(Zentrumspartei), in der
Politik diejenige
Fraktion einer parlamentarischen
Körperschaft, welche zwischen der
Rechten (konservativen) und der
Linken (liberalen
Partei) eine mittlere Parteistellung einnimmt und dies
auch äußerlich durch die
Wahl der
Plätze in der Mitte des Sitzungssaals zu erkennen gibt. Dabei wird zuweilen noch zwischen
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linkem und rechtem Zentrum unterschieden. In der FrankfurterNationalversammlung von 1848 bildeten z. B. »Kasino« und »Landsberg«
[* 8] das rechte Zentrum, während der »WürttembergerHof«
[* 9] als linkes Zentrum bezeichnet wurde. Gegenwärtig nennt sich Zentrum oder Zentrumspartei
die ultramontane Partei im deutschen Reichstag und im preußischen Abgeordnetenhaus. Schon 1860 hatte sich eine Gruppe
katholischer Abgeordneten unter den BrüdernReichenspergerZentrum genannt; dieser Name war aber, als infolge des Verfassungskonflikts
sich die Parteien anders gruppierten, wieder in Vergessenheit geraten.
Aber in Wirklichkeit war die Verteidigung der Rechte derKirche nach den Vorschriften des Papsttums von Anfang
an das einzige Ziel der Partei, welche sich, um dies zu erreichen, mit allen politischen Schattierungen zu verschmelzen bereit
war, und da das Deutsche Reich
[* 11] die Erwartung, daß es einen Kreuzzug gegen Italien
[* 12] zur Wiederherstellung des Kirchenstaats unternehmen
werde, täuschte, so nahm das Zentrum eine oppositionelle Haltung gegen die Reichsregierung an. Im preußischen
Landtag erlangte es eine erhöhte Bedeutung durch den 1871 ausbrechenden Kulturkampf. Im Landtag stieg die Zahl der Mitglieder 1879 auf
95, im Reichstag 1878 mit Hospitanten auf über 100, wozu noch die befreundeten Welfen, Polen und Elsässer kamen.
Des langen Harrens auf den Sieg derKirche müde und auf eine Wendung an höchster Stelle zu ihren gunsten
hoffend, unterstützte die Zentrumspartei 1879 die neue Zoll- und Wirtschaftspolitik des Reichskanzlers. Als dieser, in der
Hoffnung, das Zentrum zu sich herüberzuziehen oder zu sprengen, die Revision der Maigesetzgebung und die Versöhnung mit dem Papst
durchsetzte, nahm das Zentrum die Zugeständnisse nur spröde an und verharrte besonders im Reichstag, wo es
1881-87 die ausschlaggebende Partei war, in der Opposition. Windthorst riß die Leitung der Partei ganz an sich, stimmte in der
Polenfrage und beim Septennat selbst gegen den WunschLeos XIII. gegen die Regierung und gab den Kampf um
die Schule als neue Parteiparole aus. Wirklich verminderte sich die Zahl der Mitglieder des Zentrums in beiden Körperschaften
nicht. Auch die ultramontane Partei im bayrischen Landtag nennt sich jetzt Zentrum.