Anlage
,
in der
Entwicklungsgeschichte
die erste, sinnlich wahrnehmbare
Spur eines Organs oder einer Organgruppe,
die sich im Laufe der
Entwicklung weiter ausbildet. So spricht man von der Anlage
des centralen
Nervensystems, des
Auges u.s.w.
und versteht darunter häufig nur Zellenhaufen, Ausstülpungen, Falten oder ähnliche Gebilde, die durch spätere Differenzierung
(s.
Arbeitsteilung) ihres innern
Baues und ihrer Form erst die morpholog. Bedeutung der Anlage
erkennen lassen.
In gleicher
Weise wird das Wort in der vergleichenden
Anatomie gebraucht, um
Teile zu bezeichnen, die an und für sich schwer
ihre Bedeutung erkennen ließen, wenn ihre weitere Ausbildung nicht bei höher entwickelten
Tieren verfolgt werden könnte.
Erst durch diese Verfolgung innerhalb des Tierstammes ist es in manchen Fällen möglich, die Anlage
sich
ausbildender
Teile von den rudimentären Organen zu unterscheiden, die durch Rückbildung entstanden sind. Im weitern
Sinne
nennt man Anlage
jede angeborene Fähigkeit zu irgend welchen Zuständen oder Thätigkeiten. Die Erkennung solcher
Anlage
im
Kindes- und Jugendalter spielt eine wesentliche Rolle, hinsichtlich körperlicher Anlage
bei der Tierzüchtung,
hinsichtlich geistiger Anlage
bei der Erziehung des
Menschen.
Anlage (Befestigung) -

* 2
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Dem
Tierzüchter, der eine Rasse nach bestimmter
Richtung hin durch fortlaufende Zuchtwahl der Erzeuger ausbilden will, liegt
es ob, unter seinen
Tieren schon im jugendlichen
Alter diejenigen zu erkennen, bei welchen die gewünschte Besonderheit (z. B.
kurzer Schnabel oder eine bestimmte
Farbe u.s.w.) sich im höchsten
Grade ausbilden wird. Indem er diese
Tiere zu weiterer Zucht auswählt und auf diese
Weise durch stete
Vererbung die Besonderheit ausbildet, entwickelt er die Anlage
zu
höchster
Vollkommenheit. In ähnlicher
Weise ist es die
Aufgabe der Eltern und Erzieher, in dem
Kinde die und
Keime zu
Anlage
zu entdecken, welche dasselbe vorzugsweise befähigen, sich in dieser oder jener
Richtung auszubilden. Es lassen sich hier
durchaus keine bestimmten Regeln aufstellen, noch
¶
mehr
Methoden bestimmen, nach welchen zu verfahren wäre. Schon die Anlage
zur Erwerbung bestimmter Erfahrung und Kenntnisse ist bei
den einzelnen Individuen sehr verschieden; die einen lernen durch das Ohr,
[* 3] die andern durch das Auge
[* 4] am meisten u. s. w. Im
allgemeinen besitzt die große Masse der Individuen auch keine besondern Anlage
, sondern ist zu allen etwa
gleich mittelmäßig befähigt. Bei einzelnen Individuen dagegen stechen besondere Anlage
stark hervor und brechen
auch, trotz aller Hindernisse in der Wahl des Berufs, in den spätern Handlungen u. s. w. durch. Daß die Erziehung vieles
thun kann, um geringe Anlage
auszubilden, schlummernde Anlage zu wecken und schlimme Anlage
zum
Bessern zu wenden, ist unzweifelhaft; aber gegen ausgesprochene, ererbte Anlage
, mögen diese sein welcher Art
sie wollen, ist sie durchaus machtlos.