Arbeitsordnung
,
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
s. Arbeiterschutzgesetzgebung, S. 38. ¶
Arbeitsordnung
,
s. Fabrik- und Werkstattordnung und Dienstmiete.
Seite 19.58 Jahres-Supplement 1891-1892
Arbeitsordnung
12 Wörter, 119 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Arbeitsordnung,
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
s. Arbeiterschutzgesetzgebung, S. 38. ¶
Arbeitsordnung,
s. Fabrik- und Werkstattordnung und Dienstmiete.
(seit 1885). Im Artikel Fabrikgesetzgebung (Bd. 5, S. 997 ff) ist die Geschichte und der Stand der in einzelnen Staaten, insbesondere in England, der Schweiz, [* 3] Deutschland, [* 4] Österreich [* 5] und Frankreich bis zum Jahr 1885 dargestellt worden. Damals gewährten England, die Schweiz und Österreich der Arbeiterklasse den weitestgehenden Schutz, und in diesen Staaten sind auch, mit Ausnahme eines englischen Gesetzes vom zur Verbesserung der bisherigen das Truckverbot betreffenden Bestimmungen, seitdem keine neuen Schutzbestimmungen erlassen worden. Dagegen sind in einer Reihe andrer Staaten, namentlich in Deutschland, Italien, [* 6] Belgien, [* 7] Holland, Dänemark, [* 8] Schweden, [* 9] Finnland und Rußland, in denen die Arbeiterschutzgesetzgebung teils ganz fehlte, teils völlig ungenügend war, neue Arbeiterschutzgesetze ergangen, die im folgenden besprochen werden sollen. Das bei weitem bedeutsamste dieser Gesetze ist das neue deutsche Arbeiterschutzgesetz vom
Im Deutschen Reich sind in der Geschichte der sozial-politischen Gesetzgebung und insbesondere auch der Arbeiterschutzgesetzgebung drei Stadien zu unterscheiden. Das erste umfaßt die Zeit von 1870 bis 1876, das zweite die Zeit von 1877 bis zur Entlassung des Fürsten Bismarck (März 1890), das dritte die Zeit seitdem. In dem ersten Stadium, in welchem Minister Delbrück der eigentliche Leiter der Wirtschafts- und Sozialpolitik war, war die Sozialpolitik eine wenig arbeiterfreundliche. Im Reichstag und bei den Bundesregierungen herrschten damals, wie 1869, als die Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes beschlossen wurde, manchesterliche Anschauungen vor. Die Manchesterdoktrin, seit dem Anfang der 60er Jahre in Deutschland durch die die öffentliche Meinung, die Presse [* 10] und die gesetzgebenden Körperschaften in den wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen beherrschende Deutsche [* 11] »Freihandelspartei« (s. Arbeiterfrage, Bd. 1, S. 751) vertreten, verteidigt im Wirtschaftsleben überhaupt die volle individuelle Freiheit und die Politik des laisser faire und laisser aller, die Nichteinmischung der Staatsgewalt in die individuelle Erwerbsthätigkeit und in die Gründung und den Betrieb der wirtschaftlichen Unternehmungen, sie ist aus dem Gebiete der Sozialpolitik Gegnerin jeder Arbeiterschutzgesetzgebung, selbst der Bestimmungen zum Schutz der Kinder, der jugendlichen und weiblichen Arbeiter, sie ist Gegnerin jeder öffentlich-rechtlichen Arbeiterversicherung, d. h. jeder Regelung der Arbeiterversicherung, die einen Versicherungszwang ausspricht und durch den Staat Versicherungsanstalten für Arbeiter organisiert.
Delbrück vertrat im wesentlichen den Standpunkt dieser Richtung nicht nur in der Handels- und Zollpolitik, sondern auch in der Gewerbe- und Sozialpolitik. Fürst Bismarck hat zwar persönlich nie die Anschauungen der individualistisch-freihändlerischen Richtung geteilt, aber in jener Zeit überließ er die Leitung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, seinem Mitarbeiter Delbrück, er selber war durch die auswärtige Politik und durch andre Organisationsfragen, zuerst des Norddeutschen Bundes, dann des Deutschen Reiches, so sehr in Anspruch genommen, daß er, wie er selbst gesagt hat, sich nicht auch noch um die Wirtschaftspolitik kümmern konnte, und er sah sich um so weniger veranlaßt, der Politik Delbrücks entgegenzutreten, als die große Majorität des Reichstags mit dieser einverstanden war.
