und fließt in nordöstlicher
Richtung dem
Ganges zu, den er oberhalb
Patna nach einem
Laufe von 748 km erreicht. Im Unterlauf
ist er schiffbar und seit 1871 durch einen bei Dehri vollendeten Querdamm, wodurch fünf
Kanäle gespeist werden, zur künstlichen
Überflutung seiner
Ufer eingerichtet.
(ital. sonata, suonata), ein in der
Regel aus drei oder vier abgeschlossenen, aber durch
innere
Verwandtschaft unter sich verbundenen
Sätzen bestehendes Tonwerk von ganz bestimmter Form, zunächst für ein Soloinstrument,
namentlich
Klavier,
Cello,
Flöte,
Violine,
Orgel etc., bestimmt, jedoch, als
Duo,
Trio,
Quartett etc., auch auf mehrere
Instrumente
und, als
Symphonie, sogar auf großesOrchesterübertragen. Der erste
Satz ist der speziell für die S.
charakteristische
und sie von der
Suite,
Serenade etc. unterscheidende; seine Form ist die darum speziell so genannte Sonatenform.
Er beginnt entweder mit einer langsamen
Einleitung
(Grave,
Largo) oder gleich mit dem Hauptthema (Hauptsatz) in bewegtem
Tempo
(Allegro), von welchem geschlossene, modulierende (nicht in allzufern liegende
Tonarten ausschweifende)
Gänge zum zweiten
Thema (Nebensatz, Seitensatz) überleiten, das zwar in gleichem
Tempo, aber in längern Notenwerten, gesangartiger
gehalten ist.
Steht der Hauptsatz in
Dur, so pflegt der Seitensatz auf der
Tonart der
Dominante zu stehen; steht er in
Moll, so kommt dieParallel-Durtonart
oder
Durtonart der kleinen
Sexte (z. B. bei
A moll:
F dur) oder auch eine verwandte
Molltonart in Anwendung. Entweder schließt
nun der erste Teil hiermit ab, oder es folgt noch ein kleiner
Schlußsatz, der zum ersten
Thema zurückführt. Die
Repetition
(Reprise) der den ersten Teil des Sonatensatzes konstituierenden Themata ist durchaus für die Form
charakteristisch, und
Abweichungen sind selten und bedeuten ein Zerbrechen der Form
(Beethoven).
Der nun folgende zweite Teil (Durchführungssatz) besteht ausschließlich in Verarbeitung des vorausgegangenen thematischen
Materials (selten bringt er noch ein selbständiges
Thema) und leitet ohne Wiederholung durch den sogen. Rückgang zum dritten
Teil über. Dieser bringt wieder das Hauptthema in der Haupttonart, führt jedoch diesmal (mit oder ohne
Gang)
[* 2] den Seitensatz und etwanigen
Schlußsatz gleichfalls in der Haupttonart oder gleichnamigen
Molltonart ein und beschließt
entweder hiermit das Tonstück, oder es folgt ihm noch ein besonderer Anhang (coda), der hier meistens etwas länger ausgeführt
ist als im ersten Teil.
Bildungen wie die der ersten
Sätze der sogen. Mondscheinsonate (Op. 27,
Cis moll)
oder der
As dur-Sonate (Op. 26) von
Beethoven haben mit diesem
Schema nichts zu thun.
Beiden Sonaten fehlt der eigentliche erste
Satz; sie beginnen mit dem langsamen, der in der
Regel der zweite ist.
Charakteristikum des zweiten
Satzes ist die langsame
Bewegung (nur ausnahmsweise vertauschen der langsame
Satz und das gleich
zu besprechende
Scherzo ihren Platz). Seine Form kann eine sehr verschiedenartige sein.
Ist er wie der erste mit zwei kontrastiernden
Themata ausgestattet, so ist das bewegtere das zweite; die
Reprise und
Durchführung fallen weg, dagegen
erscheint gern das Hauptthema dreimal, meist mit immer gesteigerter
Figuration.
Oft begnügt sich der Tonsetzer mit der Liedform, d. h. der Themataordnung I-II-I. Sehr beliebt
ist auch die Variationenform für den zweiten
Satz. Die
Tonart des zweiten
Satzes ist meist die der
Unterdominante. Der dritte
Satz bringt
Menuett oder
Scherzo, gewöhnlich wieder in der
Haupt- oder doch in einer eng verwandten
Tonart.
