Innsbruck
Neustadt

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Neustadt.[* 1] (im Volke Spruck), Hauptstadt des österreich. Kronlandes Tirol, [* 2] liegt in prachtvoller Hochgebirgslandschaft unweit der Mündung der Sill in den Inn zu beiden Seiten des letztern, zwischen 2300-2600 m hohen, meist steilen Bergen [* 3] (Solstein, Brandjoch, Frauhütt, Hoher Sattel im N., Patscher Kofel, Waldraster Spitze und Saile im S.), in der größten Breite [* 4] des Unterinnthals, am nördlichen Ausgang der von jeher für den Handel zwischen Deutschland [* 5] und Italien [* 6] wichtigen Brennerstraße (jetzt Eisenbahn), 574 m ü. M. und besteht aus der eigentlichen Stadt (Altstadt) und aus den Vorstädten Neustadt, [* 7] Innrain, Mariahilf, St. Nikolaus und Dreiheiligen mit der Kohlstadt, zu denen auch noch die angrenzenden Ortschaften Wilten und Hötting gerechnet werden müssen.
Die Stadt, Station der Arlberg- und der Südbahn, ist freundlich gebaut und enthält vier öffentliche Plätze, worunter der Rennweg mit dem benachbarten Hofgarten der belebteste ist; die Straßen sind meist breit und mit guten Trottoirs, in der Altstadt mit Arkaden (Lauben) versehen. Die neuen Stadtteile, namentlich gegen den Bahnhof hin, haben einen ganz modernen Anstrich. Unter den Kirchen steht die Hofkirche zum heiligen Kreuz [* 8] (Franziskanerkirche) obenan, die unter Ferdinand I. durch Nikolaus Thuring und Marx della Bolla 1553-63 im Renaissancestil erbaut wurde.
Stärke (natürliches Vo

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Stärke.Sie enthält das berühmte Grabdenkmal des allerdings in Wiener-Neustadt ruhenden Maximilian I., einen Sarkophag [* 9] aus Marmor, auf dessen Deckel der Kaiser im Ornat, lebensgroß aus Erz gegossen (vom Sizilier Ludwig del Duca, 1582), betend kniet, umgeben von den allegorischen Gestalten der Gerechtigkeit, Klugheit, Stärke [* 10] und Mäßigkeit. Die Seitenflächen sind mit schönen Alabasterreliefs von Alexander Colins geziert. Ringsum stehen zwischen zehn Marmorsäulen 28 überlebensgroße Erzstatuen von Fürsten, Helden und fürstlichen Frauen, meist aus dem Haus Habsburg, Meisterwerke der Plastik, hervorgegangen aus den Werkstätten von Peter Vischer in Nürnberg, [* 11] Stephan und Melchior Godel, Gregor Löffler und Hans Lendenstrauch in Mühlau bei I. An der linken Seitenwand der Kirche lehnen die Grabstätte und das Denkmal Andreas Hofers, daneben die Grabstätten und einfachen Denksteine Speckbachers und Haspingers; auf der andern Seite steht das Monument der in den Befreiungskämpfen von 1796-1809 gefallenen Tiroler. In der sogen. silbernen Kapelle befinden sich die Grabmäler des Erzherzogs Ferdinand (gest. 1594) und seiner Gemahlin Philippine Welser, beide von Alex. Colins, nebst 23 Heiligenstatuen.
Andre beachtenswerte Kirchen sind: die Stadtpfarrkirche zu St. Jakob (1721 vollendet) mit Marienbild von L. Cranach und Grabmal des Deutschmeisters Erzherzogs Maximilian (gest. 1618), die Universitäts- oder Jesuitenkirche (1640), die Servitenkirche (1614), die Kirche des heil. Johannes von Nepomuk (1735) mit Fresken von Schöpf, die neue gotische Kirche in der Vorstadt St. Nikolaus und die evangelische Kirche. Unter den Profangebäuden zeichnen sich aus: die kaiserliche Burg (von Maximilian I. aufgeführt, von Maria Theresia 1766-70 umgebaut), dem Rennweg zugekehrt, mit weitem Hofraum und den sogen. kaiserlichen Prunkgemächern (darunter der Riesensaal mit Gemälden von Maulbertsch und die Hofkapelle, von Maria Theresia an der Stelle erbaut, wo ihr Gemahl Franz I. 1765 verschied); das »Goldendachlgebäude« (ehemalige Fürstenresidenz) mit einem schönen gotischen Erker, dessen Dach [* 12] mit kupfernen, stark vergoldeten Platten gedeckt ist; die alte Ottoburg, das Rathaus, das Mauthaus, die Universität, das Theater, [* 13] das Museum, das Landhaus mit einer zierlichen Kapelle, das Postgebäude, der Landeshauptschießstand, das Schloß Büchsenhausen u. a. In der Mitte der Maria Theresien-Straße befindet sich die Annensäule, ein Votivdenkmal der tirolischen Landstände für die Räumung des Landes
Innsbruck

