Begriff
,
nach dem Wortsinn eine Zusammenfassung, und zwar die eines Mannigfaltigen der sinnlichen
Vorstellung in der
Einheit des geistigen Blicks, die schon
Plato zu beschreiben wußte und welche Kant
Synthesis (s. d.) nennt.
Es sei eine Reihe gleichartiger Sinneseindrücke, z. B. der roten
Farbe, oder auch ein und derselbe Eindruck eine Reihe von
Zeitmomenten hindurch gegeben, so ist diejenige Zusammenfassung, durch die ich in diesen räumlich oder zeitlich verschiedenen
Eindrücken der Einerleiheit
(Identität) des
Inhalts derselben mir bewußt zu werden vermag, der Ursprung
des Begriff.
Doch will der Begriff nicht sowohl diese Betrachtung unter einem
Gesichtspunkt, als den
Gesichtspunkt selbst (sofern darunter
ein sinnliches Mannigfaltiges sich betrachten läßt) bedeuten; die bestimmte Anwendung desselben auf ein so zu betrachtendes
Gegebenes enthält vielmehr schon den
Keim des
Urteils
(z. B.: dies ist rot).
Daraus ist klar, daß und
Urteil sich genau entsprechen und keins von beiden ohne das andere möglich ist. Gewöhnlicher allerdings
als an jene ursprünglichste Form der
Synthesis denkt man bei Begriff
, namentlich in der traditionellen
Logik, an eine kompliziertere
Anwendung der synthetischen Funktion: an die Zusammenfassung einer Reihe solcher ursprünglichen
Synthesen
zu einer neuen, meist weniger streng begrenzten Einheit. Da nämlich dieselbe gegebene Erscheinung nicht bloß unter einem
einzigen, sondern unter einer ganzen Reihe von
Gesichtspunkten erwogen werden kann, so liefert jede solche Betrachtung ein
besonderes
Merkmal dieses selben Gegebenen, welches also vollständig erst durch die ganze Reihe derselben
bestimmt wäre. Aus dieser
Auffassung des Begriff
als eines
Komplexes von
Merkmalen versiehen sich die meisten Unterscheidungen,
welche die
Logik unter den Begriff
macht.
Erkenntnistheoretisch wichtig ist das Verhältnis des Begriff
zum Gegenstand. Nach Kants entscheidender Feststellung
ist es eigentlich die Leistung des Begriff
, der Erscheinung den Gegenstand (in der Erkenntnis)
zu setzen; Gegenstand ist dasjenige, «in dessen Begriff
das Mannigfaltige
einer gegebenen
Anschauung vereinigt ist». Die Erscheinung ist für sich, bloß als Gegebenes der
Anschauung (s. d.),
noch
unbestimmt; jede Bestimmung, was das in ihr Erscheinende «ist», d. h.
des Gegenstandes, der erscheint, beruht auf der
Synthesis der Begriff.
Daher sind Begriff allgemein nicht von vorausgegebenen
Gegenständen abzulernen, vielmehr sind sie es, welche den Gegenstand (für uns, in der Erkenntnis) erst erzeugen. Das gilt
nicht minder von sog. empirischen wie von «reinen»
Begriff
, nur daß die letztern die Funktion der in der Erkenntnis, die Erscheinung zum Gegenstande
zu gestalten (sie zu objektivieren), rein, d. h. bloß in ihrer allgemeinen Bedeutung als Gesetz
des Erkennens, zum
Ausdruck bringen (z. B. der Begriff
der
Größe), wogegen die empirischen die bestimmte Anwendung solcher allgemeinen
Funktionen auf den gegebenen
Stoff der Erfahrung darstellen (z. B. der Begriff
der bestimmten
Größe eines gegebenen Gegenstandes).
Da somit empirische Begriff
stets auf reinen beruhen
und sie in sich enthalten, so ist klar, weshalb die letztern
nicht umgekehrt von den erstern abgeleitet sein können. Sie lassen sich zwar jederzeit durch
Analyse aus denselben wieder
berauslösen, aber nur darum, weil sie in der ursprünglich synthetischen Erzeugung der Erfahrungsbegriffe
von
vornherein wirksam waren.
Begrifflich - Behaim (

* 2
Seite 52.641. Ein
System der reinen Verstandesbegriffe
hat Kant in seinen
Kategorien (s. d.) aufgestellt. Da das Grundgesetz der Begriff
überhaupt
das Gesetz der
Identität ist, so müssen auch die reinen oder
Stammbegriffe die Grundformen darstellen, in welche sich die
begriff
liche
Identität, in Anwendung auf ein Gegebenes in Raum und Zeit, auseinanderlegt; so entspringt
z. B. als erster und einfachster
Stammbegriff der Begriff
der
Größe (s. d.). Auf der
Synthesis der Begriff beruht auch die Bedeutung
des Gesetzes in der Erkenntnis. Das Gesetz nämlich stellt auch nur eine synthetische Einheit der darunter begriffenen Erscheinungen
dar; so besagt das Gesetz des Falls nur das, was in allen einzelnen Erscheinungen des Falls der Körper
auf identische Art stattfindet. Dennoch ist das Gesetz nicht ein bloßer abgekürzter
Ausdruck dessen, was in den Einzelerscheinungen
bereits voraus gegeben und bekannt war, sondern es hat
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mehr
den Charakter einer neuen Einsicht, die auch nicht aus der exakten Beobachtung der Einzelfälle allein zu gewinnen war, sondern zugleich immer auf solchen Grundbegriffen, wie dem der Größe, der Kausalität u. s. w. beruht, deren Anwendung auf die bestimmten Erscheinungen erst das Gesetz ergab. Daher war in der Geschichte der Wissenschaften der Gewinn klarer, scharf abgegrenzter und in principieller Tiefe verstandener Grundbegriffe (z. B. bei Galilei) immer das Entscheidende, indem auch der empirischen Forschung dadurch erst ihre wahren Aufgaben vorgezeichnet wurden.
Das Gesetz ist demnach nur die wissenschaftliche Vollendung des Begriff. Auch die Begriff der gemeinen Erfahrung, wie sie etwa in den Formen und Wortbedeutungen einer Sprache [* 3] niedergelegt sind, sind Analoga von Gesetzen; in der Einheit des Wortsinns sucht die Sprache der Forderung der Identität des in etwas zu genügen und genügt ihr wirklich, soweit es sich bloß um die nächsten Zwecke des praktischen Lebens handelt. Aber von wissenschaftlichen Begriff sind sie dadurch unterschieden, daß sie nicht, wie diese, strenge Gesetzesbedeutung für unsere Vorstellung beanspruchen können, sondern von willkürlich begrenzten Gesichtspunkten ausgehen.
Der Gesetzescharakter wissenschaftlicher Begriff ist es, welcher ihnen die Bedeutung des Objektivgültigen verleiht; wie der Begriff überhaupt den Gegenstand, so konstituiert erst der wissenschaftliche Begriff den wissenschaftlichen Gegenstand; nur dieser aber hat Anspruch darauf, den Gegenstand zu bedeuten, d. h. die einzige, strenggültige Gegenständlichkeit darzustellen. – Inwiefern man versuchen kann, durch Begriff etwa auch Gegenstände zu erreichen, die jenseit der Grenze möglicher Erfahrung liegen, s. Noumenon.