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Neuwahlen die Exaltados (Radikalen) über die Gemäßigten (Moderados) gesiegt und die Majorität in den Cortes von 1822 erlangt; auch das Ministerium Martinez hatte einem Exaltado-Kabinett unter Riegos Vorsitz weichen müssen. Dadurch ward der Konflikt mit dem Auslande beschleunigt.
Der Kongreß zu Verona [* 2] (s. d.) trat im Okt. 1822 hauptsächlich wegen der span. Verhältnisse zusammen; Frankreich vereinigte sich dort mit den Höfen des Ostens zu einer Einmischung in die span. Angelegenheiten. Das Ansinnen einer Verfassungsänderung und Herstellung der königl. Souveränität wurde im Jan. 1823 von der span. Regierung und den Cortes zurückgewiesen, worauf die Gesandten von Österreich, [* 3] Preußen, [* 4] Rußland und Frankreich aus Madrid [* 5] abreisten und Frankreich zur militär. Intervention schritt. Am überschritt der Herzog von Angoulême als Oberanführer des franz. Interventionsheers mit 95000 Mann den Grenzfluß Bidassoa.
Die Provinzen Castilien, Aragonien und Obercatalonien wurden fast ohne Kampf von den Franzosen besetzt, und der Herzog von Angoulême zog 24. Mai in Madrid ein. Eine von ihm eingesetzte Regentschaft unter dem Herzog von Infantado begann sogleich das Werk der Restauration. Das konstitutionelle Ministerium und die Cortes hatten den König trotz allen Widerstrebens bereits 20. März nach Sevilla [* 6] entführt. Vom eindringenden Feinde bedroht, verlegten die Cortes ihren Sitz von Sevilla nach Cadiz, [* 7] wohin der König sie 13. Juni begleiten mußte.
Cadiz war indes zu Land und zur See blockiert worden. Angoulême erstürmte 31. Aug. den Trocadero, und die Stadt ward eng eingeschlossen und bombardiert. Noch vor dem drohenden Sturm beschlossen die Cortes (28. Sept.), sich aufzulösen und den König freizulassen, der daraus 1. Okt. sich in das franz. Lager [* 8] begab. Die Kompromittierten schifften sich nach England oder Amerika [* 9] ein; die Franzosen besetzten 3. Okt. Cadiz, und damit war der Krieg beendigt. Auch Mina, der in Catalonien einen Gebirgskrieg gegen die Franzosen geführt hatte, schloß 1. Nov. eine Kapitulation, wie dies die andern Generale bereits gethan hatten. Die schon von der Regentschaft begonnene polit. Verfolgung nahm jetzt noch größern Umfang an. Ferdinand VII. hob alle Beschlüsse der konstitutionellen Regierung vom bis zum auf und bestätigte die der Regentschaft, deren Minister von ihm beibehalten wurden. Zugleich wurden die Gefängnisse gefüllt, Riego hingerichtet und die brutalsten Grausamkeiten gegen Mißliebige begangen. Gleichwohl galt Ferdinand VII. bei den fanatischen Priestern und Absolutisten noch nicht für energisch genug; es bildete sich in diesem Kreise [* 10] eine Partei, die auf die Erhebung seines Bruders Don Carlos hinarbeitete, den man als ein blindes Werkzeug der apostolischen Faktion kannte. Von dieser Seite wurden nun mehrere Schilderhebungen angestellt, unter denen der Aufstand der sog. Agraviados (s. d.) in Catalonien 1827 am bedeutendsten war; doch wurden dieselben unterdrückt. Zu Anfang 1828 zogen die franz. Occupationstruppen endlich aus S. ab. Inzwischen hatten die span. Kolonien in Amerika ihren Unabhängigkeitskampf durchgekämpft und waren von Großbritannien [* 11] und den Vereinigten Staaten [* 12] als selbständige Republiken anerkannt worden. Die letzten span. Waffenplätze [* 13] auf dem amerik. Festlande, das Fort San Juan de Ulloa und Callao bei Lima [* 14] gingen verloren. Nur die westind. Inseln Cuba und Portoriko und die Philippinen im ostasiat. Archipel blieben unter span. Herrschaft.
In diese ungünstigen Verhältnisse warf König Ferdinand VII. neuen Stoff der Zerrüttung, indem er, der bisher kinderlos gewesen war, zum viertenmal vermählt (1829) mit Maria Christina (s. d.) von Neapel, [* 15] durch eine pragmatische Sanktion vom das erlassene Salische Gesetz des bourbonischen Hauses aufhob, wonach die Frauen erst nach dem völligen Aussterben des Mannsstammes thronfähig sein sollten. Die von Christina geborene Infantin Isabella (s. Isabella II.) ward zur Thronfolgerin, Maria Christina zur Regentin ernannt. Die von Ferdinand nach Madrid berufenen Cortes leisteten Isabella als Thronfolgerin den Eid der Treue. Am starb Ferdinand VII.
