünfblütigen
Grasährchen fruchtbar und mit einer
Granne versehen, aber die untern, Rückengrannen tragenden
Blütenspelzen gehen nicht in zwei Grannenspitzen aus.
Hierher gehören der perennierende weichhaarige
Wiesenhafer (Rainhafer
,
Avena pubescens L.), ausdauernd, 60
cm hoch, mit 1,3
cm langen
Grasährchen, dicht behaarten untern Blattscheiden und Blättern, wächst auf trocknem, aber nicht dürrem, sonnigem
Land und auf bessern
Wiesen. Der perennierende Trifthafer
(Berghafer, A. pratensis
L., s. Abbildung), 30-60
cm hoch, mit reichblütigern
Grasährchen und kahlen Blattscheiden, bildet kleine
Stöcke mit breiten, kurzen
Wurzelblättern
auf
Kalk- und Sandmergel, an dürren Rändern und auf
Triften, gibt keine reiche, aber sehr gute, nahrhafte
Weide
[* 6] und eignet
sich mit
Klee zur Besäung von
Triften.
Mehrere andre
Arten (Wildhafer
) sind einjährige Ackerunkräuter. Bei dem Kulturhafer
trägt die aufrecht
stehende
Rispe zwei- bis vierblütige, fast zolllange oder längere
Grasährchen, welche dünnhäutige, mit den untersten Blütchen
ziemlich gleichlange Hüllspelzen haben. Nur das unterste Blütchen besitzt eine gekniete und gedrehte
Granne auf dem
Rücken
der untern
Deckspelze, die bei mehreren Kulturarten fehlschlägt. Der gemeine Saathafer
(Rispenhafer
,
A. sativa L.) hat eine nach allen Seiten hin ausgebreitete
Rispe mit zwei, drei, auch vier fruchtbaren
Blüten in den
Grasährchen.
Gerste (Varietäten der

* 8
Gerste.
Der Hafer
geht unter den Getreidearten im regelmäßigen Anbau am weitesten nördlich (in
Norwegen
[* 7] bis 65° nördl.
Br.), braucht
aber eine längere Vegetationszeit als die kleine
Gerste
[* 8] (16-22
Wochen) und verlangt deshalb frühe
Saat.
Er ist widerstandsfähiger gegen die
Witterung als andre
Halmfrüchte und kann sich vermöge seiner starken
Wurzeln, welche
sich nicht, wie die der
Gerste, dicht und büschelartig verbreiten, auch auf geringerm
Boden entwickeln und ebenso in noch
nicht kultiviertem Land. Auf
Neubruch jeder
Art ist er die einzige Halmfrucht, welche, und zwar oft mehrmals
hintereinander, angebaut werden kann. Er gedeiht jedoch am besten in kräftigem Land und verträgt auch frische Düngung,
wenn er schon besser in zweiter und dritter
Tracht steht.
Man sucht
Hackfrüchte, besonders
Kartoffeln, oder
Klee und analoge Futterpflanzen oder auch noch
Roggen, aber
diesen noch mehr im Anfang der
Rotation stehend, zur Vorfrucht zu geben und bereitet schon im
Herbste das
Feld entsprechend
vor, damit man im Frühjahr zeitig genug säen kann und die dem Hafer
so nötige Winterfeuchtigkeit nicht verloren
geht. Nur in schwerem, bindigem
Boden muß nochmals geackert werden. Man säet sonst auf die rauhe
Furche
oder bringt den Hafer
mit dem
Exstirpator unter. Auf trocknem
Boden muß die
Walze, anderwärts die
Egge
[* 9] die Vorbereitung vollenden.
Die
Aussaat geschieht
Haferdistel - Haffner

* 10
Seite 7.1001.
[* 1]
^[Abb.: Berghafer
(Avena pratensis).]
¶
mehr
dichter als bei andern Halmfrüchten, da viele Körner taub sind oder zu Grunde gehen, und überwalzt auf austrocknendem Boden
die aufgelaufene Saat nochmals. Das Drillen ist mit Unrecht beim Hafer
weniger als bei anderm Getreide
[* 11] gebräuchlich. Pro Hektar
nimmt man 146-196 kg bei breitwürfiger Saat und 121-147 kg beim Drillen als Saatgut. Besonderer Pflege
bedarf der Hafer
nicht, ist für dieselbe aber sehr dankbar, zumal für das Behacken der Drillreihen, resp. das Eggen der handhohen
breitwürfigen Saat.
Jundt - Jupiter

