Geschwür
(Ulcus), ein langsam durch allmählichen Zerfall der Gewebe
[* 2] entstandener Substanzverlust, der meist nur eine
geringe Neigung zu heilen besitzt und die
Quelle
[* 3] einer fortdauernden Eiterabsonderung ist. Die
Ursachen
der Geschwür
sind entweder allgemeine oder örtliche. Zu den allgemeinen gehören besonders die sog.
Kachexien und
Dyskrasien, insbesondere die skrofulöse, tuberkulöse, syphilitische Allgemeinerkrankung; bei den örtlichen
ist schon eine
Abnormität, eine lokale
Entzündung, eine andauernde örtliche Reizung durch mechan. oder chem.
Schädlichkeiten, Wunde oder
Absceß vorhanden, die durch unzweckmäßige Behandlung oder andere den Heilprozeß
störende Einflüsse in ein Geschwür
verwandelt werden.
Haut (anatomisch)

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Haut.
Hat das Geschwür
kanalartige Gestalt, sodaß es die
Haut
[* 4] oder eine Schleimhaut mit einem tiefer liegenden Gewebe verbindet, so heißt
es ein Hohlgeschwür
oder eine
Fistel (s. d.). Rinnen- oder spaltenförmige Geschwür
(am
häufigsten in der Achselhöhle, am
After und Mundwinkel) werden als
Fissuren (Spaltgeschwüre
oder Rhagaden
(Schrunden) bezeichnet.
Wenn ein Geschwür
infolge von örtlichen Reizungen besonders schmerzhaft und entzündet ist, so nennt man es ein
erethisches oder Reizgeschwür
, bei vorwiegendem Gewebszerfall und geringer Neigung zur
Heilung ein atonisches oder torpides,
bei überwiegender Gewebsneubildung ein wucherndes oder fungöses Geschwür.
Bisweilen wird die
Heilung eines Geschwür
dadurch verhindert, daß seine Ränder hart und schwielig (kallöses Geschwür) oder
ausgebuchtet und von
Eiter unterminiert sind (sinuöses Geschwür
), oder daß der Geschwürsgrund mit schmutziger, stinkender, jauchiger
Flüssigkeit, selbst mit brandigen Gewebsfetzen bedeckt ist (jauchiges Geschwür
). Die
Heilung der Geschwür
erfolgt
unter günstigen Verhältnissen in der Regel derart, daß sich der Geschwür
szustand zunächst von allen abgestorbenen Gewebsresten
reinigt und sich sodann mit roten wuchernden
Fleischwärzchen bedeckt, die allmählich den Substanzverlust ausfüllen und
sich schließlich vom Geschwür
srande her überhäuten.
Ges-dur - Gesell

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Seite 57.930.
Was die Behandlung der Geschwür
betrifft, so sind vor allem Ruhe des betreffenden
Teils und größte Reinlichkeit
die Haupterfordernisse, sowie eine angemessene, Ersatz gebende Diät. Bei zögernder Organisation benutzt man auch mit
Vorteil
leichte Reizmittel. Sehr schmerzhafte Geschwür
sind mit milden und kühlenden Salben
(Bleisalben, Zinksalben) zu bedecken, schwammige
Geschwür mit üppig wuchernden
Fleischwärzchen öfters mit
Höllenstein zu bestreichen. Die skrofulösen, syphilitischen
und tuberkulösen Geschwür erfordern zu ihrer Beseitigung neben einer energischen örtlichen Behandlung auch durchaus
eine sorgfältige
¶
mehr
Behandlung des betreffenden dyskrasischen Leidens. Bei manchen hartnäckigen Geschwür sieht man von der Überpflanzung kleiner Hautstückchen auf den Geschwürsgrund gute Erfolge (s. Transplantation). Gleichsam als Abzugskanal erzeugt man Geschwür künstlich durch verschiedene Mittel, so durch das Haarseil (s. d.), die Fontanelle, das Glüheisen, reizende Salben u. a. Dinge. Die Lehre [* 6] von den Geschwür heißt Helkologie. –
Vgl. Maas, Die Behandlung von Geschwür (Lpz. 1873);
Billroth und Winiwarter, Allgemeine chirurg. Pathologie und Therapie (15. Aufl., Berl. 1893).