Gau
Glied (künstliches)

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Glied.(got. gavi; althochdeutsch gouwi; mittelhochdeutsch gou oder gōu, jetzt oberdeutsch Gäu), ein Wort von zweifelhafter Herkunft, den Nordgermanen unbekannt, bedeutet im allgemeinen Gegend, Land, namentlich das platte Land im Gegensatze zu Gebirge und Stadt, im besondern aber eine Landschaft als polit. Bezirk. In diesem letztern Sinne ist der ein wichtiges Glied [* 2] des ältern deutschen Staatsorganismus. In der Zeit des Tacitus zerfielen die Germanen in Stämme (gentes) und Völkerschaften (civitates).
Eine Unterabteilung der Völkerschaft bildete der Gau
(pagus), welcher gewöhnlich mehrere
Hundertschaften (s.
Cent) umfaßte.
Bei kleinern civitates wird die
Einteilung in Gau
weggefallen sein. Die Gau hatten oft eine große Selbständigkeit,
sodaß sie selbst auf eigene
Faust
Krieg führten.
Beim Wachstum der
Bevölkerung
[* 3] oder bei feindlichen
Störungen des Zusammenhangs
lösten sich einzelne pagi von der alten Gemeinschaft ab und bildeten eigene, neue civitates. Gau
ist übrigens kein
fester technischer Rechtsbegriff, er umfaßt bald größere, bald kleinere
Bezirke.
Bei den
Sachsen
[* 4] wird noch im Mittelalter go in der Bedeutung der alten
Hundertschaft gebraucht. Als die alten Völkerschaften
in den
Stürmen der
Völkerwanderung untergegangen waren und neue
Stämme sich gebildet hatten, lebten die
Namen einiger Völkerschaften
noch in einzelnen Gau
namen fort
(Breisgau von Brisigavii, pagus Boroctra von den
Bructerern, pagus
Batua
von den Bataven): zumeist waren es aber natürliche, landschaftliche
Beziehungen, welche von den natürlichen Grenzen
[* 5] der
Gau
genommen wurden, die für die neuen Gaunamen maßgebend waren.
Bald wurden sie nach
Flüssen bezeichnet (Rhein-, Saargau
),
bald nach
Gebirgen (Eifel-, Westerwaldgau
), bald nach der Himmelsgegend (der bayr.
Nordgau
). Auch von den in den Gau gelegenen bedeutendsten
Städten erhalten sie ihre
Namen (Mainzgau
, Wormsgau, Speiergau).
Bei der Neuorganisation des
Fränkischen
Reichs, welche in der
Ausdehnung
[* 6] der Grafschaftsverfassung auf
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