verschiedenen Fabriken in
Schlesien
[* 2] und England. Hierauf folgte er einem Ruf als Professor der technischen
Chemie an das Polytechnikum
in Zürich,
[* 3] wo er noch wirkt. Lunge
[* 4] ist ein fruchtbarer Schriftsteller vorwiegend aus dem Gebiete der technischen
Chemie, die durch ihn
mannigfache Förderung erfahren hat. Er veröffentlichte an umfangreichern Werken: «Handbuch der
Soda-Industrie
und ihrer Nebenzweige» (2 Bde., Braunschw.
1870-80; 2. Aufl. 1893),
kleinere oder größere umschriebene Eiterhöhlen im Lungengewebe, entstehen am häufigsten im Gefolge
einer
Lungenentzündung, namentlich wenn dieselbe blutarme und geschwächte Individuen befiel, sowie durch
Fremdkörper, Speiseteilchen
u. dgl., welche durch Verschlucken in die
Lunge gelangten.
Größere Lungenabscesse können den
Tod des
Kranken
herbeiführen, wogegen kleinere
Abscesse unter günstigen Verhältnissen gewöhnlich verheilen, indem sie entweder einschrumpfen
und sich unter Verkalkung ihrer Wandung gegen das normaleLungengewebe abkapseln, oder ihren
Inhalt nach
außen durch die
Bronchien entleeren und eine schwielige Narbe zurücklassen.
Eine andere Art der Lungenabscesse sind die sog. metastatischen, welche ein gewöhnlicher
Folgezustand der
Eitervergiftung des
Blutes oder Pyämie sind und am häufigsten im Anschluß an schwere Verletzungen, komplizierte
Knochenbrüche, brandige
Geschwüreu. dgl. beobachtet werden. Sie entstehen dadurch, daß
faulige oder jauchige Partikelchen von einer Wund- oder Geschwürsfläche durch
Embolie (s. d.) in den Blutstrom gelangen
und schließlich in den feinen Verzweigungen der Lungenarterie stecken bleiben, wo sie infolge ihrer reizenden Beschaffenheit
eine heftige eiterige
Entzündung mit mehr oder minder ausgedehnten
Abscessen erregen. Die Prognose der
metastatischen Lungenabscesse ist immer eine bedenkliche. (S. Pyämie.)
soviel wie
Lungenschlagfluß (s.
Lungenhyperämie). ^[= (Hyperaemia pulmonum, die Blutüberfüllung der Lungen, entweder die Folge vermehrten Blutzuflusses ...]
(grch.), derjenige krankhafte Zustand der
Lungen, bei welchem in einem größern oder kleinern Lungenabschnitt
die
Lungenbläschen zusammengefallen und luftleer sind und daher die
Lunge verdichtet ist, kommt entweder angeboren oder erworben
vor. Die angeborene Lungenatelektase besteht in einer Fortdauer des Fötalzustandes der
Lungen und findet sich bei solchen
Neugeborenen, die infolge von schwerer
Geburt, Schwäche oder Verstopfung der Luftröhre mit
Schleim nur ungenügend atmen;
wird das
Kind durch Reinigen der Mund- und Nasenhöhle, durch
Bespritzen mit kaltem Wasser, durch Schwenken des Körpers oder
durch Aussaugen der Schleimmassen vermittelst eines
Katheters zum kräftigen
Einatmen veranlaßt, so wird
gewöhnlich die
Atelektase bald beseitigt. Die erworbene Lungenatelektase entsteht am häufigsten durch den Druck von pleuritischen
Exsudaten,
Geschwülsten der
Brusthöhle, der Wirbelsäule
u. dgl. auf die
Lunge, wodurch die letztere allmählich blutleer,
blaßgrau, lederartig zähe und für ihre physiol. Funktionen unfähig
wird (sog. Kompressionsatelektase). Die letztere Form der Lungenatelektase ist immer
ein bedenklicher Zustand; die Behandlung muß durchaus gegen das Grundleiden gerichtet sein.
oder
Lungengangrän
(Gangraena pulmonum), das brandige
Absterben einzelner Lungenpartien, wobei sich
das Lungengewebe in einen schwärzlich-grünen, übelriechenden
Brandschorf oder in eine mißfarbige, stinkende, breiartige
oder jauchige
Masse umwandelt, entsteht am häufigsten im Verlaufe der
Lungenentzündung, namentlich bei sehr geschwächten
und herabgekommenen
Personen, bei
Greisen, Säufern und Skorbutkranken, sowie durch faulige
Fremdkörper, welche durch Verschlucken
oder durch
Embolie (s. d.) in dieLungen gelangen, und giebt sich durch
Fieber, große Hinfälligkeit, verfallenes
Aussehen und einen oft unerträglichen aashaften
Geruch der ausgeatmeten Luft und des
Auswurfs zu erkennen.
In dem ausgehusteten
Auswurf findet man bei der Betrachtung unter dem Mikroskop
[* 5] Zellenreste, elastische Gewebsfasern, Fäulnisorganismen
(Bakterien der verschiedensten Art) und oft eigentümliche lange Fettsäurenadeln (Margarinkrystalle).
Wenn der Lungenbrand einen ganzen Lungenlappen befällt, so erfolgt in der Regel unter typhusähnlichen
Symptomen der
Tod; nur bei einer
geringern
Ausdehnung
[* 6] der Gangrän kann Genesung erfolgen, indem der
Brandschorf sich allmählich durch
Erweichung löst, durch
die
Bronchien unter
Husten nach außen entleert wird und eine schrumpfende narbige
Höhle zurückbleibt.
Die Behandlung erfordert nahrhafte, kräftige Kost, reine Luft, gesunde Wohnung und häufig wiederholte Einatmungen von zerstäubter
Carbolsäurelösung.
