Seidenzucht
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s. Seidenspinner. [* 2]
Seidenzucht
3 Wörter, 31 Zeichen
Seidenzucht,
s. Seidenspinner. [* 2]
Seidenbau - Seidenspin
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Seite 14.827.[* 2] (Bombyx mori L., hierzu Tafel »Seidenspinner«),
Schmetterling [* 4] aus der Familie der Spinner (Bombycidae), 32-38 mm breit, mehlweiß oder perlgrau, mit blaß gelbbraunen Querstreifen auf den Flügeln und schwärzlich gekämmten Fühlern, ist wahrscheinlich in China [* 5] heimisch und wird behufs der Gewinnung von Seide [* 6] in China, Japan, Indien und in Südeuropa gezüchtet. Das Ei [* 7] des Seidenspinners (s. Tafel, [* 3] Fig. 1) ist oval, flach gedrückt, 1-1,5 mm lang, schiefergrau, ins Bläuliche, Violette oder Grünliche spielend und überwintert.
Zanthoxyleen - Zapfen
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Zapfen.Die ausschlüpfende Raupe ist schwarzbraun, wird aber nach der ersten Häutung perlgrau, ins Bräunliche oder Gelbliche neigend. Einige Rassen sind schwärzlichgrau oder samtschwarz oder am ganzen Körper dunkel quer gestreift. Der elfte Körperring besitzt auf der Rückenseite einen Hautzapfen (Sporn), und vom Kopf bis zu diesem Zapfen [* 8] verläuft ein bläulichgraues Band, [* 9] dem Rückengefäß oder Herzen entsprechend. Auf der Rückenseite des dritten und achten Ringes finden sich zwei halbmondförmige Flecke, welche aber bei einigen Rassen fehlen. Die Spinndrüsen der Raupe (Textfig. 1) bestehen aus einem vielfach gewundenen Schlauch, dessen hinterer Teil die Seidenmaterie absondert, welche durch dünne Ausführungsgänge zu der im Kopf gelegenen Spinnwarze und von da aus dem Körper geleitet wird.
Die Raupe häutet sich viermal, und 30-35 Tage nach dem Ausschlüpfen ist sie spinnreif (s. Tafel). Indem sie die an der Luft sofort zu einem Faden [* 10] erhärtende Spinnmaterie austreten läßt und dabei mit dem Kopfe Bewegungen ähnlich einem ∞ macht, legt sie um sich herum Fadenwindung an Fadenwindung, und in kurzer Zeit ist sie von einem dichten Seidengespinst (Kokon), bestehend aus einem einzigen langen Faden, eingeschlossen. Der Kokon (s. Tafel) ist länglich-oval, bei den einheimischen Rassen strohgelb, bei den japanischen Rassen grünlich, bei den Weißspinnern weiß.
Durch Kreuzungen erhält man goldgelbe und andre Nüancen. Acht Tage nach dem Einspinnen verpuppt sich die Raupe [* 3] (Fig. 2 u. 3), und nach weitern acht Tagen schlüpft der Schmetterling aus, indem er den Kokon durchbohrt. Sehr bald darauf beginnt die Paarung, welche 6-8 Stunden dauert, und nach derselben legt das Weibchen in wenigen Tagen ca. 400 Eier, [* 11] worauf die Schmetterlinge [* 12] sterben. Die gelben Eier werden bald dunkler und schließlich grau, unbefruchtete Eier bleiben gelb und trocknen aus. Bei den sogen. Zweispinnern kriechen die Räupchen noch in demselben Sommer aus u. machen eine zweite Generation durch. Man kann solches außerzeitige Ausschlüpfen künstlich
[* 3] ^[Abb.: Fig. 1. Spinndrüsen der Raupe.
Fig. 2. Rückenseite der Puppe.
Seidenspinner (Seidenr
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Seite 14.828.Fig. 3. Bauchseite der Puppe.] ¶
durch den elektrischen Funken, Reibung [* 14] mit vegetabilischen Fasern, andauernde Abkühlung, momentane Erwärmung auf 40° R. oder durch kurze Einwirkung von Schwefel-, Salpeter- oder Salzsäure hervorrufen.
Bei der Seidenraupenzucht werden im Frühjahr wenige Tage vor dem Grünwerden der Maulbeerbäume die Eier (Grains, Samen) [* 15] zur Ausbrütung ausgelegt. Kleinere Quantitäten trägt man wohl zu dem Zweck am Leib oder legt sie unter die Bettmatratze; größere werden in Zimmern ausgebreitet, in welchen man die Temperatur von 0°, täglich um ½-1°, auf 18-20° R. steigert. Man benutzt auch Brutöfen, wie den von Haberlandt-Bolle, welcher aus einem an der einen Seite offenen Kasten aus Zinkblech, der von einem hölzernen Kasten umgeben ist, besteht.