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Seite 8.966.
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^[Abb.:
Wappen
[* 14] von Innsbruck.]
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von den bayrischen Truppen 1703; am südlichen Ende dieser Straße die Triumphpforte (1765 zum Andenken an die Feier der Ankunft Maria Theresias und Franz' I. und der Vermählung ihres Sohns Leopold errichtet); vor dem Theater die eherne Reiterstatue des Erzherzogs Leopold V. (gest. 1632), in den Anlagen am Innufer das Standbild Walthers von der Vogelweide und auf dem Margaretenplatz der große marmorne Rudolfsbrunnen mit der Statue Rudolfs IV. Sehenswert ist ferner der neue Friedhof im W. der Stadt.
Bierbrauerei

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Bierbrauerei.Über den Inn führen drei große Brücken, [* 16] eine eiserne, eine Kettenbrücke und eine steinerne für die Eisenbahn, außerdem ein eiserner Steg. I. zählt (1880) 20,537 Einw. (darunter 1384 Mann Militär), mit Einschluß von Wilten u. Hötting 28,790. Die Industrie erstreckt sich auf Fabrikation von Maschinen, Glocken, Instrumenten, Schlosserwaren, Zementwaren und Kaffeesurrogaten, auf Baumwollspinnerei und -Weberei, Tuchfabrikation, Seidenweberei, Zwirn- und Bandfabrikation, Erzeugung von Leibwäsche und Strohhüten, Bierbrauerei [* 17] u. a. Hervorragend ist die tirolische Glasmalereianstalt in Wilten.
Der Transithandel ist sehr bedeutend. Während der Sommermonate hat I. auch sehr lebhaften Fremdenverkehr. I. ist Sitz der Statthalterei, des Oberlandesgerichts, eines Landesgerichts, der Finanzlandesdirektion, eines Hauptzollamtes, der Postdirektion, der Forst- und Domänendirektion, einer Handels- und Gewerbekammer, des 14. Korpskommandos sowie des Tiroler Landtags etc. Als Unterrichtsanstalten sind hervorzuheben: die Leopold Franzens-Universität (vom Kaiser Leopold I. 1677 gegründet, 1792 wiederhergestellt, 1810 von Bayern [* 18] aufgehoben, 1826 restauriert, aber lange nur aus einer juristischen und philosophischen Fakultät und einer chirurgischen Lehranstalt bestehend, 1858 durch eine theologische, von Jesuiten besorgte Fakultät vermehrt, endlich 1869 durch die medizinische vervollständigt) mit 75 Lehrenden und 720 Studierenden, einer Bibliothek von mehr als 60,000 Bänden, einem anatomischen Museum, physikalischem und Naturalienkabinett, einem chemischen Laboratorium, [* 19] einem wegen seiner Alpenflora bekannten botanischen Garten [* 20] etc.; ein Obergymnasium, eine Oberrealschule, Bildungsanstalten für Lehrer und Lehrerinnen, eine Staatsgewerbeschule und eine Handelsschule.
Klöster gibt es acht, darunter das älteste Kapuzinerkloster in Deutschland (von 1594) und ein Kloster der Ursulinerinnen mit höherer Töchterschule, hierzu müssen noch das Prämonstratenser- u. das Karmeliterinnenkloster in Wilten gezählt werden. Ferner besteht hier ein weltliches adliges Damenstift (seit 1765) und von andern öffentlichen Instituten eine Filiale der Österreichisch-Ungarischen Bank, eine Sparkasse (13,8 Mill. Gulden Einlagen), eine städtische Pfandleihanstalt, ein Landwirtschaftlicher Verein, ein sehenswertes Landesmuseum (Ferdinandeum), ein städtisches Brüderhaus nebst andern Versorgungsanstalten u. gemeinnützigen Vereinen. Beliebte Punkte der Umgebung sind: Schloß Ambras, der Berg Isel, die Weiherburg, die Lanser Köpfe und der Patscher Kofel. Am linken Innufer liegt das Dorf Mühlau mit großer Badeanstalt. [* 21]
Romanzement - Römer