(Pneumonia), die
Entzündung des Lungengewebes, bei welcher dieLungenbläschen
eines kleinern oder größern Lungenabschnitts mit fester, fibrinöser, aus dem
Blute stammender
Substanz erfüllt und die
erkrankten Lungenpartien luftleer, leberartig (hepatisiert) und vollkommen funktionsunfähig werden, ist eine der häufigsten
und schwersten akuten Erkrankungen und tritt in zwei wesentlich voneinander verschiedenen Hauptformen auf.
Sie befällt den
Menschen entweder primär, inmitten der vollsten Gesundheit, als sog.
kruppöse, genuine oder primäre Lungenentzündung, oder sekundär im Anschluß an vorausgegangene Katarrhe oder im
Verlauf anderer
Krankheiten
(Masern,
Scharlach,
Typhus u. a.) als sog. katarrhalische oder sekundäre Lungenentzündung; die
erstere Form betrifft mit Vorliebe erwachsene und kräftige
Personen und ist gewöhnlich über einen oder mehrere ganze Lungenlappen
verbreitet (lobäre Lungenentzündung), wogegen die sekundäre Lungenentzündung vorzugsweise bei
Kindern,
Greisen sowie bei schwächlichen und kachektischen
Individuen vorkommt und sich zumeist auf kleinere Lungenabschnitte, aus einzelne Läppchen beschränkt (lobuläre Lungenentzündung). Als
weitere
Abarten der Lungenentzündung unterscheidet man noch die chronische interstitielle Pneumonie, welche sich mitunter
an chronische Luftröhrenkatarrhe, Rippenfellentzündungen, Staubinhalationen und
Lungenschwindsucht anschließt
und durch
Vermehrung des die Lungenläppchen trennenden oder die
Bronchien umgebenden
Bindegewebes¶
mehr
chronische Verdickungen und Verhärtungen des Lungengewebes verursacht; die käsige Pneumonie, welche durch Nekrose der hepatisierten
Lungenteile und dadurch bedingte weitere Veränderungen (Erweichung, Kavernenbildung) zur Lungenschwindsucht (s. d.) führt;
ferner die Schluckpneumonie, welche bei Kindern, bei Geisteskranken und bei Individuen, welche am Zungen-, Kehlkopf- oder Speiseröhrenkrebs
leiden, durch Verschlucken von Speiseresten oder sonstigen zersetzungsfähigen Substanzen in die Luftröhre
und Bronchien zu stande kommt und häufig in Lungenbrand (s. d.) übergeht; und die Senkungspneumonie oder hypostatische Pneumonie,
welche sich bei Schwerkranken, die viele Wochen in Rückenlage im Bett
[* 8] zubringen müssen, in den tiefstgelegenen Partien der
Lunge durch Senkung des Blutes nach unten entwickelt. Je größer die Ausbreitung einer Lungenentzündung ist, um
so schwerer und gefahrdrohender ist gewöhnlich auch ihr Verlauf; wer einmal von einer Lungenentzündung ergriffen
wurde, behält oft längere Zeit hindurch eine große Neigung zu erneuten Entzündungen des Lungengewebes.
Die Ursachen der Lungenentzündung sind teils örtliche, wie Stoß, Schlag und andere Verletzungen der Brust, fremde Körper,
welche in die Luftwege gelangen, reizende oder staubige Einatmungen, gewaltsame Anstrengungen der Atmungsorganeu. dgl., teils
allgemeine, wie heftige Erkältungen und gewisse epidemische nicht näher bekannte Einflüsse, durch welche die Krankheit
bisweilen in größerer epidemischer Verbreitung auftritt. Bei entkräfteten Kranken und Verletzten, die lange auf dem Rücken
liegen müssen, bildet die infolge der Herzschwäche eintretende Blutstockung (Hypostase) in den Lungen eine häufige Ursache
der Brustentzündung.
Ferner ergeben neuere Forschungen, daß die sog. primäre oder kruppöse Lungenentzündung zu
den infektiösen Krankheiten gehört, indem sich immer im Blute und im Auswurf der Kranken ganz specifisch geformte Bakterien,
die sog. Pneumokokken, vorfinden. Man hat bei der Lungenentzündung mehrere
Bakterienformen gefunden. Die wichtigste ist der sog. Diplococcus pneumoniae, welcher von Fränkel und Weichselbaum beschrieben
wurde; derselbe repräsentiert rundliche Bakterien, die meist zu zwei, doch auch gelegentlich in Ketten zusammenliegen und
eine Kapsel besitzen («Kapselkokken»). In den Kulturen verliert der Kokkus seine Virulenz sehr rasch,
so daß man ihn, um ihn virulent zu erhalten, in kurzen Perioden immer wieder auf ein Tier verimpfen und von diesem dann neue
Kulturen anlegen muß. Durch Einbringung abgeschwächter Kulturen in das Blut und namentlich in die Lunge kann man bei Tieren
echte kruppöse Lungenentzündung hervorrufen, wenn auch das Experiment nicht immer beweiskräftig
ausfällt. Bei der menschlichen Lungenentzündung fehlt er nie.
Die Symptome der Lungenentzündung können sich je nach dem Sitz, der Ausdehnung und Intensität des Krankheitsprozesses sowie nach den individuellen
Verhältnissen verschieden gestalten. Die primäre oder kruppöse Lungenentzündung beginnt in der Regel plötzlich
mit einem intensiven Schüttelfrost, hohem, oft von Delirien begleitetem Fieber (39-41° C.) und erhöhter
Pulsfrequenz, großer Mattigkeit, Fieberkopfschmerz und Schlaflosigkeit, wozu sich sehr bald Atemnot und Beklemmung, Seitenstechen,
kurzer trockner Husten und zäher, durch beigemischtes Blut rostfarbiger Auswurf gesellen.