Die Gewerbeordnung des Norddeutschen Bundes vom die nach der Gründung des Deutschen Reiches die Reichsgewerbeordnung
wurde und die Arbeitsver
hältnisse regelte, enthielt nur ganz wenige und sehr dürftige Arbeiterschutzbestimmungen. Sie verbot
die »regelmäßige« Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren in Fabriken, Bergwerken, Aufbereitungsanstalten
und unterirdisch betriebenen Brüchen oder Gruben, normierte in diesen Unternehmungen die Maximalarbeitszeit für Kinder von
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12-14 Jahren auf 6 Stunden, für jugendliche Arbeiter von 14-16 Jahren auf 10 Stunden, verbot in ihnen für diejenigen unter 16 Jahren die Sonntags- und Festtagsarbeit sowie die Nachtarbeit und traf für industrielle Arbeiter Bestimmungen zur Verhinderung des sogen. Trucksystems, d. h. einer Ausbeutung derselben durch direkte oder indirekte Ablöhnung mit Waren. Im übrigen enthielt sie nur noch die allgemeine Bestimmung (§ 107): »Jeder Gewerbeunternehmer ist verbunden, auf seine Kosten alle diejenigen Einrichtungen herzustellen und zu unterhalten, welche mit Rücksicht auf die besondere Beschaffenheit des Gewerbebetriebs und der Betriebsstätte zu thunlichster Sicherung der Arbeiter gegen Gefahr für Leben und Gesundheit notwendig sind.« Da man aber unterließ, obrigkeitliche Organe zu verpflichten, für die Durchführung dieser Vorschrift zu sorgen, bez. solche Organe einzurichten, so hatte die Bestimmung, mit Ausnahme weniger Distrikte, wie z. B. im Regierungsbezirk Düsseldorf, [* 13] wo die Regierung auf Grund jenes Paragraphen selbständig weitere Ausführungsbestimmungen traf und deren Befolgung durchsetzte, keine praktische Bedeutung.
Auch die andern Schutzbestimmungen wurden mangels obrigkeitlicher Kontrolle vielfach nicht befolgt. Außerdem hatte nur noch das sogen. Haftpflichtgesetz vom die bisherige gemein- und partikularrechtliche Haftpflicht der Unternehmer bei Betriebsunfällen dahin erweitert:
1) daß Eisenbahnunternehmer haften, sofern sie nicht beweisen, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eignes Verschulden des Getöteten oder Verletzten verursacht ist;
2) Bergwerks-, Steinbruchs-, Gräberei- (Gruben-), Fabrikunternehmer haften, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebes oder der Arbeiten angenommene Person durch ein Verschulden in Ausführung der Dienstverrichtungen den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat. Aber auch dies Gesetz hatte für industrielle Arbeiter eine geringe Bedeutung, weil es für die weitaus meisten Betriebsunfälle keine Haftpflicht der Unternehmer anerkannte und für die andern dem Verunglückten, bez. dessen Hinterbliebenen die schwierige Beweislast auferlegte.
Das zweite Stadium beginnt mit dem im J. 1876 erfolgten Rücktritt Delbrücks. Fürst Bismarck wurde nun auch der Leiter der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Delbrücks Sturz hatte seinen Grund nicht in den Anschauungen beider Staatsmänner über die Sozialpolitik, sondern in ihren Ansichten über die Zoll- und Eisenbahnpolitik. Bismarck wollte statt der seit 1865 befolgten Freihandelspolitik eine Schutzzollpolitik und in Preußen [* 14] eine Verstaatlichung der Eisenbahnen durchführen; Delbrück war dagegen.