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Römer.Die Wichtigkeit der Lage von I., am nördlichen Ausgang der Brennerstraße, erkannten bereits die Römer, [* 22] welche an der Stelle des heutigen Dorfs Wilten, südlich bei I., Veldidena, ihre Hauptniederlassung in Rätien, gründeten. Nachdem dieselbe in der Völkerwanderung zerstört worden, erhob sich später nach dem Einbruch der Bojoaren aus den Trümmern das 1128 gestiftete, noch heute prangende Prämonstratenserstift Wilten oder Wiltau und auf dem Schloßberg von Ambras (Omeras), wo vordem ein Römerkastell gestanden, die Burg der bojoarischen Gaugrafen vom Innthal, als welche uns die Grafen von Andechs im 12. Jahrh. entgegentreten.
Zunächst gehörte I., zum erstenmal 1028 urkundlich genannt, zum Grundeigentum des Klosters Wilten, die Neugründung des Marktes I. am rechten Innufer begann unter den Andechs-Meranern, seit 1180. Unter dem Schutz dieses mächtigen Geschlechts bildete sich an der Fähre über den Inn auf dem engen Raum zwischen dem Höttinger Berg und dem linken Ufer eine Ansiedelung als Sammelplatz für Kaufleute. Aus der Innüberfahrt wurde eine Innbrücke, woraus Name und Wappen des Ortes entstand. Letzterer war bereits zur Regierungszeit Kaiser Friedrichs I. so sehr angewachsen, daß er auf dem breiten rechten Ufer sich auszudehnen begann. Von nun an entwickelte und vergrößerte sich I. bedeutend; 1239 wurde es von dem letzten Andechs-Meraner Herzog Otto, Pfalzgrafen von Burgund, als befestigter Ort zur Stadt erhoben. Schon sehr früh befand sich daselbst eine landesfürstliche Burg, die bereits zeitweise von
Inns of Court - Innung

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Seite 8.967.
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^[Abb.: Karte der Umgebung von Innsbruck.]
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den Fürsten bewohnt wurde, als sich noch die Residenz auf dem Schloß Tirol bei Meran [* 24] befand. Als 1363 Tirol an Österreich [* 25] kam, wurde I. zur Landeshauptstadt erhoben, und Friedrich mit der leeren Tasche schlug zuerst hier seine bleibende Residenz auf. In der Folge erhielt I. besondern Glanz durch den häufigen Aufenthalt Maximilians I. daselbst und als Residenz der tirolisch-habsburgischen Fürsten. Ein neuer Aufschwung der Stadt erfolgte in unserm Jahrhundert.
Vgl. Zoller, Geschichte und Denkwürdigkeiten der Stadt I. (2. Aufl., Innsbr. 1828);
B. Weber, I. und seine Umgebung (das. 1842);
Probst, Geschichte der Universität zu I. (das. 1869);
Gwercher, I. und dessen nächste Umgebung (das. 1880).