Das Wappen der Republik ist ein quergeteilter Schild;
[* 4]
das obere Feld blau, das untere silbern;
im untern
halten zwei verschlungene
Hände einen
Stab
[* 5] mit der in das obere Feld hineinragenden roten
Freiheitsmütze;
hinter dem obern
Schildrande eine aufgehende goldene
Sonne.
[* 6]
Den Schild umschließt ein
Eichen- und ein Lorbeerzweig. Die
Flagge ist blau-weiß-blau
horizontal gestreift, mit einer
Sonne in dem mittlern
Streifen. (S.
Tafel:
Flaggen
[* 7] der Seestaaten.)
Heerwesen. Die
Armee zählt 1590 Offiziere und 6498 Mann. Die Nationalgarde ist etwa 480000 Mann stark. Militärisch ausgebildet
sind höchstens 65000 Mann. - Die Flotte besteht aus 47 Schiffen, darunter 6
Panzerschiffe,
[* 8] 7 Kanonenboote, 24 Torpedofahrzeuge;
zusammen mit 223
Kanonen armiert und einer
Besatzung von 2190 Mann.
Geistige Kultur. Das ganze
Unterrichtswesen wurde seit 1868, dem Regierungsantritte des Präsidenten Sarmiento, einer wirksamen
Reorganisation unterworfen. So erhielt die
Universität Cordoba,
[* 9] die bis dahin unter jesuitischer Leitung äußerst wenig
in den Naturwissenschaften geleistet hatte, auf Betrieb des Präsidenten mehrere Professoren aus
Deutschland
[* 10] für
Chemie, Physik,
Botanik u. s. w. und auch einen namhaften Astronomen aus Nordamerika.
[* 11] Neben den beiden
UniversitätenBuenos-Aires und Cordoba bestehen gegenwärtig noch 14 Kollegien, an denen ebenfalls vielfach deutsche
Lehrer
angestellt sind.
Diese Anstalten gleichen ihrem Unterrichtsplane nach etwa unsern höhern Industrieschulen. Namentlich um das Elementarschulwesen
hat sich die Regierung Sarmientos und vor allem sein Unterrichtsminister
Avellaneda große Verdienste erworben. 1875 genossen
in der Republik 125 150
Schüler Unterricht; es bestanden 1896 Primärschulen. In der Argentinische Republik ist, ebenso wie in
Brasilien
[* 12] und
Chile,
[* 13] allen christl. Konfessionen
[* 14] freier
Kultus und Gründung von Schulen gestattet.
Doch bekennen sich fast sämtliche eingeborene
Weiße und die bekehrten Indianer zum
Katholicismus. Ein
Erzbischof hat seinen Sitz in
Buenos-Aires, und unter ihm stehen vier
Bischöfe zu
Parana, Cordoba,
SanJuan (Cuyo) und Salta.
Sprache
[* 15] der Regierung wie des
Landes ist das
Spanische;
[* 16] doch ist unter den Gebildeten das
Französische, in den
Seestädten das
Englische
[* 17] sehr verbreitet, während in den innern
Provinzen noch vielfach die Guaranisprache herrscht.
Geschichte. Der La
Plata-Strom wurde 1512 durch den span. Großpiloten
Juan Diaz de
Solis aufgefunden und auf einer zweiten
Reise 1515 bis zur Mündung des
Uruguay befahren. 1527 erreichte Sebastian
Caboto den La Plata und baute
am
Parana das
Fort Santo
[* 18] Espiritu,
die erste span.
Niederlassung. Dann legte Pedro de
Mendoza als erster Adelantado
(Civil- und
Militärgouverneur) den
Grund zur Stadt
Buenos-Aires, aber die von ihm bei seiner Rückkehr nach Europa
[* 19] 1537 zurückgelassenen
Spanier gaben die
Niederlassung auf, gingen
den
Paraguay aufwärts und gründeten
Asuncion.
Der zweite Adelantado, Alvaro Nufiez Cabeza de Vaca, landete an der brasil.
Küste bei der
InselSanta Catarina und ging zu
Lande nach
Asuncion, während die Schiffe
[* 20] den La Plata dorthin hinaufsegelten. Diesem folgte in der Würde 1555 Martinez de
Irala, der eigentliche Eroberer der La Plata-Gegend. Unter ihm und seinem Nachfolger (1569) Ortiz de
Zarata entstanden viele
Ansiedelungen. Der 1576 zum Generalkapitän ernannte
Juan de Garay baute 1580
Buenos-Aires wieder auf,
und damit war die Eroberung des La Plata-Gebietes abgeschlossen.
Unter
Juan deTorresVera y
Aragon, 1587-91, wurde (1588) Corrientes gegründet. Um 1610 begannen die
Jesuiten
ihre folgenreiche Missionsthätigkeit am obern
Parana (s.
Paraguay). Unter Philipp III. wurde 1620 eine besondere Regierung
(Gobierno del Rio
[* 21] de la Plata) für die
Länder südlich vom Zusammenfluß des
Parana und
Paraguay gebildet, und das Land in
drei
Provinzen geteilt:
Tucuman,
Buenos-Aires und
Paraguay. Ein drückendes Monopolsystem hemmte aber das
Aufblühen dieser
Provinzen und es entwickelte sich ein maßloser Schleichhandel, besonders von den Portugiesen betrieben,
die 1680 gegenüber von
Buenos-Aires die Colonia del Sacramento mit Genehmigung der
Spanier gegründet hatten. Dadurch kamen
die
Spanier in ganz
Südamerika
[* 22] um die beabsichtigten Handelsvorteile. 1726 erfolgte die Gründung von
Montevideo.
