heißt in der
Hydrostatik
[* 2] der Druck, den eine Flüssigkeit auf den wagerechten
Boden des sie enthaltenden
Gefäßes ausübt.
Gefäße von verschiedener Gestalt
(a.,
d,
c, s. Figur), die gleichgroßen horizontalen
Boden besitzen und mit
derselben Flüssigkeit bis zu einer gleichen Höhe gefüllt sind, erleiden einen gleich großen Bodendruck, so
ungleich auch die Flüssigkeitsmengen sind, die sich in denselben befinden.
Dieser paradox klingende
Satz wurde von Stevin (1600) aufgefunden und heißt das
hydrostatische Paradoxon. Dasselbe läßt
sich auch nach
Pascal (1648) und Haldat durch Versuche nachweisen. In geraden prismatischen oder cylindrischen
Gefäßen (a) ist der Bodendruck gleich dem Gewichte der darin enthaltenen Flüssigkeitsmenge, in nach oben sich
verjüngenden
Gefäßen (b) ist er größer und in nach unten sich verengenden
Gefäßen (c) dagegen kleiner als das Gewicht
der vorhandenen Flüssigkeit.
Für alle drei Fälle berechnet man den Bodendruck, wenn man den Flächeninhalt des
Bodens multipliziert mit der
Flüssigkeitshöhe (Druckhöhe) und mit dem specifischen Gewichte der Flüssigkeit. Für das cylindrische
Gefäß
[* 3] a ist dies
leicht begreiflich, weil nach dieser Berechnung das Gewicht der Flüssigkeitssäule herauskommt, die auf dem horizontalen
Boden ruht. Für
b und c folgt es aus dem hydrostatischen Gesetz, daß in einem
Gefäß mit Flüssigkeit
der Druck auf die Flächeneinheit oder der sog. specifische Druck nur von der
Tiefe des betreffenden Flächenstückes unter
der Oberfläche und dem specifischen Gewicht der Flüssigkeit, nicht aber von der Gestalt der Gefäßwände abhängt. Hiernach
ist es also möglich, mit einer verhältnismäßig kleinen Flüssigkeitsmenge einen großen Bodendruck zu
erzeugen, wenn eine hohe und schmale Flüssigkeitssäule auf einer breiten Bodenschichte derselben Flüssigkeit ruht. Dieses
Princip wurde bei einer von Real (1816) erfundenen Extrahierungspresse verwertet.
nennt man den Zustand eines der Hervorbringung von Nutzpflanzen gewidmeten
Bodens, in welchem derselbe
durch wiederholte Ernten derjenigen mineralischen Pflanzennährstoffe beraubt worden ist, die notwendig
sind zu einem nutzbringenden Wachstum der
Pflanzen. Die wichtigsten unter den genannten Nährstoffen im
Boden (s. d.) sind
das
Kali und die
Phosphorsäure. Gerade diese aber finden sich in den meisten Bodenarten gegenüber den andern Nährstoffen
in der geringsten Menge, während sie durch die Ernten an
Körnern, Wurzeln und
Knollen,
[* 4] Obst,
Früchten
und Blattfutter in beträchtlichen Mengen konsumiert werden.
Ist aber der Vorrat an diesen
Stoffen in löslicher Form einmal erschöpft, so ist ein natürlicher Ersatz derselben erst
in einem längern Zeitraume möglich, und zwar teils mittels der fortgesetzten Verwitterung, teils durch eventuelle Zufuhr
von außen unter Mitwirkung der
Atmosphärilien. Währenddessen wird also der
Boden alle jene
Pflanzen nicht
zu voller
Entwicklung gelangen lassen, welche jener
Stoffe zu derselben bedürfen. Der Landwirt drückt diesen Zustand der
Erschöpfung mit dem
Beiworte «müde» aus und sagt z. B.:
«der
Acker ist körnermüde, rübenmüde, kleemüde». Es ist dabei nicht zu übersehen, daß die
wichtigen Pflanzennährstoffe stets im Zusammenhange wirken, ein jeder trägt zur vermehrten Assimilationsfähigkeit des
andern im
Boden durch die
Pflanzen das Seinige bei, sodaß bei der Zufuhr eines einzigen keineswegs nur der ihm entsprechende
Bestandteil der Nutzgewächse in größerer Menge produziert wird.
Wenn daher dem
Acker und seinen
Beständen stets nur ein und derselbe Nährstoff zugeführt wird, so müssen
folgerichtig durch dessen Einwirkung nach und nach auch alle andern aufgezehrt werden und der
Acker wird unfruchtbar, d. h.
er besitzt nicht mehr alle diejenigen Mineralstoffe, aus welchen sich der Pflanzenkörper aufbaut. Dieser Zustand dauert
so lange, bis entweder Zufuhr (Düngung) oder erneuerte Löslichmachung eines bisher unlöslichen Vorrats
von
Mineralien
[* 5] im
Boden einen hinreichenden
Fonds nutzbarer Pflanzennährstoffe als Ersatz geschaffen haben. Da es nun keine
Bodenart giebt, welche einen wirklich unerschöpflichen Reichtum an Nährstoffen besäße, so ist es die wirtschaftliche
Aufgabe der Kultur, einer Erschöpfung derselben durch Wiedergabe vorzubeugen, und zwar mit Rücksicht
auf den Gewinn in der
Weise, daß dem
Acker die ihm in der wertvollern Form der Ernten entzogenen
Stoffe in einer minder wertvollen
Gestalt wiederum einverleibt werden und zwar in einer den Überschuß bedingenden Menge.