Allmählich wird der Husten feuchter und lockerer, die Schmerzhaftigkeit geringer und nach fünf oder
sieben oder neun Tagen tritt
bei normalem Verlauf meist in Form einer Krisis, d. h. unter plötzlichem Nachlaß
des Fiebers und der subjektiven Beschwerden, die Genesung ein. Abweichend sind Verlauf und Symptome der sekundären oder katarrhalischen
Lungenentzündung, die niemals so plötzlich beginnt, sondern sich immer an vorausgehende Katarrhe oder andere Krankheiten
anschließt, meist mit schleimig-eiterigem Auswurf verbunden ist und nicht mit plötzlicher Krisis, sondern nur allmählich
in Genesung übergeht.
Die angeführten Symptome genügen übrigens nicht, um die Diagnose einer Lungenentzündung zu begründen, sondern hierzu ist stets
genaue physik. Untersuchung der Brust (vermittelst Perkussion und Auskultation)
[* 9] nötig. Beim. Beklopfen hört man über
den entzündeten Lungenteilen einen gedämpften oder leeren Schall,
[* 10] welcher sich von dem lauten und vollen Schall des gesunden
Lungengewebes deutlich unterscheiden läßt, während man beim Behorchen an Stelle des normalen weichen Atmungsgeräusches
(Vesikuläratmen) ein scharfes, rauhes Geräusch, das sog. Bronchialatmen (s. d.) sowie feines Knisterrasseln vernimmt.
Hinsichtlich des anatomischen Vorgangs pflegt man bei der primären Lungenentzündung drei Stadien
zu unterscheiden, das Stadium der Anschoppung, in welchem die Haargefäße des erkrankten Lungenabschnitts beträchtlich erweitert
und mit stockendem Blute übermäßig erfüllt sind, das Stadium der roten Hepatisation, in welchem die entzündete Lungenpartie
gleichmäßig dunkelbraunrot, leberartig derb (hepatisiert) und vollkommen luftleer ist und die Lungenbläschen
von einer festen fibrinösen Masse erfüllt sind, und endlich das Stadium der grauen oder gelben Hepatisation, in welchem der
kranke Lungenteil eine graue oder gelbliche Farbe besitzt und die geronnene Ausschwitzungsmasse allmählich wieder resorbiert
und so die Heilung eingeleitet wird.
Der Ausgang der Lungenentzündung ist sehr verschieden: entweder erfolgt, wie in den meisten Fällen,
vollständige Lösung und Aufsaugung der ausgeschwitzten Massen und damit völlige Genesung, oder es kommt nur zu unvollständiger
Zerteilung, das Exsudat dickt ein, erfährt eine käsige Umwandlung und verursacht chronisch entzündliche Reizungen, welche
weiterhin einen häufigen Ausgangspunkt der Lungenschwindsucht (s. d.) bilden; in seltenen Fällen endlich entstehen
mehr oder minder große umschriebene, mit flüssigem Eiter gefüllte Höhlen im Lungengewebe, sog. Lungenabscesse (s. d.) oder
brandiges Absterben einzelner Lungenpartien, wobei jauchige Massen ausgehustet werden. (S. Lungenbrand.) Bisweilen erfolgt auch
Lungeninduration oder Lungenschrumpfung (s. d.).
Bezüglich der Behandlung ist zu betonen, daß der Kranke während der Dauer der Lungenentzündung in strengster Ruhe
im Bett liege, beständig eine reine, gleichmäßig warme und mäßig feuchte Luft atme, wenig spreche und eine schmale
entzündungswidrige Diät erhalte; der Stuhlgang ist täglich durch ableitende und erweichende Klystiere zu regulieren. Übermäßig
hohes Fieber muß durch kalte Kompressen, kühle Bäder oder antipyretiscbe Heilmittel (Chinin, Antipyrin, salicylsaures Natron)
bekämpft werden. Gegen die vorhandenen Atmungsbeschwerden und Brustschmerzen erweisen sich meist Senfteige,
warme Umschläge oder Schröpfköpfe auf die Brust sowie die narkotischen Mittel nützlich. Bei stockendem Auswurf sind kleine
Gaben von Brechweinstein oder Ipecacuanha, bei drohender Herzschwäche kräftige
¶
mehr
Reizmittel (starker Thee, Cognac, Wein) anzuwenden; bei eintretendem Lungenödem ist schleunigst ein Aderlaß vorzunehmen. Wahrend
der Rekonvalescenz ist für eine ernährende, aber milde Diät (Milch, Eier,
[* 12] Fleischbrühe) sowie für eine vorsichtige Stärkung
der Atmungswerkzeuge Sorge zu tragen. Als Nachkur wirkt oft der längere Aufenthalt in einem Höhenkurort günstig.
bei den Haustieren alle schleichenden, mit Eiterbilduug einhergehenden Veränderungen in der Lunge. Lungenfäule ist
ein veralteter Name, steht aber noch in den gesetzlichen Bestimmungen.
Lurchfische, Doppelatmer (Dipnoi), Ordnung der Fische,
[* 13] welche mit den Ganoiden die Spiralklappe des Darmes
und die Klappe des Arterienstiels gemeinsam hat.
Ihre Schwimmblase ist durch einen Gang
[* 14] mit dem Darm
[* 15] verbunden
und vermag als Lunge zu wirken.
Ebenso ähneln sie den Amphibien durch ihre sich in den Gaumen öffnende Nase
[* 16] und durch ihre
Lebensweise.
Die Haut
[* 17] ist beschuppt wie bei den Fischen.
Sie zerfallen in die drei Gattungen: Schuppenmolch
(s. d.), Ceratodus Forsteri (s. d.) und Protopterus (s. d.).
