Lyrik
Lys - Lysikratesmonume

* 3
Seite 61.424. oder lyrische
Poesie, deren
Name von dem griech.
Saiteninstrument
Lyra
[* 2] (s. d.) entlehnt ist,
heißt diejenige Gattung der
Poesie, die zum unmittelbaren
Ausdruck des subjektiven Gefühlslebens einer
Person oder eines Kreises
dient. Es ist nicht zu bezweifeln, daß Lyrik
infolgedessen Ausgangspunkt aller
Poesie war. Die
Beobachtung der Naturvölker lehrt,
daß lyrische
Gesänge, verbunden mit
Musik und Tanz, die älteste poet. Produktion bilden, und dazu stimmt
auch bei den
Indogermanen das hohe
Alter ihrer hymnischen
Dichtungen (Rigveda). Die Schnadahüpfl des bayr.
Gebirges, die auch
von
Gesang und
Sprüngen begleitet sind, mögen ein
Bild einfachster Lyrik
geben. Die
Verbindung mit dem Tanz hat sich längst,
die mit der
Musik noch bis heute nur zum
Teil gelöst; in ältern
¶
mehr
Zeiten war der Lyriker
zugleich Komponist und Dichter, und das Volks- und Gesellschaftslied ist bis jetzt ohne Gesang undenkbar,
ein recitiertes lyrisches Gedicht ist im Grunde nicht viel besser als ein Lesedrama. Die früher herrschende Ansicht, das Epos,
das die Begebenheiten der Außenwelt meldet, sei älter als die Lyrik
, beruhte auf der sehr begreiflichen
Thatsache, daß die Mehrzahl unserer ältesten Dichtungen Epen sind; subjektive Eingebungen des Moments schrieb man eben nicht
auf, während das Epos schon als Vertreter der Geschichte und durch seinen Umfang die Aufzeichnung begünstigte.
Unter den Gattungen der Lyrik
unterscheidet man im Anschluß an die antike Terminologie die kunstvoll ausgestaltete,
meist dem Gottesdienst geweihte Hymne, die feierliche Ode, die frei dahinstürmende Dithyrambe, die Reflexion
[* 4] und Gefühlsleben
verbindende Elegie, dann das einfachere Lied (s. d.), das geistlich und weltlich,
für Chor und für Einzelne bestimmt sein kann. Dagegen ist es nicht richtig, wenn man das Epigramm, die Epistel, das
Lehrgedicht und ähnliche rein gedankliche Dichtungen zur Lyrik
rechnet. -
Vgl. Du Prel, Psychologie der Lyrik
(Lpz. 1380): Jacobowski,
Die Anfänge der Poesie (Dresd. 1891);
R. M. Herner, und Lyriker
(Bd. 1 der «Beiträge
zur Ästhetik», Hamb. 1890).