Auf der richtigen Anwendung dieses zuerst von Liebig klar und unwiderlegbar aufgestellten Gesetzes der
Wechselwirkung zwischen und Ersatz beruht zum größten
Teile der Erfolg des landwirtschaftlichen Betriebes. Der Ersatz wird
gewährt teils mittels der Düngerproduktion des betreffenden Gutes selbst, teils, weil diese in den seltensten Fällen ausreicht,
durch von außen bezogene Hilfsdüngestoffe; so zum Ersatze der
Phosphorsäure durch das
Knochenmehl und die aufgeschlossenen
Phosphate, des
Kali durch
Holzasche und Kalisalze. Da ohne einen genügenden Vorrat an stickstoffhaltigen Pflanzennährstoffen
die Mineralstoffe allein nicht zur
Assimilation kämen, so ist durch Zufuhr von animalischem
Dünger oder stickstoffhaltigem
Mineraldünger
(Chilisalpeter,
Ammoniak) für einen genügenden Stickstoffvorrat
Sorge zu tragen. Als besonders wertvoller Ersatzstoff
empfiehlt sich der städtische Grubendünger (menschliche
Auswürfe), der in der seit Jahrtausenden bestehenden
Hochkultur der ostasiat.
Länder allein das stetige
Gleichgewicht
[* 6] zwischen Erschöpfung und Ersatz vermittelt.
Litteratur.Kraupner, Hilfstafeln zur Berechnung der Bodenkrafterschöpfung
(Prag
[* 7] 1866);
Hagedorn,Über den Ersatz der dem
Boden durch die Ernten entzogenen Pflanzennahrung (Lpz. 1867);
Komers, Der heutige Standpunkt der Bodenerschöpfungsfrage
(Prag 1868);
Ort im Kreis
[* 10] Oppenheim der Hess. Provinz Rheinhessen, 9 km südöstlich von Mainz,
[* 11] an der Linie Mainz-Worms-Grenze
der Hess. Ludwigsbahn, hat (1890) 2351 E., darunter 120 Evangelische und 69 Israeliten, Postagentur, Telegraph,
[* 12] 1 kath. Kirche
(1830 erbaut) und Muttergotteskapelle (1889 erbaut), 1 evang. Kirche, 1888 im freien Felde an der Stelle
der alten, 1794 von den Franzosen zerstörten Wallfahrtskapelle erbaut, ein Rathaus (1608), 5 Volksschulen, mehrere Backsteinbrennereien, 2 Hefefabriken,
sowie Weinbau, Landwirtschaft und Viehzucht.
[* 13] - Bodenheim, urkundlich zuerst 756 als «Vaterheim»
genannt, hatte damals schon Weinbau; es gehörte 1277-1797 dem Mainzer Albanskloster, mit dem es dasselbe Wappen,
[* 14] einen Esel,
hat. Von 1797 bis 1814 französisch, kam die Stadt dann an das Großherzogtum Hessen.
[* 15]
nennt man ein Verfahren beim Anbau der Leguminosen,
[* 16] den Boden, welcher bisher diese Gewächse nicht oder
nur in unvollkommenem Maße produzierte, durch Überstreuen und Vermengen mit verhältnismäßig geringen Erdmengen von solchen
Feldern, auf denen diese Früchte vorzüglich gedeihen, gleichfalls zum Anbau derselben geeignet zu machen.
Alle Papilionaceen und besonders die Leguminosen (Kleearten, Hülsenfrüchte) besitzen an den Wurzeln eigentümliche Organe,
die sog. Wurzelknöllchen, durch welche die Pflanzen befähigt werden, aus der BodenluftStickstoff als Nahrung aufzunehmen
und sich von der Stickstockzufuhr ^[richtig: Stickstoffzufuhr] im Dünger unabhängig zu machen.
Zum üppigen Gedeihen der Papilionaceen sind diese Knöllchen, welche von einigen Forschern als Symbiose zwischen einer Bakterienart
und der betreffenden Pflanze aufgefaßt werden, unentbehrlich, sie treten jedoch nur auf Bodenarten auf, welche längere Zeit
die betreffenden Pflanzen getragen, oder durch wässerigen Bodenauszug bez. Überstreu solches Bodens (Impfung)
[* 17] mit
der betreffenden Bakterienart infiziert sind. Salfeld hat nach dem Vorgange Hellriegels, der zuerst auf diese wichtige Funktion
der Wurzelknöllchen aufmerksam machte, auf gebranntem Hochmoorboden neuerdings gelungene Versuche mit Bodenimpfung für
den Anbau von Hülsenfrüchten angestellt.
oder Bodensäge, ein Werkzeug für Faßbinder, dient bei kleinern hölzernen Geschirren zur Verfertigung
der Nuten, in die später der Boden des Geschirres eingesetzt wird.
oder Hypothekenbanken sind Banken, deren Eigenart darin besteht, daß sie den langfristigen Kredit
vermitteln, also solchen einerseits nehmen und andererseits gegen hypothekarische Sicherheit weiter geben.
Das eigene Barkapital dient nur als Garantiefonds und zur Einleitung der Geschäfte. Banken dieser Art entsprechen dem Kreditbedürfnisse
der Grundbesitzer, der städtischen Bauunternehmer, der Meliorationsgenossenschaften und liefern auch der Industrie vielfach
eine Ergänzung ihres stehenden Kapitals.
Auch den Gemeinden und andern öffentlichen Korporationen gewähren sie häufig Darlehen. Zeitweise verfügbare
Summen können sie in Wechseln oder kurzfälligen Lombarddarlehen anlegen, und auch andere derartige Bankgeschäfte (s.
