Haarlem
Holland (Sir Henry Thu

* 6
Holländische.
[* 2]
(Harlem), Stadt in der niederländ.
Provinz
Nordholland, liegt 6 km östlich von der
Nordsee, 1 km westlich vom
frühern
Haarlemer Meer (s. d.) entfernt, an der
Eisenbahn
Rotterdam-Amsterdam und wird durch den Spaarne
(mit 5
Brücken)
[* 3] in zwei Teile geteilt. Hauptgebäude sind unter den (14)
Kirchen die
Groote Kerk (St.
Bavo), eine großartige
spätgotische
Basilika
[* 4] von nahezu 140 m
Länge, mit 80 m hohem
Turm und
[* 5] einer berühmten
Orgel (8000
Pfeifen und 68
Register);
ferner das
Rathaus (früher
Palast der
Grafen von
Holland) mit vielen
Porträten (von
Franz
Hals) und einer
kostbaren Sammlung ältester
Druckwerke, der Prinzenhof (jetzt Versammlungsort der Provinzialabgeordneten) mit der Stadtbibliothek,
das Regierungsgebäude etc. Außerdem besitzt eine
Menge wohlthätiger
Stiftungen
für alte Leute (Hofjes), ein
Gymnasium, eine
höhere Bürgerschule, eine
Realschule für Mädchen, eine Erziehungsanstalt für
Lehrer und
Lehrerinnen,
die Teylersche
Stiftung, ein der
Theologie, den
Naturwissenschaften und der
Kunst gewidmetes
Institut mit mannigfaltigen Sammlungen,
die
Holländische
[* 6]
Gesellschaft für
Wissenschaft mit reichem naturhistorischen
Kabinett, 2 Schauspielhäuser und einen hübschen
Stadsdoelen (früher Vereinigungsort der Schützengilden, wo nach dem
Doel
[»Ziel«] geschossen wurde); ferner die älteste
und berühmteste Druckerei der
Niederlande,
[* 7] in welcher das älteste Tageblatt dieses
Staats,
»De opregte
Haarlemmer
Courant«, seit länger als zwei
Jahrhunderten gedruckt wird, mit berühmter
Schriftgießerei.
Auf dem großen und schönen Marktplatz steht (seit 1856) die Bronzestatue von
Laurens
Coster (von
Royer), dem wenigstens früher
allgemein die
Holländer die
Erfindung der
Buchdruckerkunst zuschrieben. Die Zahl der Bewohner beträgt
(1886) 46,730. Während die Fabrikindustrie nicht von hervorragender Bedeutung ist, ist Haarlem
weltberühmt
durch seine Blumenzucht
(Tulpen,
Hyazinthen,
Narzissen, Ranunkeln). Der
Handel mit den Erzeugnissen der Blumengärten um die
Stadt und in den benachbarten Ortschaften Overveen und Bloemendaal ist noch jetzt bedeutend, war aber
einst ungleich blühender. Im 17. Jahrh. bezahlte man für eine seltene Tulpenzwiebel, wie
den
Semper Augustus, 13,000
Gulden und trieb ein
Börsenspiel mit Blumenzwiebeln wie jetzt mit
Staatspapieren.
Amsdorf - Amsterdam

* 8
Amsterdam.
Berühmt sind auch noch jetzt, wie in alter Zeit, die Linnenbleichen von Haarlem.
Die Stadt ist Sitz des
Gouverneurs der
Provinz
Nordholland, eines römisch-katholischen und eines jansenistischen
Bischofs. Die Umgebung der Stadt, in
welcher die reichsten Kaufleute von
Amsterdam
[* 8] Landhäuser besitzen, zeigt eine Pracht und einen
Reichtum wie kaum ein andrer
Ort der
Niederlande. Besonders schön ist das
Haarlemer
Holz
[* 9] (Hout), ein 40
Hektar großer
Wald alter prächtiger
Buchen mit Spaziergängen,
zahmem Damwild, Gesellschaftshäusern und einem 1823 errichteten Denkmal
Laur.
Costers. In diesem
Wald liegt
auch der sogen.
Pavillon (Pavlijoen Welgelegen), ein im italienischen
Stil erbautes Landhaus, jetzt Staatsmuseum mit einer
Sammlung von etwa 300 Bildern moderner niederländischer
Künstler. Auf dem nahen Landsitz Hartekamp entwarf
Linné sein
Pflanzensystem.
Haarlem
ist der Geburtsort des erwähnten
Coster und der
Maler
Ostade,
Wouwerman und
Berchem. Der Dichter
Bilderdijk
ist hier begraben. - Haarlem
war anfangs ein festes
Schloß, aber schon um die Mitte des 12. Jahrh. eine große, feste und wohlhabende
Stadt, welche dann an den
Kriegen
Hollands mit den Westfriesen bedeutenden
Anteil nahm. Im J. 1492 wurde
die Stadt durch die insurgierten
Bauern,
»Käse- und Brotvolk« genannt, eingenommen, noch in demselben Jahr aber von dem kaiserlichen
Statthalter,
Herzog
Albrecht von
Sachsen,
[* 10] wiedererobert, aller ihrer Privilegien beraubt und mit schweren
Kontributionen belegt.
Im J. 1559 wurde Haarlem
Bischofsitz. An dem
Aufstand der
Niederlande im 16. Jahrh. nahmen die Einwohner von
Haarlem
1572 thätigen
Anteil.
Albas Sohn,
Don
Friedrich, rückte Ende 1572 mit 30,000 Mann spanischer Kerntruppen vor aber erst nach
einer Belagerung von sieben
Monaten, als die
Spanier die Zufuhr über das
Haarlemer Meer abgeschnitten, die Entsatztruppen zu
Wasser und zu
Lande geschlagen hatten und der
Hunger in der Stadt wütete, kapitulierte diese, bei deren
Verteidigung auch eine Anzahl
Frauen unter Anführung der mutigen
¶
Haarlemer Meer - Haarm

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Kenau Hasselaar tapfer mitgewirkt hatte, Die Spanier übten trotz verheißener Gnade die grausamste Rache, indem
sie den größern Teil der Besatzung sofort niederhieben und zahlreiche Bürger hinrichteten. 12,000 Menschen waren während
der Belagerung umgekommen, 2000 wurden nach der Übergabe getötet. Nachdem 1577 der Prinz von Oranien Haarlem
den
Spaniern wieder entrissen hatte, blieb es seitdem mit den Niederlanden vereinigt. Ihre höchste Blüte
[* 12] erreichte die Stadt im 17. Jahrh.,
namentlich durch Aufnahme von französischen Ausgewanderten (sie zählte noch um 1750: 50,000 Einw.); allmählich
aber sank ihr Wohlstand, und erst in der neuesten Zeit hat er sich wieder zu heben begonnen.
Vgl. Allan,
Geschiedenis en beschrijving van Haarlem
(Haarl. 1871-82);
van der Willigen, Les artistes de Haarlem
(Haag
[* 13] 1870).