Die Zollpolitik wurde seit 1879 eine entschieden schutzzöllnerische. Aber es erfolgte auch eine Änderung der Sozialpolitik. Diese Änderungen waren nur dadurch möglich, daß sich inzwischen auch ein Umschwung in der öffentlichen Meinung in den wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen vollzogen hatte. Einerseits war durch die energische Agitation der Großindustriellen (Zentralverband der deutschen Industriellen) und der sogen. Agrarier, welche durch die schädlichen Folgen der großen wirtschaftlichen Krisis von 1873 unterstützt wurde, die bisher herrschende freihändlerische Strömung einer schutzzöllnerischen gewichen, welche bei den Reichstagswahlen von 1877 zum Ausdruck gelangte und zu einer schutzzöllnerischen Majorität führte; anderseits war durch die Gründung des Vereins für Sozialpolitik und durch die Bekämpfung der Lehren [* 15] des Mancherstertums seitens der Vertreter der Nationalökonomie an den deutschen Universitäten eine neue sozialpolitische Lehre [* 16] und Richtung, die sozialreformatorische, begründet worden (s. Arbeiterfrage, Bd. 1, S. 752), welche in weiten Kreisen Anhänger gefunden hatte und eine Erfüllung der berechtigten Anforderungen der Arbeiterklasse im Sinn dieser Richtung forderte; eine energische Inangriffnahme der sozialen Reform wurde um so dringlicher, als die schweren Mißstände in den Verhältnissen der industriellen Arbeiter die Unzufriedenheit der Arbeiterklasse steigerten und die Sozialdemokratie eine bedenkliche Ausdehnung [* 17] erlangte.
Für die sozialpolitische Gesetzgebung in diesem Stadium ist nun charakteristisch, daß durch den Einfluß des Fürsten Bismarck die öffentlich-rechtliche Regelung der Arbeiterversicherung in einem sehr weiten Umfang erfolgte, dagegen für den weitern Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung sehr wenig geschah. Allerdings wurden im Anfang dieser Periode durch das den Titel VII der Gewerbeordnung abändernde Gesetz vom auch einige neue Arbeiterschutzbestimmungen erlassen. Die bisher für Fabriken etc. bestehenden Schutzbestimmungen wurden noch auf einige andre Gewerbebetriebei (Werkstätten mit regelmäßigem Dampfkraftbetrieb, Hüttenwerke, Bauhöfe u. Werften) ausgedehnt, in allen diesen Unternehmungen wurde jetzt die Beschäftigung von Kindern unter 12 Jahren unbedingt und den Wöchnerinnen die Arbeit während 3 Wochen nach ihrer Niederkunft verboten.
Verboten wurde den Arbeiterinnen in Bergwerken, Salinen etc. die Arbeit unter Tage. Die bisher auf Arbeiter unter 16 Jahren beschränkte polizeiliche Kontrolle wurde auf alle Arbeiter unter 21 Jahren ausgedehnt. Eingeführt wurde ferner die obligatorische Fabrikinspektion durch besondere Aufsichtsbeamte, und der Bundesrat erhielt endlich noch die Befugnis, unter gewissen Voraussetzungen und unter dem Vorbehalt nachträglicher Genehmigung des Reichstags den Schutz für Kinder, jugendliche und weibliche Arbeiter in Bezug auf übermäßige Arbeitszeit, gesundheits- oder moralschädliche Arbeit, Nacht- und Sonntagsarbeit auszudehnen, unter Umständen aber auch einzuschränken.
Von dieser Befugnis hat der Bundesrat nach beiden Richtungen (der Schutzerweiterung und -Beschränkung) Gebrauch gemacht, nach jener durch die Bekanntmachungen vom betr. Walz- und Hammerwerke, vom betr. Glashütten, vom betr. Steinkohlenwerke, vom betr. Drahtziehereien, vom betr. Bleifarben- u. Bleizuckerfabriken, vom betr. Zigarrenfabriken, vom 21. Juli 1888 betr. Gummiwarenfabriken, nach dieser durch die Bekanntmachung vom betr. Spinnereien.
