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Die Staatsschuld betrug argentinische äußere Schuld: 208,883 Mill. Pesos Gold; [* 2] d. innere Schuld: 194,378 Mill. Gold und 43,520 Mill. Papier;
c. schwebende Schuld: 13,517 Mill. Gold und 20,460 Mill. Pesos Papier. Es kommt demnach auf den Kopf der Bevölkerung [* 3] eine Schuld von 330 M.
Das Wappen der Republik ist ein quergeteilter Schild; [* 4]
das obere Feld blau, das untere silbern;
im untern halten zwei verschlungene Hände einen Stab [* 5] mit der in das obere Feld hineinragenden roten Freiheitsmütze;
hinter dem obern Schildrande eine aufgehende goldene Sonne. [* 6]
Den Schild umschließt ein Eichen- und ein Lorbeerzweig. Die Flagge ist blau-weiß-blau horizontal gestreift, mit einer Sonne in dem mittlern Streifen. (S. Tafel: Flaggen [* 7] der Seestaaten.)
[* 1] ^[Abb.]
Heerwesen. Die Armee zählt 1590 Offiziere und 6498 Mann. Die Nationalgarde ist etwa 480000 Mann stark. Militärisch ausgebildet sind höchstens 65000 Mann. - Die Flotte besteht aus 47 Schiffen, darunter 6 Panzerschiffe, [* 8] 7 Kanonenboote, 24 Torpedofahrzeuge; zusammen mit 223 Kanonen armiert und einer Besatzung von 2190 Mann.
Geistige Kultur. Das ganze Unterrichtswesen wurde seit 1868, dem Regierungsantritte des Präsidenten Sarmiento, einer wirksamen Reorganisation unterworfen. So erhielt die Universität Cordoba, [* 9] die bis dahin unter jesuitischer Leitung äußerst wenig in den Naturwissenschaften geleistet hatte, auf Betrieb des Präsidenten mehrere Professoren aus Deutschland [* 10] für Chemie, Physik, Botanik u. s. w. und auch einen namhaften Astronomen aus Nordamerika. [* 11] Neben den beiden Universitäten Buenos-Aires und Cordoba bestehen gegenwärtig noch 14 Kollegien, an denen ebenfalls vielfach deutsche Lehrer angestellt sind.
Diese Anstalten gleichen ihrem Unterrichtsplane nach etwa unsern höhern Industrieschulen. Namentlich um das Elementarschulwesen hat sich die Regierung Sarmientos und vor allem sein Unterrichtsminister Avellaneda große Verdienste erworben. 1875 genossen in der Republik 125 150 Schüler Unterricht; es bestanden 1896 Primärschulen. In der Argentinische Republik ist, ebenso wie in Brasilien [* 12] und Chile, [* 13] allen christl. Konfessionen [* 14] freier Kultus und Gründung von Schulen gestattet.
Doch bekennen sich fast sämtliche eingeborene Weiße und die bekehrten Indianer zum Katholicismus. Ein Erzbischof hat seinen Sitz in Buenos-Aires, und unter ihm stehen vier Bischöfe zu Parana, Cordoba, San Juan (Cuyo) und Salta. Sprache [* 15] der Regierung wie des Landes ist das Spanische; [* 16] doch ist unter den Gebildeten das Französische, in den Seestädten das Englische [* 17] sehr verbreitet, während in den innern Provinzen noch vielfach die Guaranisprache herrscht.
Geschichte. Der La Plata-Strom wurde 1512 durch den span. Großpiloten Juan Diaz de Solis aufgefunden und auf einer zweiten Reise 1515 bis zur Mündung des Uruguay befahren. 1527 erreichte Sebastian Caboto den La Plata und baute am Parana das Fort Santo [* 18] Espiritu, die erste span. Niederlassung. Dann legte Pedro de Mendoza als erster Adelantado (Civil- und Militärgouverneur) den Grund zur Stadt Buenos-Aires, aber die von ihm bei seiner Rückkehr nach Europa [* 19] 1537 zurückgelassenen Spanier gaben die Niederlassung auf, gingen den Paraguay aufwärts und gründeten Asuncion.
