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Wassern der Küstenflüsse von Britisch-Kaffraria und des Oranje; Rhinozeros und Giraffe sind längst über die Grenzen [* 2] hinaus verscheucht worden, der Büffel schweift noch im Knysnawald und in den Dickichten des Großen Fischflusses umher, und das Zebra ist noch in den Bergen [* 3] zu treffen, während Schakale, Wölfe, Hyänen, wilde Hunde [* 4] und Affen [* 5] sich noch immer behaupten. Gnu, Hartebeest und Springbock sind noch hier und da in Herden zu treffen, ebenso vereinzelt der Strauß, [* 6] den man jetzt züchtet. Schlangen, [* 7] darunter einige sehr giftige, sind zahlreich. Heuschrecken [* 8] werden namentlich in den nördlichen und östlichen Distrikten oftmals zur empfindlichen Plage. Sehr reich an Fischen aller Art sind die das Land bespülenden Meere.
[Bevölkerung, Erwerbszweige etc.]
Die ursprüngliche Bevölkerung des Kaplandes, die Hottentoten, ist zuerst durch von O. her vordringende Kaffern, dann durch die europäische Einwanderung mehr und mehr verdrängt worden und bildet jetzt nur noch einen verhältnismäßig unbedeutenden Teil des Volkes. Die Europäer, ursprünglich Holländer, zu denen in der Folge Engländer und auch Deutsche [* 9] kamen, führten Malaien und einige Neger ein, so daß diese verschiedenen Völkertypen mit den zwischen ihnen hervorgegangenen Mischlingen in der eigentlichen Kapkolonie eine recht bunte Musterkarte abgeben. Die Gesamtzahl der dortigen Bevölkerung [* 10] wurde durch den letzten Zensus von 1875 auf 720,984 ermittelt, wie folgt:
Europäer und andre Weiße | 236783 |
Kaffern und Betschuanen | 214133 |
Hottentoten | 98561 |
Mischlinge | 87184 |
Fingu | 73506 |
Malaien | 10817 |
Von dieser Bevölkerung waren 369,628 männlichen und 351,356 weiblichen Geschlechts. Die Bevölkerung des ganzen Kaplandes betrug 1885, wie oben angegeben, 1,253,170 Seelen.
Die Hauptbeschäftigungen der Kolonisten sind Viehzucht, [* 11] Bergbau [* 12] und Ackerwirtschaft. Die Viehzucht findet namentlich in den großen zentralen Distrikten günstige Bedingungen, wo das trockne Klima [* 13] und die salzhaltigen Pflanzen der Karrooebenen den Schafen sehr zusagen, die den Hauptbestand des Viehstapels ausmachen. Nach der letzten Zählung von 1875 gab es in der Kolonie 235,303 Pferde [* 14] und Esel, 1,111,713 Rinder, [* 15] 9,986,240 Schafe, [* 16] 3,960,722 Ziegen und 21,751 Strauße.
Die Schafe, das Resultat der Kreuzung der einheimischen Fettschwanzschafe mit importierten Rassen, liefern eine geringere Wolle, deren Exportwert sich 1885 auf 1,426,108 Pfd. Sterl. belief. Ihre Zahl hat, wie die des Viehstandes überhaupt, infolge der zu starken Besetzung der meist nur magern Weiden und deren dadurch erfolgter Verschlechterung bedeutend abgenommen. Die Ausfuhr des Haars der Angoraziegen (1875 zählte man 877,988) ist fortwährend im Steigen und betrug 1885: 204,018 Pfd. Sterl. Die Straußenzucht gehört jetzt zu den bedeutendsten Erwerbsquellen der Kolonie; 1857 wertete die Ausfuhr von Federn erst 10,000, aber 1885 bei sehr gefallenen Preisen 585,278 Pfd. Sterl. Andre wichtige Exportartikel der Viehzucht sind Häute und Felle.
Der Ackerbau, welcher vornehmlich in den Küstenstrichen, in der Nachbarschaft der Kapstadt, [* 17] in Zurburg, Lower Albany und Oliphant's Hoek, gedeiht, befriedigt die Bedürfnisse keineswegs, so daß jährlich ansehnliche Posten von Getreide [* 18] und Mehl [* 19] eingeführt werden müssen. Der Weinbau, schon 1653 begonnen, ermöglichte 1859 einen Export im Wert von 153,000 Pfd. Sterl., der aber seitdem auf ein Zehntel dieses Wertes sank und 1883 ausnahmsweise 21,474 Pfd. Sterl. betrug.