Banken) sind nicht ausgeschlossen, wenn sie
nur als Nebengeschäfte und mit der nötigen Beschränkung und Vorsicht betrieben
werden. Die Mittel zu ihren Kreditgewährungen verschaffen sich die Bodenkreditbanken hauptsächlich durch
die Ausgabe von Obligationen oder Pfandbriefen (s. d.), die für den langfristigen Kredit
eine ähnliche Bedeutung haben wie die Banknoten für den kurzfristigen. Es sind meistens auf den Inhaber lautende Wertpapiere,
die vollständig gedeckt sein müssen durch von der Bank erworbene gute Hypotheken.
Sie sind fest verzinslich und werden nach einem bestimmten Tilgungsplane meistens durch Auslosung und
auch wohl mit Prämien und Lotteriegewinnen zurückgezahlt. In andern Fällen haben sich die Bodenkreditbanken ihrerseits
das Kündigungsrecht vorbehalten, um bei günstigen Gelegenheiten ihre Schuldverschreibungen zu einem niedrigern Zinsfuß
ausgeben zu können (s. Konversion). Häufig geben die Bodenkreditbanken ihre Darlehen nicht in bar, sondern in Pfandbriefen,
für deren Verwertung der Schuldner selbst zu sorgen hat, die aber auch von der Bank stets zum Nennwert an Zahlungsstatt angenommen
werden.
Die Rückzahlung der Darlehen seitens der Schuldner erfolgt meistens mittels einer Amortisationsquote, die zur allmählichen
Tilgung der Gesamtschuld jährlich neben den Zinsen entrichtet wird. Die erste auf Aktien gegründete Bodenkreditanstalt
ist der Crédit foncier in Paris,
[* 18] der 1852, anfangs allerdings unter einem andern Namen und mit beschränktem Wirkungskreis,
ins Leben trat. Nach dem Umfange seines Kapitals (60 Mill. Frs.) und seiner Befugnisse zur Ausgabe von Obligationen steht er unter
den ähnlichen Instituten obenan, jedoch hat er den Hoffnungen der Landwirtschaft im ganzen ungenügend
entsprochen und mehr der städtischen, namentlich der Pariser Bauspekulation gedient. In Deutschland
[* 19] entstanden einige ähnliche
Unternehmungen schon 1856 und 1857, und in der Folgezeit sind noch mehrere, zum Teil in sehr großem Maßstabe angelegte,
hinzugetreten, so u. a. die Preußische Centralbodenkredit-Aktiengesellschaft und die Preußische Bodenkredit-Aktienbank.
Eine andere Klasse von landwirtschaftlichen Kreditinstituten ist auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit
begründet: eine Anzahl von Gutsbesitzern vereinigt sich, um einerseits jedem kreditbedürftigen Teilnehmer Darlehen (etwa
bis zur Hälfte des abgeschätzten Wertes seines Gutes) durch Ausgabe von Pfandbriefen zu verschaffen und andererseits dem
Inhaber der letztern die richtige Verzinsung und Rückzahlung zu gewährleisten. Als Vorbild dieser Kreditverbände
haben die sog. Landschaften (s. d.) in Preußen
[* 20] gedient.
Eine eigentümliche Art von landwirtschaftlichen Kreditvereinen bilden die in neuerer Zeit am Rhein entstandenen Darlehnskassenvereine
(s. d.) nach dem RaiffeisenschenSystem. Andere den Hypothekenbanken nahe stehende Institute sind die Grund- oder Bodenrentenbanken
(s. d.) und die Boden- oder Landeskulturrentenbanken (s. d.). Über die sog. Baubanken (Immobilienbanken)
s. Banken (Bd. 2, S. 374a). Die Hypothekenversicherungsbanken,
die erst ziemlich vereinzelt auftreten, ermöglichen die Beleihung von Grundstücken über die sonst übliche Grenze hinaus,
indem sie gegen feste Prämien die Sicherheit der Darlehen gewährleisten.
ist eine unerläßliche Kulturmaßnahme für den Ackerboden, um den zersetzenden Wirkungen der Luft,
Wärme
[* 24] und Feuchtigkeit Gelegenheit zu verschaffen, durch die fortschreitende Verwitterung der Boden-
und Düngerbestandteile Pflanzen Nährstoffe zu schaffen. Der Zutritt der atmosphärischen Luft in den Boden ist ferner für
die Keimung der Samenkörner durchaus notwendig in einem Boden, welcher so fest beschaffen oder derartig in seinen Zwischenräumen
mit Wasser erfüllt ist, daß die Luft nicht in demselben cirkulieren kann. Im letztern Falle besitzt
der Landwirt in der Drainierung (s. d.) ein vorzügliches Mittel, diesem Übelstande abzuhelfen. Sonstige Mittel zur Bodenlüftung sind
sämtliche Feldarbeiten, welche eine Lockerung der Bodenteilchen hervorrufen, desgleichen Düngung mit Stallmist oder Gründüngungspfianzen,
bei deren Zersetzung Hohlräume im Boden entstehen. Die Bodenluft ist etwas anders zusammengesetzt als die
atmosphärische Luft.
Pfarrdorf im BezirksamtRegen des bayr. Reg.-Bez. Niederbayern, im BöhmischenWald, am Rothbach, einem Zufluß
des Regen, in 691 m Höhe, hat (1890) 1255, als Gemeinde 1854 kath. E., Post, Telegraph, Forstamt, königl. Hüttenamt (mit
reicher Mineraliensammlung), Bergbau
[* 25] auf Eisenvitriol, Schwefel- und Magnetkies, Polierrot, zum Polieren von
Spiegelglas (Potée genannt), Glashütten mit Ausfuhr nach sämtlichen europ. Ländern; der nahe Silberberg birgt seltene Mineralien,
die Wälder Zunderschwamm. - 1436 wurden die Gruben Lehen des Regensburger Schultheißen Grafenreiter, 1522 Bodenmais freie Bergstadt,
um Mitte des 18. Jahrh. Staatseigentum.