Während der Regentschaft. Der Tod des Königs ward das Signal für die seit lange vorbereitete Erhebung der Karlisten (s. Carlos, Don C. Maria Jose Isidoro). Auf dem platten Lande, namentlich in den bask. Provinzen, war das Volk für Don Carlos; er wurde unter dem Namen Karl V. als König ausgerufen. Infolgedessen mußte sich die Regentin der bisher verfolgten Liberalen, die im Mittelstande, in den Städten und im Heer großen Anhang hatten, als Verbündeter zu versichern suchen und ihren Forderungen nachgeben.
Daher wurde Zea-Bermudez, der Vertreter des gemilderten Absolutismus, durch den gemäßigt Liberalen Martinez de la Rosa ersetzt und das Estatuto real (s. d.) erlassen. Die neuen Cortes wurden einberufen, eine ausgedehnte Amnestie verkündigt. Zugleich verband sich S. mit England, Frankreich und Portugal [* 16] zur Quadrupelallianz vom deren nächster Zweck die Aufrechterhaltung der konstitutionellen Ordnung gegen Dom Miguel (s. d.) und Don Carlos war.
Inzwischen war Don Carlos, der sich aus Portugal nach England und dann nach Frankreich geflüchtet hatte, im Juli 1834 in Navarra erschienen. Auch in Catalonien regte sich für ihn eine Partei, unter der besonders Cabrera (s. d.) sich bald einen hervorragenden Namen machte. Dagegen erfolgte jetzt ein Beschluß beider Kammern der Cortes 3. Sept. und welcher Don Carlos nebst seiner Nachkommenschaft auf immer von der span. Thronfolge ausschloß. Der Bürgerkrieg zwischen den Karlisten und den Christinos (Anhängern der Regentin) wurde mit Erbitterung auf beiden Seiten geführt.
Aber die Feldherren der Regentin, Rodil, Mina und Valdes, waren nicht glücklich; der letztere wurde in den viertägigen Gefechten vom 21. bis von dem Basken Zumalacarreguy geschlagen und nach Logrono zurückgedrängt. Der Tod Zumalacarreguys vor Bilbao [* 17] gab der Sache der Karlisten, die in diesem ihren tüchtigsten Feldherrn verloren, eine nachteilige Wendung. Doch errang der im Juli 1835 neu ernannte Oberbefehlshaber der Christinos, General Cordova (s. d.), durch ein engl. Soldheer von 10000 Mann unter General Evans verstärkt, trotz seines Sieges bei Mendigorria 15. Juli, keine großen Erfolge. Als in Barcelona [* 18] und in andern Städten Cataloniens und Aragoniens Junten errichtet wurden, welche die Konstitution von 1812 ¶
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verlangten, erfolgte 14. Sept. der Sturz des seit Juni des Jahres bestehenden liberalen Ministeriums Toreño; der Finanzminister Mendizabal (s. d.) trat an seine Stelle. Diesem gelang es, für den Augenblick den revolutionären Sturm zu beschwören, indem er unbeschränkte Preßfreiheit und allgemeine Volksbewaffnung bewilligte und auch eine Revision des Estatuto real versprach und die Cortes wieder einberief. Da aber die radikalen Parteien mit diesen Zugeständnissen sich nicht begnügten, mußte Mendizabal 15. Mai einem Moderado-Ministerium Isturiz (s. d.) Platz machen, das infolge eines Mißtrauensvotums der radikalen Mehrheit 22. Mai die Cortes auflöste. In mehrern Städten brachen Empörungen aus. In der Nacht vom 12. zum 13. Aug. zog das 4. Garderegiment nach dem Lustschloß La Granja (San Ildefonso), wo sich der Hof [* 20] aufhielt, und zwang die Regentin, sich für die Konstitution von 1812 zu erklären (15. Aug.). Die 24. Okt. einberufenen Cortes bestätigten Maria Christina in der Regentschaft und beschwor sie die von den Cortes revidierte Verfassung. Zugleich ward auch ein neues Kabinett unter Calatrava und Mendizabal gebildet.
In Cabrera war ein hervorragendes militär. Talent an die Spitze des karlistischen Heers getreten. Die Karlisten siegten bei Huesca in Aragonien, überschritten den Ebro und marschierten gegen Madrid. Aber Espartero (s. d.), zum Oberbefehlshaber der Regierungstruppen ernannt und durch seinen Sieg bei Luchana über die Karlisten bereits hervorragend, eilte zum Schutz der Hauptstadt herbei, schlug die Feinde in mehrern Gefechten, zuletzt bei Huerta del Rey, und zwang sie, über den Ebro zurückzukehren. Im Frühjahr 1839 war der größere Teil der nördl. Provinzen in Esparteros Gewalt.
