mehr
ältesten Teil des Festlands, den »Nucleus des Kontinents«, um welchen sich wie um einen Kristallisationskern die jüngern Formationen angelagert haben. Da auch die atlantische Urgesteinszone aller Wahrscheinlichkeit nach als Festland in jenen Zeiten über den Meeresspiegel emporragte, so waren am Schluß des azoischen Zeitalters der Erdgeschichte, beim Beginn also der silurischen Ära, in welcher das erste organische Leben in größerer Mannigfaltigkeit auftrat, die jetzigen Konturen des Ostens von Nordamerika [* 2] durch zwei Zonen von Festland bereits angedeutet.
Innerhalb der tiefen Bucht, welche die kanadische und atlantische Urgesteinszone umschlossen, dehnte sich während der paläozoischen und teilweise auch während der jüngern geologischen Perioden gewissermaßen als eine nördliche Fortsetzung des Mexikanischen Golfs ein Meer aus, dessen Ufer aber im Lauf der Entwickelung unsers Erdballs immer mehr nach S. zurückgedrängt wurde, während sich das Festland durch allmähliche Hebung [* 3] in gleichem Maß vergrößerte.
Der Ausdehnung [* 4] des paläozoischen Meers entspricht die Verbreitung der in ihm zur Ausbildung gelangten silurischen, devonischen und karbonischen Schichtensysteme, welche, über den Meeresspiegel emporgehoben, nun gürtelförmig jene Urgesteinszonen in der genannten Bucht und an den Außenseiten (in Britisch-Amerika) umsäumen (vgl. H. Credner, Die Geognosie und der Mineralreichtum des Alleghanysystems, in »Petermanns Mitteilungen« 1871). Diese paläozoischen Formationen besitzen in Nordamerika eine außerordentliche Verbreitung.
Sie füllen zunächst die ganze Bucht zwischen der kanadischen und atlantischen Urgesteinszone gegen W. bis weit über den Mississippi hinüber aus, ziehen sich sodann westlich vom Obern See zwischen den Rocky Mountains und der britisch-amerikanischen Seezone gegen NW. bis an das Arktische Meer und in einer zweiten Zone von Neubraunschweig und Neuschottland am Westgestade der Hudsonsbai gegen N., wo der Arktische Archipel ebenfalls größtenteils aus Gesteinsmassen der paläozoischen Schichtensysteme aufgebaut zu sein scheint.
Das unterste Glied [* 5] dieses paläozoischen Schichtensystems, die Silurformation, geht zunächst in einem dem Westabfall der atlantischen und dem Südabfall der kanadischen Urgesteinszone angelagerten Gürtel [* 6] zu Tage aus, um sich durch Wisconsin und Minnesota nach dem noch wenig erforschten Nordwesten zu wenden. Außerdem treten silurische Areale in dem Flachland zwischen den Alleghanies und dem Mississippi, ferner in Kanada, in den übrigen englischen Besitzungen, in den arktischen Regionen und im Felsengebirge auf. Die Silurformation setzt sich in diesen Distrikten vorwiegend aus Kalksteinen, Sandsteinen und Schiefern zusammen und wird von J. ^[James] Hall [* 7] und Dana in sieben Hauptgruppen gegliedert.
1) Untersilur: a) Primordialgruppe mit dem Potsdam-Sandstein, b) kanadische Gruppe, c) Trentongruppe mit den Utica- und Hudsonschiefern;
2) Obersilur: d) Niagaragruppe, e) Salinagruppe, f) untere Helderberg- und g) Oriskanygruppe. Von Eruptivgesteinen treten in dem Silur Amerikas Diorite und Melaphyre auf, letztere in Verbindung mit Melaphyrmandelsteinen namentlich auf der Keweenawhalbinsel am Lake Superior, wo sie neben verschiedenen seltenen Mineralien [* 8] besonders gediegen Silber und Kupfer [* 9] in bis zu 7-8000 kg schweren Massen umschließen. Auch die reichen Bleiglanzlagerstätten in dem Winkel [* 10] zwischen Wisconsinfluß und Mississippi gehören der Silurformation an. Beim Eintritt des devonischen Zeitalters hat der Kontinent durch fortschreitende Hebung stark an Ausdehnung gewonnen.