Die bekanntesten Sorten sind Constantia, Pontac, Steen, Haniput. Bergbau auf Kupfer [* 20] wird seit 1852 im Klein-Namaqualand betrieben und das Erz auf einer zu diesem Zweck gebauten Bahn nach Port Nolloth befördert, um dann nach England zur Verschmelzung verschifft zu werden; seit 1852 sind 268,215 Ton. Kupfer exportiert worden. Viel wichtiger ist aber die Gewinnung von Diamanten, deren Existenz 1867 entdeckt wurde. Von 1872 bis 1880 war das Bergwerk von Kimberley Hauptproduzent, seit 1880 traten ihm andre ebenbürtig zur Seite.
Behufs Besteuerung schätzte man 1881 die beiden der Regierung gehörigen Minen Kimberley und De Beers zu 2,850,000, resp. 2,065,551 Pfd. Sterl. und die der London [* 21] and South African Exploration Company gehörigen, Du Toitspan und Bultfontein, auf 10 Mill. Pfd. Sterl. Auf legalem Weg (der Schmuggel ist nicht unbedeutend) verließen bis Ende 1885 die Kolonie Diamanten im Wert von 34,514,997 Pfd. Sterl.; 1885 betrug die Ausbeute in den genannten Minen 2,489,659 Pfd. Sterl., gefördert durch 11,457 Farbige und 1911 Weiße.
Dagegen ist die Ausbeute von Kohle in den Divisionen Wodehouse und Albert nach Menge und Wert unbedeutend, daher 1885 für 129,126 Pfd. Sterl. eingeführt wurde; Gold [* 22] wird zwar nicht im K. gewonnen, aber über dasselbe von Transvaal ausgeführt. Seefischerei wird an der Küste betrieben (Ausfuhr von getrockneten Fischen 22,198 Pfd. Sterl.). Alle sonstigen Industrien stehen in den Anfängen, daher ist die Einfuhr von Industrieprodukten aller Art eine sehr ansehnliche.
Dieselbe wertete 1885 bei sehr gedrückten Verhältnissen 4,772,904 Pfd. Sterl. gegen eine Ausfuhr von 5,811,444 Pfd. Sterl., worin aber die nicht genau zu ermittelnde Diamantenausfuhr nicht inbegriffen ist. Deutschlands [* 23] Anteil ist anscheinend ein geringer, da ein großer Teil des deutschen Handels über London geht. Die Haupthäfen der Kolonie sind Kapstadt, Port Elizabeth und East London, von geringerer Wichtigkeit Mosselbai, Port Nolloth, Simonstown, Port Beaufort, Port Alfred, St. John's River und Knysna.
In der Tafelbai, Algoabai, East London, Mosselbai und Port Alfred sind bedeutende Hafenbauten gemacht worden. In den Häfen der Kolonie klarierten 1885 ein 1175 Schiffe [* 24] von 1,646,227 Ton. Die Kapstadt besaß 32 Schiffe von 2310 T., Port Elizabeth drei Schiffe von 522 T. Die erste Eisenbahn wurde 1859 eröffnet, 1886 bestanden fünf Staatsbahnen: [* 25] zwei von Kapstadt, zwei von Port Elizabeth, eine von East London ausgehend, 2575 km lang, u. 2 Privatbahnen, von Port Alfred u. von Port Nolloth ausgehend, 218 km lang;
im ganzen 2793 km. Die Telegraphenlinien hatten 1885 eine Länge von 6926 km;
durch das von Durban nach Aden [* 26] gelegte submarine Kabel ist die Kolonie mit dem Mutterland verbunden.
Den Postdienst mit England vermitteln die Dampferlinien Union Steamship Co. u. Donald Currie and Co., so daß allwöchentlich ein Dampfer ankommt und abgeht. Münzen, [* 27] Maße und Gewichte sind die englischen; das Wechselrecht ist aber das niederländische. Es bestehen in der Kolonie elf Banken, von denen die bedeutendsten ihren Hauptsitz in London haben.