(Hyperaemia pulmonum, die Blutüberfüllung der Lungen, entweder die Folge vermehrten
Blutzuflusses zu den Lungen (Lungenkongestion, Blutzudrang nach den Lungen) oder die Folge verhinderten Abströmens des Blutes
aus den Lungen (Blutstauung in den Lungen). Die Lungenkongestion oder aktive Lungenhyperämie kommt vorübergehend nach übermäßigen körperlichen
Anstrengungen (heftigem Laufen, Tanzen, Springenu. dgl.), starken Gemütserregungen, übermäßigem Alkoholgenuß und jähem
Wechsel zwischen sehr heißer und sehr kalter Luft, periodisch während der Pubertätsjahre, bei Vollblütigkeit
und bei plötzlicher Sistierung menstrueller und hämorrhoidaler Blutungen vor.
Mäßige Grade der Lungenkongestion machen keine Symptome; höhere Grade geben sich durch Kurzatmigkeit und erschwertes keuchendes
Atemholen, durch das Gefühl von Vollsein und Beengung auf der Brust, durch trocknen, kurzen Husten, Herzklopfen,
Kopfkongestionen zu erkennen. In den weitaus meisten Fällen gehen Lungenkongestionen vorüber, ohne Nachteile zu hinterlassen;
mitunter steigern sie sich aber auch zu dem bedrohlichen Lungenödem (s. d.) oder führen rasch unter Beklemmung, Atemnot und
Bluthusten zum Tod (sog. Lungenschlagfluß). Die Behandlung besteht in kalten Umschlägen auf Brust und Herzgegend, ruhiger
Lagerung des Kranken, der Zufuhr kühler, frischer Luft und der Anwendung kräftiger Hautreize (Schröpfköpfe, Senfteige)
an die Extremitäten; bei drohender Lebensgefahr ist ein Aderlaß nötig.
Die Blutstauung in den Lungen oder die passive Lungenhyperämie findet sich am häufigsten bei Herzkrankheiten, besonders bei den Erkrankungen
der Mitralklappe, ferner bei Verkrümmungen der Wirbelsäule und Verbildungen des Brustkorbes sowie bei
hochgradiger Herzschwäche, wie sie beim Altersmarasmus und nach erschöpfenden Krankheiten, namentlich Typhus, häufig
vorkommt.
Wenn schwächliche Kinder und Greise oder fiebernde und bewußtlose Kranke anhaltend auf dem Rücken liegen, so staut sich das
Blut in den hintern Partien der Lungen an (sog. Blutsenkung oder Hypostase) und giebt leicht Veranlassung
von Lungenentzündung oder tödlichem Lungenödem. Man muß deshalb solche Kranke abwechselnd bald auf die rechte, bald auf
die linke Seite legen, sie möglichst hoch lagern und ihre geschwächte Herzthätigkeit durch zweckmäßige Reizmittel (starke
Fleischbrühe, Wein, Kampfer) anregen. Die passiven Lungenhyperämie Herzkranker erfordern angemessene Behandlung
des betreffenden Herzleidens.
(hämorrhagischer oder hämoptoischer Infarkt der Lungen), eine umschriebene, erbsen- bis apfelgroße
blutige Infiltration des Lungengewebes, bei welcher die Lungenbläschen eines größeren oder kleinern Lungenabschnitts mit
ausgetretenem Blute prall erfüllt und funktionsunfähig sind. Der Lungeninfarkt entsteht zumeist im Gefolge von Herzkrankheiten
und von Venenentzündungen durch plötzlich eintretende Verstopfung der Lungenarterienäste (s. Embolie), wodurch es zur Zerreißung
seiner Blutgefäße und zum Blutaustritt in die Höhle der Lungenalveolen und in das Lungengewebe selbst kommt. Verstopfung
großer Lungenarterienäste kann plötzlichen Tod unter Konvulsionen nach sich ziehen; kleinere Lungeninfarkt heilen gewöhnlich, indem
das ausgetretene Blut allmählich wieder resorbiert wird und eine pigmentierte Narbe zurückbleibt. Die
Symptome des Lungeninfarkt gleichen vielfach denen der Lungenentzündung, nur ist meist kein oder nur ein sehr mäßiges Fieber vorhanden.
Die Behandlung ist eine rein symptomatische.
Lungenkrankheiten sind im Verhältnis zu den übrigen Organerkrankungen überaus häufig,
was bei dem ungemein zarten Gewebe
[* 18] und dem großen Blutreichtum der Lungen und bei der Leichtigkeit, mit welcher mancherlei
mechanisch und chemisch reizende Schädlichkeiten der Außenwelt vermittelst des Atmungsprozesses durch
die Luftwege in das Lungengewebe gelangen können, nicht wundernehmen kann; sie bedürfen von Anbeginn an aufmerksamster
Beobachtung und sorgsamster Pflege, da sie oft genug bei Vernachlässigung dauerndes Siechtum oder frühzeitigen Tod zur Folge
haben. Zu den häufigsten Lungenkrankheiten zählen die Blutüberfüllung der Lungen (s. Lungenhyperämie), der Lungen- oder Bronchialkatarrh
(s. d.), die verschiedenen Formen der Lungenentzündung (s. d.) und die Lungenschwindsucht (s. d.); unter
gewissen Verhältnissen kommt es auch in den Lungen zur Bildung von Abscessen (s. Lungenabscesse) oder zum brandigen Absterben
größerer Gewebspartien (s. Lungenbrand). Verlust der Elasticität des Lungengewebes und Ausdehnung der Lungenbläschen durch
Schwund der Zwischenwände findet sich häufig bei chronischen Katarrhen und stellt als Lungenerweiterung
oder Emphysem (s. d.) eine der häufigsten Ursachen des Asthma dar, wogegen krampfhafter Verschluß der feinern Luftröhrenzweige
¶
mehr
das nervöse Asthma bedingt. (S. Asthma.) Auch die Ansammlung von wässeriger Flüssigkeit in den Lungenbläschen vermag den
Atmungsvorgang schwer zu bedrohen oder ganz zu vernichten; dieselbe tritt häufig in den letzten Stunden des Lebens ein und
wird so zur direkten Todesursache. (S. Lungenödem.) Die Einatmung von Staub kann schwere Schädigungen
der Lungen zur Folge haben. (S. Staubinhalationskrankheiten.) Krebs,
[* 20] Sarkom, Syphilis und Echinokokkus können die Lungen ebenfalls
befallen.