Der zweite Adelantado, Alvaro Nufiez Cabeza de Vaca, landete an der brasil. Küste bei der Insel Santa Catarina und ging zu Lande nach Asuncion, während die Schiffe [* 20] den La Plata dorthin hinaufsegelten. Diesem folgte in der Würde 1555 Martinez de Irala, der eigentliche Eroberer der La Plata-Gegend. Unter ihm und seinem Nachfolger (1569) Ortiz de Zarata entstanden viele Ansiedelungen. Der 1576 zum Generalkapitän ernannte Juan de Garay baute 1580 Buenos-Aires wieder auf, und damit war die Eroberung des La Plata-Gebietes abgeschlossen.
Unter Juan de Torres Vera y Aragon, 1587-91, wurde (1588) Corrientes gegründet. Um 1610 begannen die Jesuiten ihre folgenreiche Missionsthätigkeit am obern Parana (s. Paraguay). Unter Philipp III. wurde 1620 eine besondere Regierung (Gobierno del Rio [* 21] de la Plata) für die Länder südlich vom Zusammenfluß des Parana und Paraguay gebildet, und das Land in drei Provinzen geteilt: Tucuman, Buenos-Aires und Paraguay. Ein drückendes Monopolsystem hemmte aber das Aufblühen dieser Provinzen und es entwickelte sich ein maßloser Schleichhandel, besonders von den Portugiesen betrieben, die 1680 gegenüber von Buenos-Aires die Colonia del Sacramento mit Genehmigung der Spanier gegründet hatten. Dadurch kamen die Spanier in ganz Südamerika [* 22] um die beabsichtigten Handelsvorteile. 1726 erfolgte die Gründung von Montevideo. [* 23] Nach der Vertreibung der Jesuiten 1767 aus den La Plata-Ländern gerieten ihre zahlreichen und blühenden Niederlassungen in Verfall, und die indian. Bevölkerung sank in Elend und Verwilderung.
Bis 1776 gehörten die La Plata-Länder zum Vicekönigreich Peru, [* 24] dann wurde aus ihnen ein besonderes span. Vicekönigtum mit der Hauptstadt Buenos-Aires gebildet, zu dem die Provinzen Buenos-Aires, Paraguay und Tucuman, die Präsidentschaft Charcas, das Territorium Cuyo und die Patagonische Küste gehörten. Nachdem 1776 die Portugiesen aus der Nachbarschaft vertrieben waren, wurde ein vernünftigeres Handelssystem angenommen; schon seit 1774 durften alle span. Kolonien untereinander Handel treiben. Unter dem zweiten Vicekönige wurde 1782 das Reich in acht Intendanzen geteilt, von denen vier (La Paz, Cochabamba, Charcas und Potosi) das spätere Oberperu, vier andere Salta, Cordoba, Buenos-Aires und die Missionen «Argentina» bildeten.
Infolge des Bündnisses Spaniens mit Frankreich nahmen im Juni 1806 die Engländer die Stadt Buenos-Aires, wurden aber nach wenigen Monaten wieder vertrieben. Während des franz. Krieges in Spanien [* 25] selbst setzten 1810 die Kolonisten den Vicekönig ab und ernannten 22. Mai im Namen Ferdinands VII. eine provisorische Junta. Da Cordoba, Paraguay und Uruguay aber diese nicht anerkannten, kam es zu Bürgerkämpfen, bis ein Kongreß zu Tucuman die Unabhängigkeit der «Vereinigten [* 26] Staaten von Rio de la Plata» erklärte. Daneben bildeten sich nun Paraguay und Uruguay als besondere Republiken. Ein Kongreß der 14 konföderierten Republiken bestimmte endlich 1825 das Verhältnis der einzelnen Staaten zueinander und stellte fest, daß der Staat Buenos-Aires die auswärtigen Angelegenheiten leiten und als oberste ¶
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Verwaltungsbehörde gelten sollte. Aber es fehlte noch ein einigendes Band. [* 28] Dazu kamen die Umtriebe der Unitarier (Centralisten), die die Konstitution vom zu stande brachten, gemäß welcher die Konföderation durch eine an Zahl geringe Aristokratie gebildet wurde. Rivadavia wurde als Generalkapitän von Buenos-Aires Präsident der Konföderation, trat aber zurück.