Aber bei diesen wenigen Änderungen ließ man es auch in dieser ganzen Periode bewenden. Dagegen erfolgten in den 80er Jahren großartige Reformen auf dem Gebiete der Arbeiterversicherung. Diese Gestaltung der deutschen Sozialpolitik ist das Werk des Fürsten Bismarck. Bismarcks sozialpolitischer Standpunkt war ein eigentümlicher. Er wollte die staatliche Fürsorge für das Wohl der arbeitenden Klassen lediglich auf die Fälle der Erwerbsunfähigkeit der Arbeiter beschränken, auf die öffentlich rechtliche Regelung der Unfall-, Kranken-, Invaliditäts- und Altersversicherung, und er hat konsequent und energisch diese Arbeiterversicherung in den Jahren 1883-89 (s. darüber die betr. ¶
Artikel, auch in Bd. 17) durchgesetzt. Er war aber entschieden gegen die weitere Ausdehnung der Arbeiterschutzgesetzgebung, gegen völlige Beseitigung der Kinderarbeit, gegen die staatliche Regelung der Arbeit der jugendlichen und weiblichen Personen, der Sonntags- und Nachtarbeit etc.; in allen diesen Betriebsverhältnissen wollte er weder der Industrie und den industriellen Unternehmern noch den Arbeitern gesetzliche Beschränkungen auferlegen. Er stand mit dieser Ansicht entgegen nicht nur den wissenschaftlichen Vertretern der sozialen Reform, sondern auch allen Parteien des Reichstags und den meisten Bundesregierungen, und daher kam es, daß alle Anträge und Gesetzentwürfe, welche seit der Mitte der 80er Jahre von allen Parteien im Reichstag eingebracht, bez. unterstützt und mit großen Majoritäten beschlossen wurden, und welche eine Ausdehnung des Arbeiterschutzes namentlich für Kinder, jugendliche und weibliche Arbeiter und bezüglich der Sonntagsarbeit bezweckten, gelegentlich vom Fürsten Bismarck bekämpft, sonst aber vom Bundesratstisch mit einem beredten Schweigen gewürdigt und vom Bundesrat nicht weiter berücksichtigt wurden.
Wenn man erwägt, daß Arbeiterschutzgesetze, welche den Arbeitern und ihren Familien unmittelbar und sofort zu gute kommen und den Arbeitern keine materiellen Opfer auferlegen, die Arbeiter zufriedener machen als Arbeiterversicherungsgesetze, so ist es mehr als wahrscheinlich, daß, wenn schon früher die heute durch das Gesetz vom eingeführte Arbeiterschutzgesetzgebung erlassen wäre, es der Sozialdemokratie nicht in dem Maße gelungen wäre, in der Arbeiterbevölkerung Anhänger zu gewinnen, wie es thatsächlich in den 80er Jahren geschehen ist. Bismarcks Standpunkt in der Frage des Arbeiterschutzes hat für Deutschland insofern auch eine große Tragweite gehabt, als er eine der wesentlichen sachlichen Ursachen der Entlassung des Reichskanzlers gewesen ist, da Kaiser Wilhelm II. in dieser Frage völlig andrer Ansicht war. Der Kaiser gab derselben in seinen Erlassen vom einen feierlichen Ausdruck.
Mit diesen Erlassen beginnt das dritte Stadium der Sozialpolitik des Deutschen Reiches. Der Kaiser erklärte den weitern Ausbau der Arbeiterschutzgesetzgebung als eine notwendige und dringende Aufgabe und die Lösung derselben als seinen festen und entschiedenen Entschluß. Eingeleitet wurde die neue Ära durch eingehende Beratungen des preußischen Staatsrats unter dem Vorsitz des Kaisers über die Änderungen der bisherigen Gesetzgebung und durch die vom Kaiser veranlaßte internationale Arbeiterschutzkonferenz, welche in Berlin [* 19] 15.-29. März 1890 stattfand (s. Arbeiterschutzkonferenz, Bd. 18). Nach dem Rücktritt des Fürsten Bismarck wurden dem Reichstag von dem neuen Reichskanzler v. Caprivi zwei große und wichtige sozialpolitische Gesetzentwürfe vorgelegt.
Der eine betraf die Organisation von Gewerbegerichten, die zugleich als Einigungsämter wirken können, und wurde noch 1890 (Gesetz vom erledigt (s. Gewerbegerichte, Bd. 18). Der zweite enthielt die neue Gestaltung der Arbeiterschutzgesetzgebung und wurde nach sehr eingehenden Kommissionsberatungen und langen Verhandlungen unter zahlreichen Abänderungen vom Reichstag in dritter Lesung angenommen. Die Bundesregierungen stimmten der vom Reichstag beschlossenen Fassung zu, das Gesetz wurde vom Kaiser unterzeichnet und publiziert.