Die in dem entsprechend zurückgedrängten Devonmeer abgelagerten Schichten bestehen in ihren untern Partien vorwiegend aus Kalksteinen und Schiefern, in den obern aus roten Sandsteinen, dem old red sandstone. Landpflanzen und Wirbeltiere (Fische) [* 11] erscheinen auf der Weltbühne. Devonische Schichten umsäumen die silurischen Zonen der östlichen Vereinigten Staaten [* 12] und treten außerdem in Kanada, Neuschottland und Neubraunschweig sowie im arktischen Gebiet in der Nachbarschaft der sie unterteufenden Silurformation auf. Der Versteinerungsführung nach wird das Devon [* 13] Nordamerikas in vier Hauptgruppen (Catskill-, Chemnung- ^[richtig: Chemunggruppe], Hamilton- und Corniferousgruppe) sowie in zahlreiche Unterabteilungen gegliedert. Dem obersten Devon gehören die großartigen unterirdischen Petroleumreservoirs im nördlichen Pennsylvanien an.
Die Steinkohlenformation beginnt mit einer Tiefseebildung, dem an Versteinerungen überaus reichen Kohlen- oder Bergkalk. Derselbe nimmt den größten Teil des Areals zwischen den Alleghanies und dem Mississippi ein und bildet ausgedehnte Landstriche in den Rocky Mountains und in den arktischen Regionen. Die obere produktive Kohlenformation deutet eine Periode der Hebung an, durch welche umfangreiche Strecken des Meeresbodens über den Wasserspiegel erhoben wurden und sich mit einer üppigen Dschangelnvegetation von Schachtelhalmen, Farnen, Sigillarien, Lepidodendren und Koniferen [* 14] bedeckten, welche das Material zu den für die industrielle Entwickelung Nordamerikas so wichtigen Steinkohlenflözen geliefert haben.
Die flözführende Kohlenformation breitet sich namentlich über sieben große Territorien aus:
1) das ungeheure appalachische Kohlenfeld am Westabfall der Alleghanies, 2) das Illinois-Missouri-Kohlenfeld, 3) dasjenige von Michigan, 4) das des nördlichen Texas, 5) das Kohlenfeld von Rhode-Island, 6) die Kohlenfelder von Neuschottland und Neubraunschweig, 7) das erst neuerdings nachgewiesene Feld zwischen Red Deer River und Athabasca in Britisch-Amerika. Die Dyas- oder permische Formation ist auf den westlichen Teil des Kontinents beschränkt und tritt hier namentlich in Kansas und in Nebraska, in New Mexiko [* 15] und an verschiedenen Punkten des Ostabfalls des Felsengebirges auf.
Aus Kalksteinen und Mergeln bestehend, lagert die Dyas unmittelbar auf der unproduktiven Kohlenformation, dem Kohlenkalk, ohne daß eine scharfe Grenze zwischen beiden gezogen werden könnte. Die Ablagerung der Schichten ging eben ohne eine wesentliche Veränderung der Niveauverhältnisse, wie sie im O. stattfand, vor sich. Nordamerika östlich des Mississippi war mit der Bildung der Steinkohlenformation im wesentlichen fertig, es wuchs in den folgenden Perioden vornehmlich noch gegen S. und SW. So besitzen denn die Formationen des mesozoischen (sekundären) Zeitalters gegenüber den paläozoischen Schichten eine wesentlich weniger umfassende Verbreitung.
Die Triasformation [* 16] tritt zunächst in zwei Regionen, am Ostabfall des Alleghanysystems und in den Kordilleren, auf, dort in Form mächtiger roter Sandsteinmassen (new red sandstone) mit eingelagerten Kohlenflözen und Bänken von Diorit (Palissaden bei New York), stellenweise, namentlich im Connecticutthal, reich an Fußabdrücken von Reptilien, riesigen Vögeln (Brontozoum), hier, am Ostabfall der Rocky Mountains, in Form ziegelroter Sandsteine und Mergel und in der ¶
mehr
Sierra Nevada in Form von Kalken mit Resten einer alpin-triassischen Fauna. Die Juraformation [* 18] ist mit Sicherheit bisher nur am Ostabfall des Felsengebirges, in den Black Hills, Laramie Mountains, nachgewiesen; doch sollen auch die kristallinischen Schiefer, in welchen die goldführenden Gänge Kaliforniens aufsetzen, dieser Formation angehören. Eine ungleich größere Verbreitung erlangt dagegen wieder die Kreideformation, [* 19] wenn sie auch auf weite Strecken von tertiären und quartären Bildungen überdeckt sind.