[* 23] Nach der
Vertreibung der
Jesuiten 1767 aus den La Plata-Ländern gerieten ihre zahlreichen und blühenden
Niederlassungen in
Verfall,
und die indian.
Bevölkerung sank in Elend und Verwilderung.
Bis 1776 gehörten die La Plata-Länder zum Vicekönigreich
Peru,
[* 24] dann wurde aus ihnen ein besonderes span. Vicekönigtum
mit der Hauptstadt
Buenos-Aires gebildet, zu dem die
ProvinzenBuenos-Aires,
Paraguay und
Tucuman, die Präsidentschaft
Charcas, das
Territorium Cuyo und die Patagonische
Küste gehörten. Nachdem 1776 die Portugiesen aus der Nachbarschaft vertrieben
waren, wurde ein vernünftigeres Handelssystem angenommen; schon seit 1774 durften alle span.
Kolonien untereinander
Handel treiben. Unter dem zweiten Vicekönige wurde 1782 das
Reich in acht Intendanzen
geteilt, von denen vier (La Paz,
Cochabamba, Charcas und
Potosi) das spätere Oberperu, vier andere Salta, Cordoba,
Buenos-Aires
und die Missionen
«Argentina» bildeten.
Infolge des Bündnisses
Spaniens mit
Frankreich nahmen im Juni 1806 die Engländer die Stadt
Buenos-Aires, wurden aber nach
wenigen
Monaten wieder vertrieben. Während des franz.Krieges in
Spanien
[* 25] selbst setzten 1810 die Kolonisten
den Vicekönig ab und ernannten 22. Mai im
Namen Ferdinands VII. eine provisorische
Junta. Da Cordoba,
Paraguay und
Uruguay aber
diese nicht anerkannten, kam es zu Bürgerkämpfen, bis ein
Kongreß zu
Tucuman die Unabhängigkeit der
«Vereinigten
[* 26] Staaten von Rio de la Plata» erklärte. Daneben bildeten sich nun
Paraguay und
Uruguay als besondere Republiken.
Ein
Kongreß der 14 konföderierten Republiken bestimmte endlich 1825 das Verhältnis der einzelnen
Staaten zueinander und
stellte fest, daß der
StaatBuenos-Aires die auswärtigen Angelegenheiten leiten und als oberste
¶
mehr
Verwaltungsbehörde gelten sollte. Aber es fehlte noch ein einigendes Band.
[* 28] Dazu kamen die Umtriebe der Unitarier (Centralisten),
die die Konstitution vom zu stande brachten, gemäß welcher die Konföderation durch eine an Zahl geringe Aristokratie
gebildet wurde. Rivadavia wurde als Generalkapitän von Buenos-Aires Präsident der Konföderation, trat aber zurück.
Der größere Teil des StaatesBuenos-Aires erhielt sein Gepräge von den unabhängigen Herdenbesitzern, die ihre Gewalt zu
Gunsten des Föderalismus behaupten wollten. Sie fanden einen Führer in Don Juan Manuel de Rosas (s. d.), der Ende 1821 zum
Gouverneur von Buenos-Aires sowie zum Haupte der Konföderation erwählt wurde. Nachdem er drei Jahre lang
jeden Widerstand unterdrückt hatte, übertrug er 1832 seine Gewalt dem General Balcarce, um gegen die Indianer zu ziehen,
die er über den Rio Colorado zurückdrängte. 1835 übertrug man ihm mehrmals die Diktatur, so daß er bis 1852 unumschränkter
Herrscher von ganz Argentina blieb.
Paraguay erhielt sich unter seinem Diktator Francia unabhängig, während auf Uruguay abwechselnd Argentina
und BrasilienAnspruch machten. Erst 1828 vermittelte England die Unabhängigkeit Uruguays als einer selbständigen Republik.
Dem Vertrage gemäß sollte Argentina die neue Republik beschützen; dies benutzte Rosas, um in die innern Zwiste (s. Uruguay)
zwischen Oribe und Ribera einzugreifen. Während der daraus entstandenen Kämpfe fielen die Staaten Corrientes
und Entre-Rios von Rosas ab, der dann, in der Schlacht von Monte-Caseros durch die TruppenBrasiliens, Uruguays, Paraguays
und der oppositionellen TeileArgentinas geschlagen, sich genötigt sah, nach England zu fliehen.
Eine Versammlung von Abgeordneten der verschiedenen Staaten erwählte Mai 1852 Vincente Lopez zum provisorischen
Gouverneur des StaatesBuenos-Aires. Aber schon 23. Juni stellte sich Urquiza, der über die Armee verfügte, als Diktator an die
Spitze, erkannte durch Vertrag die Unabhängigkeit Paraguays an und sicherte durch Verträge die freie Schiffahrt auf allen Nebenflüssen
des La Plata. Am brach jedoch eine Empörung aus, infolge deren Valentin Alsina zum Gouverneur
erwählt wurde.