Der größere Teil des Staates Buenos-Aires erhielt sein Gepräge von den unabhängigen Herdenbesitzern, die ihre Gewalt zu Gunsten des Föderalismus behaupten wollten. Sie fanden einen Führer in Don Juan Manuel de Rosas (s. d.), der Ende 1821 zum Gouverneur von Buenos-Aires sowie zum Haupte der Konföderation erwählt wurde. Nachdem er drei Jahre lang jeden Widerstand unterdrückt hatte, übertrug er 1832 seine Gewalt dem General Balcarce, um gegen die Indianer zu ziehen, die er über den Rio Colorado zurückdrängte. 1835 übertrug man ihm mehrmals die Diktatur, so daß er bis 1852 unumschränkter Herrscher von ganz Argentina blieb.
Paraguay erhielt sich unter seinem Diktator Francia unabhängig, während auf Uruguay abwechselnd Argentina und Brasilien Anspruch machten. Erst 1828 vermittelte England die Unabhängigkeit Uruguays als einer selbständigen Republik. Dem Vertrage gemäß sollte Argentina die neue Republik beschützen; dies benutzte Rosas, um in die innern Zwiste (s. Uruguay) zwischen Oribe und Ribera einzugreifen. Während der daraus entstandenen Kämpfe fielen die Staaten Corrientes und Entre-Rios von Rosas ab, der dann, in der Schlacht von Monte-Caseros durch die Truppen Brasiliens, Uruguays, Paraguays und der oppositionellen Teile Argentinas geschlagen, sich genötigt sah, nach England zu fliehen.
Eine Versammlung von Abgeordneten der verschiedenen Staaten erwählte Mai 1852 Vincente Lopez zum provisorischen Gouverneur des Staates Buenos-Aires. Aber schon 23. Juni stellte sich Urquiza, der über die Armee verfügte, als Diktator an die Spitze, erkannte durch Vertrag die Unabhängigkeit Paraguays an und sicherte durch Verträge die freie Schiffahrt auf allen Nebenflüssen des La Plata. Am brach jedoch eine Empörung aus, infolge deren Valentin Alsina zum Gouverneur erwählt wurde.
Bueuos-Aires beschloß jetzt, sich von der Konföderation zu trennen und als selbständigen Staat zu erklären. Die in Santa Fé versammelten Abgeordneten aller Staaten, Buenos-Aires ausgenommen, entwarfen eine Verfassungsurkunde, die 15. Mai veröffentlicht wurde. Man hatte in dieser den Staat Buenos-Aires ausdrücklich zum Haupt der Konföderation bestimmt in der Hoffnung, derselbe werde sich dem Bunde wieder anschließen. Zu Ende 1853 sollte die Konstitution in Wirksamkeit treten. Am wurde Urquiza zum Präsidenten der Konföderation auf fünf Jahre erwählt; zum Sitz der Regierung bestimmte man das in der Provinz Entre-Rios gelegene Bajada del Parana.
Inzwischen hatte sich im Januar demselben Jahres auch Buenos-Aires eine Konstitution gegeben, in der ebenfalls die Rückkehr zur Konföderation vorgesehen war. Am kam ein Vertrag zu stande, demzufolge beide Regierungen unabhängig sein sollten, aber Unteilbarkeit des Territoriums verbürgt wurde; bei drohender Gefahr von außen sollten die Staaten einander unterstützen; an den Grenzen [* 29] sollten keine Pässe gefordert werden und die Schiffe beider Nationen die Nationalflagge führen, keiner von beiden Staaten sollte Steuern auf die Produkte des andern legen.