Wie die Verteilung der Kreidevorkommen zeigt, bildete das Kreidemeer einen weiten Golf vom jetzigen Mexikanischen Meerbusen bis zur Ohiomündung, während gleichzeitig ein langgestreckter Meeresarm sich östlich des jetzigen Felsengebirges von Texas aus über das obere Missourigebiet wahrscheinlich bis zum Arktischen Meer ausdehnte, so daß das heutige Nordamerika damals in zwei ungleich große Teile, einen westlichen und einen östlichen, zerlegt war. In fast allen in Europa [* 20] gültigen Unterabteilungen vertreten, bildet die Kreideformation in diesem ganzen Becken des untern Mississippi und am Ostrand des Felsengebirges den Untergrund der Tertiärformation, [* 21] unter welcher sie in breiten Randzonen hervortritt und namentlich in Texas und weit nach Mexiko hinein zu großartiger Entwickelung gelangt.
Außerdem aber beteiligt sich dieselbe wesentlich am Aufbau des atlantischen Küstenstrichs (New Jersey u. a. O.) sowie der kalifornischen Küstenkordillere bis weit nach Britisch-Columbia und Vancouver Island [* 22] nach Norden. [* 23] Die Tertiärformation ist am mächtigsten in der östlichen Hälfte des Kontinents entwickelt, wo sich dieselbe von den atlantischen Staaten, am Ostfuß der Alleghanies als ein breiter Gürtel die ältern Formationen umsäumend, bis zum Mündungsgebiet des Rio Grande [* 24] hinzieht und im Mississippithal bis gegen die Ohiomündung in das Innere ausdehnt. In ganz ähnlicher Weise bildet sie die den Staaten Arizona, Kalifornien und Oregon Angehörigen Küstenstriche des Pazifischen Ozeans. Sind alle diese Tertiärbildungen an den Umrandungen des Kontinents marinen Ursprungs, so finden wir dagegen im Innern desselben ausgedehnte brackische und Süßwasserablagerungen tertiären Alters. Dieselben nehmen weite Areale am Ostabhang des Felsengebirges nördlich und südlich vom obern Missouri ein und sind namentlich in den Mauvaises Terres am White River außerordentlich reich an Säugetierresten.
Mit dem Emportauchen der in den tertiären Meeren gebildeten Ablagerungen hat der nordamerikanische Kontinent im wesentlichen
seine heutige Gestalt erhalten. In die Tertiärperiode fällt gleichzeitig das für die Herausbildung
des Reliefs des Kontinents wichtigste Ereignis, die Haupterhebung des Kordillerengebirges. Schon in den frühern Perioden in
seinen Anfängen bestehend, wird dieses Gebirge in der Tertiärzeit durch einen von W. wirkenden und durch das allmähliche
Zusammenschrumpfen des seiner Eigenwärme mehr und mehr verlustig gehenden Erdballs bedingten seitlichen Druck faltenartig
emporgepreßt, um nun unter der modellierenden Thätigkeit der Atmosphärilien allmählich seine jetzige
Mannigfaltigkeit der Gestalt und Form zu erlangen.