Bueuos-Aires beschloß jetzt, sich von der Konföderation zu trennen und als selbständigen Staat zu erklären. Die in
Santa Fé versammelten Abgeordneten aller Staaten, Buenos-Aires ausgenommen, entwarfen eine Verfassungsurkunde, die 15. Mai veröffentlicht
wurde. Man hatte in dieser den StaatBuenos-Aires ausdrücklich zum Haupt der Konföderation bestimmt in der Hoffnung, derselbe
werde sich dem Bunde wieder anschließen. Zu Ende 1853 sollte die Konstitution in Wirksamkeit treten. Am wurde Urquiza
zum Präsidenten der Konföderation auf fünf Jahre erwählt; zum Sitz der Regierung bestimmte man das
in der ProvinzEntre-Rios gelegene Bajada del Parana.
Inzwischen hatte sich im Januar demselben Jahres auch Buenos-Aires eine Konstitution gegeben, in der ebenfalls die Rückkehr
zur Konföderation vorgesehen war. Am kam ein Vertrag zu stande, demzufolge beide Regierungen unabhängig sein sollten,
aber Unteilbarkeit des Territoriums verbürgt wurde; bei drohender Gefahr von außen sollten die Staaten
einander unterstützen; an den Grenzen
[* 29] sollten keine Pässe gefordert werden und die Schiffe beider Nationen die Nationalflagge
führen, keiner
von beiden Staaten sollte Steuern auf die Produkte des andern legen.
In Buenos-Aires wurde Obligado 1857 auf fünf Jahre zum Präsidenten gewählt. Alle Bemühungen, die alte
Vereinigung vollends herzustellen, erwiesen sich jedoch als erfolglos, ja es wurde sogar infolge neuer Zwistigkeiten
der Vertrag wieder aufgehoben. Nachdem Urquiza die Truppen von Buenos-Aires bei Cepada geschlagen, wurde durch
den Frieden zu San José de Flores und die zu Parana geschlossene Union derStaatBuenos-Aires wieder
mit dem argentin.
Bunde vereinigt. Aber 1861 begannen wegen der Steuerfrage neue Feindseligkeiten; 17. Sept. schlug der General Mitré von Buenos-Aires
die argentin. Truppen zu Pavon. Darauf dankte der Präsident des Bundes, Santiago Derqui, ab, die Nationalregierung
wurde Mitré übertragen und für den nach Buenos-Aires eine Nationalversammlung berufen. Diese nahm eine neue
Konstitution an, nach der die Stadt Buenos-Aires zur Konföderation eine ähnliche Stellung haben sollte wie der Distrikt Columbia
[* 30] in den Vereinigten Staaten von Amerika.
[* 31] Der erwählte Gouverneur sollte nur den Staat, nicht aber die Hauptstadt
Buenos-Aires regieren; diese Bestimmung aber trat erst 1880 in Wirksamkeit. Mitré wurde der erste Präsident
der nun wieder vereinigten Argentinischen Konföderation.
Die neue Verfassung, nach dem Muster der nordamerikanischen entworfen, war den beiden polit. Hauptparteien des Landes, den Unitariern
und Föderalisten, gleich gerecht geworden. Den Unitariern bot sie eine kräftige Centralgewalt, den gemäßigten
Föderalisten hinreichende Selbständigkeit für die einzelnen Provinzen. Präsident Mitré war zudem ein tüchtiger staatsmännischer
Kopf, der sein Volk kannte und zu leiten verstand. Aber der Übermut des Diktators von Paraguay, Lopez (s. d.), nötigte Brasilien
zum Kriege und zog auch die Argentinische Konföderation mit hinein.
Der vierjährige Krieg gegen Paraguay kostete der Argentinischen Konföderation 40 Mill. Dollars und 40-50000 Mann, abgesehen
von den 200000 Opfern, welche die infolge des Krieges ins Land geschleppte Cholera forderte. Von 1865 bis 1868, während welcher
Zeit Mitré an der Spitze der verbündeten Heere stand, geschah gegen Lopez nichts von entscheidender Bedeutung.
Erst als im Jan. 1868 der Vicepräsident der Argentinischen Konföderation, Marcos Paz, starb und Mitré wieder verfassungsmäßig
die Regierung übernahm, begannen die wirksamen Unternehmungen in Paraguay, die im Frühjahr 1870 mit gänzlicher Vernichtung
der Lopezschen Macht und dessen Tode endigten.
Als im Okt. 1868 Mitré's Amtsdauer ablief, wurde der damalige Gesandte der Konföderation in Nordamerika,
Domingo Faustino Sarmiento, mit großer Mehrheit zum Präsidenten gewählt, der seine Regierung antrat. Von dieser
Zeit an nahm das Land einen mächtigen Aufschwung. Mehrere Aufstände in der ProvinzEntre-Rios April 1870 und dann 1873 unter
Lopez Jordan wurden bald unterdrückt. Schlimmer gestaltete sich die Lage, als die Präsidentschaft Sarmientos
sich ihrem Ende näherte. Die Unitarier stellten Mitré abermals als Kandidaten auf, doch wurde Avellaneda, der Kandidat der
Föderalen, gewählt, Mitré 26. Nov. bei La Verde geschlagen und 2. Dez. bei Junin zur Unterwerfung
gebracht. Avellaneda trat die Regierung an. Seiner Energie¶
mehr
und der Thätigkeit des Finanzministers de la Plaza gelang es, den drohenden Staatsbankrott abzuwenden und den Credit wiederherzustellen.
Der Kriegsminister Adolfo Alsina schob 1876 die Indianergrenze gegen Südwesten vor und gewann so ein bedeutendes Kulturgebiet.