Thermograph - Thermome
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Thermometer.Der Zwischenraum zwischen beiden Kasten dient zur Zirkulation eines warmen Luftstroms, der aus einer Petroleumlampe aufsteigt und durch ein Rohr entweicht. Durch ein Glasthürchen schiebt man die Rahmen mit den Eiern, Thermometer [* 16] und Wassergefäß ein; die Lufterneuerung im Brütraum geschieht durch besondere Röhren. [* 17] In 10-15 Tagen schlüpfen die Raupen aus und werden mittels junger Maulbeerblätter abgehoben und im Aufzuchtslokal auf Hürden gelegt. Dies Lokal und alle Geräte müssen vorher gut gereinigt und womöglich mit Chlor geräuchert werden.
Zur Aufzucht der Raupen aus 25 g Samen (35-40,000 Eier) bedarf man 70 cbm Raum. In demselben werden eine Temperatur von 17° und beständiger Luftwechsel unterhalten. Jede zweite oder dritte Stunde, mit Ausnahme der Häutungsperioden, wird gefüttert. Das Laub nimmt man vom weißen Maulbeerbaum; es muß frisch und nicht von Regen oder Tau naß sein. Zweckmäßig reicht man bis zur vierten Häutung mit der Laubschneidemaschine zerschnittenes Laub. Man verbraucht auf 25 g Samen bis zum Einspinnen 780 kg und erhält von 1000 kg Laub 60 kg Kokons.
Lager (militärisch)
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Lager.Mit dem Wachsen der Raupen (die angewachsene übertrifft die ausgeschlüpfte an Volumen um das 2250fache, an Gewicht um das 6000fache) muß man sie auf immer größere Flächen ausbreiten; die Raupen aus 25 g Samen erfordern beim Ausschlüpfen 0,3, bei der ersten Häutung 1, bei der zweiten 3, bei der dritten 9, bei der vierten 20, bei der Spinnreife 70 qm. Nach der ersten Häutung muß man die Lager [* 18] mit den Exkrementen und Blattresten täglich entfernen (Wechseln der Betten); man legt zu dem Zweck Netze oder durchlöchertes Papier (Textfig. 4 u. 5) auf die Raupen und darüber frisches Laub.
Sehr bald kriechen dann die Raupen hervor und können leicht auf neue Hürden übertragen werden. Das alte Lager wird aufgerollt und hinausgeschafft. Nach 30-35 Tagen hören die Raupen auf, zu fressen, und man stellt nun die Spinnhütten auf, welche aus losen, zwischen zwei Hürden aufgerichteten Bündeln von trocknem Stroh oder Reisig bestehen. Acht Tage, nachdem die letzte Raupe in die Spinnhütte übertragen wurde, kann man letztere zerlegen und die Kokons sammeln. Bevor man diese zu Markte bringt oder in eignen Öfen [* 19] mit Dampf [* 20] oder heißer Luft tötet, muß man sorgfältig die schwachen oder fleckigen und die sogen. Doppelkokons auslesen.
Pilze I
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Pilz.Die Seidenraupe ist mehreren Krankheiten unterworfen, welche oft ganze Aufzuchten zerstören. Alle kranken Raupen zeigen verminderte Freßlust und Verzögerung des Wachstums, welche Unregelmäßigkeit der Häutungen unter Raupen desselben Alters herbeiführt. Man unterscheidet fünf Krankheiten. Bei der Fleck- und Körperchenkrankheit (Pébrine, Gattine) erscheinen schwarze Fleckchen auf der Raupe [* 13] (Fig. 6); die innern Organe sind mit sogen. Körperchen [* 13] (Fig. 7), einem mikroskopischen Pilz, [* 21] Nosema bombycis Näg. infiziert. In mildern Graden der Krankheit kann die Raupe sich einspinnen und verpuppen, es schlüpft auch der Schmetterling aus; aber der Pilz befällt auch die Eierstöcke und die Eier, aus den kranke Raupen ausschlüpfen.
Die Schlaffsucht (Flacherie) befällt die Raupen meist unmittelbar vor der Spinnreife [* 13] (Fig. 8); sie werden schlaff, sterben bald ab, verbreiten nach wenigen Stunden einen widerwärtigen Geruch und werden schwarz und breiig. Große Zuchten können dadurch in 2-3 Tagen dahingerafft werden. Im Mageninhalt treten bei dieser Krankheit zahlreiche Bakterien und Mikrokokken (Cordyceps) auf [* 13] (Fig. 9). Die wahre Ursache der Schlaffsucht ist nicht bekannt, doch wird sie durch irrationelle Aufzucht begünstigt. Die Kalksucht (Muscardine) wird durch einen Pilz, Botrytis Bassiana Bal. [* 13] (Fig. 10), herbeigeführt. Das Mycelium desselben durchwuchert in mehreren Tagen die innern Organe, tötet die Raupe, durchbricht die Haut [* 22] und fruktifiziert, worauf die weißen Sporen ausgestreut werden. Die abgestorbene Raupe ist wachsartig, später
[* 13] ^[Abb.: Fig. 4 u. 5. Schema des durchlöcherten Papiers zum Umbetten der Raupen; natürl. Größe.
Fig. 6. Fleckenkranke Raupe.
Fig. 7. Körperchen. 600/1.
Fig. 9. a Bakterien, b Mikrokokkus der schlaffsüchtigen Raupe. 600/1.
Fig. 10. Pilz der Kalksucht (Botrytis Bassiana). 200/1.