Grund-, Landrente (engl. rent, frz. fermage), im wissenschaftlichen
Sinne der Überschuß, den die wirtschaftliche Benutzung des Bodens ergiebt, nachdem von dem Rohertrage
einer bestimmten Betriebsperiode abgezogen sind:
1) die eigentlichen Bewirtschaftungskosten;
2) die normale Verzinsung des benutzten stehenden und umlaufenden Kapitals, mit Einschluß des dem Boden einverleibten Meliorationskapitals.
Die in diesem Sinne fällt also nicht völlig mit dem Pachtzins zusammen, den derPächter eines Grundstücks an den Eigentümer
bezahlen kann, während er zugleich selbst aus der Bebauung desselben noch die normale Vergütung für
seine Thätigkeit und Kapitalverwendung erzielt. Vielmehr wird meistens ein, nach den Umständen allerdings sehr verschiedener
Bruchteil dieses Pachtzinses als Verzinsung des in dem Boden steckenden Meliorationskapitals
anzusehen sein.
Die wirkliche Bodenrente beruht auf der Thatsache, daß zur Befriedigung des Bedarfs an Bodenprodukten nicht bloß
Boden - mit Rücksicht auf Fruchtbarkeit oder Lage - bester, sondern auch minderer Beschaffenheit verwendet werden muß, dessen
Bebauer aber gleichwohl noch die Vergütung für Kapital und Arbeit nach dem üblichen Satze erhält, da er andernfalls diese
Produktion nicht unternehmen würde; Boden besserer Beschaffenheit trägt daher einen Überschuß ein,
der demjenigen zufällt, der die Verfügungsgewalt über ihn besitzt, d. i. Der Eigentümer.
Die Rente wird im allgemeinen steigen, wenn die namentlich mit der Zunahme der Bevölkerung
[* 29] in Zusammenhang stehende Vermehrung
des Bedarfs es notwendig macht, immer minder fruchtbare oder minder gut gelegene Grundstücke in Anbau
zu nehmen; sie wird fallen, wenn dieses Bestreben überwogen wird durch technische Fortschritte, namentlich auf dem Gebiete
des Verkehrswesens, indem es dadurch möglich ist, auch fern gelegene, aber fruchtbare Grundstücke für die Versorgung des
Marktes dienstbar zu machen, eine Erscheinung, die sich insbesondere in jüngster Zeit für die europ.
Landwirtschaft durch die Konkurrenz von Amerika
[* 30] und Indien ergeben hat. - Die Theorie der Bodenrente wurde namentlich nach dem Vorgange
von Anderson, Malthus und West durch Ricardo (s. d.) in einer scharfen, aber zu abstrakten Formel entwickelt;
in Deutschland machte sich von Thünen („Der isolierte Staat“, 2 Teile, Rostock
[* 31] 1842-50) um dieselbe
verdient. Von Carey (s. d.) und Bastiat (s. d.) ging ein, allerdings sehr einseitiger Rückschlag gegen die Ricardosche Theorie
aus, ebenso kritisierte diese Rodbertus (s. d.) scharf; eine große Rolle spielt
diese Theorie namentlich in den Angriffen des Socialisten Henry George (s. d.) gegen die heutige Gesellschaftsordnung. -
Vgl.
Berens, Versuch einer kritischen Dogmengeschichte der Grundrente (Lpz. 1868);
Leser, Untersuchungen zur Geschichte der Nationalökonomie (Jena
[* 32] 1881);
Schullern-Schrattenhofen, Untersuchungen über Begriff
und Wesen der Grundrente (Lpz. 1889).
Grundrentenbanken, Landrentenbanken oder kurz Rentenbanken, sind staatlich verwaltete Institute,
welche bei der Ablösung von Reallasten (s. d.) die Auszahlung der Ablösungssummen an die
Berechtigten vermitteln, indem sie ihnen vom Staate garantierte verzinsliche Rentenbriefe in der Höhe
des Kapitalbetrags überweisen und die von den Verpflichteten geschuldete Rente einziehen, welche außer der Verzinsung der
Rentenbriefe auch eine Amortisationsquote einschließt, sodaß in einer bestimmten Periode (z. B. 4½ oder 56 1/12 Jahr) die
Tilgung erfolgt sein wird.
Die Rentenbriefe lauten auf den Inhaber, können also leicht an der Börse veräußert werden und werden
nach dem vorgeschriebenen Tilgungsplane allmählich ausgelost. In Preußen wurde ein allgemeines Gesetz über die Errichtung
von Bodenrentenbanken, dort einfach Rentenbanken genannt, gleichzeitig mit dem Ablösungsgesetz erlassen
und die Ablösung provinzenweise unternommen, daher die Rentenbriefe auch nach den einzelnen Provinzen
benannt sind. Durch ein späteres Gesetz vom wurde dann die Vermittelung der Rentenbanken zur Ablösung der Reallasten
wieder zugelassen. Das neueste preuß. Gesetz über die Beförderung der Errichtung von Rentengütern (s. d.)
¶
mehr
vom bestimmt, daß die Rentenbank sowohl zur Vermittelung der Ablösung der Renten auf mittlern und kleinern Rentengütern
als auch zu Darlehen für die Aufführung der notwendigen Wohn- und Wirtschaftsgebäude bei der erstmaligen Einrichtung eines
Rentengutes benutzt werden kann. In beiden Zwecken werden 3½prozentige und 4prozentige Rentenbriefe ausgegeben.