Nach dessen Tod wurde der neue Kriegsminister Julio Roca Kandidat der Föderalen für die bevorstehende
Präsidentenwahl, während die Unitarier den Gouverneur von Buenos-Aires, Dr. Stejedor, aufstellten.
Für letztern erklärten sich die ProvinzenBuenos-Aires und Corrientes, während die andern 12 Provinzen für Roca eintraten.
So brach 1880 abermals ein Bürgerkrieg aus. Der Präsident Avellaneda verließ mit der Bundesregierung Buenos-Aires,
und Belgrano wurde provisorischer Regierungssitz. Buenos-Aires wurde eingeschlossen und mußte sich nach
blutigen Gefechten ergeben, worauf Roca 13. Juni gewählt wurde und die Regierung antrat. Unter ihm wurden die Indianer
aus dem Dreieck
[* 33] zwischen Neuquen, Limay und den Anden vertrieben und der Limay als Grenze festgesetzt.
Zugleich erfolgte die Zurückdrängung der Chaco-Indianer und die Umgestaltung dieses Landstrichs für
Ansiedlerzwecke. Am wurde durch Vertrag der Streit mit Chile über die Grenze in Patagonien geschlichtet. Ein Gesetz
über die Gründung einer Nationalbank in Buenos-Aires und Zweigniederlassungen in den Provinzen wurde erlassen, doch begann
schon jetzt das Treiben, das 10 Jahre später zum finanziellen Ruin des Landes führen sollte. Den ersten
Anlaß dazu gaben Landspekulationen in den neu erworbenen Indianerterritorien.
Europäische Kapitalien wurden in großen Beträgen zu Staats- und Provinzialanleihen herangezogen, und eine Gründungsperiode
in Eisenbahnen, Hafenbauten, Ackerbaukolonien u. s. w. begann. Der Handel blühte und schien auf einer soliden Basis zu beruhen,
seitdem Roca 1882 die Goldwährung eingeführt hatte; 1885 sah er sich jedoch bereits infolge des steigenden Goldagios genötigt,
den Noten der Nationalbank Zwangskurs zu verleihen. 1886 konnte der Präsidentenwechsel zum erstenmal ohne Bürgerkrieg vor
sich gehen.
Dr. MiguelJuarezCelman trat 12. Okt. als Präsident ein. Unter ihm nahm die ungesunde Spekulationswut einen
noch erhöhten Aufschwung und brachte es dahin, daß die Staatsschulden eine ungewöhnliche Höhe erreichten und die Bezahlung
der Zinsen immer schwieriger wurde. Die Regierung ließ heimlich Noten bis zu einer Höhe von 220 Millionen ausgeben, so daß
das Papiergeld immer mehr im Kurse sank und man für 100 PesosGold 300 Pesos Papiergeld bezahlen mußte.
Es entstand allgemeine Unzufriedenheit, welche die regierungsfeindliche Partei, die Union Civica, benutzte, um in
Buenos-Aires einen Aufstand ins Werk zu setzen.
Die Aufständischen bemächtigten sich nach blutigem Kampfe der wichtigsten Punkte der Stadt und riefen den Vorsitzenden
der Union Civica, Leandro Allem, zum Präsidenten aus. Zwar gelang es dem General Roca schließlich, die
Empörung zu unterdrücken; aber bei der allgemeinen Erbitterung gegen ihn sah sich Celman gezwungen, von der Präsidentschaft
zurückzutreten. Der bisherige Vicepräsident Pellearini führte nun die Präsidentschaft. Mit dem Zusammenbruch der Herrschaft
Celmans war indessen der Bankrott der eine Argentinische Republikeine vollendete Thatsache, die durch die Zahlungseinstellung der
Londoner Firma Baring Brothers & Co., der
Hauptvermittler der argentin.
Finanzgeschäfte, Nov. 1890 hinlänglich dokumentiert wurde. Es wurde ein Komitee aus den bedeutendsten am argentin. Geschäft
beteiligten Kaufleuten unter der Führung Rothschilds gebildet und auf dessen Rat die Zinszahlung der auswärtigen
Schuld auf 3 Jahre sistiert, mit Ausnahme der Anleihe von 1886/87 von 7 Mill. Pfd. St. Die Wirkungen dieser Katastrophe zeigten
sich bald in furchtbarer Weise: Bankbrüche und Zahlungseinstellungen folgten in großer Anzahl, und die Regierung sah sich
gezwungen, eine Notstandsanleihe von 100 Mill. Pesos zu fordern, ohne die Lage zu bessern.
Im Juni 1892 wurde der Vicegouverneur der ProvinzBuenos-Aires, Luis Saenz Pena, zum Präsidenten der Argentinische Republik gewählt. 12. Okt. trat
er sein Amt an. Aufständische Bewegungen, die bald darauf die Provinzen Santiago del Estero und Corrientes beunruhigten, wurden
in kurzer Zeit unterdrückt. GrößernUmfang nahm jedoch ein Aufruhr an, der durch die Ernennung des radikalen
Kabinetts del Valle (Juli 1893) hervorgerufen wurde und zu einem förmlichen Bürgerkriege führte, infolgedessen das Kabinett
zurücktrat. Als der Kongreß die Amnestierung der in die letzten Revolutionen Verwickelten verlangte, dankte der damit nicht
einverstandene Präsident Saenz Pena im Jan. 1895 ab; an seine Stelle trat der bisherige Vicepräsident
Uriburi.