In Buenos-Aires wurde Obligado 1857 auf fünf Jahre zum Präsidenten gewählt. Alle Bemühungen, die alte Vereinigung vollends herzustellen, erwiesen sich jedoch als erfolglos, ja es wurde sogar infolge neuer Zwistigkeiten der Vertrag wieder aufgehoben. Nachdem Urquiza die Truppen von Buenos-Aires bei Cepada geschlagen, wurde durch den Frieden zu San José de Flores und die zu Parana geschlossene Union der Staat Buenos-Aires wieder mit dem argentin.
Bunde vereinigt. Aber 1861 begannen wegen der Steuerfrage neue Feindseligkeiten; 17. Sept. schlug der General Mitré von Buenos-Aires die argentin. Truppen zu Pavon. Darauf dankte der Präsident des Bundes, Santiago Derqui, ab, die Nationalregierung wurde Mitré übertragen und für den nach Buenos-Aires eine Nationalversammlung berufen. Diese nahm eine neue Konstitution an, nach der die Stadt Buenos-Aires zur Konföderation eine ähnliche Stellung haben sollte wie der Distrikt Columbia [* 30] in den Vereinigten Staaten von Amerika. [* 31] Der erwählte Gouverneur sollte nur den Staat, nicht aber die Hauptstadt Buenos-Aires regieren; diese Bestimmung aber trat erst 1880 in Wirksamkeit. Mitré wurde der erste Präsident der nun wieder vereinigten Argentinischen Konföderation.
Die neue Verfassung, nach dem Muster der nordamerikanischen entworfen, war den beiden polit. Hauptparteien des Landes, den Unitariern und Föderalisten, gleich gerecht geworden. Den Unitariern bot sie eine kräftige Centralgewalt, den gemäßigten Föderalisten hinreichende Selbständigkeit für die einzelnen Provinzen. Präsident Mitré war zudem ein tüchtiger staatsmännischer Kopf, der sein Volk kannte und zu leiten verstand. Aber der Übermut des Diktators von Paraguay, Lopez (s. d.), nötigte Brasilien zum Kriege und zog auch die Argentinische Konföderation mit hinein.
Der vierjährige Krieg gegen Paraguay kostete der Argentinischen Konföderation 40 Mill. Dollars und 40-50000 Mann, abgesehen von den 200000 Opfern, welche die infolge des Krieges ins Land geschleppte Cholera forderte. Von 1865 bis 1868, während welcher Zeit Mitré an der Spitze der verbündeten Heere stand, geschah gegen Lopez nichts von entscheidender Bedeutung. Erst als im Jan. 1868 der Vicepräsident der Argentinischen Konföderation, Marcos Paz, starb und Mitré wieder verfassungsmäßig die Regierung übernahm, begannen die wirksamen Unternehmungen in Paraguay, die im Frühjahr 1870 mit gänzlicher Vernichtung der Lopezschen Macht und dessen Tode endigten.
Als im Okt. 1868 Mitré's Amtsdauer ablief, wurde der damalige Gesandte der Konföderation in Nordamerika, Domingo Faustino Sarmiento, mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt, der seine Regierung antrat. Von dieser Zeit an nahm das Land einen mächtigen Aufschwung. Mehrere Aufstände in der Provinz Entre-Rios April 1870 und dann 1873 unter Lopez Jordan wurden bald unterdrückt. Schlimmer gestaltete sich die Lage, als die Präsidentschaft Sarmientos sich ihrem Ende näherte. Die Unitarier stellten Mitré abermals als Kandidaten auf, doch wurde Avellaneda, der Kandidat der Föderalen, gewählt, Mitré 26. Nov. bei La Verde geschlagen und 2. Dez. bei Junin zur Unterwerfung gebracht. Avellaneda trat die Regierung an. Seiner Energie ¶