Buße
,
eigentlich Ersatz, Entschädigung. Schon diese mittelalterliche Übersetzung des lateinischen Wortes poenitentia (des griechischen metanoia) weist auf weitgehende Verflachung und Veräußerlichung eines dem sittlichen Charakter des Christentums unentratsamen Begriffs hin (s. Bekehrung). Das ganze religiöse Verhältnis mußte erst als ein gesetzlich formuliertes Rechtsverhältnis und die Sünde lediglich als Störung desselben gefaßt sein, ehe diese Störung als durch bestimmte Leistungen oder Leiden [* 2] ausgleichbar, die Sünde recht eigentlich als abbüßbar gelten konnte.
Bussen - Bussole

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Die evangelische
Kirche behielt daher zwar das einmal in den kirchlichen Sprachgebrauch aufgenommene
Wort bei, aber in dem
Sinn der neutestamentlichen »Sinnesänderung«, als ein in Sündenerkenntnis,
Reue und ernstlichem
Willen, mit der
Sünde zu brechen, bestehendes Selbstgericht. Damit war der
Begriff
der Buße
lediglich sittlich gefaßt, während die
katholische Kirche ihn so bestimmt, daß er die
Zerknirschung des
Herzens (contritio
cordis), das
Bekenntnis des
Mundes (confessio oris) vor dem
Priester und die
Genugthuung (satisfactio operis), Übernahme gewisser
Strafen zur Abbüßung (poenae canonicae),
in sich begreift. Diese drei
Stücke bilden seit dem 11. Jahrh.
das
Sakrament der Buße
seiner
Materie nach, während die Form desselben nach dem
¶
mehr
Beschluß des Konzils von Florenz [* 4] 1439 in den Worten des Priesters: Ego te absolvo besteht. Dabei herrscht die von den Victorinern Hugo und Richard im 12. Jahrh. ausgebildete Theorie, daß die ewigen Strafen, welche alle Todsünden verdienen, durch priesterliche Absolution in zeitliche verwandelt würden, welche ebenso wie die Strafen für läßliche Sünden in freiwilliger Übernahme der vom Priester auferlegten Leistungen abgebüßt werden könnten. Unter solchen Voraussetzungen war es freilich naheliegend, daß die von der Kirche auferlegten Strafen auch von der Kirche erlassen oder durch andre der Kirche annehmbare Leistungen (gute Werke) ausgeglichen und ersetzt, ja von andern Personen und für andre übernommen werden konnten.
Unvermeidlich war daher jene Veräußerlichung des Bußwesens, als deren Extreme der Ablaßhandel und die Geißelbrüderschaften
erscheinen, die sich aber nicht minder in den Büßerorden, den Bußbüchern, Bußthalern etc. darstellt. Daß die Apologie der Augsburgischen Konfession
(1530) die Buße
noch als ein Sakrament neben Taufe und Abendmahl behandelt, hängt mit der Modifikation zusammen,
welche das römische Bußsakrament in der lutherischen Beichte (s. d.) fand. Als rein innerliche Sache zwar, aber doch in unnatürlich
forcierter Weise wurde die Buße
von den Pietisten und Methodisten betont und geübt (s. Bußkampf).
Im Strafrecht versteht man unter Buße
die Entschädigung, auf welche im Strafverfahren zu gunsten des durch
eine strafbare Handlung Verletzten erkannt wird. Eine solche Buße
wird nur auf besondern Antrag des Verletzten zuerkannt. Dieser
Antrag ist in Privatklagesachen mit der Privatklage zu verbinden und in denjenigen Fällen, in welchen die Staatsanwaltschaft
mit der öffentlichen Klage vorgeht, von dem Verletzten mittels einer Nebenklage zu stellen. Der Verletzte
muß sich zu diesem Zweck der öffentlichen Klage des Staatsanwalts als Nebenkläger anschließen.
Eine Buße
wird ihm aber unter allen Umständen nur dann zuerkannt, wenn ihm durch die strafbare Handlung ein Vermögensschade
erwachsen, wenn also z. B. jemand durch eine Körperverletzung in seiner Arbeitsfähigkeit beeinträchtigt
oder durch eine Verleumdung in seinem Kredit geschädigt worden ist. Auch setzt die Verurteilung zu einer Buße
voraus, daß der
Beschuldigte überhaupt in eine Strafe genommen wurde. Im entgegengesetzten Fall gilt auch der Antrag auf Zuerkennung einer
Buße
für erledigt.
Hat das Gericht es abgelehnt, auf eine Buße
zu erkennen, so kann das Urteil von dem Verletzten durch ein Rechtsmittel
nicht angefochten werden; es bleibt ihm nur die Geltendmachung seines vermeintlichen Schadenersatzanspruchs im Weg des bürgerlichen
Rechtsstreits übrig. Hat der Verletzte eine Buße
zuerkannt erhalten, so kann er weitere Entschädigungsansprüche vermittelst
einer Zivilklage nicht geltend machen. Das deutsche Strafgesetzbuch statuiert eine solche Buße
nur bei Körperverletzungen
und bei Beleidigungen, wenn diese nachteilige Folgen für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten
mit sich bringen. Es kann aber reichsgesetzlich auch dann auf eine Buße
erkannt werden, wenn es sich um Eingriffe in das Urheberrecht,
das Recht des Markenschutzes und das Patentrecht handelt.
Das Maximum der Buße
beträgt bei Verletzungen des Patentrechts 10,000 Mk., bei Beeinträchtigung des Markenschutzes 5000 und
in allen sonstigen Fällen 6000 Mk.
Vgl. Deutsches Strafgesetzbuch, § 186-188, 231, 340; Deutsche
[* 5] Strafprozeßordnung, § 414-446,
495; Reichsgesetz vom
betreffend das Urheberrecht an Schriften etc., § 18, 43, 45; Reichsgesetz
vom über Markenschutz, § 15; Reichsgesetz vom betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste,
§ 16; Reichsgesetz vom betreffend den Schutz der Photographien, § 9; Reichsgesetz vom betreffend das
Urheberrecht an Mustern und Modellen, § 14; Reichspatentgesetz vom § 36; v. Wächter, Buße
bei
Beleidigungen und Körperverletzungen (Leipz. 1874);
Dochow, Buße im Strafrecht und Strafprozeß (Jena [* 6] 1875).