Anales de la oficina meteorologica de Argentina, jährlich; Clemens, La Plata countries of SouthAmerica (Philad. 1886): Daireaux,
La vie et les mœrs à La Plata (Par. 1887);
(spr. arschangtóng ßür kröhs'), Hauptstadt des Kantons Argenton-sur-Creuse (235,46
qkm, 9 Gemeinden, 15 479 E.) im ArrondissementChâteauroux des franz. Depart. Indre, an der Linie Orléans-Agen der Franz. Orléansbahn,
wird durch die Creuse in Ober- und Unterstadt geteilt und hat (1891) 5503, als Gemeinde 6270 E., eine schöne Kirche (15.
Jahrh.), Ruinen eines von Ludwig XIII. geschleiften Schlosses (13. Jahrh.); Gerberei, Wollspinnerei, Tuchfabrikation,
Bleicherei und Papierfabrikation,
[* 44] Steinbrüche, Thongruben und Mühlwerke sowie zwölf jährliche Märkte. Das einst etwas
nördlicher gelegene Argantomagus war eine Stadt der Bituriger. Argenton-sur-Creuse war im 16. Jahrh. ein fester Platz der Ligue, unterwarf
sich jedoch schon 1589 Heinrich IV.
Hand.
[* 46] Im Mittelalter folgte das Kind bei einer Mißheirat zwischen einem Freien und einer
Hörigen oder einem Hörigen und einer Freien regelmäßig der
Gewisse, für das Strafrechtan sich gleichgültige Handlungen werden dann strafbar, wenn durch sie dem religiösen
oder dem moralischen Gefühle ein Ärgernis gegeben wird. Das Deutsche
[* 47] Strafgesetzbuch straft
(ähnlich wie das Österreichische, welches übrigens die Veranlassung öffentlichen Ärgernis allgemein als erschwerenden Umstand
eines Vergehens oder einer Übertretung ansieht) Gotteslästerung (Strafgesetzb. §. 166), Vornahme unzüchtiger Handlungen
(§. 183), auch Tierquälerei (§. 360, Nr. 13) dann, wenn ein Ärgernis gegeben ist. Nach
dem Gesetz vom (Art. IV) ist auch strafbar (Strafe bis zu 300 M. oder Gefängnis bis zu 6 Monaten),
wer aus Gerichtsverhandlungen, für die wegen Gefährdung der Sittlichkeit die Öffentlichkeit ausgeschlossen war, oder aus
den diesen Verhandlungen zu Grunde liegenden amtlichen Schriftstücken öffentlich Mitteilungen macht, die geeignet sind Ärgernis zu
erregen.
Die Arghellblätter werden zuweilen betrügerischer Weise den alexandrinischen Sennesblättern beigemengt, sind
aber leicht davon zu unterscheiden, da sie beiderseitig dicht behaart sind;
sie sind ferner steif, lederartig, graulichgrün
und haben einen widerlich-scharfen Geschmack und stark purgierende Wirkung.
ihr Name wird wegen der bedeutenden Rolle, die sie unter ihrem
König Agamemnon im Trojanischen Kriege spielen, bei Homer öfter zur Bezeichnung der Griechen überhaupt gebraucht.
Personen, welche einen Vertrag miteinander abschließen, sollen bei dem Abschluß, und wenn
sie denselben abgeschlossen haben, bei dessen Erfüllung und bei Ausübung ihrer Rechte aus dem die Personen verbindenden Verhältnis
redlich verfahren. Jedes Verhalten, welches Treu und Glauben widerspricht, auch wenn es nicht auf einen offenbaren Betrug hinausläuft,
giebt dem andern TeilGrund zu einer Einrede (der exceptio doli) oder einen Schadenersatzanspruch. Dabei
versteht es sich von selbst, daß jede Partei erlaubte Vorteile für sich suchen darf. Der Verkäufer, der Vermieter sucht
den höchsten Preis zu erlangen; er handelt nicht schon um deswillen arglistig, weil er dem Käufer oder Mieter die ihm bekannte
Konjunktur des Marktes verschweigt. Aber sie handeln arglistig, wenn sie ihnen bekannte Mängel der von
ihnen zu verkaufenden oder zu vermietenden Sache verschweigen.
Außerhalb eines Vertragsverhältnisses erzeugt arglistiges Verhalten selbständige Schadenersatzansprüche. Man begreift
hier unter Arglist jedes vorsätzliche widerrechtliche Verhalten oder jedes bewußt widerrechtliche Verhalten, welches
einen andern beschädigt. Die Gesetzgebungen sind in Begründung dieses Anspruchs verschiedene Wege gegangen.
Wie das Strafrecht eine Anzahl verschiedener Verbrechen und Vergehen aufstellt, so hat das Gemeine Recht eine Anzahl selbständiger
Privatdelikte aufgestellt, aus denen bei vorsätzlicher Rechtsverletzung oder bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Verletzung
ein Anspruch auf Wiederherstellung des frühern Zustandes erwächst: Entwendung (furtum), Gewalt (vis) und Bedrohung (actio
quod metus causa), Beleidigung und üble Nachrede (Injurien), Benachteiligung der Gläubiger durch arglistige Veräußerungen
(actio Pauliana), vorsätzliche oder fahrlässige Sachbeschädigung (actio legis Aquiliae).
Daneben ist dann für die Fälle, weiche nicht unter ein derartiges Specialdelikt fallen, ein subsidiärer Anspruch auf Schadenersatz
wegen vorsätzlicher oder wissentlicher Beschädigung (actio doli) gestellt. Ähnlich ist das Sächs.