* 13
Klima.
Mit der Ernte
[* 12] darf man nicht zu lange warten, da die Körner leicht ausfallen und anderseits ein Nachreifen in den Garben stattfindet.
Man erntet auf 1 Hektar 69-103 Neuscheffel Körner und 2350-3520 kg vorzügliches Futterstroh, welches
dem der Gerste vorzuziehen ist. Ein Neuscheffel Hafer
wiegt durchschnittlich 22,75 kg.
Die reiche Strohernte und der relativ höhere Preis haben neuerdings vielfach die Gerste hinter dem Hafer
zurückstehen lassen;
auf magerm Boden und in rauhem Klima
[* 13] kann ohnedies nur Hafer
gebaut werden.
Auch für den Hafer
hat man in der Neuzeit vorzügliche Sorten verbreitet, unter welchen die schottischen und die gezüchteten
deutschen Sorten obenanstehen. Der Rispenhafer nimmt in seinen gestrecktkörnigen, gelben Formen mit leichterm Boden fürlieb
(z. B. Goldhafer), für üppigen Boden sind die gedrungenen, weißkörnigen Arten (Eichelhafer) geeigneter;
die begrannten Sorten findet man in dürren und in hohen Lagen vorherrschend, die mit farbigen Körnern werden fast nur aus Liebhaberei
gebaut.
Der Fahnen-, Stangen-, Trauben-, Kamm- oder türkische Hafer (A. orientalis Schreb.), mit höhern, steif aufrechten Halmen und schon in noch grünem Zustand mit zusammengezogenen, einseitig gewendeten Rispen, verträgt Frühlingsfröste besser als der gemeine, bestockt sich mehr, lagert sich nicht leicht, gibt aber nur in sehr guten Lagen bessere Erträge als der Rispenhafer, braucht 1-2 Wochen länger zur Reife, drischt sich schwerer, und sein Korn ist meist weniger wertvoll wegen der stärkern Spelze.
Oesterreich ob der Enn

* 14
Österreich.Der chinesische oder große, nackte Hafer (A. chinensis) gibt selbst auf reichem Land schlechte Erträge; seine durch Pressen aus den Spelzen entfernten Körner werden zur Grütze verwandt, wie der ebenfalls sehr selten und fast nur in Österreich [* 14] gebaute kleine, nackte Hafer (A. nuda L.). Letzterer ist vorzüglich zu Gemengsaaten geeignet und gibt leidliche Ertrage. Hafer enthält in 100 Teilen im Mittel 11,73 eiweißartige Körper, 6,04 Fett, 55,43 Stärkemehl und Dextrin, 10,83 Holzfaser, 3,05 Asche, 12,92 Wasser.
Die eiweißartigen Stoffe des Hafers bestehen vorzugsweise aus Pflanzenkasein von der Zusammensetzung und den Eigenschaften des Legumins, jedoch mit dem Schwefelgehalt und den Löslichkeitsverhältnissen des Glutenkaseins. Infolge dieses hohen Gehalts an Kasein erscheint der Hafer den Hülsenfrüchten sehr ähnlich. In geringer Menge enthält er außerdem sehr schwefelreichen Pflanzenleim (Gliadin). Die Asche enthält vorwiegend Kieselsäure, Phosphorsäure, Kali und Magnesia. Übrigens schwankt die quantitative Zusammensetzung nach Art, Varietät, Bodenbeschaffenheit und Klima. - Der Hafer, dessen ursprüngliches Vaterland man nicht mehr kennt, obwohl das Donaugebiet dafür gelten mag, kann füglich als die ursprüngliche europäische Brotfrucht angesehen werden.
Kelten und Germanen kultivierten ihn schon vor 2000 Jahren, und er scheint sich von da aus in den gemäßigten und kalten Erdstrichen aller Weltteile verbreitet zu haben. Ägyptern, Hebräern, Griechen und Römern war er nicht bekannt. Mit der Einführung nahrhafterer und besserer Cerealien wurde er immer mehr auf magern Boden und in unwirtliche Gegenden zurückgedrängt und dient gegenwärtig vorzüglich nur unsern Haustieren und ärmern Menschen zur Nahrung. In Schottland bäckt man, wie ehedem auch in Deutschland, [* 15] Brot [* 16] daraus. Jetzt ist bei uns die Hafergrütze noch gebräuchlich, auch wird zu einigen belgischen Weißbieren viel Hafer verbraucht.