Das Kapland besitzt seit 1853 seine eigne Verfassung, wonach ein Oberhaus (Legislative Council) von 22 und ein Unterhaus (House of Assembly) von 72 Mitgliedern besteht. Die exekutive Gewalt ruht in den Händen des jeweiligen Gouverneurs, welcher von der britischen Regierung für bestimmte Zeit ernannt, aber von der Kolonie besoldet wird, und einem ¶
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verantwortlichen Ministerium aus sechs Mitgliedern. Die von den beiden Häusern beschlossenen Gesetze bedürfen der Genehmigung des Gouverneurs, eventuell der Königin, bevor sie in Wirksamkeit treten. Die Staatseinnahmen betrugen 1885: 3,327,578, die Ausgaben 4,108,019, die Staatsschulden 21,672,162 Pfd. Sterl. Vorherrschende Religion ist die holländisch-reformierte Kirche; doch gibt es auch viele Anglikaner, Lutheraner, Presbyterianer, Wesleyaner, Independenten, Katholiken.
Auch zahlreiche Juden haben sich angesiedelt. In der Kapstadt und Port Elizabeth ist die große Zahl der Malaien fast durchweg mohammedanisch, und es befindet sich bereits eine Moschee in der Kapstadt. Die Kaffern und Hottentoten sind meist Heiden, doch sind unter ihnen zahlreiche Missionsstationen angelegt; die Bastardrassen der Hottentoten sind meist im Christentum unterwiesen. In der eigentlichen Kapkolonie zählte man 1876: 365,089 Protestanten, 9667 Katholiken, 538 Juden, 11,214 Mohammedaner und 334,047 Heiden. Bis 1873 war das in zwei Provinzen: eine westliche und eine östliche, geteilt, seitdem aber zerfällt die Kolonie in sieben Provinzen: eine westliche, nordwestliche, südwestliche, mittlere, südöstliche, nordöstliche und östliche Provinz, wozu noch Basutoland, Nomansland, das St. John's- und das Transkaiterritorium nebst Westgriqualand kommen, im ganzen 52 Divisionen und 7 Native Districts. Hauptstadt der Kolonie ist Kapstadt (Capetown).
Geschichte.
Das Kapland ward zuerst, nachdem eine Umseglung durch die beiden Genuesen Vivaldi 1291 in Vergessenheit geraten war, 1487 von dem Portugiesen Bartholomeu Dias (s. d.) erreicht und 1497 von Vasco da Gama umschifft. Da es jedoch den Portugiesen nur um den Weg nach Indien zu thun war, so legten sie keine Kolonie im K. an. Erst 1601 ließ es die Holländisch-Ostindische Kompanie mit einer Kolonie besetzen. 1652 gründeten die Holländer an der Stelle der jetzigen Kapstadt das erste Fort. Die Kolonisten (boeren, Buren) hatten anfangs mit den Hottentoten blutige Kämpfe zu bestehen, bis sich diese unterwarfen oder in entferntere Gegenden zurückzogen.
Bald drangen die Buren bis an die Grenzen des Kaffernlandes vor, und die Kolonie gedieh zu solcher Blüte, [* 29] daß, als den Generalstaaten von seiten Ludwigs XIV. ernste Gefahr drohte, die reichsten Holländer nach dem Kapland und nach Batavia [* 30] überzusiedeln beabsichtigten. Nachdem 1782 im nordamerikanischen Krieg ein Angriff der Engländer auf das Kapland mißlungen war, nahmen es diese in Besitz. Zwar ward das Land nach dem Frieden von Amiens [* 31] 1803 den Holländern zurückgegeben, doch schon 1806 eroberten es die Engländer von neuem und begannen es als ihr Eigentum staatlich zu organisieren. Im ersten Pariser Frieden 1814 erhielten sie es definitiv abgetreten.
Seitdem nahm das Kapland, namentlich durch den Verkehr mit England und Ostindien, [* 32] einen raschen Aufschwung. 1820 erhielt die Kolonie 4000 neue Ansiedler aus England. Dagegen erweckte die englische Regierung bei den holländischen Kolonisten große Unzufriedenheit dadurch, daß sie die Missionen in großer Menge zuließ, welche die Hottentoten gegen ihre holländischen Herren aufhetzten, und daß sie die Sklaverei aufhob, ohne genügende Entschädigung zu zahlen.