Im erstern Falle der Ablösung oder Abfindung erhält der Rentenberechtigte den 27fachen Betrag der Rente in 3½prozentigen
oder den 23 ⅔ fachen Betrag der Rente in 4prozentigen Rentenbriefen.
Der Rentengutsbesitzer hat die Abfindungssumme, bez. die Darlehnssumme durch Zahlung einer jährlichen Rentenbankrate bei der
Bank zu verzinsen und zu tilgen. Diese Rate beträgt bei den 3½prozentigen Rentenbriefen 4, bei den 4prozentigen
4½ Proz. Im erstern Falle dauert die Ratenzahlung 60½, im letztern 56 1/12 Jahre. Die Ablösung der Grundlasten ist in Österreich
[* 34] in ähnlicher Weise wie in Preußen erfolgt. Die von den Grundentlastungskassen zu diesem Zweck ausgegebenen Schuldscheine
heißen Grundentlastungsobligationen.
forstlich ein Holzwuchs, der hauptsächlich den Boden gegen Sonne,
[* 35] austrocknende Winde,
[* 36] Verwehung, Abschwemmung
zu schützen hat. Den Zweck direkter Holzproduktion hat das Bodenschutzholz entweder gar nicht oder nur nebenbei zu
erfüllen. Die Lichtholzarten, wie Eiche, Kiefer, auch Lärche, stellen sich im hohen Alter meist so licht, daß
sie den Boden selbst nicht genügend schützen, man unterbaut deshalb Schatten
[* 37] vertragende Hölzer als Bodenschutzholz, z. B.
Weißbuchen, Buchen, Fichten, Tannen. Mitunter finden sich auch als Bodenschutzholz dienende Sträucher, z. B. Wacholder, Schwarzdorn, Hasel,
Stechpalme u. a. von selbst ein. Unter Umständen dient ein ganzer Bestand selbst als Bodenschutzholz, z. B. Krummholzkiefern oder Alpenerlen
an den steilen Hängen des Hochgebirges, Kiefern auf den Dünen an der Meeresküste.
von den RömernLacus Brigantinus (Bregenzersee) oder LacusVenetus et Acronius, seit dem 9. Jahrh. Lacus Podamicus
und Mare Podanum, im spätern Mittelalter Bodam- oder Bodmensee, später auch wohl Schwäbisches Meer oder Konstanzersee (frz.
Lac de Constance) genannt, einer der für den Nordfuß der Alpen
[* 38] charakteristischen Flußseen, vom Rhein
und mehrern kleinern Zuflüssen gespeist, liegt zwischen der schweiz. und der schwäb.-bayr.
Hochebene auf der Grenze von Deutschland (Baden,
[* 39] Württemberg
[* 40] und Bayern),
[* 41] Österreich (Vorarlberg) und der Schweiz
[* 42] (Kantone St.
Gallen, Thurgau
und Schaffhausen)
[* 43] und wird von 47° 40' nördl. Br. und 9° 30' östl. L. von Greenwich durchkreuzt. Der hat
die Gestalt eines von SO. gegen NW. hakenförmig zugespitzten
Keils und ist der größte deutsche, nächst dem Genfersee auch der größte schweiz.
See. Der nordwestlich verengte Teil wird nach der bad. Stadt Überlingen auch der Überlingersee genannt.
Gewöhnlich wird auch die kleinere, westlich von Konstanz
[* 44] gelegene Seebildung unter dem Namen Zeller- oder Untersee zum Bodensee gerechnet,
während letzterer selbst als Obersee bezeichnet wird. Beide Seebecken werden durch den 4 km langen, 2-500 m breiten Rheinlauf
zwischen Konstanz und Gottlieben verbunden. Der Bodensee ist 63 km lang (von Bregenz
[* 45] bis zum Einfluß der Stockach)
und bis zu 14 km breit (Egnach-Friedrichshafen); der Umfang mit Einschluß des Zellersees beträgt 220 km, der Flächenraum 539
qkm,
die Mittelhöhe über dem Meere 395 m. Der Zellersee liegt um 1 m niedriger als der und ist auch bei weitem nicht
so tief wie dieser, dessen größte Tiefe zwischen Arbon und Friedrichshafen 276 m beträgt.
Die seit einiger Zeit vom Ingenieur Hörnlimann vorgenommenen Tiefenmessungen haben ergeben, daß das Rinnsal des Rheins
am Grunde des Sees bis auf 10 km in den See hinaus zu verfolgen ist. Dasselbe ist anfangs 600 m breit
und 70 m tief und verläuft 7½ km in gerader Richtung auf Langenargen zu, wo es durch eine aus Ablagerungen entstandene Erhöhung
gegen Romanshorn hin abgelenkt wird; am Ende hat es nur noch eine Tiefe von 7 m und die Hälfte der anfänglichen Breite.
[* 46] Das
Wasser des Sees ist licht blaugrün und klar; zur Zeit der Schneeschmelze schwillt es oft plötzlich
um 1-2, selten um 3-4 m an; durch den Föhn (Südwind), aber auch durch den Nordwest- und Ostwind wird es oft zu hohen Wellen
[* 47] aufgewühlt. Den «Seiches» des Genfersees entspricht das als «Rinnen» bekannte
Steigen und Fallen
[* 48] des Wasserspiegels. Eine eigentümliche Erscheinung ist auch das sog.
«Blühen» des Sees im Mai, wobei die Oberfläche namentlich des Untersees mit gelbem Blütenstaube der umliegenden Obstbaumpflanzungen
bedeckt ist.