Bürgerl. Gesetzbuch vorgegangen (widerrechtliche Schadenzufügung durch Körperverletzung oder Sachbeschädigung, Beraubung
der persönlichen Freiheit, Entwendung, verletzende Nachrede, Gewalt und Drohung, Betrug und Arglist, Verletzung besonderer Berufspflichten).
Statt dessen stellt der Code civil Art. 1382 den allgemeinen Grundsatz auf: Jede
¶
mehr
Handlung eines Menschen, durch welche einem andern Schaden verursacht wird, verpflichtet den, durch dessen Schuld der Schaden
eingetreten ist, zum Ersatz. Zur Schuld wird auch die Fahrlässigkeit gerechnet. Ähnliche allgemeine Vorschriften hat das
Preuß. Allg. Landr. I, 6, §§. 10 fg. gegeben, nur wird für die Fälle eines mäßigen und geringen
Versehens eine weniger umfassende Ersatzpflicht geordnet. Das Österr. Bürgert. Gesetzb. §. 1295 hat ebenso den allgemeinen
Satz: Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens zu fordern, welchen dieser ihm aus Verschulden
zugefügt hat;
der Schaden mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag
verursacht sein.
Ähnlich wie im Preuß. Allg. Landrecht wird dann bezüglich des Umfangs des Schadens zwischen böser Absicht
und auffallender Sorglosigkeit (grobes Versehen, culpa lata), welche zur vollen Genugthuung verpflichten, und einem geringen
Versehen (§. 1324) unterschieden. Sodann wird aber die Ersatzpflicht für besondere Fälle geordnet (Körperverletzung oder
Tötung, Freiheitsentziehung, Ehrverletzung, Haftung der Beamten). Die Anordnungen des DeutschenEntwurfs eines
Bürgerlichen Gesetzbuchs sind folgende: Nach §. 746 ist derjenige, welcher vorsätzlich oder fahrlässig (d. h.
unter Außerachtlassung der im Verkehr üblichen Sorgfalt) ein Recht eines andern widerrechtlich verletzt, oder wer gegen
ein den Schutz eines andern bezweckendes Gesetz verstoßt, zum Ersatz des dadurch verursachten Schadens
verpflichtet.
Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dasselbe auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur
bei Verschulden ein. Die Schadenersatzpflicht wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß die schädigende Handlung im Notstand
begangen worden ist. Es folgen dann Anordnungen für einzelne Fälle (üble Nachrede, Freiheitsentziehung,
Haftung für den Vertreter n. s. w.) in §§. 747 fg. Die Verpflichtung zum Schadenersatz wegen einer gegen die Person gerichteten
unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten
herbeiführt (§. 765; bezüglich Körperverletzung, Tötung §§. 766 fg.).
Daß jemand vorsätzlich oder bewußt einen Schaden in Ausübung eines Rechts zufügt, schließt die Widerrechtlichkeit
der Schadenzufügung und deshalb auch den Ersatzanspruch noch nicht aus. Anders, wenn das dem Schadenstifter zustehende Recht
die Befugnis giebt so zu handeln, obschon dadurch einem Dritten ein Schaden erwächst. Das ist der Fall beim
freien Wettbewerb im Gewerbebetrieb, nur sollte derselbe nicht dahin ausarten, daß Anstand und gute Sitten verletzt werden.
Die Franzosen geben wegen eines solchen Gebarens (concurrence déloyale) einen Schadenersatzanspruch. Dem deutschen Gewerbebetrieb
erwächst aus dem Mangel einer entsprechenden gesetzlichen Vorschrift ein schwerer Nachteil. Ihm will der Deutsche Entwurf
§. 749 abhelfen: «Wer durch eine Handlung, die er nicht in
Ausübung eines ihm zustehenden Rechts vornimmt, in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem andern vorsätzlich
Schaden zufügt, ist schadenersatzpflichtig».
Darüber hinaus wurde auf Anregung des Reichstags Mai 1895 dem Bundesrat ein besonderer Gesetzentwurf zur Bekämpfung des unlautern
Wettbewerbs vorgelegt. (S. im übrigen Schadenersatz.) Der Ausschluß einer Haftung für Arglist kann im voraus
nicht ausbedungen werden, das pactum ne dolus praestetur
ist nichtig. Dagegen hebt die Einwilligung in eine bestimmte Handlung,
auch wenn dieselbe den Einwilligenden schädigt, den Begriff der Widersetzlichkeit auf, volenti non fit injuria.
hieß ursprünglich die vom Inachus durchströmte, von Bergen
[* 51] eingefaßte Küstenebene des Peloponnes, die
das Gebiet der Stadt Argos (s. d.) bildete. Unter den Römern bezeichnete es die ganze östl. Landschaft
des Peloponnes, die gegen N. an Achaja und Korinth,
[* 52] gegen O. und S. ans Meer, gegen W. an Arkadien, gegen SW. an Lakonien grenzt.
– Nach dem Unabhängigkeitskampfe des neuen Griechenlands bildete Argolis bis 1838 eins der sieben Departements der ProvinzMorea.