In ältern Sonaten fehlt
Menuett oder
Scherzo gänzlich, so daß man gleich vom zweiten zum letzten
Satz, dem
Finale, gelangt.
Dieser steht bei durchschnittlich schneller
Bewegung immer in der Haupttonart, verwandelt sie aber nicht selten ausMoll inDur. Seine Form ist entweder die Sonatenform, in der
Regel ohne
Reprise, aber mit
Durchführung, oder eine weit ausgesponnene
Rondoform mit mehr als zwei meist kurzen Themata. In seltenen
Fällen läuft er in eine
Fuge aus.
Beethoven handhabt die Form
sehr frei und beschränkt sich manchmal auf nur zwei
Sätze und zwar nicht nur in der kleinen S.
(Sonatine),
bei der das fast die
Regel ist, sondern auch in groß und ernst angelegten Werken (Op. 53, 54, 78, 90, 101, 111).
Geschichte. Sonata (»Klingstück«) ist ursprünglich, d. h.
als die Anfänge einer selbständigen
Instrumentalmusik sich entwickelten (gegen Ende des 15. Jahrh.),
Ihre praktische Bestimmung war die, einem kirchlichen Gesangswerk als
Einleitung vorausgeschickt zu werden, die S. tritt in der
Folge (völlig gleichbedeutend mit Symphonia) als
Einleitung der
Kantate auf. Gegen Ende des 17. Jahrh.
begann man die Sonata da chiesa (Kirchensonate) von der Sonata da camera (Kammersonate) zu unterscheiden. Die letztere schied
die
Blasinstrumente aus und wurde schließlich die
Prärogative der
Violine
(Biber,
Corelli), ja die alte Art der für die
Kirche
bestimmten S. wurde gleichfalls nach Art der Kammersonate zugestutzt und nur, statt mit
Cembalo, mit der
Orgel begleitet.
Neben beiden bestand die vielstimmige, besonders mit
Blasinstrumenten besetzte S. fort für Tafelmusik und ähnliche weltliche
Bestimmungen. Diese Sonaten, auch die Corellischen und Biberschen, haben mit der neuern Sonatenform noch wenig mehr gemeinsam
als die
Zusammensetzung aus mehreren Teilen von verschiedener
Bewegungsart, welche bereits J.
Gabrieli seinen
letzten Sonaten gegeben hatte.
Corelli schrieb sie viersätzig:
Adagio,
Allegro,
Adagio,
Allegro.
(Specillum), dünnes, rundes, 12-28 cm langes Stäbchen, gewöhnlich aus Stahl oder Silber, an der Spitze abgerundet
oder mit einem Knöpfchen oder Öhr versehen, dient zur Untersuchung von Wunden, Geschwüren etc., zum Einbringen
von Scharpie oder Fäden oder als Leitungswerkzeug für schneidende Instrumente, in welchem Fall es der Länge nach gefurcht oder
gerinnt ist (Hohlsonde).
ital. Provinz im N. der Lombardei, begreift großenteils das bis 1797 zu Graubünden
gehörige Veltlin, wird im N. von der
Schweiz, im O. von Tirol
[* 19] und der ProvinzBrescia, im Süden von Bergamo und im W. von Como begrenzt und umfaßt
3268, nach Strelbitsky 3123 qkm (56,7 QM.) mit (1881)
120,534 Einw. Das Land besteht der Hauptsache nach aus den Thälern der obern Adda und der Mera, welche von mehreren Gebirgsgruppen
der Alpen
[* 20] (Bernina-, Ortler- und Bergamasker Alpen) flankiert werden.
(ital., Klanggedicht), kleines Gedicht von bestimmter Form, bestehend aus 14 (in der
Regel iambischen) Zeilen, von denen die ersten 8 und die letzten 6 miteinander reimen und zwar so, daß die 8 ersten, in zwei
Strophen von je 4 Zeilen zerfallend (Quaternarien oder Quatrains), nur zwei Reime haben, welche je viermal
anklingen und in dem Verhältnis der Reimumschlingung zu einander stehen
¶
mehr
(abba abba), die 6 letzten dagegen, in zwei Strophen von je 3 Zeilen zerfallend (Terzinen), mit zwei oder auch drei Reimklängen
beliebig wechseln können (cdc ded, cde cde, cde dce etc.). Das S. ist eine ebenso schöne wie
kunstvolle, aber auch schwierige Form für die reflektierende Lyrik, weil sie nicht nur einen bedeutenden
Reichtum an Reimen erfordert, sondern auch die innere Gedankenordnung sich genau den Abteilungen anschmiegen soll, nicht bloß
so, daß mit der 4., 8. und 11. Zeile eine Sinnpause eintreten muß, sondern die Art des Gedankenvortrags soll auch mit jeder
neuen Strophe eine neue Wendung nehmen.