Das Klima der Seegegend ist im allgemeinen mild, im Spätherbst und Winter sehr nebelig. Der Untersee friert fast jeden Winter
zu, der Obersee selten, so: 1259, 1276, 1420, 1435, 1465, 1573, 1624, 1695, 1789, 1830 und 1880. Der
Fischreichtum nimmt allmählich ab, doch geschieht neuerdings viel zu dessen Hebung
[* 49] durch Einsetzen künstlicher Fischbrut;
von den 26 Fischarten sind die wichtigsten die Lachsforellen, die Grundforellen oder Rheinlanken, Welse, Hechte, Barsche und
(namentlich im Untersee) Blaufelchen, welche, wie Heringe gesalzen und geräuchert, unter dem Namen Gangfische
in den Handel kommen.
Von Konchylien sind 22 Arten, von Vögeln 73 Arten, worunter viele nordische Wasser- und Sumpfvögel, beobachtet worden. Dem Botaniker
bieten die Ufer eine großenteils alpine und subalpine Flora. Geologisch gehört das Gebiet des Bodensee hauptsächlich
dem Alluvium, Diluvium
[* 50] und der obern Süßwassermolasse an; nur bei Rorschach und Bregenz treten die marine Molasse und die
Nagelfluh bis an den See heran. Unstreitig hatte der Bodensee früher eine weit größere Ausdehnung
[* 51] nach Süden.
Noch im 4. Jahrh. reichte er bis Rheineck; jetzt liegt zwischen den beiden, durch
die Ablagerungen des Rheins und der Bregenzerach gebildet, ein 3-4 km breiter Streifen flachen, zum Teil sumpfigen, am Ufersaume
mit Röhricht bestandenen Schwemmlandes, das von zahlreichen Gräben, Kanälen, Bächen und alten Rheinläufen durchschnitten
wird. Der Rhein mündet jetzt zwischen zwei langen schmalen Landzungen 4½ km unterhalb des Städtchens und seine
Sinkstoffe arbeiten weiter an der allmählichen Ausfüllung des Seebeckens. Von den zahlreichen andern Flüssen, die dem See
zufließen, münden die Argen, der Schüssen, die Aachen
[* 52] von Bregenz, Dornbirn und Friedrichshafen und die Steinach in den Obersee,
die Aach von Uhldingen und die Stockach in den Überlingersee und eine weitere Aach in den Zellersee.
Schon außerhalb der eigentlichen Alpen gelegen, von Niederungen (an den Flußmündungen) und zahmem Hügel- und Bergland umgeben,
ohne Steil- und Felsufer, hat der See weder die Großartigkeit des Königs- oder des Walensees noch die
¶
mehr
Mannigfaltigkeit des Vierwaldstättersees oder die Lieblichkeit der ital. Seen aufzuweisen.
Wohl aber macht die gewaltige Wasserfläche, namentlich vom östl. Ufer aus sowie von der Konstanzer
Gegend bei Abendbeleuchtung gesehen, mit ihrem verschwimmenden Horizont
[* 54] und ihren wechselnden, wundervollen Licht- und Farbeneffekten
einen überwältigenden Eindruck. Die Ufer sind anmutig, von Obst- und Weingärten, reichen Getreidefeldern,
üppigen Wiesen und Waldungen umgürtet. Am südl. Horizont türmen sich die Alpengipfel der
Sentisgruppe, des Rhätikon und dcs Vorarlbergbis in die Firnregion auf. Im O. zeigen sich die grünen Voralpen des Allgäus,
im NW. die Basaltkegel des Hegaus mit ihren Burgen
[* 55] und Ruinen.
Auf eine frühzeitige Besiedelung der Ufer des Bodensee weisen die zahlreichen Pfahlbaustationen,
besonders am Überlinger- und Untersee, sowie viele Überreste aus der Römerzeit hin. Heute gehört die Umgebung des Bodensee zu
den dichtbevölkertsten Gebieten Deutschlands.
[* 56] Freundliche Schlösser und Villen, Bauernhöfe und Fischerhütten, behäbige
reinliche Dörfer, belebte Marktflecken, stattliche, jetzt meist weltlichen Zwecken dienende Klöster,
altertümliche Städte spiegeln sich im bunten Kranze in den Uferwellen.
Handel und Schiffahrt sind trotz Beschränkung durch den nahen Rheinfall bei Laufen infolge der starken
Besiedelung der Ufer und der in neuester Zeit vermehrten Verkehrswege außerordentlich lebhaft. Seit Eröffnung der bayr.
Eisenbahn (München-Lindau) und der württemb. (Stuttgart-Friedrichshafen) Bahn, der Vorarlberger Bahn (Lindau-Bregenz-Bludenz),
der Linien Konstanz-Offenburg (bad. Schwarzwaldbahn), Radolfszell-Schaffhausen, Radolfszell-Ulm sowie der schweiz. Linien Winterthur-Konstanz-Romanshorn,
Zürich-Romanshorn-Rorschach, St. Gallen-Rorschach und Chur-Rorschach ist der Bodensee die
besuchteste Eingangspforte der Schweiz geworden und damit seine kommerzielle Bedeutung, der Personen- und Warenverkehr ungemein
gestiegen.
wird die erst teilweise (101 km) vollendete Bahn genannt, die den ganzen Bodensee umschließen
soll. Im Betrieb sind die Strecken: Lindau-Bayr. Grenze (Bayr. Staatsbahn)-Bregenz-St. Margarethen (Österr.
Staatsbahn)-Konstanz (Vereinigte Staatsbahnen)-Radolfzell (Bad.
[* 64] Staatsbahn) mit zusammen 94 km und Radolfzell-Stahringen (Bad.
Staatsbahn) mit 7 km. Im Bau ist die Strecke Stahringen-Überlingen.