Jetzt ist Argolis und Korinthia einer der fünf peloponnes. Nomen des Königreichs Griechenland,
[* 53] der den
Isthmus von Korinth, die Argolische Halbinsel nebst den Inseln Poros, Hydra und Spezzia, die alten Gebiete von Sikyon, Phlius,
Stymphalos und dem GebirgeKyllene, die Ebene von Argos, die Ostabhänge des argolisch-arkad. Grenzgebirges und die InselKythera
umfaßt. Er hat 5244 qkm, (1889) 144836 E. und zerfällt in die Eparchien
Korinthia, Argos, Nauplia, Hydra und Trözenia, Spezzia und Hermionis und Kythera; Hauptstadt ist Nauplia. –
Vgl. E. Curtius,
Peloponnesos, Bd. 2 (Gotha 1852);
Miliarakis, Geographie des Nomos und Korinthia (Athen
[* 54] 1886, neugriechisch).
Schiffsboot, Papierboot, Glasboot, Papiernautilus, eine papierdünne, weißlich durchscheinende Schale von
der Größe einer Mannsfaust, die mit den seitlichen Rippen, dem hintern Wirbel und der großen Öffnung einem Boote nicht
unähnlich sieht und häufig leer auf dem Mittelmeere treibt. Sie wird von einem achtarmigen Tintenfische(ArgonautaArgoL.)
gebaut und bewohnt, der im übrigen dem gewöhnlichen Pulpe oder Achtarme (Octopus) ähnlich ist, dessen
zwei hintere Arme aber im weiblichen Geschlecht segelartig verbreitert sind und auf ihrer Innenseite die verzierenden Rippen
auf die vom Leibe gebildete Schale absondern. (S. Tafel: Kopffüßer,
[* 49]
Fig. 1.) Nur das weibliche Tier baut sich diese Schale,
die es mit den verbreiterten Armen stets umfaßt hält, ohne daran angewachsen zu sein. Es birgt den Laich in derselben. Das
Männchen ist sehr klein und abweichend gebaut; es besitzt keine Schale, dagegen einen sich ablösenden Hektokotylus (s. Kopffüßer),
der anfangs als besonderer Eingeweidewurm beschrieben wurde. Das Tier schwimmt wie die andern Kopffüßer,
zu denen es gehört, mittels Ausstoßens des Atemwassers durch einen engen Trichter, steigt aber gern bei ruhigem Wetter
[* 55] bis
nahe an die Oberfläche des Wassers.
in der griech. Sage die nach ihrem Schiffe Argo benannten Heroen, die unter Jasons Führungdie erste Seefahrt
unternahmen, um aus Kolchis das Goldene Vließ zu holen. Schon in der Odyssee wird die Argo erwähnt; aber
obgleich dieser Stoff in der epischen Dichtung und im Drama behandelt wurde, so wurde er doch erst in alexandrinischer Zeit
von Apollonius (s. d.) von Rhodus zu einem umfassenden Epos verarbeitet, dem
in der röm. Litteratur die «Argonautica»
des Valerius Flaccus,
¶
mehr
in der byzantinischen das unter dem Namen des Orpheus
[* 57] erhaltene Epos folgten. Die gewöhnliche Überlieferung ist folgende:
Iason erhielt von seinem Oheim Pelias, dem König von Iolkos, den Auftrag, das Goldene Vließ aus Kolchis zu holen, wo es im
Haine des Ares
[* 58] von einem schlaflosen Drachen bewacht wurde. Das Schiff, unter der Leitung der Göttin
Athene
[* 59] von Argos, dem Sohne des Phrixos, gebaut, nahm die berühmtesten Helden der Zeit auf (als Fünfzigruderer 50) und führte
sie unter mannigfachen Abenteuern (Aufenthalt bei den männermordenden Lemnierinnen, Befreiung des Phineus von den Harpyen,
Fahrt durch die Symplegaden) an die Mündung des Phasis im kolchischen Lande.
Der König Aietes versprach dem Iason das Vließ zu geben unter der Bedingung, daß er zwei feuerschnaubende Stiere mit ehernen
Füßen vor den Pflug
[* 60] spanne und dann die von Kadmos (s. d.) in Theben übriggelassenen Drachenzähne, die Aietes von Athene
bekommen hatte, aussäe. Der Held löste die Aufgabe mit Hilfe der Tochter des Aietes, Medeia. Sie gab ihm
ein Zaubermittel gegen Feuer und Eisen
[* 61] und belehrte ihn, wie er durch einen Steinwurf unter die aus den Drachenzähnen entsprossenden
Krieger diese untereinander entzweien und bewältigen könne.
Als dann Aietes darauf sann, die Argonauten zu töten, eilten Iason und Medeia bei Nacht in den Hain des Ares, und
nachdem Medeia den Drachen durch ein Zaubermittel eingeschläfert hatte, bemächtigte sich Iason des Vließes. Hierauf bestiegen
die Argonauten eilends das Schiff und segelten davon; durch die hinterlistige Ermordung des Absyrtos (s. d.) entzogen sie sich der
Verfolgung. Die Rückfahrt wird sehr verschieden erzählt: nach älterer Sage fuhren sie denselben Weg
zurück oder gelangten durch den Phasis in den Okeanos, von da nach Libyen und, nachdem sie die Argo zwölf Tageüber Land getragen,
ins Mittelmeer und nach Iolkos.