Unbedingt verpönt ist namentlich das Herüberziehen des Satzes aus der 8. in die 9. Zeile. Hervorgegangen
aus der provençalischen Poesie, fand das S. in der Mitte des 13. Jahrh. in die italienische PoesieAufnahme. Die erste regelmäßige
Gestalt gab ihm FraGuittone von Arezzo, die höchste Vollendung Dante und Petrarca; im übrigen ist die Zahl
der italienischen Sonettendichter unendlich. In Frankreich ward das S. erst im 16. Jahrh. wieder aufgenommen, aber als Bouts rimés
zum leeren Witz- und Reimspiel herabgewürdigt.
Später geriet es wieder in Vergessenheit, bis es durch Bürger und dann durch die romantische Schule von neuem aufgenommen
und mit Eifer kultiviert wurde. Treffliche deutsche Sonette haben Schlegel, Goethe, Rückert, Platen, Chamisso, Herwegh, Geibel,
Strachwitz u. a. geliefert. Sonettenkranz ist eine Reihe von 15 Sonetten, von denen 14 durch ihre Anfangs-
oder Endzeilen das 15., das sogen. Meistersonett, bilden.
Vgl. Tomlinson, The sonnet, its origin, structure etc. (Lond. 1874);
Welti, Geschichte des Sonetts in der deutschen Dichtung (Leipz. 1884);
(Sangkoi oder RoterFluß), Hauptfluß der franz. KolonieTongking
[* 30] (Hinterindien),
[* 31] entspringt mit drei westlichern
und einer östlichen Quelle
[* 32] in den Südabhängen der die chinesische ProvinzJünnan durchziehenden hohen Gebirgskette. In China
[* 33] heißt er Hongkiang, bei Laokai tritt er über die Grenze, bleibt wie zuvor noch 140 km von Bergen
[* 34] eingefaßt
und bildet zahlreiche Stromschnellen. Später wird er ruhiger, nimmt rechts den HellenFluß und links den KlarenFluß auf und
spaltet sich unterhalb in zahlreiche Arme, von denen die linksseitigen mit dem Thaibinh oder Bakha durch drei künstliche
Kanäle und andre Wasseradern in Verbindung stehen, so daß hier ein mächtiges Delta
[* 35] gebildet wird, und
ergießt sich in den Meerbusen von Tongking. An einem Arm des Thaibinh liegt Haiphong, der Haupthafen des Gebiets.
Der S. wurde zuerst 1870 von Dupuis von der chinesischen Stadt Manghao bis zu seinem Eintritt in die Ebene und 1872 aufwärts
bis Jünnan hinein befahren. Auch der KlareFluß ist bis zur chinesischen Grenze, der SchwarzeFluß eine
große Strecke aufwärts für leichte Fahrzeuge befahrbar. Am
rechten Ufer des S., 175 km von der Mündung, liegt die Hauptstadt
Hanoi, die im 8. Jahrh. noch am Meer gelegen haben soll, ein Beweis für die rasche Deltabildung des Flusses.
»Über die Heeresverwaltung der alten Römer
[* 39] im Frieden und Krieg etc.« (Innsbr. 1847), waren rein militärischen
Charakters;
später aber wandte er sich der Geographie zu und hat auf dem Gebiet der Orographie die größten Erfolge aufzuweisen.
Als Anhänger K. Ritters war er bestrebt, die Ursachen der Erscheinungen, welche unmittelbar zu beobachten er seit 1857 jährlich
Reisen in die Alpen (1870 nach Ungarn,
[* 40] 1875 nach Italien)
[* 41] unternahm, aufzuspüren und darzulegen. Als Frucht dieser Einzelforschungen
veröffentlichte er: »Reiseskizzen aus den Alpen und Karpathen« (Wien
[* 42] 1857);
(d. h. der Abend vor dem Sonntag), der siebente Tag der Woche im christlichen Kalender, der Sabbat im jüdischen
Kalender. An die letztere Bedeutung erinnern die NamenSamstag im Deutschen, samedi im Französischen u. a.,
wogegen sich die römische Bezeichnung dies Saturni (Saturnustag), im plattdeutschen Zaturdag, Saterdag sowie im englischen
Saturday erhalten hat.
und an den LinienNeuß-Schwelm und Düsseldorf-Schwelm der Preußischen Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche,
mechanische Weberei,
[* 49] eine Tapetenfabrik, Kalksteinindustrie, Fabrikation landwirtschaftlicher Maschinen und (1885) 7543 meist
evang. Einwohner.
