Baptisten
(griech.), gemeinsamer
Name
für alle diejenigen christlichen
Sekten, welche die Kindertaufe verwerfen und
nur Erwachsene durch Untertauchen taufen. Ihr Vaterland ist
England, wo zuerst 1618 Baptisten
als besondere
Kirchengemeinschaft
erwähnt werden. Dagegen stellen sie eine genetische
Verbindung mit den deutschen
Wiedertäufern in Abrede. In der That hängt
der englische
Baptismus vielmehr mit der
Richtung der
Independenten (s. d.) zusammen. 1689 erlangten die unter
Wilhelm III. durch
die Toleranzakte gleiche Duldung wie die übrigen
Dissenters.
Lehrbegriff - Lehrerin
![Bild 61.37: Lehrbegriff - Lehrerinnen [unkorrigiert] Bild 61.37: Lehrbegriff - Lehrerinnen [unkorrigiert]](/meyers/thumb/61/61_0037.jpeg)
* 2
Lehre.
Jedoch schon 1691 erfolgte eine
Spaltung in die
General- und die
Partikular- (calvinistischen) Baptisten.
Jene folgen hinsichtlich der
Lehre
[* 2] von der
Gnadenwahl der arminianischen Lehrweise, während diese an den Beschlüssen der
Dordrechter
Synode festhalten. 1639 verpflanzte
Roger
Williams, der Begründer des
Staats
Rhode-Island, den
Baptismus nach
Nordamerika.
[* 3] Auch hier zerfielen
sie in streng calvinistische Regular Baptists und in arminianisch denkende
Free
Will Baptists.
Aber auch diese beiden nordamerikanischen Hauptparteien zersplitterten sich im 18. Jahrh.
in mehrere kleinere
Denominationen, als da sind: die Baptisten
der sechs
Grundsätze (Six Principles Baptists), welche jedes
Glaubensbekenntnis,
außer den
Hebr. 6, 12. angeführten Fundamentalsätzen, verwerfen;
die Campbelliten, auch »Jünger Christi« genannt, welche nur das als Glaubensvorschrift anerkennen, wofür sich ein ausdrückliches »So spricht der Herr« anführen läßt;
die aus und Presbyterianern hervorgegangenen Christen (Christian Connexion), welche die Lehren [* 4] von der Dreieinigkeit, von Hölle und Teufel verwerfen, der Taufe u. Ehe die göttliche Anordnung absprechen;
die 1708 in Deutschland [* 5] entstandenen, 1719 nach Nordamerika übergesiedelten Tunkers, welche nur das Untertauchen der Täuflinge in einen Fluß oder Teich für schriftgemäß halten und von den »Vollkommenen« Enthaltung von allen »weltförmigen« Genüssen und Beschäftigungen fordern, auch außer Taufe und Abendmahl die Fußwaschung, die Letzte Ölung und den Bruderkuß als Sakramente haben;
die
Hard Shell Baptists, welche alle kirchlichen
Vereine,
Missionen etc. verwerfen, u. a. Gemeinsam ist allen Baptisten
, daß
ihre independentistische Gemeindeverfassung auf dem
Grundsatz freiwilliger Vereinigung beruht;
alle haben daher auch mehr oder minder strenge Kirchenzucht mit Ausschließung aus der Gemeinde.
Bedeutend ist die Thätigkeit der
meisten in allen
Richtungen der äußern und der innern
Mission sowie auch für die Negeremanzipation. Neuerdings haben die
auch auf dem europäischen
Kontinent Eingang gesucht und gefunden. Die erste Baptisten
gemeinde in
Deutschland wurde 1834 von
dem
Kaufmann
Oncken in
Hamburg
[* 6] gegründet. Die deutschen Baptisten
nannten sich im
Gegensatz zu der »Allerweltskirche«,
in der Wiedergeborne und Nichtwiedergeborne unterschiedslos durcheinander gewürfelt seien, und gegen die polizeilich privilegierte
Staatskirche, welche sie als
»Babel« bezeichneten, die
Gemeinde der getauften
Christen.
Baptisterium - Bar

* 13
Seite 2.348.
Anfangs in
Mecklenburg,
[* 7]
Preußen,
[* 8]
Kurhessen,
Nassau hart verfolgt, erfuhren sie auf Fürsprache der
Evangelischen Allianz seit 1854 mildere
Behandlung, namentlich in
Preußen; wirkliche Duldung wurde ihnen hier aber erst seit 1858 zu teil, und
auf
Grund des
Gesetzes vom konnten sogar einzelne
Gemeinden Korporationsrechte erwerben
(Barmen
[* 9] und
Berlin).
[* 10]
Größere
Gemeinden bestehen in
Hamburg,
Stuttgart
[* 11] und
Bremen.
[* 12] Bekannte
Namen von Baptisten
sind: der
Schotte Haldane, der
¶
mehr
Engländer Spurgeon (s. d.) und der Hamburger Oncken. Stehende Züge des Baptistentums
sind nach wie vor geblieben: eine rein
supernaturalistische Auffassung des Schriftbuchstaben, unkirchlicher Subjektivismus und praktischer Trieb. Die Gesamtzahl der
regulären Baptisten
wurde 1880 zu etwa 2,600,000 angegeben; davon kommen aus Nordamerika etwa 2,300,000, Europa
[* 14] ca. 290,000 (England
270,000, Deutschland 28,000).
Vgl. Cramp, Geschichte des Baptismus (deutsch, Hamb. 1873, 3 Bde.);
Barclay, The inner life of the religious societies of the commonwealth (3. Aufl., Lond. 1879, 2 Bde.).