Alle Lungenkranken sollen ein durchaus geregeltes Leben führen und die größte Sorgfalt auf den Atmungsprozeß verwenden,
insbesondere für eine möglichst reine, beständig gleichmäßig warme Luft sorgen und sich vor schroffem Wechsel zwischen
warmer und kalter Luft sowie vor den rauhen Nord- und Ostwinden schützen. Alle körperlichen und geistigen
Überanstrengungen, welche einen stärkern Blutzufluß zu den Lungen erregen, sind auf das sorgfältigste zu meiden, dagegen
die Atmungsorgane selbst durch tiefe und ruhige Einatmungen sowie durch zweckmäßige gymnastische Übungen in vorsichtiger
Weise zu kräftigen.
Während der rauhen Jahreszeit ist das Tragen wollener Unterkleider und das Warmhalten der Füße durch
wollene Strümpfe sehr zu empfehlen. Die Diät sei kräftig, nahrhaft und leicht verdaulich; obenan stehen frisch gemolkene
warme Milch, Eierspeisen, leichte Fleischsorten, Fleischbrühen, Mehlspeisen, Butter und leichtverdauliche Fette u. dgl. Vielfach
leistet die längere Übersiedelung in ein mildes südl. Klima
[* 21] oder in einen geschützten Höhenkurort
vortreffliche Dienste.
[* 22]
oder Stickfluß, auch Lungenlähmung oder Lungenschlag (Oedema pulmonum, Catarrhus suffocativus),
krankhafter Zustand, bei welchem das Lungengewebe in geringerer oder größerer Ausdehnung mit seröser wässeriger Flüssigkeit
durchtränkt und so dem Atmungsvorgange entzogen wird. Die gewöhnlichsten Ursachen des Lungenödem sind anhaltende Störungen im Blutkreislauf
[* 27] (bei Herzfehlern, Lungenkongestion, Bronchial- und Lungenentzündungen) oder eine abnorm wässerige Beschaffenheit des Blutes
(Hydrämie), wie sie bei herabgekommenen und blutarmen Kranken, bei Säufern, Tuberkulösen, Nierenkranken und Wassersüchtigen
vorkommt.
Die hauptsächlichsten Erscheinungen beim Stickfluß bestehen in plötzlich eintretenden krampfhaftem Husten, hochgradiger
Atemnot und Beklemmung, reichlichem dünnflüssigem schaumigem Auswurf, Blauwerden der Lippen und Nägel,
[* 28] lautem, oft weit hörbarem
Rasseln und Röcheln (sog. Trachealrasseln) und schließlich den zunehmenden Erscheinungen der Kohlensäurevergiftung
(kühle klebrige Haut, fadenförmiger kleiner Puls, zunehmende Bewußtlosigkeitu. dgl.). Das Lungenödem tritt häufig in den letzten
Stunden des Lebens ein und wird so zur letzten Todesursache. Die Behandlung besteht in der Anwendung reizender Fuß-
und Handbäder, kalter Anspritzungen und belebender Riechmittel; bei kräftigen und vollblütigen Kranken
hat ein Aderlaß, bei starker Schleimüberfüllung der Luftwege ein starkes Brechmittel oft
guten Erfolg. Bei geschwächten
und herabgekommenen Kranken sind starke Reizmittel (Äther, Moschus, Champagner, Glühwein) angezeigt.
(Pneumobiomantik), der mit der Lunge eines toten neugeborenen Kindes angestellte Versuch, der die Beantwortung
der Frage, ob das Kind geatmet habe oder nicht, begründen soll. Bei diesem Versuch werden die Lungen aus
der Brusthöhle entfernt und vorsichtig in ein mit Wasser angefülltes Gefäß
[* 29] gebracht, wobei man beobachtet, ob sie untersinken
oder schwimmen, und ob sie bei Druck unter Wasser Luft entwickeln. Auf diese Weise werden dann auch einzelne
Lungenstücke untersucht.
Schwimmt die Lunge, so ist sie lufthaltig, und das Kind hat geatmet, daher nach der Geburt gelebt. Die Gewißheit hierüber
ist besonders in Fällen von Verdacht auf Kindesmord von höchster Wichtigkeit. Die Probe ist indes nicht ganz zuverlässig,
da beobachtet wurde, daß die Luft, auch wenn die Lungen geatmet haben, unter Umständen wieder verschwinden
kann, und andererseits bei vorgeschrittener Fäulnis die Lunge durch Fäulnisgase luft- oder besser gashaltig wird.
die operative Entfernung kranker Lungenabschnitte, wurde zuerst von Block in Danzig
[* 30] als Heilmittel
für solche Fälle von Tuberkulose, in denen nur kleinere umschriebene Erkrankungsherde vorhanden sind,
vorgeschlagen und, nachdem er an Hunden wiederholt die Operation mit Erfolg ausgeführt, 1882 auch an einem schwindsüchtigen
Mädchen vorgenommen. Da dasselbe jedoch alsbald nach der Operation starb und da die Tuberkulose eine Allgemeinkrankheit ist,
bei welcher sich niemals mit Bestimmtheit angeben läßt, welche Teile ausschließlich erkrankt sind, so kam die
Lungenresektion sehr bald in Mißkredit und ist nach den neuern Forschungen über das Wesen der Tuberkulose (s. d.) als durchaus unstatthaft
zu verwerfen. Auch die Versuche, die tuberkulösen Lungeninfiltrate und Lungenhöhlen durch parenchymatöse Injektionen (Einspritzungen
von Arzneimitteln in das erkrankte Lungengewebe) zur Heilung zu bringen, sind jetzt als nutzlos wieder aufgegeben
worden. Dagegen hat man Abscesse und Kavernen (s. Lungenschwindsucht) mit gutem Erfolg operativ behandelt und Geschwülste durch
Lungenresektion entfernt.