Die neuen Schutzbestimmungen ändern den Titel VII der Gewerbeordnung, welcher die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter regelt, in so vielen Paragraphen ab, daß der Bundesrat es für zweckmäßig fand, durch die Vorlage den bisherigen Titel VII Zu ersetzen. Deshalb enthält die Vorlage und ebenso das neue Gesetz auch noch einige weitere Abänderungen und Ergänzungen der bisherigen Gesetzgebung, die zwar nicht in den Kreis [* 20] der eigentlichen Arbeiterschutzgesetzgebung fallen, sich aber auch auf die Regelung der Arbeiterverhältnisse beziehen und auch schon längst als notwendig, bez. wünschenswert anerkannt worden sind. Es handelt sich hier, von einigen minder wichtigen Bestimmungen abgesehen, besonders um Ergänzungen der Bestimmungen über die Arbeitsbücher der Minderjährigen (§ 107-114), die den Zweck verfolgen, durch Stärkung der elterlichen Autorität der zunehmenden Zuchtlosigkeit der Jugend entgegenzuwirken, und um die bisher nicht erfolgte besondere Regelung der Verhältnisse der Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker in gewerblichen Unternehmungen (Abschnitt III a, § 133a-133e). Wir unterlassen es, hier auf diese Bestimmungen des neuen Gesetzes einzugehen und beschränken uns auf die Darstellung der Schutzbestimmungen.
Was diese betrifft, so ist zwar, wie schon erwähnt, durch die Kommission und den Reichstag die Regierungsvorlage in vielen einzelnen Punkten abgeändert worden und zum Teil gegen den Widerspruch der Vertreter der Bundesregierungen, aber im allgemeinen herrschte doch zwischen Bundesrat und Reichstag Übereinstimmung über Art und Umfang der Ausdehnung des Arbeiterschutzes, und die Differenzen betrafen im wesentlichen Spezialpunkte von geringerer Tragweite, deren Entscheidung vorzugsweise eine Frage der Zweckmäßigkeit war.
Dagegen zeigte sich eine prinzipielle Meinungsverschiedenheit zwischen dem Bundesrat und der Majorität der Kommission wie des Reichstags über eine andre Frage, die nicht den Schutz der Arbeiter, sondern den Schutz der Arbeitgeber betraf, und die den wichtigsten Streitpunkt bei den Verhandlungen bildete. Die Bundesregierungen wollten, indem sie auf der einen Seite den Arbeitern einen viel größern Schutz gewährten, auf der andern Seite die Arbeitgeber mehr als bisher schützen gegen Kontraktbruch und widerrechtliche gemeinsame Arbeitseinstellungen, die im letzten Jahrzehnt sehr zahlreich vorgekommen waren, und sie wollten dies erreichen durch zwei neue Bestimmungen, von denen die eine dem Arbeitgeber wie dem Arbeiter beim Kontraktbruch ein Recht auf eine gesetzlich in ihrem Maximalbetrag begrenzte Buße des Kontraktbrüchigen einräumte, die andre aber die öffentliche Aufforderung zur widerrechtlichen Einstellung der Arbeit, ebenso die zur widerrechtlichen Entlassung von Arbeitern unter Strafe stellte. Diese Bestimmungen stießen auf die lebhafteste Opposition, und es gelang. den Bundesregierungen nicht, für dieselben eine Majorität zu erhalten.
Die erste Bestimmung enthielt der § 125 der Regierungsvorlage: »Hat ein Geselle oder Gehilfe vor rechtmäßiger Beendigung
des Arbeitsver
hältnisses die Arbeit verlassen, so kann der Arbeitgeber an Stelle der Entschädigung eine an ihn zu erlegende
Buße fordern, welche für den Tag des Vertragsbruches und jeden folgenden Tag der vertragsmäßigen oder
gesetzlichen Arbeitszeit, höchstens aber für 6 Wochen, bis auf die Höhe des ortsüblichen Tagelohns (§ 8 des Krankenversicherungsgesetzes
vom sich belaufen darf. Dasselbe
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