Da die Erde sich in einer Ellipse
[* 53] um die im Brennpunkt stehende S. bewegt, so ist die Entfernung
beider Himmelskörper voneinander veränderlich, wie sich schon aus den zwischen 32' 36'' und 31' 32''
schwankenden Werten des scheinbaren Halbmessers der S. ergibt. Die mittlere Größe dieser Entfernung ist eins der wichtigsten
Elemente der Astronomie,
[* 54] denn sie bildet die Einheit, in welcher man die Entfernungen der Weltkörper zunächst ermittelt.
Statt des Mars kann man auch die Venus in ihrer Erdnähe beobachten. Dieselbe kehrt uns dann ihre dunkle
Seite zu und ist nur sichtbar, wenn sie vor derSonnenscheibe
[* 59] vorübergeht, wenn ein sogen. »Durchgang der Venus durch die S.«
stattfindet. Halley machte zuerst (1677) auf die Wichtigkeit der Venusdurchgänge für die Bestimmung der Sonnenparallaxe aufmerksam
und schlug eine hierzu geeignete Beobachtungsmethode vor (1691 u. 1716). Seitdem
sind alle Venusdurchgänge und mit größter Sorgfalt beobachtet worden.
Aus den Beobachtungen von 1761 und 1769 hat Encke den Wert derSonnenparallaxe zu 8,57116'' bestimmt, was eine Entfernung der
S. gleich 24,043 Erdhalbmessern oder 20,682,000 geogr. Meilen gibt. Bis Anfang der 60er Jahre galt dieser
Wert als der zuverlässigste. Eine neue Berechnung von Powalky, bei welcher genauere Werte für die Längen einiger Beobachtungsorte
benutzt wurden, gab für die Sonnenparallaxe den größern Wert 8,855''. Ferner berechnete Newcomb aus den Beobachtungen des
Mars zur Zeit seiner Opposition 1862, die nach einem von Winnecke entworfenen Plan auf zahlreichen Sternwarten
[* 60]
angestellt wurden, den Wert 8,848''. Später hat Galle aus Oppositionsbeobachtungen des PlanetenFlora, der im Oktober und November 1873 sich
der Erde bis auf 0,87 Sonnenweiten näherte, den Wert 8,873'' berechnet, fast übereinstimmend mit der Zahl 8,879, welche Puiseux
aus den französischen Beobachtungen des Venusdurchganges von 1874 abgeleitet hat.
Leverrier hatte früher aus den Störungen der Venus den Wert 8,95'' berechnet, und ähnliche Werte, sämtlich größer als der
Enckesche, sind von Hansen, Delaunay und Plana aus gewissen Ungleichheiten der Mondbewegung gefunden worden. Endlich kann man
die Sonnenparallaxe auch finden, wenn man die Lichtgeschwindigkeit unabhängig von astronomischen Beobachtungen
bestimmt und die sogen. Lichtgleichung, d. h. die Zeit, in welcher
das Licht von der S. zur Erde gelangt, oder auch den Aberrationswinkel (s. Aberration des Lichts)
[* 61] kennt.
Nach den neuesten Versuchen von Newcomb beträgt aber die Lichtgeschwindigkeit im leeren Raum 299,860 km, und daraus ergibt
sich mit Nyréns Wert der Aberrationskonstanten (s. Aberration) eine Sonnenparallaxe von 8,794'', entsprechend einer Entfernung
der S. von 149,61 Mill. km. Da eine Bearbeitung der sämtlichen
Beobachtungen der Venusdurchgänge von 1874 und 1882 zur Zeit noch nicht vorliegt, so bedient man sich gewöhnlich des
Newcombschen Wertes 8,85'' für die Sonnenparallaxe. Hiernach beträgt die mittlere Entfernung der S. 23,307
Erdhalbmesser = 148,670,000 km = 20,036,000 geogr. Meilen. Das Licht braucht 8 Min. 18 Sek. zur Zurücklegung dieses Wegs. Da
die Exzentrizität der Erdbahn ungefähr 1/60 beträgt, so wird die Entfernung im Perihel um etwa ⅓ Mill. Meilen verkleinert,
im Aphel um ebensoviel vergrößert.