(Pulmonata), die luftatmenden Zwitterschnecken. Sie bilden eine große Ordnung der Schnecken.
[* 31] Die
Lunge ist ein großer, an der Decke
[* 32] mit reichem Blutgefäßnetz versehener Sack, der bei den rechts gewundenen
rechts, bei den wenigen links gewundenen links mit enger, verschließbarer Mündung nach außen mündet. Man unterscheidet
zwei Unterordnungen, die Wasserlungenschnecken, Basommatophoren oder Limnäiden (s. Süßwasserschnecken), mit zwei bloß
kontrahierbaren Fühlern, an deren Basis die Augen stehen, und die Landlungenschnecken oder Stylommatophoren mit
zwei Paar einstülpbarer Fühler, von denen die hintern größern auf ihrer Spitze die Augen tragen. Zu ihnen gehören die
Achatschnecken, die Schnirkelschnecken, die Schließmundschnecken, die nackten Acker- und Wegschnecken (s. die betr. Artikel),
ferner die kleinen Glasschnecken oder Vitrinen, die Bernsteinschnecken oder
¶
mehr
Succineen und die langgestreckten, nur am Ende mit kleinen Schälchen versehenen, mit langen, spitzen Radulazähnen ausgestatteten,
unterirdisch lebenden Raublungenschnecken oder Testacelliden, die in Deutschland
[* 34] nur durch die seltenen kleinen Daudebardien
vertreten sind. Alle Lungenschnecken haben einen komplizierten Geschlechtsapparat; die Begattung, bei der die Ruten durch Blutdruck ausgestülpt
werden, erfolgt gegenseitig, nur bei den Limnäiden gelegentlich in Kettenform, wie bei manchen Hinterkiemern
(s. d.). Die Limnäiden legen den Laich in Gallertbändern ab, die Stylommatophoren sind selten lebendig gebärend, meist
legen sie einzelne, häufig durch eine Kalkschale geschützte Eier. Fossile Limnäiden sind mit einer Ausnahme vom Jura an
bekannt, Stylommatophoren treten vereinzelt bereits im Carbon, dann wieder zusammenhängend von der Kreide
[* 35] an auf.
Lungencirrhose oder Lungeninduration (Cirrhosis s. Induratio pulmonum), ein nicht seltener Ausgang
der Lungen- und Rippenfellentzündung, wobei das lufthaltige Lungengewebe in größerm oder geringerm Umfang verödet und durch
eine derbe fibröse Narbenmasse ersetzt wird;
gewöhnlich ist damit eine mehr oder minder auffallende
Einsenkung des Brustkorbes verbunden. Da die Lungenschrumpfung meist die Folge eines abgelaufenen Krankheitsprozesses
ist, so sind gewöhnlich therapeutische Mittel dagegen machtlos.
(Phthisis pulmonum), der gemeinschaftliche Name für verschiedene Krankheitsprozesse, bei welchen
durch weitgreifende Vereiterung oder sonstige Zerstörung des Lungengewebes der Atmungsprozeß und die Blutneubildung derart
beeinträchtigt werden, daß schließlich unter allgemeiner Konsumtion des Körpers früher oder später
der Tod erfolgt. In den weitaus meisten Fällen handelt es sich hierbei um die sog. tuberkulöse oder bacilläre
Lungenschwindsucht, die Lungentuberkulose (Tuberculosis pulmonum), eine infektiöse Krankheit, welche durch die von R.Koch 1882 entdeckten
Tuberkelbacillen hervorgerufen und unterhalten wird.
Wenn die letztern mit der eingeatmeten Luft in die Lungen gelangen und sich unter gewissen, ihrer weitern
Entwicklung günstigen Verhältnissen (blutarmes und schlaffes Gewebe, stagnierende Sekrete, Entblößung der Schleimhaut
vom schützenden Epithel u. dgl.) in den Lungenbläschen und deren Umgebung einnisten und vermehren, so bringen sie dort als
Entzündungsreiz teils chronische Entzündungen, teils echte Tuberkeln hervor, durch deren pathol. Veränderungen
(Verkäsung, Erweichung) das umgebende Lungengewebe zerstört wird. (S. Tuberkulose.) Die Lungenschwindsucht beginnt meist mit einem Katarrh
der Bronchien, besonders in den Lungenspitzen (sog. Spitzenkatarrh), der sich durch schleimigen, oft blutigen oder eiterigen
Auswurf, Husten, Brennen und Schmerz auf der Brust u. s. w. kundgiebt und bald in umschriebene Entzündungen
des benachbarten Lungengewebes übergeht.
Hierbei werden die ausgeschwitzten Produkte derartiger Entzündungen (Eiterkörperchen, Epithelzellen, Rundzellen) nicht rechtzeitig
wieder aufgesaugt, sondern eingedickt und in graue, käsige Knötchen umgewandelt, durch deren weitern Zerfall und Erweichung
bald kleinere oder größere Höhlen (sog. Kavernen) von der Größe einer Erbse bis zu der einer Mannesfaust
entstehen, so daß zuletzt der ganze Lungenlappen durch derartige Erweichungsherde zerstört wird.