Friedrich Mart.
von, Dichter und Schriftsteller, geb. zu Peine, widmete sich anfangs dem Kaufmannsstande,
besuchte dann die Universitäten Göttingen,
[* 65] München und Berlin,
[* 66] um alte und besonders neue Sprachen, Geschichte
und Philosophie zu studieren. 1840 kam er als Erzieher zu Fürst Galizin nach Moskau.
[* 67] Damals entstand die Anthologie «Kaslow,
Puschkin und Lermontow» (Lpz. 1843) und eine Sammlung kleinruss. Volkslieder, «Poet. Ukraine» (Stuttg. 1845). Im Herbst 1843 ging
Bodenstedt nach Tiflis, um ein Seminar zu leiten und am Gymnasium Latein und Französisch zu lehren. 1845 durchstreifte
er Armenien, die Kaukasusländer und kehrte über die Krim,
[* 68] Türkei,
[* 69] Kleinasien und die Ionischen Inseln nach Deutschland zurück.
Als Früchte dieser Wanderungen erschienen «Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen» (Frankf. 1848; 2. Aufl., 2 Bde.,
1855) und «Tausend und ein Tag im Orient» (2 Bde., Berl. 1849-50; 5. Aufl.
1891),
zwei Werke, die B.s Ruf begründeten. Im Mai 1818 wurde er Redacteur am «Österreichischen Lloyd» in Triest.
[* 70] Ende 1850 Redacteur
der «Weser-Zeitung» in Bremen
[* 71] und lebte, nachdem er Schwiegersohn des Hess. Obersten Osterwald geworden (B.s
Gattin Mathilde ist die «Edlitam» der Gedichte), 1852 teils auf dessen
Gut, teils auf dem des Freiherrn von der Malsburg bei Cassel. 1853 ging er nach Friedrichroda, dann auf Wunsch Herzog Ernsts
nach Gotha,
[* 72] 1854 folgte er einem Rufe König Maximilians nach München.
Als Professor an der Universität las er über slaw. Sprachen und Litteratur, seit 1858 vorzugsweise über
ältere engl. Litteratur. Im Herbst 1866 berief ihn HerzogGeorg von Meiningen
[* 73] zur Leitung der Hofbühne. Hier blieb er, das
MeiningerTheater
[* 74] der Vervollkommnung zu einer Musterbühne mit entgegenführend, 1867 geadelt, bis 1870, später ließ er
sich dauernd in Wiesbaden
[* 75] nieder. Bodenstedt bereiste 1881 die Vereinigten Staaten,
[* 76] hielt dort Vorlesungen und
beschrieb die Fahrt in «Vom Atlantischen zum Stillen Ocean» (Lpz. 1882). 1880 begründete er in Berlin die «Tägliche Rundschau.
Zeitung für unparteiische Politik», von deren Leitung er 1888 zurücktrat. Er starb in Wiesbaden,
wo ihm 1894 ein Denkmal errichtet wurde.
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Als Ergebnisse seiner slaw. Studien erschienen Lermontows «Poet. Nachlaß» (2 Bde., Berl.
1852),
Puschkins «Poet. Werke» (3 Bde., ebd. 1854 - 55) und Turgenjews «Erzählungen» (2 Bde.,
Münch. 1864 - 65) in gelungenen Übertragungen; von seiner umfassenden Beschäftigung mit der ältern engl.
Litteratur zeugen «Shakespeares Zeitgenossen und ihre Werke» (3 Bde.,
Berl. 1858 - 60),
treffliche Verdeutschungen und Charakteristiken, sowie eine deutsche Nachbildung der «Sonette» Shakespeares
(4. Aufl., ebd. 1873). An der Gründung der DeutschenShakespeare-Gesellschaft (1864) beteiligt, gab er die beiden ersten Bände
von deren «Jahrbuch» (1865 und 1867),
sowie in Verbindung mit O. Gildemeister, Herwegh, P. Heyse, Kurz,
Wilbrandt, Delius u. a. eine Gesamtübersetzung von Shakespeares «Dramat. Werken» (5. Aufl.,
Lpz. 1890) heraus, der er «W. Shakespeare. Ein Rückblick auf sein Leben und Schaffen» (ebd. 1871) einfügte. Auch schilderte
er «Shakespeares Frauencharaktere» (4. Aufl., Berl. 1887).
Eine Reihe von Vorlesungen vereinigte Bodenstedt u. d. T. «Aus
Ost und West» (ebd. 1861). Beiträge zur Kenntnis des russ. Staats- und Volkslebens in seiner histor. Entwicklung
bieten die «Russ. Fragmente» (2 Bde., Lpz.
1862).
Den Glanzpunkt unter B.s eigenen poet. Schöpfungen bilden die «Lieder des Mirza-Schaffy»
(Berl. 1851; 100. [Jubel-]Aufl. 1881; 141. Aufl.
1892),
die seinen Namen der Weltlitteratur einverleibten und in fast alle europ. Sprachen, sogar ins Hebräische
übersetzt wurden. Sie galten lange Zeit als Übertragungen morgenländ. Urtexte, sind aber mit Ausnahme von «Mullah,
rein ist der Wein» von Bodenstedt selbst gedichtet und nur seinem geliebten tatar. Lehrer in Tiflis in den Mund gelegt. Während hier
Liebe und Wein im Vordergrund stehen, huldigt in der Fortsetzung «Aus
dem Nachlaß des Mirza-Schaffy» (Berl. 1874; 17. Aufl., Lpz.
1891; Prachtausg. 1877 und 1883) reiferer und mehr beschaulicher Lebensweisheit. «Der
Sänger von Schiras. Hafisische Lieder» (3. Aufl., Jena 1884) und «Die Lieder und Sprüche des Omar Chajjâm verdeutscht» (Bresl.