In mittlerer Entfernung erscheint der Sonnenhalbmesser unter einem Winkel
[* 62] von 16' 1,8'' oder
961,8''; daraus berechnet sich der wahre Durchmesser der S. = 961,8/8,85 = 108,556 Erddurchmessern = 1,387,600 km = 187,000
geogr. Meilen, also ungefähr 1⅘mal so groß als der Durchmesser der Mondbahn. Ein Bogen
[* 63] auf der Mitte
der S., der uns unter einem Winkel von 1'' erscheint, hat eine Länge von 720 km, und selbst der feinste Spinnwebenfaden eines
Mikrometers verdeckt noch gegen 200 km. Die S. hat 11,800mal soviel Oberfläche und 1,279,000mal
soviel Volumen als die Erde, 600mal soviel als alle Planeten zusammen.
IhreMasse ist das 319,500fache von der Erdmasse, mehr als das 700fache aller Planetenmassen. Die mittlere Dichte aber ist
nur 0,253 oder ungefähr ¼ von der unsrer Erde, also 1,4 von der des Wassers. Da die Schwerkraft an der Oberfläche eines Himmelskörpers,
abgesehen von den Wirkungen der Zentrifugalkraft,
[* 64] proportional ist dem Produkt aus mittlerer Dichte und
Durchmesser, so ist dieselbe auf der S. 108,6.0,253 = 27,5mal so groß als bei uns, und während ein Körper auf der Erde 4,9
m in der ersten Sekunde fällt, beträgt der Fallraum auf der S. 135 m.
[Oberfläche.]
Während bei Anwendung mäßiger Vergrößerung die leuchtende Oberfläche der S., die
Photosphäre, glatt und gleichförmig erscheint, erblickt man sie durch Instrumente von großer Öffnung mit starker Vergrößerung
bei klarer und ruhiger Luft wie bedeckt mit leuchtenden, in ein weniger helles Netzwerk
[* 65] eingebetteten Körnern. Schon W. Herschel
hat dieselben wahrgenommen und als »Runzeln« bezeichnet, später hat sie Nasmyth mit Weidenblättern, Secchi
aber mit Reiskörnern verglichen. Nach
¶
mehr
Langley hat die Photosphäre ein wollig-wolkenartiges Aussehen, aber neben den verwaschen wolkenartigen Gebilden unterscheidet
man noch zahlreiche schwache Fleckchen auf hellem Grund, und unter günstigen Umständen lösen sich die wolkenähnlichen
Gebilde in eine Menge kleiner intensiv leuchtender Körner auf, die in einem dunklern Medium suspendiert erscheinen. Die erwähnten
Fleckchen haben jetzt das Aussehen von Öffnungen oder Poren, entstanden durch Abwesenheit der weißen
Wolkenknoten und Durchscheinen des dunklern Grundes; der Durchmesser beträgt bei den deutlicher wahrnehmbaren 2-4 Bogensekunden.
Die hellen Knötchen oder Reiskörner Secchis bestehen nach Langley aus Anhäufungen kleiner Lichtpunkte von ungefähr 1/3''
Durchmesser. Janssen hat Photographien der S. bis zu einem Durchmesser von 30 cm und mehr dargestellt, die
unter der Lupe
[* 67] sehr deutlich die granulierte Beschaffenheit der Photosphäre zeigen. An Stellen, wo die Granulationen am deutlichsten
ausgeprägt sind, besitzen die Elemente alle eine mehr oder minder kugelförmige Gestalt, und das um so mehr, je geringer
ihre Größe ist.
Der Durchmesser dieser Kugeln ist sehr verschieden, von wenigen Zehnteln der Bogensekunde bis zu 3 und 4''. Die ganze Oberfläche
der Photosphäre erscheint in eine Reihe von mehr oder minder abgerundeten, oft fast geradlinigen, meist an Vielecke
[* 68] erinnernden
Figuren abgeteilt, deren Größe sehr verschieden ist, oft einen Durchmesser bis zu 1' und darüber erreicht.