Sehr nachteilig waren die Einfälle der Kaffern in die nördlichen Gegenden der Kolonie, indem die nun beginnenden langwierigen Kämpfe mit diesen ganz den Charakter eines Vertilgungskriegs annahmen. Um 1835 wurde ein großer Strich Landes an der nordwestlichen Grenze des Kaplandes jenseit des Oranjeflusses erobert, Adelaide [* 33] genannt und durch eine Reihe von Forts und Blockhäusern gegen feindliche Einfälle gesichert. Einzelne Kaffernstämme unterwarfen sich nach und nach und erhielten Wohnsitze innerhalb des britischen Gebiets angewiesen.
Die englische Regierung stellte aber bald alle weitern Eroberungskriege ein und unterließ sogar den Schutz der Grenzen, so daß die Buren durch die Einfälle der Kaffern große Verluste erlitten. Daher beschlossen die holländischen Kolonisten 1836, auszuwandern. Wirklich zogen 5000 Mann unter Pieter Retief fort und siedelten sich im Gebiet des Zulufürsten Dingaan und bei Port Natal, einem Hafen südlich vom portugiesischen Gebiet, an, und trotzdem, daß Pieter Retief im Januar 1838 mit 70 der vornehmsten und angesehensten Auswanderer von den Kaffern verräterisch überfallen und erschlagen ward, kehrten die Übriggebliebenen nicht zurück, sondern zogen neue Auswanderer an sich und erklärten sich indem sie die Republik Port Natal gründeten, für unabhängig von England, wurden aber 1842 von den Engländern mit Gewalt gezwungen, Natal zu räumen, das 1856 zu einer besondern, vom Kapland unabhängigen Kolonie erhoben wurde. 1846 brach wieder ein blutiger Krieg mit den Kaffern aus, der endlich Anfang 1848 mit der Unterwerfung derselben und der Besitznahme von Britisch-Kaffraria endete.
Nun nahm der Gouverneur auch die von ausgewanderten Buren zwischen dem obern Oranje und Vaal besetzten Gebiete
für England in Anspruch. Zwar erhoben sich die Buren unter Anführung ihres freiheitsliebenden
und tapfern Generalkommandanten
Pretorius, von mehreren Kaffernhäuptlingen unterstützt, zu bewaffnetem Widerstand; sie wurden aber bei Boom Plaats geschlagen.
Die Mehrzahl wanderte nun über den Vaal und gründete die Transvaalsche Republik (s. d.). 12,000 Buren blieben
im englischen Gebiet zurück.
Neue Unruhen begannen, als die englische Regierung trotz Protestes der Bevölkerung Sträflinge im K. ansiedeln wollte. Als ein Schiff [* 34] mit 280 Sträflingen an Bord in der Bucht St. Simon anlangte, stieg die Aufregung fast zur Empörung, und die Regierung hielt es für rätlich, nachzugeben. Am erklärte Lord John Russell im Unterhaus, daß den Kolonisten die Sträflinge nicht aufgenötigt und die nach dem Kapland Deportierten nach Vandiemensland weiter dirigiert werden sollten.
Damit waren aber die Kolonisten noch nicht zufrieden; sie verlangten außerdem Entschädigung der Grenzbewohner für die Verluste infolge des Kriegs, Teilung des Landes in eine östliche und westliche Hälfte, Verlegung des Regierungssitzes ins Zentrum des Landes, Eröffnung großer Verkehrslinien, vornehmlich aber eine volkstümliche, nicht bloß der Krone verantwortliche Verwaltung und Rechtspflege. 1850 brach ein neuer Kaffernkrieg aus, der infolge unglücklicher Kämpfe der englischen Truppen sehr gefährlich wurde und auch einen Aufstand der bisher friedlichen Hottentoten zur Folge hatte. Die weiße Bevölkerung, durch Verweigerung der wiederholt erbetenen Verfassung gereizt, beteiligte sich sehr lau an der Verteidigung der Kolonie. Nur die energische Kriegführung des Generals Cathcart, der mit einem ansehnlichen Truppenkorps aus England herbeikam, brachte es dahin, daß mehrere Häuptlinge um Frieden baten, der mit ihnen abgeschlossen ward. Nach demselben sollte der Fluß Kai die Grenze ¶