Seidenwurm - Seife
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Seite 14.829.Fig. 11. Polyedrische Körnchen der Gelb- oder Fettsucht.] ¶
kreidig und bedeckt sich mit den Sporen, die durch das Futter in andre Raupen gelangen, so daß sich die Krankheit sehr schnell verbreitet. Geräte und Räume, die mit dem Pilz verunreinigt worden sind, dürfen im nächsten Jahr nicht wieder benutzt werden, damit die Sporen ihre Keimkraft verlieren. Die Fett- oder Gelbsucht verursacht selten größern Schaden u. tritt meist zur Zeit der Spinnreife auf. Die kranke Raupe nimmt an Körperumfang zu, die Haut wird opak, färbt sich und zerreißt leicht, wobei trübes gelbliches oder milchiges Blut ausfließt. Die charakteristische Trübung rührt von im Blut verteilten kleinen polyedrischen Körnchen [* 1] (Fig. 11) her, welche sich auch in den Geweben vorfinden, über deren Natur aber nichts Näheres bekannt ist.
Magenbiesfliege - Mage
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Magen.Die tote Raupe wird schwarz und breiig. Die Ursache der Krankheit ist unbekannt; in gut ausgeführten Aufzuchten tritt sie sehr schwach auf. Bei der sehr langsam verlaufenden Schwindsucht verschmähen die Raupen das Futter und unterliegen einer Art Auszehrung. Sie werden durchscheinend bräunlich, und im Magen [* 24] findet sich eine helle alkalische Flüssigkeit voll Mikrokokken. Die tote Raupe trocknet aus. Die Krankheit erscheint meist nach der dritten oder vierten Häutung und kann größere Zuchten langsam vernichten.
Die Krankheiten der Seidenraupen sind nicht heilbar; man kann nur ihre Wirkung vermindern, ihrem Auftreten vorbeugen, indem man die Aufzucht rationell betreibt und vor allem guten Samen verwendet. Für die Samengewinnung (Grainierung) wählt man gesunde Raupen, breitet die daraus erzielten Kokons auf Hürden aus oder spannt sie auf harfenartige Gestelle ein. Die Eier läßt man auf Leinwand oder Karton ablegen und hebt sie über Winter in luftigen, kühlen Räumen auf (Industrialgrains).
Sicherer ist die von Pasteur vorgeschlagene Zellengrainierung, bei welcher man jedes einzelne Schmetterlingspaar nach dem Ausschlüpfen in einem kleinen Tüllsäckchen isoliert. In diesem erfolgen die Begattung und das Ablegen der Eier. Nach dem Absterben der Schmetterlinge wird jedes Paar mikroskopisch auf Körperchen untersucht, so daß man nun ganz sicher die gesunden Eier von den infizierten trennen kann. Erstere liefern Aufzuchten, welche der Körperchenkrankheit nicht unterliegen und gegen andre Krankheiten sich sehr widerstandsfähig erweisen. Die Eier der gesund befundenen Schmetterlinge (Zellengrains) werden von den Säckchen abgewaschen. Durch diese Methode, welche gegenwärtig allgemein verbreitet ist, wurde Europa [* 25] von einem Tribut erlöst, welchen es vorher an Japan für die minder wertvollen Grünspinnerrassen entrichten mußte.
Außer Bombyx mori liefern noch viele andre Spinner Kokons, deren Faden als Seide benutzbar ist und zum Teil seit langer Zeit benutzt wird. Man bezeichnet diese Seidenarten als wilde Seide, weil die betreffenden Spinner im Freien gezüchtet werden, sie sind dauerhafter, stärker im Faden und erleiden beim Färben keinen Verlust, weil sie keinen Seidenleim enthalten. Mit einigen dieser S. sind in Europa gelungene Zuchtversuche angestellt worden. Zu den wichtigsten gehören der Tusserspinner Indiens (Antheraea mylitta, A. paphia), der Eichenspinner Nordchinas (A. Pernyi, s. Tafel, [* 1] Fig. 3), dessen Seide fälschlich Tussah genannt wird, der Eichenspinner Japans (A. Yamamai), der Ailanthusspinner Chinas und Japans (Attacus [Saturnia] Cynthia, s. Tafel, [* 1] Fig. 4), der südamerikanische S. (Attacus Cecropia, s. Tafel, [* 1] Fig. 2) u. a.
Vgl. Haberlandt, Der S. des Maulbeerbaums (Wien [* 26] 1871);
Weißweiler, Zucht des Maulbeerbaums und der Seidenraupe (Berl. 1875);
Pasteur, Études sur les maladies des vers à soie (Par. 1871, 2 Bde.);
Bolle, Die Krankheiten der Seidenraupe (Görz [* 27] 1874);
»Österreichische Seidenbauzeitung« (das. 1869-72) und »Jahresberichte der Seidenbau-Versuchsstation in Görz« (das. 1873 ff.);
Reichenbach, [* 28] Über Seidenraupenzucht etc. in China (Münch. 1867);
Netz, Der japanische und der chinesische Eichenseidenspinner (Neuwied 1883), und Litteratur bei Seide.