Während nun in den Zwischenräumen dieser Figuren die einzelnen Körner bestimmt und gut begrenzt, obwohl von sehr verschiedener
Größe sind, erscheinen sie im Innern wie zur Hälfte ausgelöscht, gestreckt oder gewunden; ja, am häufigsten sind
sie ganz verschwunden, um Strömen von leuchtender Materie Platz zu machen, die an die Stelle der Granulationen
getreten sind. Janssen hat diese Gestaltung als photosphärisches Netz bezeichnet.
Ferner bemerkt man auf der Sonnenfläche schon bei schwachen Vergrößerungen bald einzelne, bald
in Gruppen zusammenstehende dunklere Stellen, sogen. Sonnenflecke. Dieselben wurden zuerst 1610 von Fabricius wahrgenommen, 1611 auch
von Galilei und von Scheiner in Ingolstadt
[* 69] entdeckt. Während ersterer die S. mit ungeschütztem Auge
[* 70] beobachtete,
wenn sie in der Nähe des Horizonts stand, wandte Scheiner zuerst dunkel gefärbte Blendgläser an. Gegenwärtig polarisiert
man auch das Licht im Fernrohr
[* 71] durch Reflexion
[* 72] und kann es dann durch abermalige Reflexion beliebig abschwächen (Helioskop von
Merz).
Vielfach beobachtet man auch das objektive Sonnenbild, das durch ein Äquatorial
[* 73] auf einer weißen Fläche entworfen wird.
Auch wendet man jetzt nach dem Vorgang von Warrende la Rue häufig die Photographie an, um getreue Abbildungen der Sonnenfläche
mit ihren Flecken etc. zu erhalten.
[* 66]
Fig. 1 der Tafel »Sonne«
zeigt den Anblick der S. nach einer Photographie von Rutherfurd in New York Außer den Sonnenflecken
zeigt dieselbe auch noch nach dem Rand hin helle Adern, sogen. Fackeln, in Silberlicht glänzende Streifen, die schon Galilei
beobachtete.
An den größern Flecken unterscheidet man meist einen dunkeln Kern, den Kernfleck, bisweilen mit noch dunklern Stellen, Dawes'
Centra. Diese Kerne sind umgeben mit einem matten, nach der leuchtenden Sonnenfläche gut abgegrenzten
Hof
[* 76] oder Halbschatten (penumbra), ungefähr von der grauen Färbung der Mondmeere. Doch sind auch bisweilen rötliche Färbungen
beobachtet worden, namentlich hat Secchi größere Flecke wiederholt wie durch einen rötlichen Schleier gesehen. Nicht selten
fehlt übrigens die Penumbra, andre Male wieder der Kernfleck.
Gleich die ersten Beobachter bemerkten, daß die Sonnenflecke sich vom östlichen Rande der S. nach dem
westlichen bewegen, und erklärten diese Bewegung richtig durch eine Rotation der S. um eine Achse. Die Bestimmung der Dauer
der Rotation ist aber mit Schwierigkeiten verbunden, einesteils wegen der Veränderlichkeit, andernteils wegen der eignen
Bewegung der Flecke, die nach Laugier bisweilen über 100 m in der Sekunde beträgt. Verhältnismäßig nicht
viele Flecke behalten ihre Gestalt so lange, daß man sie während mehrerer Rotationen verfolgen kann; viele ändern von einem
Tag zum andern ihre Gestalt teils durch Zerfallen (s. Tafel,
[* 66]
Fig. 2),
teils durch Zusammenfließen mit andern derart, daß sie nicht wieder zu erkennen sind; andre verschwinden
gänzlich, neue erscheinen.
Das Auftreten neuer Fleckengruppen wird meist vorher angezeigt durch ausgedehnte helle Fackeln an der gleichen Stelle. Dessen
ungeachtet hat man zahlreiche Flecke durch mehrere Rotationen beobachtet. Man findet nun, daß ein Fleck ungefähr 27½ Tage
nach seinem ersten Erscheinen sich wieder am Ostrand zeigt, und daraus ergibt sich, mit Berücksichtigung
der Bewegung der Erde, die wahre Dauer einer Rotation der S. zu ungefähr 25½ Tagen. Die genauere Bestimmung liefert aber für
Flecke, die dem Sonnenäquator nahe sind, eine kürzere Dauer als für solche in höhern Breiten.