1881; 4. Aufl. 1889) sind lediglich Übersetzungen orient. Poesie. In denjenigen Dichtungen, in denen Bodenstedt sich
des exotischen Tons enthält, ist seine Originalität geringer; so in den «Gedichten»
(3. Aufl., Berl. 1859),
«Aus Morgenland
und Abendland. Neue Gedichte und Sprüche» (Lpz. 1882; 3. Aufl. 1887),
«Neues Leben. Gedichte und Sprüche» (Bresl. 1886). B.s «Neun Kriegslieder» (Bielef. 1870) und «Zeitgedichte»
(Berl. 1870) vervollständigen sein vielseitiges Schaffen auf seinem Hauptgebiete, dem der Lyrik, dem er auch durch beliebte
Anthologien diente («Album deutscher Kunst und Dichtung», 8. Aufl., Berl. 1892; «Kunst
und Leben», Stuttg. 1877 - 78; «Verschollenes
und Neues», Hannov. 1877-78; «Liebe und Leben»,
Lpz. 1892). Das Epische lag B.s Natur nicht so günstig. Doch ragen «Ada, die Lesghierin» (Berl. 1853) und «Sakuntala»
(Lpz. 1887 u. 1889),
erstere den Kampf der Tscherkessen gegen das russ. Joch verherrlichend, letztere eng an Kalidasa angelehnt,
durch kunstvolle Schilderungen in Einzelscenen hervor; seine jüngste epische Dichtung ist «Theodora. Ein
Sang aus dem Harzgebirge» (Lpz. 1892). Geschlossenere Komposition zeigen die kleinern «EpischenDichtungen» (Berl. 1862),
namentlich
«Herun und Habakuk» und «Andreas und
Mafa» (in der Spenser-Stanze). Sehr thätig war Bodenstedt späterhin in der Prosaerzählung.
Hier sind zu nennen: «Kleinere Erzählungen» (Münch. 1863),
die eigene Erlebnisse verwerten, und eine
Reihe von Romanen und Novellen, z. B. «Vom Hof
[* 78] Elisabeths und Jakobs» (2 Bde., Jena 1871; 4. Aufl. 1882),
«Aus deutschen Gauen»
(2 Bde., ebd. 1871; 4. Aufl. 1882),
«Die letzten Falkenburger» (2. Aufl., Berl. 1887),
«Eine Mönchsliebe. Das Mädchen von Liebenstein» (2. Aufl.,
ebd. 1887),
«Lady Penelope» (2. Aufl., ebd. 1887),
«Feona. Ein Mißverständnis» (2. Aufl., ebd.
1889),
«Thamar und ihr Kind. Die geheimnisvolle Sängerin. Oheim und Neffe» (ebd. 1889); eine Sammlung mehrerer davon u. d. T.:
«Erzählungen und Romane» (7 Bde., Jena 1871 - 72; 2. bez. 3. Aufl. 1874 - 78). Formvollendet und sinnvoll sind sie fast alle,
doch ohne hervorstechende Eigenart und in der Erfindung unbedeutend. Noch weniger war Bodenstedt für das Drama beanlagt. Die Tragödie
«Demetrius» (Berl. 1856),
«KaiserPaul» und «Wandlungen»
(zusammen als «Theater», ebd. 1876) und «Alexander in Korinth»
[* 79] (Hannov. 1876; neu bearbeitet Lpz. 1883) ermangeln
trotz dichterischer Schönheiten des bühnenmäßigen Zuschnitts, während er im Gelegenheitsstück eher den richtigen Ton
traf. Gewandtheit und Vornehmheit des Stils und der Form wahrte Bodenstedt jederzeit trotz seiner großen Fruchtbarkeit,
wie bilden einen Hauptzug seines Wesens, wie es auch aus seinen Memoirenwerken hervortritt («Aus
meinem Leben. Erinnerungsblätter, Bd. I: Eines Königs Reise. Erinnerungsblätter an König Max», Lpz. 1879; 3. Aufl. als «Eine
Königsreise», 1883; «Erinnerungen aus meinem Leben», Bd. 1 u. 2, Berl. 1888 - 90). B.s «Gesammelte
Schriften» (12 Bde., ebd. 1865 - 69; neue Ausg.
1892) umfassen nur einen Teil der Werke. -
Vgl. Friedrich von Bodenstedt. Ein Dichterleben in seinen Briefen (1850 - 92), hg. von Schenck
(Berl. 1893).
(Bodonis insula), Stadt im Kreis Hameln
[* 81] des preuß. Reg.-Bez. Hannover,
[* 82] 18 km im SO.
von Hameln, auf einer Insel der Weser liegend, ist durch eine 150 m lange Brücke
[* 83] (1882) mit dem rechten
und zwei andern Brücken
[* 84] mit dem linken Flußufer verbunden, hat (1890) 1515 E., darunter 18 Katholiken und 41 Israeliten,
Post, Telegraph; Düngemittel-, Kunstwollfabrik, Wollgarnspinnerei, Lohgerberei, Steinbrüche, Steinschleiferei und Schifffahrt.
Noch im 18. Jahrh. hatte der Ort, der schon 1287 sein Stadtrecht erhielt, bedeutenden Warenverkehr zwischen Bremen und den Städten
und Landschaften des mittlern Leinegebietes.
Dorf im Bezirksamt Neunburg des bayr. Reg.-Bez. Oberpfalz, vorm Walde, 11 km im SW. von Neunburg, an der
Linie Schwandorf-Furth-Grenze der Bayr. Staatsbahnen
[* 85] und an dem großen Bodewöhrer Weiher, in
umschlossenem Thale, gehört zur Gemeinde Neuenschwand und hat (1890) 847, mit Neuenschwand 1025 E., königl.
Berg- und
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