Während sich dieser zerstörende Vorgang in den Lungen immer weiter ausbreitet, tritt hektisches Fieber
hinzu, das mit konsumierenden
Nachtschweißen verbunden ist. Es stellt sich Appetitlosigkeit, Abmagerung und Ermattung ein, das Gesicht
[* 36] und die
Schleimhäute werden blaß und der Atem, namentlich bei Anstrengungen (Treppensteigen), kurz. Der Auswurf, welcher immer reichlicher
und eiteriger wird, läßt unter dem Mikroskop außer den schon frühzeitig vorhandenen Tuberkelbacillen auch die Reste des
zerstörten Lungengewebes, insbesondere elastische Fasern, erkennen, häufig enthält der Auswurf auch Blut, ja es kommt selbst
zu stärkern Blutungen aus den Lungen. (S. Bluthusten.) Häufig stellt sich auch hartnäckige, oft bis zur
völligen Tonlosigkeit gesteigerte Heiserkeit ein, die von tuberkulösen Geschwüren der Kehlkopf- und Luftröhrenschleimhaut
herrührt (sog. Luftröhren- oder Kehlkopfschwindsucht); viele Kranke werden auch infolge gleichzeitiger Tuberkulose des Darms
von schwer stillbaren Durchfällen geplagt.
Übrigens muß ganz ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß der Laie aus den eben angeführten
Symptomen, die sich bei den verschiedensten Lungenkrankheiten vorfinden, durchaus nicht die Lungenschwindsucht mit Sicherheit erkennen kann,
sondern daß hierzu eine genaue physik. Untersuchung (durch Besichtigen, Befühlen, Beklopfen und Behorchen) der Brust und
die mikroskopische Untersuchung des Auswurfs ganz unerläßlich ist. Die Lungenschwindsucht ist eine überaus häufige
Krankheit, da ihr nahezu zwei Siebentel aller Menschen zum Opfer fallen.
Wenn auch nicht in dem hohen Grade gefährlich, wie sich viele vorstellen, insofern eine definitive Heilung mit Stillstand
des tuberkulösen Prozesses mit Narbenbildung recht wohl möglich ist, bedarf die Lungenschwindsucht doch der
umsichtigsten, sorgfältigsten Behandlung, soll sie sich nicht gefährlich gestalten. Die Lungenschwindsucht kann
jahrelang andauern und erlöschen oder zum Tode führen, oder auch in einigen Monaten ablaufen (galoppierende Schwindsucht,
Phthisis florida). Maßgebend zeigt sich bei der Beurteilung der Schwere des Falls vor allem die Körpertemperatur; selbst
geringe Steigerung der Temperatur über die natürliche Höhe (s. Fieber) ist, wenn sie monatelang anhält,
von der übelsten Vorbedeutung.
Man kann die Lungenschwindsucht leichter verhüten als heilen. Eine der wichtigsten Ursachen, welche das Einnisten und Wuchern der Tuberkelbacillen
begünstigen, ist die schlechte Ernährung des Körpers, und es zählen hierher alle die Verhältnisse, welche eine solche
herbeiführen: schlechte, unzureichende Nahrung, ungesunde Wohnungen, Fabriken und Arbeitsräume, schlechte Stuben- und Kerkerluft,
übergroße Anstrengung (namentlich geistige), erschöpfende Umstände aller Art, wie zahlreiche Wochenbetten, langes Säugen
der Kinder, geschlechtliche Ausschweifungen, schwerer Kummer, Gram und Sorge; daher bricht die Lungenschwindsucht so oft mit großer Heftigkeit
im Wochenbett aus, und es sterben so viele Tuberkulöse bald nach der Verheiratung.
fortwährender Einwirkung des Staubes, welcher bis in die Lungenbläschen gelangt und dann hier leicht chronische entzündliche
Prozesse, die sog. Staubinhalationskrankheiten (s. d.) erzeugt, welche einen sehr empfänglichen
Boden für die Entwicklung der Tuberkelbacillen darbieten. Vom Klima ist die Lungenschwindsucht nicht so sehr abhängig, als man zu glauben geneigt
ist. Sie zeigt sich in kalten Gegenden nicht eben häufiger als in warmen, aber das Vertauschen einer
warmen Gegend mit einer kalten kann bedenklich werden. In hochgelegenen Gegenden (Gebirgen) kommt sie nicht so häufig vor
als in Niederungen, weshalb man neuerdings bei der Behandlung der Krankheit der Wahl geeigneter Höhenkurorte großen Wert
beilegt.
Eine der wichtigsten Ursachen der Lungenschwindsucht ist endlich die Erblichkeit; die Kinder schwindsüchtiger Eltern bekommen daher die Lungenschwindsucht leichter
als die gesunder. Was in solchen Fällen vererbt wird, ist nicht die Tuberkulosean sich, sondern nur eine gewisse Disposition
zu derselben, eine gewisse Schwäche der Konstitution (skrofulöse oder tuberkulöse Konstitution), die
auf einer kümmerlichen Anlage des Herzens und Arteriensystems sowie auf einer schwächlichen Entwicklung des Brustkorbes und
des übrigen Atmungsapparates beruht und über lang oder kurz der Entwicklung der Tuberkelbacillen einen günstigen Boden bietet.
Äußerlich ist dieser «schwindsüchtige Habitus» zu erkennen an dem lang
aufgeschossenen magern Körper, an der dünnen blassen Haut, dem langen, flachen, wenig gewölbten Brustkasten,
dem langen dünnen Hals und der hektischen Rötung der Wangen.