Während aber die Gewässer durch ihre erodierende und wegführende Thätigkeit das gewaltige Gebirge mehr und mehr abzutragen bestrebt sind, haben bis in die Gegenwart die vulkanischen Kräfte fort und fort neues Gesteinsmaterial in Form von Laven, Aschenmassen und Tuffbildungen aus dem Innern der Erde herausgefördert und zu himmelanstrebenden Gipfeln, zu weiten Decken und Lavaströmen aufgebaut. Sehen [* 25] wir ab von den vulkanischen Produkten früherer Perioden, wie sie als Granite, Syenite, Diabase, Melaphyre, Porphyre u. a. teils in durchgreifender, teils in bank- und deckenförmiger Zwischenlagerung mit den Sedimentgesteinen jener Perioden verknüpft sind, so konzentriert sich die vulkanische Thätigkeit seit der Tertiärzeit ausschließlich auf den Westen des Kontinents, jenseits von 130° westl. L. Östlich von hier fehlen alle Spuren neuerer vulkanischer Thätigkeit.
Um so reichlicher finden sie sich im W. Zunächst trägt die bogenförmige Reihe der Alëuten 48 thätige Vulkane, [* 26] darunter als höchster der gegen 2800 m hohe Schischaldin auf Unimak. Dann folgt die Halbinsel Alaska mit fünf Vulkanen, unter denen der Iljaminsk sich zu 3678 m erhebt, und endlich das Vulkangebiet der pazifischen Küste von Nordamerika mit zahlreichen, aber meist noch wenig bekannten Vulkanen, unter ihnen der höchste Gipfel des nördlichen Kontinents, der Eliasberg (5950 m), der Mount Fairweather (4730 m) u. a. Diese Vulkankegel sind begleitet von ausgedehnten Aschenfeldern und Lavadecken, welche z. B. im Thal [* 27] des Columbia [* 28] und Snake River fünf Längen- und drei Breitengrade weit zu verfolgen sind.
Über 1000 m mächtige Lavadecken finden sich ferner im Kaskadengebirge am Durchbruch des Columbia River. Als Zeugen noch nicht erloschener vulkanischer Thätigkeit können auch die zu Hunderten vergesellschafteten heißen Quellen, die Schlammvulkane, Solfataren und namentlich die großartigen Geiser [* 29] des berühmten Geisergebiets am obern Yellowstone betrachtet werden. Unter den posttertiären Ablagerungen besitzt neben den bis in die Jetztzeit hineinreichenden vulkanischen Bildungen das Diluvium [* 30] die größte Wichtigkeit, welches, aus Sanden, Kiesen, Thon und Lehm mit massenhaften erratischen, aus dem Norden stammenden Blöcken zusammengesetzt, das ganze nördliche Flachland östlich vom Felsengebirge mit einer mächtigen Decke [* 31] überkleidet und sich an den Gebirgen Neuenglands bis 3000 m Meereshöhe hinaufzieht.
Während man früher diese Ablagerungen als Driftbildungen bezeichnete und annahm, daß sie das Absatzprodukt schmelzender Eisberge seien, welche von N. her über ein jene Gebiete bedeckendes Meer getrieben worden wären, vertreten die amerikanischen Geologen, Dana an der Spitze, gegenwärtig die Ansicht, daß jene Ablagerungen gewissen beweiskräftigen Erscheinungen zufolge die Grundmoränen gewaltiger, von N. aus vordringender Gletscher seien, welche während der Eiszeit [* 32] jenes ganze Gebiet in einer Mächtigkeit von mehreren Tausend Metern überdeckt und sich, wie aus der Verbreitung ihrer Absätze hervorgeht, bis zu einer Linie von der Mackenziemündung gegen SSO. bis nach Kansas hinein (39° nördl. Br.) und von da über St. Louis bis gegen New York hin über das ganze nördliche Amerika [* 33] ausgebreitet haben müssen.
Rezenten Ursprungs endlich ist die Halbinsel Florida, entstanden durch Anhäufung von Schwemmgebilden auf einer Basis von Korallenbauten, welch letztere in den Bermudas ihre Nordgrenze im Atlantischen Ozean finden. Der namentlich unter der Gezeitenbewegung sich vollziehenden aufbauenden Thätigkeit des Meers verdanken die weiten, von Lagunen und Sümpfen unterbrochenen Marschlandschaften der atlantischen Staaten der Union ihre Entstehung, während gleichzeitig im Innern durch das allmähliche Zurücktreten stehender Gewässer alluviale Ablagerungen trocken gelegt wurden und die Flüsse [* 34] nicht nur in ihren ¶