Nach Apollonius dagegen fuhren die den Ister (Donau) hinauf, der nach alexandrinischer Vorstellung vom rhipäischen
Gebirge nach zwei Seiten dem Schwarzen und dem AdriatischenMeere zufließt und gelangten auf diesem Wege an die illyrische Küste,
von dort durch den Eridanos (Po?) und die Rhône an die Westküste Italiens
[* 62] und über Kerkyra, wo Iason und MedeiaHochzeit hielten,
nach Libyen und zu Land zum Tritonischen See, erst von da über Kreta und Ägina in die Heimat zurück. –
Die Argonautensage, die bei den nördlich und südlich vom Öta wohnenden Minyern entstanden zu sein scheint (vgl. K. O. Müller,
Orchomenos, Bresl. 1820; 2. Aufl. 1844), geht wahrscheinlich auf
die Vorstellung zurück, daß der Heilbringer Jason dem unter der Sonnenhitze verdorrenden Lande die regenspendende
Wolke (unter dem Bilde des Widderfells oft gedacht) aus dem glücklichen Lande, das in der ältesten Sage Aia (s. d.) hieß und
nach dem fernen Osten versetzt wurde, zurückbringt. Als die Naturbedeutung verloren ging, wurde das Vließ zum klassischen
Gral und der Stoff durch Aufnahme zahlreicher Orts- und Stammessagen vermehrt; allenthalben an den Küsten
des Mittelmeers
[* 63] suchte man später Erinnerungen an die Argofahrt. Von erhaltenen Kunstwerken ist die Darstellung aus der Argonautensage
auf der sog. Ficoronischen Ciste (s. d.) hervorzuheben. (S. Iason.)
oder Argonnerwald, Hügelplateau im nordöstl. Frankreich, in den Grenzgebieten Lothringens und der Champagne,
zwischen den sog. Maasbergen im S.
und den Ardennen im N. Das Plateau wird durch die breite Thalmulde der Maas und das engere
Thal
[* 64] der Aire in drei breite, viel zerklüftete Höhenzüge zerlegt. Die westlichen Argonnen oder der eigentliche «Argonnerwald»
beginnen bei den Quellen der Aire, streichen, 300 m hoch, zwischen der Aisne und Maas, nordwärts bis Chesne-le-Populeux
und trennen fruchtbare Ebenen von der traurigen Kreidesteppe der Champagne-Pouilleuse.
Dieser Teil besteht aus bewaldeten Hochflächen, die bis 100 m über die benachbarten Thäler aufsteigen, ist 2–15 km breit
und 60 km lang, voll steiler Schluchten, tiefer Thäler und jäher Abhänge, besonders gegen O., daher
schwer, nach Regentagen gar nicht zugänglich. Die Wege durch die Schluchten heißen hier Échavées. Der Boden ist fast durchweg
mager. Man findet bald ausgedehnte Wälder von Buchen, Birken und Haselsträuchern, bald Moore (Fagnes) und Heiden. Die östlichen
Argonnen, im südl. Teile mit dem 382 m hohen «Walde von Apremont», sind nur 2–300 m hoch und ziehen den westlichen
parallel im O. der Maas. Durch die und zwar aus Lothringen in die Champagne, von der Maas zur Seine führen folgende, zum
Teil in der Kriegsgeschichte berühmte Pässe:
1) Les Islettes (bei dem Dorfe Grandes-Islettes) von Clermont nach Ste. Menehould, 11 km lang und nur 3–900
m breit, durch das auch die Eisenbahn von Metz
[* 65] und Verdun
[* 66] nach Châlons und Reims
[* 67] führt;
2) der Paß
[* 68] von Chalade, von Varennes nach Vienne-la-Ville oder Vienne-le-Château;
3) der von Grandpré, durch den Aire-Einschnitt, von Varennes nach Vouziers an der Aisne, in dichten Wäldern
und 1000 m breit, berühmt durch die Kämpfe bei Grandpré 1792;
5) der von Chène-Populeux (Chesne-le-Populeux, 162 m) mit der Straße vonSedan
[* 69] nach Vouziers. Im Deutsch-FranzösischenKriege
boten jedoch diese Pässe der vorrückenden deutschen Maasarmee auf ihrem berühmten Flankenmarsch (Ende
Aug. 1870) nur wenige Schwierigkeiten dar.
(d. h. Ebene), im Altertum die Hauptstadt der peloponnes. Landschaft Argolis (s. d.), lag 4 km vom Meere in einer
vom Inachus und Charadrus durchflossenen Ebene und war auf der Westseite von der Akropolis
[* 70] Larissa überragt.
Die nach der Sage von Inachos oder seinem Sohne Phoroneus gegründete, nach Argos, dem Sohne des Zeus
[* 71] und der Niobe, benannte
Stadt war der Mittelpunkt eines Königreichs, das sowohl in der achäischen Periode als nach der dor. Wanderung, seit letzterer
unter der Herrschaft eines Zweigs der Herakliden (s. d.), der Temeniden, eine hervorragende Rolle in der
griech. Sage und Geschichte spielte.
Die Temeniden erreichten ihr Ende mit Meltas, worauf Könige aus einem andern Geschlechte folgten, bis vielleicht erst nach
den Perserkriegen das immer mehr beschränkte Königtum gänzlich der Demokratie weichen mußte. Seit der Zeit des Temeniden
Pheidon, der außer Argolis, Korinth, Sikyon und Phlius auch Ägina besaß und den Spartanern Kynuria entrissen
hatte (gegen 748 oder 670–645), war es Argos nie mehr gelungen, eine dauernde Hegemonie auch nur über das gesamte Argolis zu
behaupten; aber es hielt mit der größten Zähigkeit an seinem Anspruche auf die Führerschaft der peloponnes. Staaten
fest und geriet dadurch in Krieg mit Sparta. Diese Feindschaft, die den Grundzug
¶