Die Behandlung der Lungenschwindsucht muß schon in den frühesten Stadien der Krankheit sorgfältig eingeleitet werden. Ist die Krankheit
einmal im vollen Gange und besteht schon seit Monaten hohes Fieber, so ist nur geringe Aussicht auf Herstellung
vorhanden. Bemerkenswert ist aber, daß Tuberkulöse mit den ausgedehntesten Zerstörungen der Lungen oft bis kurze Zeit vor
dem Tode einigermaßen arbeitsfähig bleiben und von einer Hoffnung getragen werden, die fast erst mit dem letzten Atemzüge
erlischt.
Viel läßt sich thun, ehe die Krankheit so weite Fortschritte gemacht hat. Befindet sich die Verdauung
nur noch einigermaßen in gutem Zustande, so müssen durch reichlichsten Nahrungszufluß die Kräfte erhalten werden. Die
Kranken sollen Milch, Kefir, Eier, Fleisch, Mehlsuppen, fette Nahrungsmittel
[* 38] (Leberthran, gute Butter), gutes bayr. Bieru. dgl.
genießen, aber keine Molken- oder sonstige Badekur gebrauchen, bei der sie der rauhen Morgenluft und
andern Schädlichkeiten ausgesetzt sind.
Die Arbeit sei sehr mäßig und werde nicht bis zur Erschöpfung getrieben. Der Patient nehme Aufenthalt in reiner, warmer
Luft (nicht in Kuhställen); Winteraufenthalt im Süden ist sehr zu empfehlen. Oft erweist sich längerer Aufenthalt in einem
geschützten Höhenklima heilsam. Gegen frische Erkältungen suche sich der Kranke durch wollene Unterkleider,
Warmhalten der Füße u. dgl. zu schützen, auch ist die Haut durch tägliche laue Abreibungen möglichst abzuhärten. Arzneimittel
sind gegen die Lungenschwindsucht machtlos und können nur gebraucht werden zur Linderung von Nebenerscheinungen,
wie Husten und Durchfall. Direkte Mittel, welche die Bacillen innerhalb der Lungen vernichten, sind bis jetzt
nicht bekannt; auch die von Weigert («Die Heißluftbehandlung der Lungentuberkulose», Berl. 1889) empfohlenen Inhalationen
heißer Luft von 200° C. sowie die von
R.Koch empfohlenen Einspritzungen von Tuberkulin (s. d.) haben sich nicht bewährt.
Da übrigens die Lungenschwindsucht durch Ansteckung übertragen werden kann, so sollte der Auswurf Schwindsüchtiger stets
und unter allen Umständen in ein Speigefäß, dessen Boden mit fünfprozentiger Carbolsäurelösung bedeckt ist, aufgefangen,
dagegen das Ausspucken auf den Boden oder in das Taschentuch gänzlich vermieden werden; ebenso müssen Betten, Wäsche und
Kleider der Kranken höchst sorgfältig gesäubert und desinfiziert werden, ehe sie von Gesunden benutzt
werden dürfen. (S. Krankenwäsche.)
Litteratur. F. Niemeyer, Klinische Vorträge über die Lungenschwindsucht (2. Aufl., Berl.
1867);
eine nur beim Rind
[* 41] vorkommende, seuchenartig auftretende, langsam verlaufende Lungenbrustfellentzündung.
Die Ansteckung erfolgt durch die Atmungsluft. Man unterscheidet bei der Lungenseuche ein verborgenes
und offenes Stadium. Bei dem erstern scheinen die Tiere vollkommen gesund zu sein und husten nur hin und wieder. Bei dem offenen
Stadium aber stehen die Rinder
[* 42] von der Krippe zurück, magern ab und husten stark. Durch die Perkussion der
Brustwand lassen sich die entzündlichen Veränderungen während des Lebens feststellen.
Behandlung des erkrankten Rindes ist aussichtslos, doch können die noch nicht erkrankten Tiere des Stalles durch Lungenseuche-Impfung
(s. d.) gerettet werden. Ist Lungenseuche in einem Stalle festgestellt, so hat nach den Bestimmungen des Reichs-Viehseuchengesetzes
Tötung sämtlicher erkranter, allenfalls auch der seucheverdächtigen Tiere zu erfolgen, jedenfalls Absperrung
der letztern sowie der der Ansteckung verdächtigen Tiere und gründliche Desinfektion.
[* 43] Für die auf amtliche Anordnung wegen
Lungenseuche oder Lungenseucheverdacht getöteten Tiere werden vom Staate 80 Proz. des gemeinen Wertes entschädigt. (S. Gewährsfristen.)
die Einimpfung von Lymphe aus der Lunge eines lungenseuchekranken Rindes unter
die Haut von gesunden Rindern, um diese vor derAnsteckung durch Lungenseuche zu bewahren (zuerst vom Niederländer Willems 1852 empfohlen).
Zu der Einimpfung wählt man den Schwanz oder den Triel und benutzt als Instrumente besondere Nadeln
[* 44] (von Rueff, Sticker, Ömler)
oder eine sog. Pravazsche Spritze. Nach dieser Impfung
[* 45] tritt beim Impflinge unter gewöhnlichen Umständen
nach 2-3 Wochen eine heiße, schmerzhafte, bis hühnereigroße Geschwulst auf, die indessen, ohne das Allgemeinbefinden dauernd
zu beeinflussen, bald wieder verschwindet. Die Wirksamkeit der Lungenseuche-Impfung ist nicht überall anerkannt.
In neuester Zeit hat aber Professor Schütz in Berlin
[* 46] im Auftrage des preuß. Landwirtschaftsministeriums eine größere Versuchsreihe
mit Lungenseuche-Impfung vorgenommen und auf Grund der befriedigenden Resultate sich vollkommen für dieselbe ausgesprochen. Zuweilen wird nach
der Lungenseuche-Impfung die geimpfte Hautstelle brandig, wodurch der Tod des geimpften Tieres¶