Spörer fand z. B. für 1,5° heliographischer
Breite
[* 77] 25,118 Tage, für 24,6° aber 26,216 Tage. Es deutet dies auf eine Bewegung der Flecke parallel zum Äquator. Außerdem
aber ändern sich auch die Breiten, es zeigen die meisten Flecke eine Bewegung vom Äquator nach den Polen hin. Spörer vermutet,
daß diese Bewegungen mit Winden
[* 78] auf der S. zusammenhängen. Nach seiner Bestimmung beträgt die Rotationszeit
der S. 25,234 Tage, der Sonnenäquator ist um 6° 57' geneigt gegen die Ekliptik, und die Länge seines aufsteigenden Knotens
ist 74° 36'; Carrington hat 25,38 Tage, 7° 15' und 73° 57' gefunden.
Bei der Rotation der S. zeigen die Flecke, den Regeln der Perspektive entsprechend, gewisse regelmäßige
Formveränderungen: wenn ein Fleck sich vom Ostrand aus nach der Mitte der S. bewegt, so wird seine Ausdehnung
[* 79] parallel zum
Äquator immer größer;
entfernt er sich aber von der Mitte, so wird sie immer kleiner, während gleichzeitig seine Ausdehnung
senkrecht zum Äquator ungeändert bleibt.
Wilson in Glasgow
[* 80] beobachtete 1769 an einem großen Sonnenfleck,
daß die Penumbra, als derselbe in der Mitte der S. stand, links und rechts ungefähr gleich groß, vor- und nachher aber,
bei exzentrischer Stellung, allemal auf der dem Rande der S. zunächst liegenden Seite sich am breitesten zeigte. Wilson kam
dadurch zu der Ansicht, daß die Penumbra gebildet werde durch die trichterförmig nach unten abfallenden, nur wenig leuchtenden
Seitenwände einer Öffnung in
¶
mehr
der Lichthülle der S., durch welche wir deren dunkeln Kern erblicken. Daß der eigentliche Sonnenkörper dunkel sei, hatte
schon Dom. Cassini (1671) behauptet; Bode (1776) und später W. Herschel haben der Wilsonschen Hypothese, daß der dunkle Kern
der S. zunächst von einer wenig leuchtenden, wolkenähnlichen Hülle umgeben sei, über welche sich die
eigentliche Lichthülle ausbreite, allgemein Eingang verschafft. Erst Kirchhoff (1861) machte darauf aufmerksam, daß die
leuchtende Hülle der S. unmöglich bloß nach außen Licht und Wärme senden könne, daß vielmehr auch die unter ihr liegende
wolkenartige Schicht und der Sonnenkörper selbst längst durch Leitung und Strahlung erwärmt und ins
Glühen versetzt worden sein müßten. Aus diesen Gründen ist die Wilsonsche Hypothese aufgegeben worden.
Die Sonnenflecke erscheinen nicht an allen Stellen der Sonnenoberfläche in gleicher Häufigkeit. In der Hauptsache sind sie
beschränkt auf die Zonen zwischen 10 und 30° heliographischer Breite, die sogen. Königszonen. In der Nähe des Sonnenäquators
selbst sind sie nur spärlich vorhanden, und ebenso finden sie sich selten jenseit des 35. Breitengrads.
Ferner sind die Sonnenflecke nicht zu allen Zeiten gleich häufig, und es hat zuerst Schwabe 1843 aus seiner seit 1826 fortgesetzten
Beobachtung auf eine etwa zehnjährige Periode der Häufigkeit geschlossen. Zu allgemeiner Anerkennung gelangte diese
Behauptung namentlich durch die Diskussion älterer Fleckenbeobachtungen durch Wolf 1852. Derselbe fand eine mittlere Dauer
der Periode von 11 1/9 Jahren mit Abweichungen von durchschnittlich 1⅔ Jahren; etwa fünf solcher Perioden bilden wieder eine
größere Periode, die durch die Höhe der Fleckenmaxima und die Tiefe der Minima charakterisiert ist.
Bei totalen Sonnenfinsternissen erscheint der vor der S. stehende Mond
[* 84] rings
umgeben mit einem silberglänzenden, wallenden Lichtschimmer, aus dem einzelne, oft wunderbar gekrümmte Strahlengruppen
hervorschießen. Es ist dies die sogen. Korona. Außerdem aber hat man auch noch bei diesen
Gelegenheiten eigentümliche rosenrote Gebilde am Sonnenrand bemerkt, die bald wie Berge oder Flammen an der S. haften, bald
wie Wolken frei schweben, die Protuberanzen (vgl. Tafel »Sonne«, Fig.