Die Uneinigkeit im karlistischen Lager kam ihm trefflich zu Hilfe. Hier hatte sich die Apostolische (Castilianische) Partei, deren Hauptstützen die Prinzessin von Beira, Don Carlos' zweite Gemahlin, und der Bischof von Leon waren, mit der Baskischen (Fueristischen) Partei entzweit. In der Armee selbst sprach sich diese Zerrüttung der karlistischen Sache deutlich aus. Der im Aug. 1838 an die Stelle des unfähigen Guergué zum Oberbefehlshaber ernannte Maroto war der Gegenstand einer förmlichen Verschwörung der Apostolischen Partei. Er ließ 19. und die zwanzig Hauptverschworenen, darunter General Guergué, erschießen; die Häupter der Apostolischen Camarilla wurden verbannt. Am wurde zu Vergara ein Vertrag zwischen Espartero, Maroto und 50 karlistischen Führern unterzeichnet, wonach 18 Bataillone und 5 Schwadronen der Karlisten sofort die Waffen [* 21] niederlegten und sich in ihre Heimat begaben.
Don Carlos sah sich zur Flucht auf das franz. Gebiet genötigt wo man ihn in Bourges internierte. Damit waren Navarra und die bask. Provinzen unterworfen. In Niederaragonien und Catalonien hielt sich Cabrera noch einige Zeit, mußte aber ebenfalls die franz. Grenze überschreiten. Auch die übrigen karlistischen Häuptlinge unterwarfen sich oder flüchteten nach Frankreich, so daß im Spätsommer 1840 ganz S. der Regierung der Königin Isabella II. unterworfen war.
Während der letzten Jahre des Bürgerkrieges hatte das konstitutionelle S. einen ununterbrochenen Parteikampf und wiederholten Ministerwechsel durchgemacht. Gleichzeitig verscherzte die Regentin durch ihre Habsucht und ihren Liebeshandel mit Muñoz alle öffentliche Achtung. Endlich kam es zur Krisis bei Gelegenheit eines von der Regierung vorgelegten Entwurfs einer Gemeindeordnung (s. Ayuntamiento). Die widerstrebenden Cortes wurden im Nov. 1839 aufgelöst und neue gewählt, in welchen die Moderados die Oberhand gewannen.
Als von diesen das Ayuntamientogesetz angenommen ward und die königl. Bestätigung erhielt, brach, während die Regentin auf einer Reise nach Barcelona begriffen war, die Bewegung in Madrid aus und verbreitete sich schnell über ganz S. Maria Christina sah sich genötigt, Espartero, das Haupt der Exaltados oder Progressisten, zum Ministerpräsidenten zu ernennen, der sich sein Ministerium aus der Partei der Progressisten bildete und von der Regentin Zurücknahme des Gemeindegesetzes, Auflösung der Cortes und Verabschiedung der Camarilla verlangte.
Maria Christina legte hierauf in Valencia [* 22] die Regentschaft nieder und begab sich nach Frankreich. Vorläufig führte das Ministerium die Regentschaft. Dann erwählten die neu berufenen Cortes Espartero zum Regenten während der Minderjährigkeit der Königin und Arguelles zum königl. Vormund. Aber auch Espartero fiel bald den Parteikämpfen zum Opfer. Es bildete sich gegen ihn eine Koalition;
Malaga [* 23] und Granada, [* 24] Catalonien unter General Prim (s. d.) erhoben sich;
die Agenten und das Geld Maria Christinas halfen die Bewegung schüren;
Narvaez, von Christina gewonnen und ein alter Gegner Esparteros, übernahm in Valencia die Leitung und rückte gegen Madrid vor.
Die provisorische Regierung zu Barcelona erklärte Espartero seiner Würde verlustig; Narvaez zog in Madrid ein. Vorerst bemächtigten sich die Führer der Moderados, Narvaez, als Herzog von Valencia zum Ministerpräsidenten erhoben, O'Donnell und Concha, aller wichtigen militär. Stellen. Ihre reaktionäre Politik weckte neuen revolutionären Widerstand in Catalonien und namentlich in Barcelona. Die Aufstände, die sich bis ins folgende Jahr ausdehnten, wurden allmählich überwältigt.
Unter der Regierung Isabellas II. Die im Okt. 1843 neu zusammentretenden Cortes erklärten die 13jährige Königin Isabella II. 8. Nov. für mündig, und der progressistische Apostat Gonzalez-Brabo (s. d.) kam ans Ruder. Er stellte nicht nur die verhaßte Gemeindeordnung vom unverändert wieder her, sondern berief auch die Königin-Mutter Maria Christina nach S. zurück. Der Ausbruch neuer Unruhen gab den Anlaß, im Febr. 1844 den Belagerungszustand über ganz S. zu verhängen und die Nationalgarden zu entwaffnen.
Narvaez ward faktisch mit der Militärdiktatur bekleidet und bildete nach der Entlassung Brabos (Mai 1844), ein neues Moderado-Ministerium, in das auch Martinez de la Rosa eintrat. Mit Hilfe der Cortes wurde die Verfassung von 1837 durchgreifend revidiert der Grundsatz der Volkssouveränität gestrichen, das Wahlrecht und die Preßfreiheit beschränkt, die Nationalgarde abgeschafft. Indessen hatte die Vermählung der Königin die ganze europ. Politik zu beschäftigen begonnen. Als Bewerber wurden genannt: der Infant Franz (s. d.) de Assisi, der Graf von Trapani, Bruder Ferdinands II. von Sicilien, der Graf Montemolin, zu dessen Gunsten sein Vater Don ¶