3). Solche Protuberanzen sind bereits 1733 von Vassenius in Gotenburg beobachtet und abgebildet worden; ihr genaueres Studium
beginnt aber erst mit der Sonnenfinsternis
[* 85] vom wo Arago, Airy, Schumacher u. a. sie wahrnahmen; 1860 wurden sie bereits
photographiert, und 1867 glückte es Rziha, bei Ragusa
[* 86] eine Protuberanz während einer zehnzölligen ringförmigen
Finsternis zu beobachten.
Endlich haben 1868 Lockyer, Janssen, Huggins und ZöllnerMethoden angegeben, um diese Gebilde auch bei vollem Sonnenschein zu beobachten.
Als Mittel hierzu dient das
Spektroskop.
[* 87] Das Sonnenspektrum ist ein kontinuierliches Spektrum, welches von zahlreichen dunkeln
(Fraunhoferschen) Linien unterbrochen wird, die genau dieselbe Stelle einnehmen wie die hellen Linien in
den Spektren verschiedener Metalldämpfe. Kirchhoff zeigte, daß ein jedes glühende Gas ausschließlich Strahlen von der Brechbarkeit
derer schwächt, die es selbst aussendet, so daß die hellen Linien eines glühenden Gases in dunkle verwandelt werden müssen,
wenn durch dasselbe Strahlen einer Lichtquelle treten, die hinreichend hell ist und an sich ein kontinuierliches
Spektrum gibt. Um also die dunkeln Linien des Sonnenspektrums zu erklären, muß man annehmen, daß die Sonnenatmosphäre einen
leuchtenden Körper umhüllt, der für sich allein ein kontinuierliches Spektrum gibt.
Die Sonnenflecke zeigen nach Huggins und Secchi dasselbe Spektrum wie die übrige Sonnenfläche, nur sind die dunkeln Linien
breiter; Secchi schließt daraus, daß in ihnen die metallischen Dämpfe sich im Zustand größerer Dichte befinden. Die Protuberanzen
aber zeigen ein Linienspektrum mit den hauptsächlichsten Linien des Wasserstoffs und einigen Eisenlinien. Darauf beruht die
Möglichkeit, diese Gebilde bei hellem Sonnenschein selbst auf der Sonnenscheibe zu beobachten.
Man bringt nämlich im Spektroskop eine größere Anzahl Prismen an, durch welche das Spektrum des störenden
Sonnenlichts so vergrößert wird, daß es nicht mehr blendet; dagegen bleibt die Protuberanz im Licht einer der hellen Wasserstofflinien
sichtbar, wenn man den Spalt weit öffnet (Lockyer, Zöllner). Man weiß gegenwärtig, daß die Protuberanzen in der Hauptsache
aus glühendem Wasserstoff bestehen, der in Massen von mannigfachster Form bis zur Höhe von 1-3', ja in
einzelnen Fällen bis über 4' Höhe (23,000 geogr. Meilen) mit rasender Schnelligkeit (über 20 geogr. Meilen in der Sekunde)
aufsteigt.
Durch die Neigung der obern Teile der Protuberanzen gibt sich eine in den höhern Schichten der Atmosphäre
herrschende Strömung nach den Polen kund. Eine Hülle glühenden Wasserstoffgases umgibt auch den ganzen Sonnenkörper, in der
Fleckenregion fast zu 6000 Meilen, anderwärts nur etwa zu 1000 Meilen aufsteigend, die sogen. Chromosphäre, welche namentlich
in mittlern Breiten zahlreiche haarförmige Hervorragungen zeigt. Die Korona endlich gibt ein kontinuierliches
Spektrum mit einigen hellen Linien, darunter einer grünen Eisenlinie, die auch im Nordlichtspektrum auftritt. Zwischen Protuberanzen
und Fackeln besteht eine enge Beziehung; es treten durchschnittlich die schönsten Protuberanzen in der Region der Fackeln auf,
und Secchi versichert, noch niemals eine einigermaßen glänzende Fackel am Sonnenrand selbst angetroffen zu haben, ohne
daselbst zugleich eine Protuberanz oder wenigstens eine höhere Erhebung und
¶